Aber warum eigentlich? Wer den beiden jeweils mit Gewinn in Talkshows zuhört oder ihre regelmäßigen politischen Beiträge liest, der kann es sich ja nur wünschen: Einmal Mäuschen spielen, wenn das Ehepaar Wagenknecht-Lafontaine in ihrem Wohnzimmer im beschaulichen saarländischen Merzig miteinander die großen Themen unserer Zeit verhandeln. Oder lautstark miteinander streitet?
Prominente Vorbilder solch linker Paarbildung gibt es ja einige: Die grünen Petry Kelly und General Gert Bastian sind ebenso dabei, wie die düsteren RAF-Gründer Andreas Baader und Gudrun Ensslin, die französischstämmige Revolutionärin Inès Armand und Lenin oder auch die Schauspielerin Helene Weigel und Bertolt Brecht.
Wir fragen den Freund und linken Weggefährten von Wagenknecht und Lafontaine, wir fragen Dr. Dieter Dehm (MdB a.D. Die Linke) nach der Diskussionskultur der beiden. Dehm weiß, um eine vorbildlich ungiftige Form sich gegenseitig Wissenslücken zu füllen ohne lästige Besserwisserei. Die eine käme aus kommunistischer Tradition, der andere aus sozialdemokratischer. Und Dehm fügt schmunzelnd an: „Was die SED vergeblich versucht hat, ist hier produktiver Wirklichkeit geworden.“
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Wagenknecht wie Lafontaine haben sich via Facebook zur russischen Invasion in der Ukraine geäußert. Wir wollen einmal beide Aussagen zum Vergleich zusammenführen, als säßen wir mit am Esstisch der beiden.
Sahra Wagenknecht schrieb gestern am 11. März via Facebook:
„Sprit, Energie, auch Lebensmittel und viele Rohstoffe werden aufgrund des schrecklichen Krieges in der Ukraine und der gegen Russland verhängten Sanktionen immer teurer. Dies trifft nicht nur arme Menschen hart, auch wer mit dem Auto weite Wege pendeln muss oder als Kleinunternehmer auf Fahrten mit größeren Transportern angewiesen ist, fürchtet um seine Existenz.“
Altbundespräsident Gauck lässt das ungerührt, er ist der Meinung, „wir können auch einmal frieren für die Freiheit und wir können auch einmal ein paar Jahre ertragen, dass wir weniger an Lebensglück und Lebensfreude haben“. Und Politiker wie Norbert Röttgen fordern vom hohen moralischen Ross aus einen sofortigen Importstopp für russisches Öl und Gas, was die Preise ins Unermessliche treiben und zahllose Industriearbeitsplätze in unserem Land vernichten würde.
Ich finde es verantwortungslos, wie hier Politik auf dem Rücken von Otto Normalverbraucher gemacht wird! Weder die Herren Gauck und Röttgen, noch Putin oder russische Oligarchen werden frieren müssen, wenn Russland sein Öl und Gas fortan nicht mehr in den Westen, sondern stattdessen nach China oder Indien liefert.
Schluss damit! Der völkerrechtswidrige Krieg muss beendet werden. Dafür braucht es Verhandlungen und Diplomatie, statt noch mehr Waffen und einen eskalierenden Wirtschaftskrieg, der letztlich vor allem uns selbst schadet.“
Und schon am Mittwoch hatte Oskar Lafontaine vorgelegt:
„Atomkrieg auf Europa begrenzen?“
„Die Amerikaner haben ein – durchaus berechtigtes - nationales Interesse, einen Atomkrieg zunächst auf Europa zu begrenzen. Kein amerikanischer Präsident wird bereit sein, einen Atomkrieg in Europa sofort zum großen nuklearen Schlagabtausch der Großmächte mit Interkontinentalraketen zu eskalieren… Die Europäer aber, vor allem die Deutschen, können es in ihrem Interesse nicht hinnehmen, dass die Großmächte USA und Sowjet-Union ihren Konflikt auf europäischen Boden austragen und ihre eigenen Territorien zunächst weitgehend verschonen; dies aber ist, wie alle Nato-Übungen zeigen, derzeit die Realität.“ Das konnte man 1989 im Spiegel Nummer 18 lesen.
Daran muss man erinnern, wenn man sieht, dass die Amerikaner ernsthaft eine Zeitlang erwogen hatten, polnische MIG-29-Flugzeuge via Ramstein an die Ukraine zu liefern. Nur weil sie befürchten, dass auch das Territorium der USA bei einem Nato-Krieg mit Russland nicht mehr verschont bliebe, haben sie wohl kalte Füße bekommen.
Der Ukraine-Krieg, Folge der von den USA gegen den Rat einiger ihrer außenpolitischen Experten betriebenen Nato-Osterweiterung, zeigt wieder einmal, wie weit der französische Präsident Charles de Gaulle vorausgedacht hat, als er auf eine eigenständige europäische Außen- und Verteidigungspolitik drängte. Wenn Europa überleben will, dann darf es sich nicht in die Auseinandersetzung der atomaren Großmächte USA, Russland und China hineinziehen lassen.
Es muss alles getan werden, um den mörderischen Krieg in der Ukraine zu stoppen. Schon zu viele Menschen verloren ihr Leben und bald sind Millionen auf der Flucht. Wenn dieser Krieg beendet ist, brauchen wir eine eigenständige europäische Außen- und Verteidigungspolitik, die sicherstellt, dass unser Kontinent kein atomares Schlachtfeld wird.“
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