Nervöse Zuckungen bei Regierungsmedien: Zamparoni setzt dem SPD-Generalsekretär zu

Tagesthemen an Kühnert: „Wie viele Menschen wollen Sie noch vor den Kopf stoßen?“

von Alexander Wallasch (Kommentare: 4)

Kühnert: „Es ist völlig normal und in Ordnung, dass Interessengruppen, in dem Fall die organisierten Landwirte, auf die Straße gehen.“© Quelle: ARD Tagesthemen Mediathek, Screenshot

Kevin Kühnert im ÖR-TV über das Gezerre rund um den Haushaltsentwurf 2024. Schuld sind immer die anderen, die SPD hat alles richtig gemacht. Und man solle das jetzt nicht „auf so eine komische Ebene“ ziehen.

Man muss es sich immer wieder gegenseitig aufsagen, um zu verstehen, was für einen Irrsinn die Ampel da gerade veranstaltet, anstatt, wie es in funktionierenden Demokratien der normale Gang wäre, einfach zurückzutreten.

Zusammengefasst: Das Bundesverfassungsgericht hat den zweiten Nachtragshaushalt 2021 für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Die Ampelkoalition hatte 60 Milliarden Euro aus einem Corona-Notfonds in den „Klima- und Transformationsfonds" (KTF) geschoben.

Das Gericht verbot diese Milliardenkungeleien von höchster Stelle. Damit fehlen der Ampel für ihre ideologisch geprägten Milliardenvorhaben schlichtweg die Mittel. Logische Folge wäre, diese Vorhaben zu beenden! Aber was macht die Ampel? Sie will die Milliarden für ihre ideologischen Transformationsvorhaben durch Einsparungen an allen Ecken und Enden reinholen. Das brachte zuletzt die Landwirte auf die Barrikaden.

Gestern Abend sprach nun Tagesthemen-Moderator Ingo Zamparoni mit SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert über dieses Gezerre um fehlende Milliarden Euro Steuergelder. Hier der kurze Dialog aufgeschrieben:

Ingo Zamperoni: Guten Abend, Herr Kühnert.

Kevin Kühnert: Einen schönen guten Abend, Herr Zamperoni.

Ingo Zamperoni: Da verhandelt die Ampelregierung drei Wochen lang – am Schluss bis tief in die Nacht – einen Haushaltskompromiss aus, und keine Woche später wird diese Einigung von den eigenen Koalitionären wieder in Frage gestellt. Wie kann das bitte schön sein?

Kevin Kühnert: Ich will dem Eindruck schon ein bisschen widersprechen. Denn das Paket, was wir da verhandelt haben, was ja in einer zweistelligen Milliardengröße sich bewegt, ist größtenteils unbeanstandet, auch am heutigen Tag. Die meisten Punkte werden – von manchen mit mehr, von anderen mit weniger Begeisterung – mitgetragen. Zumindest für die SPD-Seite kann ich das so sagen.

Aber ja, es gibt einzelne Punkte gerade heute rund um das Thema der Landwirtschaft, bei denen einige nochmal Nachbesserungsbedarf anmelden. Und im Prinzip ist es auch normal, denn der Haushaltsgesetzgeber, das ist der Deutsche Bundestag, und der muss jetzt im Januar ja nochmal über die Vorlage aus dem Kabinett drübergehen.

Ingo Zamperoni: Ja, aber im Einzelnen schauen wir uns das mal an: Finanzminister Lindner, der will die Agrarsubventionen jetzt doch nicht so streichen. Seine Fraktion will sogar ein Veto einlegen. Der grüne Landwirtschaftsminister wiederum sagt den protestierenden Landwirten beim Diesel, da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Und dann sagt der Regierungssprecher auch noch heute, Zitat: „Es gibt da wenig Änderungswillen beim ganzen Kompromiss.“ Was gilt denn nun?

Kevin Kühnert: Na, der Regierungssprecher spricht, wie der Name schon sagt, für die Regierung, und die hat jetzt einen Vorschlag vorgelegt, und da gehe ich als Parlamentarier auch davon aus, dass der erstmal unverändert bleibt. Aber das Parlament, das kann ja noch an Änderungen herangehen.

Und jetzt muss man einfach mal eines festhalten: Im November hat uns das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit seinem Urteil eine große Denksportaufgabe hingelegt. Wir haben jetzt ein großes zweistelliges Milliardenloch im Haushalt. Meine Partei, die SPD, hatte sich offen gezeigt, dafür über eine Ausnahme von der Schuldenregel Spielräume über Kreditaufnahme zu schaffen.

Das hat leider keine Mehrheit. Meine Partei, die SPD, stand bereit, dafür auch mehr Einnahmen zu generieren für den Bundeshaushalt, indem die besonders starken Schultern ein bisschen mehr leisten. Dafür gibt es leider auch im Moment noch keine politische Mehrheit. Und deshalb müssen jetzt alle Vorschläge, die neu gemacht werden, im Rahmen des bestehenden Haushalts abgebildet werden. Wer also etwas verändern will, muss an anderer Stelle vorschlagen, wo wir wieder Geld reinholen können. Oder wir müssten nochmal grundsätzlich sprechen, aber da müssen sie vor allem die Kollegen von CDU/CSU und FDP zu befragen.

Ingo Zamperoni: Aber wie geht das jetzt weiter? Das heißt, heute haben die Landwirte protestiert, und dann wird jetzt bis Weihnachten und Neujahr jeden Tag eine neue Überraschung publik und ein neuer Einsparungsplan. Wie viele Menschen wollen Sie denn da noch vor den Kopf stoßen oder zumindest verunsichern?

Kevin Kühnert: Na, ich finde, wir sollten jetzt die normalen Mechanismen in unserer parlamentarischen Demokratie und der Zivilgesellschaft, die sollten wir jetzt nicht auf so eine komische Ebene rüberziehen. Es ist völlig normal und in Ordnung, dass Interessengruppen, in dem Fall die organisierten Landwirte, auf die Straße gehen und auf – aus ihrer Sicht – unbillige Härten hinweisen. Und darauf kann die Politik auch reagieren. Mir ist trotzdem wichtig, dass wir im Kern zu dem, was wir vereinbart haben, stehen. Die SPD tut das.

Für uns sind da auch bittere Pillen mit dabei. Wir mussten im Bereich von einigen Förderprogrammen rund um das Bürgergeld für Leute, die sich auf den Weg wieder in den Arbeitsmarkt machen, Rückschritte hinnehmen. Das tut uns weh, aber wir tragen das im Sinne eines Gesamtkompromisses mit. Und so appelliere ich auch an alle anderen, und wie gesagt, es braucht Gegenfinanzierungsvorschläge für alles, was jetzt verändert werden soll. Nach den Wortmeldungen zum Agrar-Diesel kann man den Eindruck kriegen, hier wollen viele noch mal etwas ändern. Dann wäre jetzt die Zeit für anderslautende Vorschläge.

Ingo Zamperoni: Ja, aber Sie stellen das so dar, als wäre das der normale parlamentarische Prozess, dass jetzt Vorschläge nochmal diskutiert werden. Sehen Sie denn nicht, dass dieses Vorgehen der Ampel, also das jetzt mühsam gefunden Kompromisse, drei Wochen nach diesem Urteil aus Karlsruhe dann nur Tage später nicht mehr zu gelten scheinen, zumindest nach außen, dass das letzte Vertrauen in diese Regierung auch irgendwie kappt?

Kevin Kühnert: Ich sehe das schon im Grundsatz als ein normales Verfahren. Denn auch wenn das jetzt verknappt auf einige wenige Wochen passiert, so haben wir es hier doch mit einem neuen Haushaltsentwurf zu tun für das kommende Jahr 2024. Und es ist der normale Gang der Dinge, dass, wenn der Haushaltsentwurf des Bundeskabinetts der Bundesregierung den Bundestag erreicht, dieser Deutsche Bundestag sich damit kritisch auseinandersetzt und Änderungen vornehmen kann innerhalb der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel.

Sollte am Ende der Eindruck bei einigen entstehen, die Decke ist zu kurz, es reicht vorne und hinten nicht, dann müssten wir tatsächlich grundsätzlich noch einmal darüber sprechen, ob wir uns nicht doch in einer Haushaltsnotlage befinden, die uns dazu einladen sollte, über die Ausnahme von der Schuldenregel noch einmal zu sprechen. Aber wie gesagt, da muss weniger meine Partei von überzeugt werden, sondern da müssen andere sich fragen, ob ihre bisherige Einschätzung den Rahmenbedingungen, die wir vorfinden, noch standhalten können.

Ingo Zamperoni: Dass es vielen weh tut, wenn Milliarden plötzlich eingespart werden müssen, ist ja logisch, das geht eben nicht ohne Zumutung. Hat Ihre Regierung, hat die Regierung wirklich noch die Kraft, das auch umzusetzen, ohne auseinanderzufliegen?

Kevin Kühnert: Ja, dazu hat die Ampelkoalition die Kraft. Es ist eine lagerübergreifende Koalition. Das gilt seit dem ersten Tag. Die Bundestagswahl ‘21 hat dafür gesorgt, dass die Demokraten links wie rechts der Mitte nicht mit einer eigenen Mehrheit arbeiten können. Deswegen haben wir diese Widersprüche der politischen Grundüberzeugungen innerhalb der Koalition. Aber mit keiner anderen Koalition wären diese Probleme weg. Es muss jetzt ausdiskutiert und geklärt werden. Und der Bundeskanzler hat vor einer Woche auf unserem SPD-Parteitag einen vollkommen richtigen Satz gesagt: Das, was Deutschland am wenigsten in dieser Situation braucht, sind Leute, die vor lauter Problemen sich vom Acker machen und ihre Arbeit nicht mehr erledigen. Und deswegen werden wir genau das auch nicht tun, sondern unsere Aufgabe nachkommen.

Ingo Zamperoni: Sagt der SPD-Generalsekretär. Herr Kühnert, danke für das Gespräch!

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Das sollte man sich zu Hause in verteilten Rollen vorlesen. Kevin Kühnert erklärt hier, dass Bundesverfassungsgericht hätte der Bundesregierung eine „Denksportaufgabe“ gegeben. Aber was das höchste Gericht da entschieden hat, war allenfalls eine das Denken anregende schallende Ohrfeige oder naheliegender: Ein Tritt, der den ganzen Ampelladen in normalen Zeiten Richtung Rücktritt befördert hätte. Aber wir leben nicht in solchen Zeiten.

Und Kevin Kühnert jammert vor Millionen, seine SPD wollte doch weitere Schulden aufnehmen, aber dafür habe es keine Mehrheit gegeben. Auch die Idee, Reiche („besonders starke Schultern“) härter zu besteuern, sei abgewiesen worden.

Und wer soll am Ende dafür sorgen, dass das große grüne Ideologiepaket bezahlt wird? Kühnert sieht da „die Kollegen von CDU/CSU und FDP“ in der Pflicht. Das ist an Dreistigkeit kaum zu übertreffen.

Und insgesamt kein Sterbenswort dazu, welche gigantischen Kosten diese Ampelregierung verursacht hat von der massiven Förderung der anhaltenden illegalen Massenzuwanderung über die Kriegsmilliarden versus Diplomatie bis hin zu einer zweifelhaften Klimapolitik und einer unter dem Denkmantel einer Transformation sich vollziehenden Zerstörung der Wirtschaftskraft des Landes. Insgesamt der deutliche Eindruck, dass hier von der Ampel fremde Interessen bedient werden, dem eigenen Land jedenfalls dient es nicht.

Ingo Zamperoni fragt: „Wie viele Menschen wollen sie denn da noch vor den Kopf stoßen oder zumindest verunsichern?“ Kevin Kühnert antwortet, er wolle das jetzt nicht „auf so eine komische Ebene rüberziehen“.

Die Aufgabe ist klar: Das Bundesverfassungsgericht hat dem Ampelirrsinn eine klare Absage erteilt. Die Ampel hätte die Gelegenheit besser nutzen sollen, zurückzutreten. Jetzt wird es noch einmal schmerzhafter und kostenintensiver für jeden einzelnen Bürger, der nicht von diesem Steuergeld vernichtenden Ideologieapparat und seinem Vorfeld profitiert und natürlich auch für das Land insgesamt.

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