Das Ampel-Aus ist kein Grund zum Jubeln

Merz wird zum Ersatz-Scholz einer grünen Ideologie

von Alexander Wallasch (Kommentare: 7)

Der CDU-Chef hat seinen Big-Deal schon in der Tasche© Quelle: Youtube/Phoenix, Screenshots, Montage: Wallasch

Der vergangene Tag bietet Anlass für eine deftige Portion Resignation, bevor man wieder Kräfte sammeln und erneut gegen alte und neue Mauern anrennen kann.

Was der Bundestag gestern um die Regierungserklärung des Kanzlers herum abgeliefert hat, ist vor allem deshalb niederschmetternd, weil das Scheitern der Ampel das Tor weit aufgemacht zu haben schien. Wer hätte nicht schon lange drauf gewartet, dass dieses Desaster politischer Stümper und anti-deutscher Ideologen zu Ende geht? Noch dazu begleitet von diesem weltweit dröhnenden Echo aus Washington, wo Donald Trump vor seinen Anhängern einen Triumphmarsch hingelegt hatte.

Die bleierne Müdigkeit der AfD wurde gestern von der Partiechefin mit einem Weckruf unterbrochen. Zwar begann Alice Weidel ihre Rede mit Grabesmiene, wechselte dann aber in Angriffslust und endete mit dem formulierten Anspruch auf Regierungsbeteiligung. Ein Triumphmarsch wurde aber auch Weidels Rede nicht – trotz des vorzeitigen Aus des Ampelirrsinns.

Und das lag sicher auch daran, dass, als Weidel ans Mikrofon trat, Scholz, Merz und Baerbock ihre Reden schon gehalten hatten und Gewissheit gaben, dass die Grünen einfach mit einem neuen Kanzler in die nächste Runde gehen. Nach Merkel und Scholz darf Merz die grüne Ideologie verwirklichen und Scholz kann sein Konterfei in Öl neben das der Kanzlerin hängen, falls die mal eines aufhängen lässt, sonst bleibt eben eine Lücke zwischen Schröder und Scholz.

Ein Porträt von Scholz? Wenn der Mann noch einen Rest Selbstwahrnehmung hätte, dann müsste er einen Karikaturisten damit beauftragen.

Aber witzig ist das alles nur am Rande. Denn Scholz und Merz sind keine Witzbolde: Der Rückbau des Wohlstands, die Abrissbirne am Nationalstaat, der anhaltende Strom von falschen Flüchtlingen und illegalen Migranten und obendrauf die als alternativlos verkaufte Verknüpfung des Schicksals des Landes mit jenem der Ukraine bleiben die Leitplanken des Raubbaus. Deutschland säuft aus dem offenen Schierlingsbecher, den Scholz immer wieder befüllte und jetzt einfach an Merz weiterreicht.

Habeck hängt derweil angeblich wegen eines technischen Defekts am Zündkreis eines Triebwerks mit dem Regierungsflugzeug in Lissabon fest. Letztlich ist das ein Segen für das schon ausreichend angeschlagene Gemüt. Man stelle sich nur vor, Habeck wäre ebenfalls ans Rednerpult getreten und hätte statt seiner Niederlage seine groteske Jetzt-erst-recht-weiter-so-Kampagne ausgebreitet.

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Besorgniserregend ist die Gelassenheit der Rest-Ampel, die sich viel zu schnell von ihrer Niederlage erholt zu haben scheint. Damit hat offenbar die Reaktion von Friedrich Merz und auch jene des Bundespräsidenten zu tun, der die Parteioberen ins Schloss gebeten hatte – ohne AfD? Musste die zweitstärkste Fraktion fernbleiben, waren sie da oder wollten Weidel und Chrupalla von sich aus nicht?

Merz hat seinen Deal offenbar in der Tasche. Er bekommt das Kanzleramt serviert. Ein Traum, den er schon längst aufgegeben hatte, wird für ihn nach zwei Jahrzehnten über fünf Legislaturen hinweg nun doch noch wahr.

Und damit wirklich nichts mehr schief gehen kann, hat sich Merz gegenüber der SPD verpflichtet, bis dahin die liegengebliebenen Vorhaben der rot-grünen Resteampel abzunicken. Dazu gehört ein Raubbau an der Verfassung samt Kernschmelze der Sperrminorität – das thüringische Modell, mit ausgedacht von Anna von Notz, Ehefrau des Grünen-Politikers Konstantin von Notz – wird auf Bundesebene übertragen.

Der zukünftige Kanzler beraubt die Opposition jener Möglichkeiten, welche ihr explizit von den Verfassungsvätern eingeräumt wurden, damit die Mehrheit keinen Durchmarsch vornehmen kann.

Zum Ändern der Verfassung braucht der Wahlsieger eine Zweidrittelmehrheit, sprich: normalerweise die Mithilfe der im politischen Wettbewerb unterlegenen und damit zur Machtausübung gerade nicht legitimierten Opposition. Das soll jetzt gekippt werden, damit der nächste Kanzler und seine Koalition freie Bahn haben.

AfD und BSW wird so für die Zukunft eine wichtige Einflussnahme genommen. Zusätzlich sollen vor den Neuwahlen noch gefällige Verfassungsrichter installiert werden, damit sich die Opposition auch nicht mehr ins Recht zurückklagen kann. Die Opposition soll unter Merz als Kanzler zur bloßen Dekoration werden. Parallel wird weiter an einem AfD-Verbot gebastelt, Sahra Wagenknecht sichert dem Bundestag im Verbotsfall die Maskerade einer Scheinopposition.

Tatsächlich darf man hier nicht von Machtergreifung sprechen: Die Macht wechselt nicht die Hände, sondern nur die Gesichter. Die parlamentarische Demokratie steht nackt da. Das ewige Ringen zwischen SPD und Union erscheint rückblickend als Wrestling: Die Simulation eines echten Schlagabtausches.

Das eigentlich Besorgniserregende daran: Die Herrschenden sehen keine Notwendigkeit mehr darin, diese Illusion aufrecht zu erhalten. Merz und Scholz sind eins.

Alice Weidel hat dafür in ihrer Rede den passenden Begriff geprägt: Merz ist ein "Ersatz-Scholz" eines viel größeren Projektes, welches vom Ampel-Aus nichts zu befürchten hat. Es gibt also keinerlei Grund zum Jubeln. Black-Rock und die grünen Ideologen sind mit Friedrich Merz am Ziel angekommen.

Wird jetzt alles nur noch schlimmer? Vielleicht doch nicht. Denn mit dem Griff nach der Demokratie wächst auch die Klarheit in der Bevölkerung weiter. Der Protest muss sich nur noch artikulieren.

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