Deutschland muss einen großen Strand am Mittelmeer haben

In Seenot geraten: Ein Scholz-Scherz über uferlose Massenzuwanderung

von Alexander Wallasch (Kommentare: 15)

Mitten hinein in diese Gemengelage macht der Bundeskanzler einen Witz über Zuwanderung© Quelle: Youtube / FAZ screenshot

Auf dem 38. Kirchentag der EKD machte Bundeskanzler Olaf Scholz die Erfahrung, dass Scherze im Kontext der Zuwanderungskrise medial nicht geeignet sind, für ihn zum Bestseller zu werden.

Mit dem Kirchentag der Evangelischen Kirchen Deutschland (EKD) verhält es sich wie mit der Fußball-WM, er findet nicht jährlich statt. Hinzufügen möchte man: Und auch hier kann es gelegentlich zu einem Eigentor kommen.

Der tragische Schütze – jedenfalls aus Sicht vieler Teilnehmer des 38. Kirchentags in Nürnberg, der Politik, Medien und einer Reihe aufgebrachter Nichtregierungsorganisationen (NGO) – war Bundeskanzler Olaf Scholz mit einer Bemerkung, die er selbst spaßig fand, andere jedoch weniger.

Der Stein des Anstoßes war ein Witz, den Olaf Scholz am Event-Samstag aus seinem Kanzleralltag erzählte, um Lacher auf seine Seite zu ziehen:

„Ich habe schon den Witz gemacht beim Europäischen Rat: Deutschland muss einen großen Strand am Mittelmeer haben. Denn tatsächlich kommen mehr Flüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Europa kommen, in Deutschland an als in den Mittelmeer-Anrainerländern im Einzelnen.“

Um was geht’s dabei? Grundsätzlich wird hier die Dublin-Vereinbarung thematisiert, die ursprünglich einmal festlegt hatte, welcher EU-Mitgliedstaat für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist. Konkret: Wer als Asylbewerber in einen der Mittelmeer-Anrainerstaaten wie Spanien, Italien oder Griechenland einreist, der muss laut Dublin-Reglung dort auch seinen Asylantrag stellen.

Faktisch ist diese Dublin-Regelung von 1997 aber längst außer Kraft gesetzt worden, die Nichtanwendung unter den Anwenderstaaten unstreitig. Die Süddeutsche Zeitung (SZ) titelte schon 2018: „Das Dublin-System kann weg“. Bei konsequenter Anwendung müssten sich, so die Zeitung weiter, Länder wie Deutschland ohne EU-Außengrenze ohnehin kaum Gedanken über Asylbewerber machen.

Interessant ist hier, dass die SZ bis in die jüngste Zeit hinein in der Massenzuwanderung keine dramatische Situation erkennen mag und noch vor wenigen Tagen einen Kommentar mit der Schlagzeile „Lasst die Flüchtlinge rein!“veröffentlichte, die Nichteinhaltung der Dublin-Vereinbarung allerdings im Panikmodus verteidigt:

„Verträge (müssen) nicht mehr eingehalten werden, wenn sich die Umstände auf unvorhersehbare Weise dramatisch ändern. Dieser Gedanke trifft auch auf den Dublin-Pakt zu (…).“ Nun hat der Bundeskanzler auf dem Kirchentag der EKD in Nürnberg aus dem Brüsseler Nähkästchen geplaudert, einem Treffen, dessen zentrales Anliegen 2023 auch der Protest gegen die Reform des Gemeinsamen EU-Asylsystems (GEAS) war.

Bereits 2019 auf dem Kirchentag in Dortmund wurde beschlossen, ein eigenes Schiff ins Mittelmeer zu entsenden. 2023 wurde eine Resolution mit dem Titel „Die EKD darf die Einschränkung der zivilen Seenotrettung nicht stillschweigend hinnehmen“ verabschiedet.

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Dazu muss man wissen, dass einer der Vordenker der EKD, der Theologe Thies Gundlach, der Lebensgefährte der grünen Spitzenfunktionärin Katrin Göring-Eckardt ist und dass die Politikerin selbst viele Jahre eine wichtige Rolle in der EKD gespielt hat. Gundlach ist zudem Vorsitzender der von der EKD nach einer Resolution von 2019 zum Zwecke der sogenannten „Seenotrettung“ gegründeten NGO „United4Resue“, die wiederum von der Ampelregierung neuerdings mit Millionen Euro gefördert wird.

Schon einmal kam ein Kanzlerwitz bei den Medien nicht gut an: Ende 2022 hatte Scholz bei einem TV-Kanzlergespräch eine Bürgerfrage mit einem Scherz beantwortet, der in den Medien für Proteste sorgte:

„Neulich kam jemand zu mir und sagte: ‚Herr Scholz, ich habe meinen Elektro-Ofen grade auf einen Gas-Ofen umgestellt.‘ Da wusste ich gar nicht, wie traurig ich gucken sollte.“

Exemplarisch für viele weitere Kommentare schrieb der Vorsitzende der Thüringer CDU, Mario Vogt dazu:

„Respektlos. Für die Sorgen, für die Probleme und Ängste der Bürger hat der Bundeskanzler Scholz zwar keine Lösungen parat, aber Häme dafür schon.“

Der Scholz-Scherz über die Mittelmeer-Migranten sorgte sicher auch bei den von der Massenzuwanderung vollkommen überlasteten Städten und Kommunen nicht gerade für Schenkelklopfer. Die hatten nämlich Ende Mai auf ihrem Städtetag ebenfalls den Kanzler zu Gast. Von dort ist zwar kein Scholz-Witz überliefert, aber viele der Delegierten hielten es durchaus für einen schlechten Witz, dass der Kanzler in Sachen Zuwanderung nicht ihren finanziellen Forderungen entsprach.

Verschärfend zum verunglückten Comedian-Auftritt auf dem Kirchentag kam es – ebenfalls im Zusammenhang mit der Massenzuwanderung nach Deutschland – während des Podiumsauftritts von Olaf Scholz zu einem weiteren Eklat:

Der politische Aktivist Mouatasem Alrifai schrie den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland lauthals und ohne jeden Sinn für den Humor an, beschimpfte ihn als „Abschottungskanzler“, warf ihm vor, die Menschenrechte verraten zu haben und meinte ihn daran erinnern zu müssen, dass Abraham, Moses und Jesus Geflüchtete gewesen seien, die Scholz allerdings im Mittelmeer hätte ertrinken lassen.

Mindestens was Jesus angeht, hätte der Bundeskanzler dem Protestierenden passend zum Kirchentag auch mit Johannes 6,15-21 antworten können, jener Szene, in der Jesus seinen Jünger über das Wasser gehend entgegentrat.

Aber das wäre des Humors an diesem Ort und zu diesem Thema dann doch deutlich zu viel gewesen. Der Bundeskanzler hatte schon bei seinem Amtseid auf überirdischen Beistand und hier konkret auf den Zusatz „So wahr mir Gott helfe“ verzichtet .

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