Alexander Wallasch: Was glauben Sie, wie offen werden wir sprechen wollen/können? Gibt es Tabus oder eine Selbstzensur?
Dr. Hans-Georg Maaßen: Wir sind da nicht frei davon, davon bin ich überzeugt. Dafür gibt es zwei Gründe. Der erste Grund ist: Es gibt mittlerweile ein stickiges Klima der Meinungsunfreiheit, wo Personen, die dem politischen Mainstream nicht folgen, ausgegrenzt und als Schwurbler, Rechtsextremisten usw. diffamiert werden, das ist mittlerweile in Deutschland in den letzten Jahren zu einer Unkultur geworden.
Es begann im Grunde genommen schon mit der Migrationskrise. Aber es ist in den letzten drei Jahren deutlich schlimmer geworden. Jeder, der nicht in das politische Konzept hineinpasst, wird gnadenlos ausgegrenzt. Das hat Auswirkungen auf den persönlichen, privaten und beruflichen Bereich, dass Leute zum Beispiel nicht mehr eingeladen werden oder dass Leute ihren Job verlieren und denen gesagt wird: Du bist hier für das Team nicht mehr tragbar, weil Du eine rechte Position vertrittst – das spüren die Menschen.
Sie werden dann so konditioniert, dass sie sich so verhalten, dass sie nicht ausgegrenzt werden. Die sagen sich, dann denke ich das in meinen eigenen vier Wänden oder rede nur mit meinen Freunden darüber, aber nicht mehr in der Öffentlichkeit. Im Osten Deutschlands, in Südthüringen zum Beispiel, wo ich oft bin, sagen mir sehr, sehr viele Menschen, das sei wie vor 1989: Wenn man sich in der Kneipe über Politik unterhalten hat, hätte man sich immer nach hinten umgedreht, ob jemand mithören könnte, und sich die Leute ganz genau angeschaut, mit denen man es zu tun hatte.
Aber diese Leute sagen mir auch, das heutige Ausgrenzungssystem sei viel perfider, die Prangerwirkung viel ausgefeilter und man werde schonungslos in den sozialen Medien an den Pranger gestellt und diffamiert und diskreditiert.
Das ist die eine Seite, warum es schwierig ist, offen zu reden. Und das andere ist die Agitation und Propaganda, vor allem durch die öffentlich-rechtlichen Medien in Deutschland, das hat die Gesellschaft massiv gespalten. Es gibt immer noch Leute, die wirklich reinen Herzens der Tagesschau glauben, trotz der Lügen bei der Migrationskrise, trotz der Lügen bei der Coronapolitik, trotz der Lügen bei der Impfung – und jetzt bei der Ukrainekrise, sie glauben das immer noch. Das ist so ähnlich, wie wenn man von einem Hütchenspieler x-mal betrogen wurde und meint: Jetzt, jetzt spielt der ehrlich. Und das ist bei der Tagesschau und bei den Staatsmedien ähnlich. Ich verwende den Ausdruck Staatsmedien bewusst, denn der Ausdruck öffentlich-rechtliche Medien verschleiert Zusammenhänge und ist töricht, denn niemand käme auf die Idee bei anderen Staatseinrichtungen, wie dem Parlament, von öffentlich-rechtlich zu reden, obwohl sie auch öffentlich-rechtlich und nicht privatrechtlich geregelt sind.
Der immer noch in weiten Kreisen bestehende Glaube an die Propaganda der Staatsmedien führt dazu, dass viele Menschen kaum mehr mit Argumenten erreicht werden können, die nicht Mainstream sind. Sie können sich kaum vorstellen, dass die Realität eine völlig andere ist als die Propaganda. Das heißt, um es im Bild zu sprechen: Sie sind im Erdgeschoss und glauben das, was ARD und ZDF über die Außenwelt beschreiben. Wenn man allerdings in der zehnten Etage ist und über die umliegenden Häuser hinwegschaut und die wirkliche Realität sieht, kann man die Menschen unten kaum davon überzeugen, weil deren Realitätswahrnehmung völlig anders ist. Da muss man nach unten gehen, die Leute an die Hand nehmen und nach oben holen, Stockwerk für Stockwerk, denn ansonsten glauben sie es nicht. Und in dieser Situation sind wir heute. Jemand, der aus einem oberen Stockwerk sagt, was er sieht, wird wie ein Ungeheuer wahrgenommen.
Alexander Wallasch: Aber führt das nicht zu einer Radikalisierung gerade bei Menschen, die sich noch trauen, ihre Meinung zu sagen, und anschließend sofort ausgegrenzt werden?
Dr. Hans-Georg Maaßen: Natürlich ist die Gefahr sehr groß. Und das war auch schon zu früheren Zeiten so. Menschen, die ausgegrenzt werden, die ihre Freunde oder ihren Job verlieren, leiden, und sie kommen mit diesem Unrecht nicht so ohne weiteres zurecht. Sie müssen es verarbeiten. Und sie wollen sich auch gegen das Unrecht, das ihnen zugefügt wird, innerlich wehren. Das kann zu einer Radikalisierung bei ihnen führen.
Also Ausgrenzung soll ja auch zur Radikalisierung dienen, so eine Art „self-fulfilling prophecy“, so dass man sagen kann: Habe ich es nicht gesagt, dass das ein Extremist ist, ein Radikaler? Dieser Radikalisierungsprozess wird durch Ausgrenzung bewusst initiiert.
Aber das ist nichts Neues. Das hat man zu Zeiten der Ketzer- und Hexenverfolgungen gesehen, eigentlich in allen totalitären Systemen. Aber so ausgefeilt wie in den letzten hundert Jahren, vor allem in dieser Zeit, hat die Ausgrenzung noch nie stattgefunden, weil die Ausgrenzung so total und umfassend sein kann. Total insoweit, als dass nicht nur das Dorf die Ausgrenzung vornimmt und man woanders hingehen könnte, sondern es findet medial bundesweit, teilweise weltweit statt.
Alexander Wallasch: Ich habe lange bei Tichys Einblick geschrieben. Wir sind zwar viel angegriffen worden, aber vergleichsweise glimpflich davongekommen, was Ausgrenzung angeht …
Dr. Hans-Georg Maaßen: Es ist immer leicht, extrem oder radikal zu sein. Wenn man ganz rechts oder ganz links ist, hat man nur noch die Wand neben sich, sonst kommt nichts mehr. An einer Wand kann man sich aufrichten, sich anlehnen und geradestehen. Es ist immer schwierig, zwischen den beiden Extremen sich zu bewegen. Dafür braucht man ein eigenes, starkes Rückgrat. Ich will ja Herrn Tichy nicht zu nahetreten, aber es ist ihm gut gelungen, das bisher durchzustehen, das ist jedenfalls mein Eindruck.
Es ist sehr schwer, nicht der Verlockung der Radikalität nachzugeben und es ist auch schwer, sich nicht auf die falschen Freunde einzulassen, ich meine diejenigen, die einen in die Radikalität hineinziehen. Und das ist gerade heute, wo Menschen bereits deshalb fertig gemacht werden, weil sie falsche Freunde haben, weil eine Kontaktschuld konstruiert wird, wenn man schon mit dem Falschen zusammen im Aufzug gesehen wird … hier ist es ausgesprochen schwer, Kurs zu halten. Und ich glaube, das ist Herrn Tichy soweit gut gelungen.
Alexander Wallasch: Wollen wir direkt mal in die Ukraine wechseln?
Dr. Hans-Georg Maaßen: Ja, gerne.
Alexander Wallasch: Russland führt Krieg in der Ukraine. Der polit-mediale Komplex erklärte diese Auseinandersetzung binnen Tagen nach dem 24. Februar zu einer Angelegenheit, welche EU und Nato in den Grundfesten erschüttert. Sind Sie überrascht gewesen, in welcher Geschwindigkeit sich hier eine Einheitshaltung durchsetzt, die jede abweichende Haltung sofort diffamiert und ausgrenzt? Apropos, nutzen sie den Begriff „polit-medialer Komplex“ überhaupt?
Dr. Hans-Georg Maaßen: Den Ausdruck „polit-medialer Komplex“ würde ich mir so nicht zu eigen machen, weil ich die inhaltliche Tiefe und Schärfe des Begriffs nicht überschauen kann. Aber es ist ein Konsortium aus Medien und Politik, ein Biotop, indem sehr viel Leben besteht, eines, das die Außenstehenden kaum verstehen. Und das diesen Staat maßgebend prägt. Und das sich aus meiner Sicht in eine völlig falsche Richtung entwickelt.
Und nein, ich war da nicht überrascht über die Geschwindigkeit: Wir haben dazu in den letzten Jahren ja schon einiges erlebt, wie das geht und wie Medien konditioniert worden sind, oder wie Politik durch Medien konditioniert wird.
Alexander Wallasch: Polit-medialer Komplex oder Konsortium, würden Sie die sogenannte Zivilgesellschaft bzw. die Nichtregierungsorganisationen (NGOs) da noch als Dritten im Bunde mit hineinnehmen?
Dr. Hans-Georg Maaßen: Der Ausdruck Zivilgesellschaft klingt euphemistisch, das sind politisch-agitatorische Vorfeldorganisationen, die an irgendeine Lebensader des Staates gehängt werden, die im Grunde genommen keine eigene Daseinsberechtigung und auch keine Unterstützung im Volk haben und die sofort absterben würden, wenn man sie abnabeln würde.
Und diese Organisationen und Stiftungen, die so tun als ob sie im Namen des Volkes sich für ehrenwerte Ziele einsetzen, werden von der politischen Linken, und darunter verstehe ich natürlich auch die Grünen, im Staat gehegt und gepflegt, weil sie im Grunde genommen deren propagandistisches agitatorisches Geschäft betreiben …
Alexander Wallasch: … Hunderte von Millionen Euro bereitgestellt vom Familienministerium via Förderprogramm „Demokratie leben!“ sind da schon eine Hausnummer. Allerdings ein Honigtopf, welcher unter der Regie der Christdemokratin Angela Merkel gefüllt wurde …
Dr. Hans-Georg Maaßen: Frau Merkel ist Vertreterin des Merkelsozialismus, ein Sozialismus ganz besonderer Art. Die Position, die Frau Merkel vertreten hat, war aus meiner Sicht in keiner Weise mit der Linie der CDU von Konrad Adenauer und Helmut Kohl zu vereinbaren.
Alexander Wallasch: Warum eigentlich steht Deutschland so sehr im Fokus dieser Auseinandersetzung? Warum ist dem ukrainischen Präsident Selenskyj die deutsche Haltung so wichtig? Was haben wir da den Franzosen und Engländern voraus? Was ist unsere Sonderrolle? Nur das deutsche Sparschwein?
Ihre Unterstützung zählt
Dr. Hans-Georg Maaßen: Als Außenstehender ist es natürlich sehr schwer, wenn man nicht die tiefgehenden Aktenkenntnisse hat, das zu analysieren. Aber ich denke, Sie müssen sich das so vorstellen: Deutschland spielt immer eine Sonderrolle in Europa, schon deshalb, weil Deutschland der größte Staat der EU und der wirtschaftlich stärkste Staat Europas ist. Und weil sehr viele andere Staaten sich nach Deutschland ausrichten.
Das haben wir auch bei Corona gemerkt: Kleinere europäische Staaten haben das gemacht, was Deutschland auch gemacht hat. Das hängt auch mit deren Mentalität zusammen: ‚Wir haben nicht das Knowhow, das eine deutsche Bundesregierung hat, wir haben auch nicht den Mut, hier einen Alleingang zu machen, und auch nicht die Kraft dafür, sondern wir schließen uns dem einfach an, was Deutschland macht.‘
Da sind viele europäische Staaten, auch wenn sie die Haltung Deutschlands merkwürdig oder falsch fanden, einfach hinterhergelaufen. Eine Regierung wie die schwedische brauchte in der Corona-Krise schon Rückgrat, um gegen den europäischen Strom zu schwimmen, denn sie musste ihren verunsicherten Bürgern vermitteln, dass ihr Kurs und nicht der deutsche der richtige ist.
Und das ist aus meiner Sicht jetzt ähnlich. Deutschland ist der politisch wichtigste und wirtschaftlich stärkste Staat der EU. Und aus meiner Sicht, anders noch als Frankreich oder Spanien, der Staat, auf den viele, gerade ost- und südosteuropäische Staaten und auch über Europa hinaus schauen.
Das hat Deutschland in den letzten dreißig Jahren fertiggebracht, das war eine große Leistung, dass Deutschland Vorbild und eine Art Leuchtturm war, an dem sich viele Staaten orientiert haben.
Alexander Wallasch: Meinen Sie, dass das auch in der Corona-Frage so war? Dass diese strengen Corona-Maßnahmen auf diesem Wege Europa erobert haben? Waren wir da vielleicht Irrlicht anstelle des Leuchtturms?
Dr. Hans-Georg Maaßen: Das ist meine These: Weil Deutschland in so massiver Weise die Corona-Maßnahmen und diese Lockdowns durchgeprügelt hat, haben es andere Staaten auch getan. Ich glaube nicht, dass osteuropäische Staaten oder kleinere Staaten wie die Niederlande oder die Schweiz diesen Weg alleine gegangen wären, wenn Deutschland gesagt hätte: ‚Leute, Füße stillhalten, ruhig bleiben, tief durchatmen. Und jetzt überlegen wir ganz in Ruhe, wie wir das hier angehen.‘ Diese vorsätzliche Hektik und diese Lockdowns waren natürlich im negativen Sinne dann auch orientierungsbildend für andere Staaten.
Alexander Wallasch: Sie sind gern gefragter Gesprächspartner der Alternativen Medien. Was ist da in der Ukraine-Frage passiert bei den meisten Kollegen? Woher kommt diese ausgrenzende Pro-Ukraine-Haltung? Wo ist in der Ukraine-Frage die Debattenfähigkeit dieser neuen Form des Journalismus geblieben? Woher kommt diese Bonner-Republik-Stimmung, dieser transatlantische Blick tief in den Osten hinein? Es wirkt, als koche da etwas längst verschütt Gegangenes wieder hoch. Oder wollen wir diese Frage lieber ganz ausklammern?
Dr. Hans-Georg Maaßen: Nein, nein, das dürfen wir nicht ausklammern. Ich glaube, ich kann in Teilen nachvollziehen, warum sie so agieren. Wissen Sie, wenn man über Jahre und Jahrzehnte normale Positionen im Bereich der Sicherheit vertreten hat, wie zum Beispiel eine gute leistungsstarke Bundeswehr und Geheimdienste forderte, galt man in den die Medien dominierenden linken Kreisen als Revanchist, Kalter Krieger und Ewiggestriger. Jetzt muss man feststellen, dass man im Recht war und Ausgrenzung, Hass und Häme gegen einen selbst offensichtlich unberechtigt waren und man ein wenig rehabilitiert wurde, aber nicht nur das: sondern dass man von den Linken auch noch rechts überholt wird.
Dann ist es natürlich schwer Kurs zu halten, weil man nicht von den Linken bei seinen eigenen Überzeugungen überholt werden will. Hier muss man sich die Frage stellen: Laufe ich hier noch mit den richtigen Freunden, die bisher meine Feinde waren, oder muss ich eine Kurskorrektur vornehmen? Werden meine Überzeugungen von denen nur missbraucht für deren politische Zwecke? Es ist insoweit schön, sich bestätigt zu fühlen. Aber auf der anderen Seite ist es sehr, sehr schwer, sich zu fragen, ob diese Bestätigung in dem Moment richtig ist. Das tun manche nicht. Der politisch Linke ist extrem in jeder Hinsicht: völlig überzogener Pazifismus einerseits und verantwortungslose Kriegstreiberei andererseits. Er kennt weder Maß noch Mitte.
Und ein Weiteres kommt hinzu: Ich habe festgestellt, dass viele meiner Freunde gerade in meiner Altersgruppe von Anfang 50 bis Anfang 60, die den Kalten Krieg noch bewusst erlebt hatten und die mit der roten Gefahr und dem Feindbild Sowjetunion aufwuchsen, durch die Ukraine-Propaganda getriggert werden, wenn in den Medien Putin und Russland als das Böse und die Ukraine als Vorposten der Freiheit dargestellt werden und immer wieder die Gefahr beschworen wird, dass Putin nach einer Eroberung der Ukraine bei uns einmarschieren wird. Hier wird bei manchen etwas getriggert, was im Grunde genommen längst in unteren Sedimentationsstufen des Lebens verschollen war, nämlich das Anti-Sowjetunion-Ressentiment, das ich natürlich auch hatte.
Ich war insoweit auch ein „kalter Krieger“. Ich war gegen den Kommunismus und die Sowjetunion, ich bin sogar einmal – 1978 war das, glaube ich – bei der Anti-Breschnew-Demonstration in Bonn mitgelaufen. Ich war für den Nato-Doppelbeschluss gewesen. Ich war gegen die naiven Grünen und gegen die Pazifisten …
Alexander Wallasch: …Aber waren die Grünen nicht schon immer Transatlantiker? Ich erinnere mich gut, als die Grünen kurz vor dem Einzug in den Bundestag 1983 vorab einen Antrittsbesuch in den USA absolvierten samt Petra Kelly und General Bastian …
Dr. Hans-Georg Maaßen: Da sage ich gleich noch etwas dazu, ich wollte den Gedanken nur noch zu Ende führen: Bei vielen Leuten ist dieses sehr tief liegende Anti-Sowjetunion- oder Anti-Russland-Gefühl jetzt getriggert worden. Das heißt, sie fühlen sich wieder wie damals, und der Feind steht im Osten, der Feind ist die Sowjetunion und wir müssen einfach Angst haben, dass irgendwann die Russen auch an der Oder und dann am Rhein stehen. Das ist ein Ressentiment, das man in den 1970er, 1980er Jahren wirklich zutiefst im bürgerlichen Milieu hatte. Nur Russland ist nicht die Sowjetunion ….
Alexander Wallasch: Aber ist das nicht auch die deutsche DNA als Erfahrung aus dem Zweiten Weltkrieg samt Massenvergewaltigungen und Kriegsgefangenschaft in Sibirien usw.?
Dr. Hans-Georg Maaßen: Ich hüte mich davor, etwas zu voreilig als deutsch oder deutsche Erfahrung zu bezeichnen, weil ich nicht überschauen kann, ob dieses Anti-Russland-Ressentiment nicht auch in anderen westlichen Ländern ähnlich bestand. Aber es war in Westdeutschland wirklich so gewesen. Und die Bedrohung durch die Sowjetunion und den Warschauer Pakt war damals aber eine reale Gefahr. Heute wird in der westlichen Propaganda schamlos daran angeknüpft. Ich sehe diese Gefahr heute so nicht. Ich sehe die Russen nicht an der Oder. Ich sehe sie auch nicht an der Elbe oder gar am Rhein. Russland ist nicht die Sowjetunion und der Warschauer Pakt. Und Putin ist nicht Stalin.
Bei all dem, was Putin getan hat, muss man sagen, er ist nur der Herrscher von Russland und wir sehen ja, wie schwach die russische Armee in der Ukraine ist. Den Menschen einzureden, Putin hätte vor, die EU zu überrollen, ist unredlich und schlichte Propaganda, mit der man eigentlich nur kleine Kinder erschrecken könnte – oder Menschen, bei denen man das Ressentiment der 1970er, 80er Jahre triggern kann und die wieder Angst haben. Das wird von unseren Medien bewusst gemacht.
Zu ihrer Frage mit den Grünen: Ja, viele Grüne gehören zu den Transatlantikern, genauso, wie viele in der Union auch, die letztendlich die US-amerikanische Karte spielen, anders als die SPD, die wie die SED/ Die Linke eng mit Russland verwoben ist.
Was hier völlig fehlt, und das versuche ich in Interviews immer deutlich zu machen, ist, dass wir Deutschen auch eigene Interessen haben. Diese eigenen Interessen sind nicht deckungsgleich mit denen von Washington, Kiew oder Moskau.
Unsere eigenen Interessen müssen sein, Schaden vom deutschen Volk und von Deutschland abzuwenden. Und ich glaube, dass haben diese mehr als siebenhundert Bundestagsabgeordneten kaum begriffen. In der Ukraine geht es nicht um Menschenrechte und um Freiheit. Das ist alles vorgeschoben. Es geht um Interessen und um globale Macht. Und unser nationales deutsches Interesse muss sein, wir müssen da draußen bleiben. Der Krieg geht uns nichts an. Wir haben ein Interesse daran, dass es umgehend einen Waffenstillstand und dass es dann Frieden gibt. Und dass wir nicht weiter in den Krieg hineingezogen werden.
Alexander Wallasch: Ist der ukrainische Flüchtling auch eine Art nachgereichtes Alibi oder gar eine Versöhnung für all jene, die die Massenzuwanderung zuvor noch vehement kritisiert haben und dafür diffamiert wurden? Die jetzt sagen; Ja, das sind echte Flüchtlinge, was sie ja auch bis auf ganz wenige Ausnahmen tatsächlich sind …
Dr. Hans-Georg Maaßen: Den ukrainischen Flüchtlingen muss man helfen. Hier wird ein globaler Interessenkonflikt zwischen den USA und Russland zu Lasten eines ganzen Volkes und unschuldiger Menschen geführt. Ich selbst habe drei ukrainische Flüchtlinge aufgenommen, weil ich es für notwendig halte, den Opfern des Konflikts zu helfen. Diese Leute sind unsere europäischen Nachbarn und in einer Notlage. Anders als die allermeisten der Millionen von Migranten, die unter der Regierung Merkel ins Land gelassen wurden.
Heute geht es wirklich um den Schutz von Leib und Leben dieser Menschen und das ist wichtig. Aber das ist ein anderes Thema als die politische Frage. Nämlich die Auseinandersetzung in der Ukraine. Und da bin ich nicht der Meinung, dass der Westen bis zum letzten Ukrainer kämpfen sollte. Sondern wir brauchen Waffenstillstand und Frieden.
Alexander Wallasch: Wie erreicht man den?
Dr. Hans-Georg Maaßen: Das beginnt damit, dass man überhaupt dazu bereit ist, mit dem Kriegsgegner sich an einen Tisch zu setzen und zu verhandeln. Derzeit macht die NATO das Gegenteil, indem noch mehr Öl ins Feuer gegossen wird und der Kriegsgegner Putin dämonisiert wird.
Mir geht´s nicht darum die Verantwortung für Kriegsverbrechen kleinzureden. Das ist nicht der Punkt. Was ich jetzt an der Darstellung der Person Putins wahrnehme, ist die gleiche Technik, die auch schon bei den Kriegsgegnern Saddam Hussein, Assad, Gaddafi, um nur wenige Namen zu nennen, angewandt wurde. Diese Leute wurden von der westlichen Propaganda so dermaßen dämonisiert, als Teufel in Menschengestalt karikiert, dass jedem Milchmädchen klar wurde, mit solchen Leuten wird nicht verhandelt, solche Leute werden vernichtet. Wenn nämlich jemand der allerschlimmste Mensch auf der Welt ist, dann finden mit ihm keine Gespräche statt, sondern es wird gekämpft bis zum letzten Syrer oder bis zum letzten Ukrainer. Also immer Kriege auf Kosten anderer. Denn dann ist es nämlich eine heilige Mission, ein Kreuzzug gegen das Böse.
Und das bedeutet, mit solchen Leuten macht man keinen Waffenstillstand, sondern es wird bis zur Kapitulation gekämpft oder bis der Westen sich nicht mehr für den Krieg interessiert. Das ist die Idee, die hinter der Dämonisierung steckt und das muss endlich aufhören. Das ist eine schmutzige Propagandatechnik, die den Krieg verlängern soll.
Alexander Wallasch: Ist das nicht ein Relikt aus dem Kampf gegen das Dritte Reich und der Forderung nach einer bedingungslosen Kapitulation, um das Erzböse auf die Knie zu zwingen?
Ihre Unterstützung zählt
Dr. Hans-Georg Maaßen: Wie ich sagte: Es ist eine altbekannte Technik. Schon im Ersten Weltkrieg wurden die Deutschen von der britischen Propaganda dämonisiert. Oder auch die Japaner im Zweiten Weltkrieg. Wenn der Feind das absolute Böse ist, sind keine Waffenstillstandsverhandlungen möglich. Das war kein Feind, dem man die gleichen Rechte einräumt, sondern der Teufel.
Dieser Kampf „Weiß gegen Schwarz“ eignet sich vielleicht fürs Kino oder für Kinderfilme; er beherrscht die westliche Kriegsrhetorik seit Jahrzehnten und ist jetzt in einer furchtbaren Weise wieder hochgekommen.
Wenn wir damit nicht aufhören, wird es keine Waffenstillstandverhandlungen geben. Vor allem, wenn die USA immer wieder – so scheint es – durch die Besuchsreisen von Regierungsmitgliedern und Diplomaten der Ukraine zu verstehen geben: Waffenstillstandsverhandlungen sind nicht erwünscht.
Alexander Wallasch: Argument der Gegenseite ist, dass, wenn wir beispielsweise keine Waffen liefern würden, Putin einfach durchmarschiert und die gesamte Ukraine russisch besetzt ist. Ist eine vorteilhafte Position für Verhandlungen nicht auch wichtig?
Dr. Hans-Georg Maaßen: Es wird ja nicht davon gesprochen, dass wir hier überhaupt Verhandlungen anstreben. Ganz im Gegenteil. Oder wie Sie vorhin schon sagten: Ziel ist es, Putin als Gegner niederzuwerfen, einen Systemwechsel zu erreichen.
Zunächst einmal hatte dies Präsident Biden auch offen gesagt, dass ein Systemwechsel in Russland das amerikanische Kriegsziel ist. Weil dies für Entrüstung sorgte, wurde diese Aussage zwar öffentlich korrigiert, gleichwohl scheint ein Systemwechsel in Russland und die Beseitigung Putins weiterhin das amerikanische Kriegsziel zu sein. Es geht somit nicht um die Ukraine und schon gar nicht um das Leben der Menschen in der Ukraine, sondern um eine globale Machtverschiebung zulasten Russlands.
Alexander Wallasch: Warum?
Dr. Hans-Georg Maaßen: Nun, offen wird es von den USA natürlich nicht gesagt, weil man den Krieg ansonsten bei uns niemandem schmackhaft machen könnte. Sicherlich geht es darum, Russland global zu schwächen, wie es der US-Verteidigungsminister sagte, und das bedeutet, Russland als politische Größe auszuschalten. Dann bleiben als globale Spieler nur noch die USA und China übrig. Und dann geht es vermutlich auch um Bodenschätze, auf die man im Falle eines Systemwechsels in Russland meint, leichter zugreifen zu können.
Alexander Wallasch: Ist Russland hier eine Art weißer Fleck auf der Landkarte, der erobert werden will, der neokapitalistisch neu kolonialisiert werden soll auf amerikanische Art und Weise?
Dr. Hans-Georg Maaßen: Soweit würde ich in der Analyse nicht gehen.
Alexander Wallasch: Die Linke veranstaltete am 21. Mai in Berlin einen Kongress, mit unter anderem Oskar Lafontaine und unter dem Label „Ohne Nato leben – Ideen zum Frieden“. Ist das grotesk, für Deutschland zu fordern aus der Nato auszusteigen, wo man doch gerade von links darum ringt, für die Ukraine einen neutralen Ort außerhalb von Nato und Russland zu finden?
Dr. Hans-Georg Maaßen: Natürlich ist das völlig grotesk. Die SED bzw. die Partei die Linke – und da darf man sich nichts vormachen – ist im Grunde genommen seit Ewigkeiten Verwalter sowjetischer oder russischer Interessen in Deutschland. Das war bei der alten KPD genauso wie bei der SED.
Es gab nicht wenige SED-Funktionäre, die gleichzeitig auch sowjetische Staatsangehörige waren und natürlich sowjetische bzw. russische Interessen vertreten haben. Dass diese Partei damals wie heute gegen die Nato ist, überrascht mich deshalb überhaupt nicht. Dass sie in Deutschland als die Friedenspartei auftritt, überrascht mich ebenfalls nicht. Das ist vollkommen konform mit dem bisherigen Konzept dieser Partei.
Die Gefahr besteht, dass diejenigen Menschen – und das sind sehr viele – in Deutschland, die diesen Krieg ablehnen, die Angst haben, dass wir hier Kriegspartei werden, kein anderes Sprachrohr mehr finden als diese Radikalen in der Partei Die Linke. Und das ist in Deutschland keine Partei, die bestrebt ist, nationale deutsche Interessen zu formulieren.
Es geht um unsere Interessen, es geht hier nicht um die russischen oder amerikanischen oder ukrainischen Interessen. Es geht um unsere Interessen, das steht in unserer Verfassung, das ist auch die Eidesformel eines jeden Mitglieds der Bundesregierung. Es geht um das Wohl des deutschen Volkes und nicht des ukrainischen, des russischen oder des amerikanischen.
Alexander Wallasch: Klingt das nicht heute für drei Viertel der deutschen Bevölkerung schon rechts bzw. „voll Nazi“? Oder bin ich da zu pessimistisch?
Dr. Hans-Georg Maaßen: Ich glaube, da habe ich ein positiveres Bild von vielen Landsleuten. Jeder Familienvater und jede Familienmutter ist verpflichtet, für das Wohl der Kinder und der Familie zu sorgen.
Und ich glaube, irgendwann werden auch die Deutschen begreifen, dass, wenn sich die verantwortlichen Politiker nicht um unser Wohl kümmern, sondern um das von fernen Völkern, und die Leute hier, überspitzt gesagt, nichts mehr zu essen und zu heizen haben, dann werden sie merken, dass wir hier über Jahrzehnte von Leuten regiert wurden, die es nicht gut mit unserem Volk meinten, und dass das Land nicht mehr funktioniert. Das führt unsere Demokratie wirklich an den Abgrund. Ich muss immer daran denken, was mir ein Juraprofessor der Allgemeinen Staatslehre sagte: Das deutsche Volk hatte sich das Grundgesetz als Verfassung und die Regierungsinstitutionen gegeben und nicht umgekehrt. Wenn diese ihre Aufgaben zum Wohle des deutschen Volkes nicht erfüllen, kann es sich auch eine neue Ordnung und neue Institutionen suchen. Das möchte ich nicht.
Alexander Wallasch: Bundesinnenministerin Nancy Faeser will den Begriff „Heimat“ jetzt „positiv umdeuten“ und viele sind empört. Aber ist das nicht die stringente Fortführung der Politik von Bundeskanzlerin Merkel?
Dr. Hans-Georg Maaßen: Es ist eine klassische Taktik der Sozialisten, bürgerliche Institutionen und Begriffe zu übernehmen und mit neuen Inhalten zu füllen, teilweise ins völlige Gegenteil zu verkehren. Denken Sie alleine an die Begriffe Demokratie und Freiheit in den Ausdrücken DDR und FDJ. Das war eine Perversion der Begriffe. Sie haben mit dieser Taktik stückweise die bürgerliche Gesellschaft ausgehöhlt, und die meisten haben es bis heute nicht gemerkt, weil die Worte die gleichen sind. Dass beispielsweise der Begriff Familie heute ganz anders verwendet wird als noch vor vierzig Jahren, haben wir uns gefallen lassen. Dass die Begriffe Vater und Mutter anders verwendet werden, nahmen wir ebenfalls hin. Es ist eine Art Orwellsches-Neusprech, bei dem die Begriffe des alten Systems übernommen und dann neue Inhalte hineingepackt werden: Aus Meinungsfreiheit wird Political Correctness, aus Freiheit wird Repression. Also: Freiheit ist Sklaverei, Sklaverei ist Freiheit, wie es George Orwell einmal gesagt hat. Das ist die Sorge, die ich habe, als ich von der Idee der Innenministerin las. Ich hoffe, sie hat es so nicht gemeint.
Alexander Wallasch: Familienpolitik spielt offensichtlich eine zentrale Rolle. Hätte man mit einer die Familien fördernden Politik in den letzten fünfzig Jahren nicht gleich ein ganzes Bündel von Problemen lösen können? Aber das war offensichtlich nicht erwünscht …
Dr. Hans-Georg Maaßen: Für die Durchsetzung der linken Ideologie ist die Familie gefährlich. Sie ist gefährlich, weil Menschen, die in einer normalen gesunden Familie groß werden, verwurzelt sind. Wer verwurzelt ist, ist nicht mehr so leicht zu manipulieren. Deswegen war es schon seit jeher das Ziel aller totalitären Ideologien, vor allem der sozialistischen, Familien zu zerstören und den Menschen den Halt zu nehmen, um sie dann so zu formen, wie es zum System passte.
Nach Möglichkeit sollten die Kinder nach deren Vorstellungen unmittelbar nach der Geburt in Kinderbetreuung kommen, um in Kitas, Kindergärten, Schulen, in Kinder- und Jugendorganisationen wie Komsomolzen, FDJ oder HJ indoktriniert zu werden, damit sie als „neue Menschen“ tragende Säulen des Herrschaftssystems werden.
Was die politische Linke in Deutschland betreibt, geht in diese Richtung. Die Entwurzelung der Menschen, die Zerstörung jeglicher natürlicher sozialer Bindungen wie Ehe, Familie, Freundschaften oder Vereine ist aus linker Sicht eine Voraussetzung, um eine sozialistische Gesellschaftsordnung zu errichten. Korrespondierend dazu ist es aus linker Sicht notwendig, den Bürgern die wirtschaftliche Unabhängigkeit zu nehmen, um sie vom Staat abhängig zu machen. Wer abhängig ist, wird sich im Zweifel fügen.
Das Bürgertum in Deutschland hat sich leider in den letzten Jahrzehnten darauf eingelassen, weil es das nicht begriffen hat. Manche wundern sich heute, mit was für einem Weltbild Kinder und Enkelkinder aus dem Unterricht kommen. Das war aber vorhersehbar, weil die Linken schon frühzeitig klar gemacht hatten, dass für den Marsch durch die Institutionen die Bildungseinrichtungen ganz entscheidend sind. Nur dadurch könne der „neue Mensch“ geschaffen werden. Das Ergebnis der linken Übernahme von Bildungseinrichtungen sahen wir bei der chinesischen Kulturrevolution von 1966, wo indoktrinierte Kinder und Jugendliche von der Partei gegen ihre Lehrer und Eltern aufgehetzt wurden. Millionen Menschen kamen zu Tode. Lehrer wurden von ihren Schülern als angeblich Rechte und Konterrevolutionäre zu Tode gefoltert.
Alexander Wallasch: Was würden sie den Alternativen Medien sagen? Macht es überhaupt noch Sinn, weiterzumachen? Oder können wir es gleich ganz sein lassen?
Dr. Hans-Georg Maaßen: Die Alternativen Medien sind eine ganz wichtige Säule für unsere Demokratie und für den Wiederaufbau einer lebendigen und freiheitlichen Grundordnung. Diese Neuen Medien sind insoweit wichtig, dass sie den vielen Menschen in Deutschland, die zweifeln und verzweifeln an der Politik, an ihrem Leben und vielleicht sogar an ihren Kindern, die sich fragen, „Wen habe ich da eigentlich großgezogen?“, dass man diesen Menschen eine Orientierung gibt.
Und dass man diesen Leuten durch die Alternativen Medien nicht nur Informationen gibt, nicht nur alternative Informationen gibt, sondern in diesem Sinne auch eine Selbstvergewisserung, dass sie wissen, nicht wir sind die Geisterfahrer, nicht wir sind die Verrückten, sondern die Welt ist verrückt geworden.
Das ist sehr, sehr wichtig. Das ist die Rolle der Alternativen Medien heute.
Aber wir schaffen erst den Sprung, den notwendigen Sprung für eine Wiederbelebung des bürgerlichen Denkens in Deutschland, wenn wir es schaffen, aus Alternativen Medien Massenmedien zu machen, die sich auch an die gewöhnlichen Menschen richten, die bisher der Tagesschau und der Propaganda vertraut haben. Und die wir mit diesen Medien dann auch erreichen können. Aber das wird noch ein hartes Stück Arbeit sein.
Alexander Wallasch: Danke für das Gespräch!
Einen Kommentar schreiben
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen. Aufgrund von zunehmendem SPAM ist eine Anmeldung erforderlich. Wir bitten dies zu entschuldigen.
Zur Anmeldung
Kommentare
melden
Kommentar von Richard Funk
Tichy ist halt ein extremer Antlantiker; ich hatte früher durchaus Hoffnungen in sein Format. Was ich jedoch seit Beginn der Ukraine-Krise dort las brachte mich fast komplett weg von dieser Seite. Die Propaganda gegen Rußland auf Tichy ist nahezu so perfide wie zum Beispiel in der Springerpresse.
melden
Kommentar von Herbert Wolkenspalter
AlternAlternative Medien sind schon wichtig. Dabei ist es schlimm genug, dass sich das mediale Spektrum überhaupt in „normale“(?) und „alternative“ unterteilt. Normal wäre aus meiner Sicht eine unbeanstandet akzeptierte Vielfalt aber kein Kampf unter Journalisten selber sowie NGOs, die wie ein Vernichtungskrieg anmuten.
Noch schlimmer ist es allerdings, wenn einzelne alternative Medien wie das erwähnte „Tichys Einblick“ den eigenen, deklarierten Ansprüchen nicht genügt, es andere Medien sowie die Politk dafür (substanziell zurecht) nachhaltig kritisiert, sich aber Vergleichbares selber erlaubt! Roland Tichy, der bewusste, selbsterklärte Kritiker, ist selber hochempflindlich für Kritik und kann eigene Peinlichkeit nicht von Fremdbeleidigung unterscheiden. Die Meinungsfreiheit ist bei diesem, ihrem großen Verfechter dementsprechend reduziert. Mit dem Charakter steht und fällt doch vieles.
Der Fall „Gafron“, bislang regelmäßiger, nun ehemaliger Gastautor bei Tichy, spricht Bände. Hier wurde sein letzter Beitrag dermaßen „redigiert“, dass passagenweise das Gegenteil dessen veröffentlicht wurde, was unter seinem Namen veröffentlicht war – bis zu Gafrons Beschwerde. Daraufhin wurde der Name des Autors entfernt und durch eine andere Urheberschaft gekennzeichnet, dabei aber andere Passagen Gafrons weiterhin verwendet (Volksmund: Plagiat). Gleich zwei gravierende, inakzeptable Posten auf einmal. Jan Fleischhauer berichtete auf Focus über die Umstände des den Abschieds seines Freundes Gafrons von Tichy (wie hätte man es sonst erfahren?) - und auf Tichys „Einblick“ erschien daraufhin eine Rechtfertigung bar jeder Einsicht und ohne jedes Unrechtsbewusstsein.
Auch andere namhafte Autoren haben sich von Tichy spurlos verabschiedet. Dazu gehört u.a. Hugo Müller-Vogg, der wohl zunächst ebenfalls Hoffnungen in Roland Tichy gesetzt hatte, sich aber unter Löschung seiner kompletten Kolumne „Gegen den Strom“ und somit aller seiner Beiträge verabschiedet hat.
Man muss sich schon etwas intensiver mit Roland Tichy und seiner Redaktion beschäftigt haben, um zu bemerken was auch nach Abzug vielfach unberechtigter Pauschalkritik durch seine „klassischen“ politischen Feinde an Tichy und seinem „Einblick“-Auftritt trotzdem faul ist. Mittlerweile gibt es für Tichy auch eine Reihe ehemaliger Freunde.
Auch Alexander Wallasch wird Gründe gehabt haben, warum er Tichy verließ, nachdem er ihm mit zu wirtschaftlichem Erfolg verhalf. Ob „Tichys Einblick“ heute immer noch expandiert, ist nicht so sicher. Der Haustenor dort klingt derzeit eher danach, dass man „keine Leser verliert“, wofür aus den Reihen der kommentierenden Leser auch zahlreiche Bestätigungen ablesbar sind, deren überwiegend einseitig fixierte Sichtweisen bei gleichzeitig mangelhaftem Gerechtigkeitsempfinden gar nicht zu verleugnen wären. Jedes Medium gewinnt diejenigen Leser, die es nachher bedienen muss.
Danke für dieses interessante Interview mit nach wie vor relevanten, aktuellen Inhalten.ative Medien