„Mit einer gecharterten Yacht war die Gruppe im September von Rostock aus in See gestochen.“

Hochexplosiv: ZEIT und New York Times vermuten Ukraine hinter Sprengung von Nord Stream 2

von Alexander Wallasch (Kommentare: 28)

Und damit ist die Tätersuche endlich bei jenen angekommen, die neben den USA ein besonders dringendes Interesse am Durchschneiden der Nabelschnur der deutschen Wirtschaft haben.© Quelle: Pixabay / Peterson

Haben etwa Wolodymyr Selenskyjs Taucher die Pipeline gesprengt oder doch alle zusammen gegen Deutschland? Es wird Zeit, dass Olaf Scholz mit dem Stand der deutschen Ermittlungen öffentlich wird.

Die New York Times meldet, es seien pro-ukrainische Gruppen ins Visier der Geheimdienste geraten, die die gezielte Sprengung der Nord Stream 2 Pipelines vorgenommen haben sollen. Und damit ist die Tätersuche endlich bei jenen angekommen, die neben den USA ein besonders dringendes Interesse am Durchschneiden der Nabelschnur der deutschen Wirtschaft haben - jedenfalls bei jenen Teilnehmern, die gern mit preiswertem russischem Gas arbeiten.

Zeitgleich meldet die deutsche Zeitung "Zeit" eine noch viel umfangreichere Schilderung des Hergangs rund um die Sprengung der Pipeline (Dazu gleich mehr im Anhang).

Jetzt waren es also die Ukrainer. Der Bundesregierung wird allerdings auch diese Meldung keine Schmerzenslaute entlocken können. Mutmaßlich wird die neue feministische Außenpolitik hier noch vor dem Bundeskanzler eine Einordnung vornehmen.

Erst vor wenigen Wochen hatte der bekannte US-Investigativ-Journalist Seymour Hersh die USA als dringend tatverdächtig identifiziert.

Hersh hatte publiziert, dass die USA bereits mehrere Monate vor der Invasion der Ukraine die Sabotage der russisch-deutschen Pipelines plante. Von einer Quelle, die er für absolut glaubwürdig erachtet, erhielt er Insiderinformationen, dass die Amerikaner mit dem CIA in einer koordinierten Aktion die Pipeline in der Ostsee zwischen Deutschland und Russland mit C4 gesprengt hätten.

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Sahra Wagenknecht (Linke) bekam auf ihre Anfrage, ob der Bundesregierung denn Ergebnisse aus Überwachungs- und Geheimdienstquellen vorliegen würden, die auf die Urheber der Explosionen hinweisen, von Habecks (Bündnis 90/Die Grünen) Ministerium folgende sibyllinisch anmutende Antwort:

„Die Bundesregierung ist nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt, dass die Beantwortung der Fragen aus Gründen des Staatswohls nicht erfolgen kann.“

Ist das bereits eine False-Flag-Action der Amerikaner als Antwort auf die jüngsten Anschuldigungen? Die Aussagen der Dienste, die von der New York Times zitiert werden, weisen jedenfalls darauf hin, dass hier eher Verwirrung gestiftet als Klarheit geschaffen werden soll.

Denn wo zwei oder noch mehr Verdächtige erscheinen, werden die Schuldzuweisungen wieder schwieriger. So erklären US-Beamte auch sofort, sie hätten keine Beweise dafür, dass der ukrainische Präsident oder irgendwer aus seinem Umfeld verwickelt wäre. „Beziehungsweise“, wie der Münchner Merkur schreibt, „dass die Täter auf Anweisung von ukrainischen Regierungsvertretern handelten.“

Aber was weiß man konkret bei der New York Times, so eine möglicherweise folgenreiche Zuschreibung vorzunehmen?

Die Zeitung verweist auf anonyme US-Geheimdienste, die erklärt hätten, es bestehe die Möglichkeit, „dass die Operation inoffiziell von einer stellvertretenden Truppe mit Verbindungen zur ukrainischen Regierung oder ihren Sicherheitsdiensten durchgeführt worden sei“.

Die Saboteure sollen laut dieser Geheimdienstquellen mit hoher Wahrscheinlichkeit ukrainische oder russische Staatsangehörige oder eine Kombination sein. Das weist möglicherweise darauf hin, dass Ermittlungen in Schweden oder anderswo Personen festgestellt haben, die dem osteuropäischen Kultur- und Sprachraum zuzuordnen sind.

Jedenfalls will das Papier jetzt ausschließen, dass weder amerikanische noch britische Staatsangehörige beteiligt gewesen sind. Damit wäre allerdings Seymour Hersh aus dem Rennen mit seiner Behauptung, es seien die USA gewesen.

Das stinkt alles zum Himmel. Plötzlich tauchen – wieder in den USA – neue, die USA entlastende Indizien auf, die wiederum die Ukrainer schwer belasten sollen?

Die Welt fasst zusammen:

„Den Geheimdienstinformationen zufolge sei der Sprengstoff ,mithilfe von erfahrenen Tauchern' angebracht worden, die ,dem Anschein nach nicht für Militär oder Geheimdienste arbeiteten'. Es sei aber möglich, dass die Saboteure in der Vergangenheit Spezialtrainings einer Regierungsorganisation erhalten hätten.“

Die deutschen Ermittlungen sind bis heute nicht abgeschlossen und bisher keine Ergebnisse bekannt gegeben. Nicht einmal nähere Angaben zur Vorgehensweise oder zum Stand der Ermittlungen wurden bekannt. Möglicherweise ist das seit heute anders, diesen Eindruck erweckt jedenfalls die Veröffentlichung der „Zeit".

Der schwedische Ermittler, dessen Untersuchungen ebenfalls noch laufen, sagte jetzt gegenüber der New York Times:

„Es ist mein Job, diejenigen zu finden, die Nord Stream in die Luft gejagt haben, ich habe dafür den Geheimdienst unseres Landes. Glaube ich, dass es Russland war, das Nord Stream in die Luft gejagt hat? Das habe ich nie geglaubt. Es ist nicht logisch. Aber wie in einem Mordfall muss man für alle Möglichkeiten offen bleiben.“

Das bleibt weiter ungenau. Andererseits muss man die Meldung der New York Times ernst nehmen. So eine Veröffentlichung nimmt man nicht leichtfertig vor, möglicherweise liegen mehr Informationen vor, die etwas belegen, was aus Gründen nicht öffentlich gemacht werden darf oder soll.

Ebenfalls in diesem Licht von besonderem Interesse: Der nun noch merkwürdiger erscheinende kurzfristige Besuch von Olaf Scholz beim US-Präsidenten, an dem auch Oppositionsführer Friedrich Merz die Geheimnistuerei nicht akzeptieren wollte. Ging es hier möglicherweise auch um neue Erkenntnisse über die Identität der Saboteure?

Wenn allerdings weiterhin das ungeschriebene Gesetz gilt, dass die wahrscheinlichste Möglichkeit meistens auch die Richtige ist, dann bleiben die Amerikaner im Rennen um Platz 1 der Verdächtigen. Vielleicht sollte man sich langsam auch daran gewöhnen, dass es alle Verdächtigen gemeinsam gegen Deutschland (und Russland) organisiert haben, Interessenlagen sind ja ausreichend vorhanden.

Und der Bayerische Rundfunk meldet vor wenigen Minuten, dass es die US-Geheimdienste gar nicht braucht, dass es die New York Times nicht braucht. Laut Recherche von ARD, SWR, rbb und die „Zeit“ hätten deutsche Ermittler weitgehend lückenlos rekonstruiert, wie und wann der Anschlag vorbereitet wurde:

„So konnte das Boot, das dabei benutzt wurde, eindeutig identifiziert werden; ebenso das sechs-köpfige Team an Bord. Mit einer gecharterten Yacht war die Gruppe im September von Rostock aus in See gestochen. In dem Boot konnten später Sprengstoffspuren nachgewiesen werden. Unklar ist, wer hinter dem Anschlag steckt. Internationale Sicherheitskreise halten es auch für möglich, dass die Spuren absichtlich so gelegt wurden, dass sie auf die Ukraine als Verursacher hinweisen.“

Und jetzt zu der umfangreichen Recherche, welche die „Zeit" gerade veröffentlichte und die sich wie ein veritabler Hollywood-Krimi liest. Danach haben die deutschen Ermittlungsbehörden bei der Aufklärung des Anschlags auf die Pipelines Nord Stream 1 und 2 offenbar einen Durchbruch erzielt, heißt es.

Konkret sei es den Ermittlern nach Informationen von ARD-Hauptstadtstudio, Kontraste, des SWR und der ZEIT gelungen, das Boot zu identifizieren, das mutmaßlich für die Geheimoperation verwendet wurde. Es soll sich um eine Jacht handeln, die von einer Firma mit Sitz in Polen angemietet worden sei, die offenbar zwei Ukrainern gehört.

Die „Zeit" schreibt von einer "Geheimoperation auf See", die von einem Team aus sechs Personen durchgeführt worden sei. Es soll sich um fünf Männer und eine Frau gehandelt haben:

„Demnach bestand die Gruppe aus einem Kapitän, zwei Tauchern, zwei Tauchassistenten und einer Ärztin, die den Sprengstoff zu den Tatorten transportiert und dort platziert haben sollen. Die Nationalität der Täter ist offenbar unklar. Die Attentäter nutzten professionell gefälschte Reisepässe, die unter anderem für die Anmietung des Bootes eingesetzt worden sein sollen."

Und weiter schreibt die „Zeit":

Den Ermittlern sei es gelungen, „das Boot am folgenden Tag erneut in Wieck (Darß) und später an der dänischen Insel Christiansø, nordöstlich von Bornholm, zu lokalisieren. Die Jacht sei dem Eigentümer im Anschluss in ungereinigtem Zustand zurückgegeben worden. Auf dem Tisch in der Kabine haben die Ermittler den Recherchen zufolge Spuren von Sprengstoff nachweisen können."

Das ist nun alles spannend und interessant. Man muss aber auch die Frage stellen, worin denn nun eigentlich die investigative Glanzleistung der beteiligten Medien von ARD über ZEIT bis New York Times gelegen haben soll, wenn offensichtlich staatliche Ermittler von welchen Diensten auch immer mutmaßlich von oben die Anweisung bekamen, welche Medien die Ergebnisse durchstechen sollen.

Der Besuch des Bundeskanzlers beim US-Präsidenten erscheint in diesem Moment ebenfalls in einem mehr als ungünstigen Licht.

Und noch etwas kann man sich jetzt in Erinnerung rufen. Wenn Publikationen wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland Ende September 2022 titeln: "Deutsche Sicherheitsbehörden gehen von Bomben mit Sprengkraft von 500 Kilogramm TNT aus", muss man sich auch das auf einer Yacht mit fünf Mann und einer Frau Besatzung bildlich vorstellen. Zwar wiegen 500 Kilo im Wasser weniger, aber sie müssen erst einmal an Bord geschafft und dann in 50 bis 70 Meter Tiefe entsprechend platziert werden.

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