Tatsächlich ist das auch ein Stück weit arrogant und hat nichts mit einer gottgegebenen Physiognomie zu tun. Wer so eine Stimmung verbreitet, als hätten ihm alle anderen was Böses getan, obwohl ihm nur der rotweinfarbene Krawattenknoten zu eng sitzt, der dürfte auch sonst ein paar Probleme zu viel haben.
Aber geschenkt, denn Habeck hat eine Aufgabe. Er soll nämlich wegräumen, was er selbst und seine grüne (plus rot-gelbe Tupfen) Regierung versemmelt hat: dafür sorgen, dass den Winter über Strom in die Haushalte kommt.
Jetzt also Tagesthemen mit einem habeckschen Gesichtsausdruck wie bei der mündlichen Prüfung der Heinrich-Heine-Schule in Heikendorf oder wie kurz vor dem Heulen über eine große Ungerechtigkeit.
Caren Miosga wird von Habeck zunächst mal daran erinnert, dass sie sich schlecht vorbereitet und das Statement der Netzbetreiber nicht richtig gelesen hat: „Wenn man genauer reinschaut, dann wird der Beitrag differenzierter, und das muss man sich dann, glaube ich, auch zumuten, dass man dort reinschaut.“
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Im Hintergrund bei Habeck eine Berliner Abendszene, auf dem dunklen Reichstag wehen zwei deutsche Flaggen leicht im Wind.
„Warum gehen Sie nicht auf Nummer sicher und lassen die Atomkraftwerke nicht einfach im Streckbetrieb laufen?“, will Miosga vom Schmollminister wissen.
„Wir gehen auf Nummer sicher. Denn die Szenerien, die sie genannt haben, sind ja potenzielle Szenarien, die eintreten können, deswegen müssen wir dafür Vorsorge treffen. Das tun wir, indem wir die Atomkraftwerke, die beiden süddeutschen, in eine Einsatzreserve überführen. Und wenn sie nicht eintreffen, diese Szenarien, dann beenden wir die Laufzeit der Atomkraftwerke in Deutschland, wie es das Gesetz will und wie es dann ja auch der breite Konsens der Gesellschaft vor einigen Jahren beschlossen hat. Und wir tun es so zielgenau, dass wir exakt die Kapazitäten nutzen, die bei dem Problem, das der Stresstest aufgezeigt hat, nämlich unter Ausfall der europäischen Atomkraftwerke haben wir im süddeutschen Raum ein Stabilitätsproblem, das kann behoben werden mit diesen beiden Kraftwerken oder reduziert werden, behoben werden kann es ehrlicherweise nicht, weil es so groß ist. Aber sie leisten einen Beitrag dazu. Deswegen halten wir sie vor.“
Miosga bezieht sich auf den „breiten Konsens“ und meint, der wäre allerdings wohl in der Koalition nicht vorhanden, wenn Finanzminister Lindner eine Laufzeitverlängerung bis mindestens 2024 fordert. Dem widerspricht Habeck mit Bezug auf den Winter 2023/24:
„Wir haben im nächsten Winter deutlich mehr Gaskapazitäten jenseits von Russland geschaffen. Im Moment ist es knapp, aber wir werden zum Jahreswechsel ungefähr ein Fünftel der North Stream 1 Pipeline über die norddeutschen Küsten angeschlossen haben. Im nächsten Jahr schon deutlich größere Kapazitäten. Also dieses Risiko ist dann deutlich kleiner geworden. Und wir haben die Kohlekraftwerke aus der Reserve rausgenommen in einer Phase, als der Rhein so niedrige Pegelstände hatte und ja bis heute hat. Das heißt, die waren darauf nicht wirklich vorbereitet, die hatten nicht die Kohlenmengen da und können sie jetzt nicht richtig anschaffen. Irgendwann wird es schon wieder regnen, das ist ja sehr unwahrscheinlich, dass es von November bis April nicht regnet. Und dann sind die Kraftwerkskapazitäten ebenfalls da.“
Zum Verständnis: Große Kohletransporte werden auch über den Rhein herangekarrt. Wenn der Niedrigwasser hat, geht’s halt nicht.
Habeck weist noch darauf hin, dass man die beiden kommenden Winter „nicht in eins“ setzen darf, „wir werden eine andere energiepolitische Situation haben im nächsten Jahr“.
Dann aber die Frage aller Fragen von Caren Miosga zum Schluss:
„Können sie dann aber den Leuten an diesem Tag versprechen, dass es im kommenden Winter keinen Blackout geben wird in Deutschland?“
Robert Habeck schweigt für zwei Sekunden und sagt dann:
„Die deutsche Energieversorgung ist sicher. Wir haben ausreichend Energie. Und unser Netz ist auch sicher. Deutschland ist eingebunden in ein europäisches Netz. Und vor allem der Ausfall der französischen Atomkraftwerke, der dramatische Ausfall, sorgt für einen gewissen Unsicherheitsfaktor. Der Stresstest hat ergeben, dass selbst das Weiterlaufen von drei Atomkraftwerken (…) dieses Szenario nicht beheben kann. Das heißt, wir brauchen ein Set von Maßnahmen, ein Bündel von Maßnahmen, um diese Situation zu verhindern, sollte sie denn eintreten. Die ergreifen wir. Deswegen werden wir alles dafür tun, dass es dieses Szenario nicht gibt. Aber die Situation im europäischen Ausland ist natürlich so dramatisch, dass man nicht genau weiß, wenn die Franzosen ihr Atomproblem nicht in den Griff bekommen, was dann mit den Nachbarstaaten passiert. Und wenn ich das einmal sagen darf: Sie sehen, was das Hauptproblem ist. Es ist die Unzuverlässigkeit der Atomkraft in Frankreich. Die ist klimaanfällig, die Rhone ist warm und die Pegelstände sind zu niedrig und sie ist fehleranfällig. Atomkraft als Lösung darzustellen ist fachlich und sachlich einfach falsch. Wir haben diesen Schlamassel, weil die französischen Nachbarn zu lange und zu fest auf Atomkraft gesetzt haben.“
Das muss man erst einmal hinbekommen. Frankreich ist weniger vom russischen Gas abhängig als Deutschland, soll nun aber schuld dran sein, dass Deutschland ein Energieproblem bekommt? Tatsächlich ist die Hälfte der über fünfzig französischen Atomkraftwerke nicht am Netz. Macron hatte angesichts der angespannten Energiesituation noch im Februar eine "Renaissance der Atomenergie" angekündigt.
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Und da offenbart sich dann das nächste Problem: Einerseits schielt man auf Frankreichs Atomstrom in der aktuellen Notsituation, andererseits wird Frankreich gerügt, dass es überhaupt noch auf diese Technologie setzt. Nichtsdestotrotz ist Electricité de France Europas größter Atomstromanbieter.
In Zahlen: Deutschland hat aus Frankreich in 2021 etwa 9,8 Terawattstunden importiert. Hierbei interessant zu wissen: Deutschland exportiert deutlich mehr Strom, als es importiert. Im Jahr 2021 waren das 20 Terawattstunden. Rein theoretisch gilt also: Wenn wir nichts abgäben, müssten wir nichts einkaufen. Das europäische Stromnetz ist kompliziert.
Aber gemessen am deutschen Jahresverbrauch von 3.400 Terawattstunden beträgt der deutsche Stromexport weniger als ein Prozent. Er ist also zu vernachlässigen.
Eine weitere Zahl ist interessant: In Frankreich heizen etwa 35 Prozent der Haushalte mit Strom, in Deutschland sind das nur fünf Prozent. Fachleute haben berechnet, dass ein um nur ein Grad kälterer französischer Winter die zusätzliche Leistung von zweieinhalb Atomkraftwerken benötigt. Das allerdings gilt dann auch im umgekehrten Falle: Wird es ein Grad wärmer, dann hat Frankreich den Strom aus zweieinhalb Kernkraftwerken über. Rein theoretisch natürlich. Rettet uns also ein um fünf Grad wärmer französischer Winter, weil dann der Strom aus 12,5 Atomkraftwerken zur Verfügung steht? Natürlich nicht.
Aber von den Spielereien mit Wetterphänomenen zurück zu Habecks mutigem Versprechen, unsere Energieversorgung sei sicher. Selbst wenn das zuträfe. Was bedeutet das für den Preis dieser zur Verfügung stehenden Energie? Was nutzt es dem Magen, wenn zwar Brot in der Bäckerei liegt, dieses Brot aber den Preis eines Kleinwagens hat? Dann esst doch Kuchen?
Nein, Herr Habeck: Zur Verfügung steht Strom erst dann, wenn er auch für jedermann bezahlbar ist. Die Energie- und Ukrainepolitik ihrer Regierung hat diese Kosten verursacht. Ganz sicher nicht Frankreichs Atompolitik und auch nur bedingt Russlands Eroberungsfeldzug in der Ukraine. Grüne Politik hat das Desaster verursacht. Und was passiert, wenn das Energiedrama noch weitere Jahre anhält?
Aber das Wort des deutschen Bundeswirtschaftsministers hat natürlich Gewicht: Man darf und muss es ernst nehmen. Wenn Sie also die Energieversorgung als „sicher“ bezeichnen, dann werden Sie dem Bürger im Frühjahr, wenn wir genau wissen, wie sicher die Versorgung tatsächlich war, Rede und Antwort stehen. Dann müssen Sie, Robert Habeck, persönlich und ohne Wenn und Aber zurücktreten und samt Ihrer grünen Genossen den Weg für Neuwahlen frei machen, sollte die Versorgung nicht sicher oder bezahlbar gewesen sein.
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Kommentar von Matthias P.
Richtigstellung meines Kommentars:
Da die Laufzeitverlängerung wohl einer Gesetzesänderung bedarf, kann die Regierung (erst recht ein Minister) natürlich nicht einfach verlängern; gemeint war, dass er das Gesetzgebungsverfahren zur Verlängerung nicht betreibt, "anleiert", o.ä.
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Kommentar von Matthias P.
Es ist unverständlich, warum Habeck den Betrieb der Kernkraftwerke nicht einfach verlängert. Wenn es Sicherheitsbedenken gäbe, wäre es ein Argument dagegen, aber die Kraftwerke scheinen ja sicher zu sein und sie abzuschalten, weil sie allein das Energieproblem nicht lösen können, ist offensichtlich unsinnig, denn kein Energieträger kann allein den gegenwärtigen Mangel beheben. Dass mit den dt. Akw's mehr Energie zur Verfügung steht als ohne ist offenkundig und es kommt letztlich auf jede zusätzliche Kilowattstunde an. Die Kernkraftwerke sollten also weiterbetrieben werden.
Eines stimmt jedoch nicht: Dass die Energie- und Ukrainepolitik der jetzigen (oder der grünen) Regierung die gegenwärtigen hohen Kosten verursacht hätte. Die Grünen waren die Partei, die wohl am wenigsten auf die Abhängigkeit zu Russland gesetzt haben. Der Steinkohleausstieg wurde von CDU/FDP veranlasst, der Sofortausstieg aus dem Atomstrom ebenfalls (Die vorherige Grünen-Regierung sah noch längere Laufzeiten vor). Nur für den Braunkohleausstieg sind wohl maßgeblich auch die Grünen verantwortlich. Die Russland-Sanktionen, die von D ausgehen, dürften ebenfalls kaum einen Einfluss auf den Preis haben, weil der deutsche Anteil auf dem Weltmarkt zu gering ist.
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Kommentar von Arno Nühm
Wenn Habeck behauptet, die Energieversorgung wäre sicher, gehe ich lieber mal ein paar tausend Akkus kaufen...
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Kommentar von Hildegard Hardt
"Die (deutsche) Energieversorgung ist sicher". Das erinnert mich sehr an Norbert (auch ein Herr mit ..bert am Ende Vornamens) Blüms "Die Renten sind sicher" - allerdings mit dem Unterschied, daß das Blümchen Humor hatte und ganze Sätze von sich geben konnte.
Nichts ist sicher, was unser allerhöchster Wirtschaftsminister von sich gibt und schon gar nicht glaubwürdig. Sein Vorgänger Altmaier machte zwar keine so gute Figur und schwächelte auch gegen Ende seiner Amtszeit, er log auch, aber wenigstens einigermaßen überzeugend.
Womit wieder einmal bewiesen ist, daß es immer noch schlimmer kommen kann.
Von Zurücktreten wird aber keine Rede sein. Unser Oberschriftsteller (wie hat er eigentlich ein Buch schreiben können, oder hat das seine Frau gemacht?) wird dann auf Jens Spahn zurückgreifen, der weiland sagte:"Wir werden einander viel zu verzeihen haben." Ob er sich da mal nicht täuscht!
P.S. Ihren oft wörtlichen Texteinblendungen kann ich nur höchsten Respekt zollen, lieber Herr Wallasch. Ich könnte mir das nicht antun.
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Kommentar von Joachim Winter
In Deutschland ist Rücktritt nicht mehr vorgesehen… Ist Ihnen das noch nicht aufgefallen?
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Kommentar von H. Jacobsen
Habeck pokert, anders kann man das nicht mehr benennen.
Bekommen wir einen sehr milden Winter, steigen die Preise noch mehr als die Menschen bezahlen können, wandern noch mehr Firmen ins Ausland ab oder gehen pleite, dann wird die Energie vielleicht ausreichen. Der damit anrichtete Kollateralschaden, immer weniger Arbeitsplätze, immer mehr Erkrankungen aufgrund zu kalter Wohnungen, Zerstörung von Bausubstanz, immer mehr Städte und Kommunen, welche die Sozialleistungen nicht mehr zahlen können...all das interessiert Habeck nicht. Hauptsache er und seine Grünen sitzen im Trockenen. Aufgrund der großzügigen Gehälter können sie die teure Energie auch bezahlen. Wie immer denken aber auch hier die Grünen nichts zu Ende oder rechnen mit dem gleichen Egoismus bei ihrer Wählerschaft.
Habeck bibbert und weiß wohl selbst nicht genau, ob er mit diesen Maßnahmen die Macht der Grünen erhalten kann.
Wenn wir nicht einen sehr sonnigen und warmen Herbst und Winter bekommen, wo der Wind permanent bläst, wird es zur befürchteten Katastrophe kommen. Die Dominosteine, die dann umfallen, bekommt niemand mehr gestoppt. Danach sind die Grünen politisch erledigt. Wenigstens etwas auf was wir uns freuen können.