Die ewige Angst vor Merkels langem Schatten

Endlich Kanzlerkandidat: Aber Merz will von Migration nichts mehr wissen

von Alexander Wallasch (Kommentare: 9)

Vom merzmerkelschem CDU-Zeitalter© Quelle: Youtube/ Bericht aus Berlin, Das Sommerinterview, Screenshot

Friedrich Merz ist auf dem Weg ins Kanzleramt. Und er hat der Ampel gleich das beruhigende Signal gesandt: Keine Sorge, liebe Antideutschen, die Massenmigration taste ich nicht an. Ich will doch einfach nur den Kanzlerposten – der steht mir doch zu!

Für Deutschland war das noch ein trauriger Tag: Die Führung aus CDU und CSU hat sich heute dafür entschieden, Friedrich Merz zum Kanzlerkandidaten zu machen. Nach dem so kläglich ausgerechnet an Scholz gescheitertem Laschet jetzt also der nächste angeschlagene Alterskandidat für den Posten des Bundeskanzlers. Die Verramschung des Landes auf allen Ebenen.

Merz geht mit einem gigantischen Mitleidsbonus ins Rennen. Manch einer könnte auf die Idee kommen, dass er es nun endlich werden soll. Einfach damit Ruhe ist. So, wie England jahrzehntelang dem verhinderten König Charles mitleidig nur beim Älterwerden zuschaute, mag es CDU-Anhängern mit Friedrich Merz gegangen sein.

Nun soll der ewige Merz endlich mal ans Buffett, bevor ihm noch die Zähne ausfallen. Ironie der Geschichte: Auch diese so sorgsam gepflegte Inszenierung einer interfamiliären Feindschaft zwischen Merz und Merkel ist brüchig geworden. Wer glaubt noch ernsthaft daran?

Abgemachte Sache: Merz ist in den Jahren als Oppositionsführer zum Schutzpatron der merkelschen Massenmigration geworden.

Wer bisher dachte, die Kanzlerfrage hänge eng damit zusammen, dass Merz sich endlich aus der Deckung wagt und sich zur Schuld der Merkel-CDU an dem Migrationsdesaster bekennt, der wurde heute eines Besseren belehrt, die Unmöglichkeit ist bittere Realität geworden: Kanzlerkandidat Friedrich Merz erklärte ein Jahr vor der Bundestagswahl, dass er das Migrationsthema ausklammern und sich um die Wirtschaft kümmern wolle.

Mit anderen Worten: Die illegale Zuwanderung soll nicht beendet, aber ihre Finanzierung erreicht werden. In den Worten von Merz aus der heutigen Pressekonferenz gesprochen:

„Das Thema Migration bleibt ein großes Thema. Ich will allerdings auch noch einmal betonen: Es wäre mein Wunsch, dass es nicht das Hauptthema im Bundestagswahlkampf 2025 wird." Vielmehr will Merz, so weiter, der Wirtschaftspolitik eine zentrale Bedeutung geben, da die wirtschaftliche Lage in Deutschland „prekär“ sei.

Merz hat verstanden, dass das Thema Migration der AfD gehört und für die AfD einzahlt. Also macht er es, wie es die CDU seit Jahren macht: Er versucht das Thema gegen den ausdrücklichen Wunsch der Bevölkerung zu unterdrücken und klein zu halten.

Merz will Kanzler werden, koste es was es wolle. Deutschland kommt bei Merz nicht an erster Stelle.

Was der CDU intern schwer auf der Seele liegt, ist das noch unveröffentlichte Buch – die Memoiren der Kanzlerin. Was wird sie über Friedrich Merz zu sagen haben? Welche Welle könnte über dem jetzt zum Kanzlerkandidaten Gekürten zusammenbrechen, wenn Merkel kein gutes Haar an Merz lässt, wenn Sie gar seine Eignung als Kanzler elementar in Frage stellt?

Verbürgt ist, dass CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann ebenfalls große Sorge vor Merkels gesenktem Daumen in ihrem erwartbaren Bestseller hatte.

Der kürzlich verstorbene Wolfgang Schäuble soll übrigens einen großen Anteil daran haben, dass die Merkel-Ära zu etwas Unantastbarem geworden ist. Er soll intern deutlich gemacht haben, dass die CDU einen Weg finden müsse, die Merkel-Zeit zu würdigen, um die Merkel-Wähler nicht zu verprellen.

In einem merkwürdigen Anfall von CDU-Kumpanei schrieben Kollegen von „Table Briefings“ der CDU einen Satz ins Arbeitsbüchlein, welcher die merz-merkelsche eierlegende Wollmilchsau ziemlich gut zusammenfasst:

„Die CDU will und muss einen Weg finden, das Gute aus den Merkel-Jahren zu betonen, ohne zugleich für ihre Fehler oder strategischen Versäumnisse in Dauerhaftung genommen zu werden.“

Zu den Kuriositäten dieses kontaminierten Merkel-Merz-Cocktails gehört es ebenfalls, dass Merz 2019 bei seiner Rückkehr in die Politik besonders damit punkten konnte, sich von Merkel abzugrenzen. Nicht vermeiden ließ sich dabei freilich der starke Eindruck einer Art zwingender Koexistenz:

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Ohne den Konterpart Merkel schrumpft Merz immer wieder zurück auf seine tatsächliche Größe. So entsteht dann eine rational nicht mehr erklärbare Scheu vor jeder Kritik an der Übermutter der CDU.

Wenig überraschend und viel ernsthafter vorgetragen als jede Merkelkritik für die Kulisse geriet dann auch die merzsche Lobpreisung für Merkels Fähigkeit, während ihrer Kanzlerschaft für politische Stabilität gesorgt zu haben und das Merkel gerade in Krisenzeiten ein wichtiger Faktor für Deutschland gewesen sei. Eine ruhige Hand soll Merkel in einer schwierigen Phasen des Landes bewiesen haben und damit wiederum viel für die Stabilität der Nation getan haben, so Merz.

Auch in den Jahren nach Merkels Abgang machte Merz immer wieder deutlich, dass es ihm trotz einiger Differenzen um einen respektvollen Umgang mit ihrer politischen Hinterlassenschaft gehe. Zu verschiedenen Gelegenheiten betonte Friedrich Merz die Notwendigkeit, die Verdienste von Angela Merkel zu würdigen.

Merz lobte Merkel mehrfach für ihre Fähigkeit, in Krisenzeiten, wie während der Eurokrise und in der Zeit der globalen Instabilität, für Stabilität gesorgt zu haben. Auch in Bezug auf die europäische Politik von Merkel äußerte Merz sich positiv. Er erkannte an, dass Merkel eine zentrale Rolle dabei gespielt habe, Europa zusammenzuhalten, besonders während der Eurokrise und in der Flüchtlingskrise.

In einem Interview äußerte Merz, dass Merkel es geschafft habe, Deutschland international stark zu positionieren und dass sie in ihrer Amtszeit eine sehr wichtige Rolle auf der Weltbühne eingenommen habe. Obwohl er mit vielen ihrer innenpolitischen Entscheidungen nicht einverstanden war, betonte er die Bedeutung ihrer außenpolitischen Erfolge.

Und hier kann der ehemalige bayerische Ministerpräsident und Bundesinnenminister Horst Seehofer indirekt als Zeuge dienen: Seehofer hatte 2018 einmal gesagt: „Wir werden Angela Merkel noch vermissen. Es gibt nicht viele Menschen, die solche Fähigkeiten haben wie sie.“

Ein Satz, den man auch einem Friedrich Merz durchaus zutrauen kann. Vielleicht beneidet der CDU-Chef den ehemaligen CSU-Chef sogar für dieses besonders devote Zitat. Übrigens der gleiche Seehofer, der als Ministerpräsident mit Blick auf Berlin von einer „Herrschaft des Unrechts“ sprach.

Am 17. Juli schrieb Friedrich Merz via Facebook an Angela Merkel:

„Liebe Angela Merkel, herzliche Glückwünsche zu Deinem 70. Geburtstag! Rund drei Jahrzehnte lang hast Du die Politik unseres Landes geprägt und Verantwortung übernommen: In der CDU, im Parlament und in der Regierung. Wir freuen uns auf den Festakt im Herbst!“

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