Dr. Pürner hat das Thema Aufarbeitung ins BSW gebracht

Die Koalition in Thüringen hat die Impfgeschädigten einfach vergessen

von Alexander Wallasch (Kommentare: 4)

Die Pandemie hätte diese Folgen nicht verursacht – es waren die Maßnahmen!© Quelle: NDR, Screenshot, EU, Dr.Pürner, Montage: Wallasch

Friedrich Pürner sitzt für das BSW im EU-Parlament. Aber er geht seiner Partei in Brüssel nicht verloren, Dr. Pürner meldet sich zu Wort. Und das wird nicht automatisch kuschelig, wenn er etwa das Thüringer Koalitionspapier als Verharmlosung der Corona-Politik kritisiert. Im Interview:

Sie haben sich dieser Tage via X wiederholt kritisch zum Thüringer Koalitionsvertrag geäußert – explizit in Sachen Corona-Aufarbeitung. Sie sind Experte des BSW zu diesem Thema. Ketzerisch gefragt: Wenn jetzt jeder Fachmann im BSW sein Thema in den Fokus stellt, wie soll dann ein Koalitionskompromiss überhaupt zustande kommen?

Vielleicht muss gar kein Kompromiss zustande kommen. Tatsache ist, dass das Thema Aufarbeitung, was ja unbestreitbar mein Themengebiet ist, ein Hauptthema im Wahlkampf war. Insofern habe ich schon den Anspruch, dass dieses Thema Aufarbeitung auch in den Koalitionspapieren durchschlägt. Das war oder das ist in Thüringen eben nicht so.

Sie schreiben heute, die Aufarbeitung des Corona-Regimes betreibe jetzt die AfD, das hätte nicht passieren dürfen. Warum nicht? Die Forderung der Aufarbeitung war in der Frühphase eine der AfD. Das BSW hat diese AfD-Forderung meines Wissens nur übernommen ...

Das haben Sie komplett falsch in Erinnerung. Denn eigentlich hat sich die AfD meine Forderung zu eigen gemacht. Da ich jetzt Teil des BSW bin, kann man das so ganz sicher nicht sagen. Aber ernsthaft: Natürlich geht es hier auch um Politik. Das ist ja vollkommen klar, dass man dann dem politischen Gegner – auch wenn ich das Wort Gegner nicht mag – nicht einfach das Feld in bestimmten Bereichen überlässt.

Und noch mal: Dieses Thema Aufarbeitung, das habe ich ins BSW mitgebracht. Es ist mir eine Herzensangelegenheit. Das habe ich schon vor der BSW-Gründung intensiv betrieben und vorangetrieben und auch gefordert. Mitnichten haben wir uns an die Forderungen oder die Kritik der AfD angehängt. Wenn man das mal von Anfang an verfolgt, dann war ich derjenige, der öffentlich Kritik an bestimmten Maßnahmen geübt hat. Die AfD ist - auch hier in Bayern -  erst einmal darauf angesprungen. Es war nicht andersrum.

Das führt zu einer innerparteilichen Frage: Mögen Sie den Lesern erklären, wie der Austausch innerhalb von Parteien stattfindet? Sind Sie im Vorfeld vom Thüringer BSW-Verband um Ihre Expertise gebeten worden?

Da muss ich jetzt um Nachsicht bitten, dass ich nicht über bzw. aus innerparteilichen Gesprächen berichte. Das werde ich nicht tun.

Sie würden aber zustimmen, dass – unabhängig davon, ob es passiert ist oder nicht – so ein Austausch wünschenswert wäre?

Das wäre auf alle Fälle wünschenswert. Aber es ist auch ganz klar, dass jeder Landesverband eigenständig ist und natürlich auf bestimmte Experten zurückgreifen kann. Aber nicht muss. In bestimmten Belangen wird es wahrscheinlich passieren und in anderen eher nicht. Grundsätzlich werde ich aber – also aus dem Parteiinneren heraus, wie Gespräche geführt werden und die Kommunikation abläuft – keine Auskunft erteilen.

Kernsatz Ihrer Kritik lautet, nicht die Pandemie, sondern die Maßnahmen habe die Gesellschaft zerrissen. Mögen Sie das ausführlicher erklären?

Zunächst muss ich kurz sagen, was mich an dem Koalitionspapier wirklich stört. Nämlich, dass die Auseinandersetzung mit der Corona-Politik in diesem Papier schon fast verharmlost wird. Es steht dort drin, dass eine kritische Reflexion der Pandemiezeit stattfinden solle. Zudem fehlt aufdrängend offensichtlich das Wort „Impfgeschädigte“.

In diesem Koalitionspapier ist konkret benannt, dass man Personen, die an Long-Covid und dem ME/CFS, dem chronischen Fatigue-Syndrom leiden, Hilfe angedeihen lassen möchte. Man hätte sich überhaupt nichts verschenkt, wenn man auch noch die Impfgeschädigten hier mit aufgeführt hätte. Das hat man jedoch nicht getan. Das ist ein wirklich fatales Signal, weil man hier die Impfgeschädigten schlicht und ergreifend ignoriert und außen vor lässt.

Zurück zu meiner Aussage, warum es nicht die Pandemie war, die derart viel Leid und Spaltung brachte, sondern die Maßnahmen. Das ist ganz einfach erklärt: Zweifellos gab es eine Pandemie, aber eine Pandemie ist erstmal noch nicht wirklich gefährlich, sondern sie beschreibt einen Zustand.  Wir hätten kaum etwas davon gemerkt, wenn wir nicht so exzessiv getestet, getestet und getestet und so ein Bohei gemacht hätten. Das wirklich Ausschlaggebende, warum die Gesellschaft so zerrüttet ist, warum es zu so einer tiefen Spaltung kam, warum die Gesellschaft so enorm geschädigt und Gruppen in der Gesellschaft ausgegrenzt wurden, das waren die Maßnahmen.

Deshalb mag ich nicht, dass man immer von der Pandemie als DER Ursache spricht. Es ist ein Narrativ, dass man immer davon spricht, die Pandemie hätte diese Folgen verursacht. Nein, überhaupt nicht. Es ist vollkommen klar: Die Pandemie hat Erkrankte gefordert und hat auch Todesopfer hervorgebracht. Das ist unstreitig. Aber wir hätten nichts davon gemerkt. Sondern hätten wieder gesagt: Aha, es ist mal wieder ein stärkeres Grippejahr.

Wir hätten sicher eine kleine Übersterblichkeit gehabt und das wäre es dann gewesen. Aber im Prinzip waren es die einschneidenden Maßnahmen, die die Gesellschaft gespalten haben, die die Wirtschaft zum Teil zugrunde gerichtet haben, für die ewig viel Geld verprasst wurde.  Also insgesamt – wenn wir aufrunden – waren es 500 Milliarden Euro, die hier für eine Pandemie hinausgeworfen worden sind. Für dieses Geld hätte man tatsächlich etwas sehr Sinnvolles bewirken können im Gesundheitswesen. Aber da lege ich großen Wert drauf: Es ist nicht die Pandemie an sich, sondern es sind tatsächlich die Maßnahmen.

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Jetzt höre ich bei Ihnen die klassische Grundhaltung des Maßnahmen- und Impfkritikers gegenüber diesem Virus heraus, die es zu einem grippeähnlichen Virus macht. Wir wissen aber spätestens seit Prof. Wiesendanger, dass es sich um eine Laborkonstruktion handelt. Und also alles andere ist als nur ein Grippevirus ...

Aber das sage ich ja auch nicht, dass es das Gleiche ist. Man kann das nicht mit der Grippe vergleichen, es wäre nur nicht aufgefallen, ganz einfach. Man hätte vielleicht von der Symptomatik her gesagt, ich fühle mich plötzlich etwas anders. Aber auch schon zur Grippezeit hat es Todesfälle gegeben. Und wie. Da brauchen wir gar nicht drüber diskutieren. Das hat nur überhaupt gar keinen großartig interessiert. Man hat auch diese Übersterblichkeit schlicht und ergreifend einfach immer nur geschätzt. Fertig. Also diese unbeachteten aber schrecklichen Grippetoten, die hat man einfach insgesamt über die Bevölkerung hinweg geschätzt. Um das geht es mir.

Mir geht es nicht um die Diskussion, woher kommt dieses Coronavirus? Ich möchte nur nicht, dass man ständig sagt – das ist ein absolutes Narrativ, mit dem die Politik sowie die Regierung und alle Verantwortlichen noch immer arbeiten –: Ja, es ist die Pandemie gewesen! Es sind die einschneidenden Maßnahmen gewesen, die das, was wir in der Gesellschaft sehen und vorfinden, verursacht haben.

Ein Spruch aus den sozialen Medien hat jetzt gelautet „Todesangst wegen eines Schnupfens. Sich aber mit Russland anlegen wollen“. Wer kann gemeint sein? Was sagen Sie dazu?

Soweit ich mich erinnere, geht der Spruch ein bisschen anders, nämlich „Todesangst wegen eines Schnupfens. Aber keine Angst haben, dass man vielleicht einen Atomkrieg provoziert.“ Was soll ich dazu sagen? Klar ist das zugespitzt. Ein bisschen kann ich das auch nachvollziehen, dass man auf der einen Seite sagt „Hurra, wir haben hier ein Virus, dessen Gefährlichkeit jetzt doch nicht so brutal war, wie man es uns immer versucht hat weiszumachen.“ Gleichzeitig sind leider ganz viele dafür, dass wir Waffen liefern. Die sehen die Gefahr nicht, dass man hier vielleicht doch einen weiteren Weltkrieg provoziert. In diesem Missverhältnis bewegen sich diese Leute. Beziehungsweise dieses Missverhältnis will der eingangs formulierte Satz darstellen.

Sie waren einer der EU-Abgeordneten, die Selenskyj in Brüssel in einer Liveschalte erlebt haben. Gibt es dazu Ihrerseits Nachwehen? Was war denn Ihr Eindruck zurückblickend?

Mein Eindruck war ganz einfach, dass viele Abgeordnete das unreflektiert unterstützen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob sie tatsächlich alle Fakten kennen. Vielleicht ist das wieder so ein Massenphänomen: Man muss unterstützen. Man muss solidarisch sein. Man muss unbedingt die Dinge so machen, wie sie in Brüssel getan werden. Das finde ich echt befremdlich. Denn keiner schätzt die Konsequenzen bis zum Ende ab. Es wird übersehen, dass an jedem Tag, an dem dieser Krieg weiter stattfindet, junge Menschen – auch ältere, aber vor allem junge, die kämpfen – egal auf welcher Seite, gnadenlos niedergemetzelt werden und sterben. Das finde ich wirklich, wirklich furchtbar.

Es sieht so aus, als sei das BSW auf Bundesebene jetzt ebenso isoliert wie die AfD. Der Merz-Frühlingsstrauß Richtung Wagenknecht ist verwelkt. Bedauern Sie das oder bevorzugen Sie klare Verhältnisse?

Das ist Ihre Aussage. Ich sehe hier überhaupt nichts verwelkt. Auch sehe ich nicht, dass wir irgendwo genauso isoliert wären wie die AfD. Aber eins kann ich Ihnen sagen: Natürlich bin ich sehr für klare Verhältnisse. Deshalb äußere ich mich ja auch immer so, wie ich das aktuell wieder mache. Denn ich finde es sehr wichtig, dass die Bürger, die uns gewählt haben und auch in Zukunft wählen sollen, ganz klar und genau wissen, für was wir stehen und was wir tun. Das ist absolut notwendig und deshalb bin ich ganz stark für klare Verhältnisse.

Danke für das Gespräch!

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