Vom Bückling zum Blockwart: Neues aus der Wächtergesellschaft

Die Demokratiesimulation vor Wahlen

von Alexander Wallasch (Kommentare: 9)

Die Ideologen der großen Transformationen lieben ihre „Zivilgesellschaft“.© Quelle: Pixabay/planet_fox

Wie ist die Stimmung wenige Tage vor den Bundestagswahlen? Der Wahl-O-Mat läuft heiß, aber die Bürger kommen trotzdem nicht gut in Stimmung. Eine unbefriedigende Vorwahlanalyse.

Grüne, SPD und Union haben laut Umfragen eine komfortable Mehrheit von etwa 60 Prozent. Hinzu kommen die Linke, FDP und BSW mit zusammen zwischen zwölf und 15 Prozent.

Die genannten Partien sind – bis auf wenige Abweichungen, die den täglichen Feinjustierungen geschuldet sind – einer Meinung, was ihre Grundhaltung in allen relevanten Themenbereichen angeht. Hinweise auf unterschiedliche Wahlprogramme greift hier nicht. Ihr Inhalt setzt sich überwiegend zusammen aus von der Realpolitik dominierten Lippenbekenntnissen.

Die Themen der Deutschen sind auch 2025 die Überfremdung durch eine illegale Massenzuwanderung und einer damit einhergehenden bröckelnden Sicherheitsarchitektur, ein schwindender Wohlstand ausgelöst durch ideologische Projekte der großen Transformation. Ein weiteres Hauptthema, das die Menschen zunehmend beschäftigt, sind die Folgen des deutschen Engagements im Ukrainekrieg.

Die genannten Parteien – konkret: Alle außer der AfD – sind in allen drei Themen einer Meinung, unabhängig eventuell anders lautender Bekundungen in den Wahlprogrammen oder im Vorfeld von Wahlen auf den Veranstaltungsbühnen.

Keine der Parteien ist willens, die Zuwanderung zu stoppen, geschweige denn umzukehren. Keine der Parteien ist bereit dazu, die ideologischen Projekte der großen Transformation auf den Prüfstand zu stellen. Und keine der Parteien verweigert sich den immer obszöner werdenden Forderungen aus Kiew.

Aber woran liegt das? Die Antwort ist bekannt: Die grün-roten Ideologen haben sich den Staat zur Beute gemacht. Der über ein halbes Jahrhundert und drei Politikergenerationen hinweg reichende Marsch durch die Institutionen ist in Wahrheit kein Durchmarsch einen bestimmten Ziel entgegen. Denn überall dort, wo man durchmarschierte, wurden Gewährsleute platziert. Schon Alexander der Große hat es auf seinen Eroberungsfeldzügen so gehandhabt: Immer wurden ein paar Soldaten zurückgelassen, die sich mit der Urbevölkerung vermischt und diese dominiert haben.

Und um im dystopischen Bild zu bleiben: Die Ideologiewächter des Marschs durch die Institutionen fangen sofort an schrill zu kreischen, wenn sich irgendwo Widerstand regt. Und dieses Kreischen bringt dann alle anderen Wächter mit auf den Plan.

Die Ideologen der großen Transformationen nennen, was sie da geschaffen haben, gern „Zivilgesellschaft“. Der Begriff umfasst die Gesamtheit des Engagements der Bürgerinnen und Bürger eines Landes in vielen Bereichen.

Daran hat sich bis heute nicht geändert. Aber es gibt einen wesentlichen Unterschied: Die Zivilgesellschaft hat eine ihrer wichtigsten Aufgaben verloren die darin bestand, immer wieder jene Themenschwerpunkte zu setzen, welche die Menschen wirklich im Alltag bewegen. Die Zivilgesellschaft ist nämlich im Idealfall Regulativ und Taktgeber der Politik.

Dieses bewährte System hat sich fundamental verändert: Politik orientiert sich heute nicht mehr an in Debatten eingespeiste Themen der Zivilgesellschaft. Die Ideologen geben der Zivilgesellschaft mittlerweile die Themen vor.

Und die Ideologiewächter in den Schlüsselpositionen überwachen die Einhaltung dieser Vorgaben. Und was die Wächter übersehen, wird von den etablierten Medien angemahnt und thematisiert. Sie sind gewissermaßen die Wabe der Wächter, hier werden die Larven des Wächternachwuchs streng erzogen, gehätschelt, gepflegt und aufgebaut.

Prägnantestes Beispiel sind die Massendemonstrationen dieser sogenannten Zivilgesellschaft, die sich ausnahmslos gegen die Opposition richten und niemals gegen die Regierungen. Aus Demonstrationen werden Aufmärsche. Das kennen Bürger der DDR noch aus ihrer Diktaturerfahrung.

Wer jetzt einwendet, dass es durchaus Auseinandersetzungen zwischen den genannten Parteien gibt, dem kann man zwei Begriffe entgegenhalten: Showkampf und Disziplinierung.

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Diese Showkämpfe als Pseudoauseinandersetzungen finden regelmäßig im Vorfeld von Wahlen statt. Wahlen sind der Treibstoff der Demokratiesimulation. Niemand erinnert sich an ein konkretes Aufbegehren der CDU/CSU in den letzten drei Jahren. Kein relevantes Aufbegehren gegen die Pläne der Ampelregierung insbesondere in der Frage der illegalen Zuwanderung. Der langjährige Oppositionsführer im deutschen Bundestag ab 2021 hat an keiner Stelle so etwas wie eine Schicksalsfrage gegen die Politik der Ampelregierung gestellt. Kein Thema schien relevant genug dafür.

Jedenfalls bis vor wenigen Wochen. Und im direkten Vorfeld der Bundestagswahlen. Das führt zum naheliegenden – und aus einer jahrzehntelangen Erfahrung gespeisten – Schluss, dass all das eine Demokratiesimulation sein muss.

Noch besser: Diese Simulationen gehen sogar so weit, dass sie bereit sind, Demonstrationen gegen einen der ihren auf die Straße zu schicken. Die jüngsten Massenaufmärsche der Entsandten der Zivilgesellschaft gegen die angeblichen Pläne von Friedrich Merz, die illegale Massenmigration eindämmen zu wollen, muss man ob ihrer perfekten Inszenierung mit einer gewissen kalten Faszination anschauen bis hin zu den beschmierten Parteibüros.

Wurden über mehr als ein Jahrzehnt hinweg regelmäßig Büros der AfD beschmiert, werden die überraschenden Schmierereien der Büros der CDU/CSU vom Bürger jetzt so gelesen, dass die Union wohl eine oppositionelle Kraft gegen die Wächtergesellschaft der Ideologen sein muss. Das ist gewollt! Und das bleibt hängen, unabhängig davon, wie sich der Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz anschließend im Canossa-Gang aufstellt.

Wenn Merz dann reuig das Lied „Niemals mit der AfD“ anstimmt, dann nimmt ihm das kaum noch jemand übel. Restkritische renitente Bürger erleben doch genau das Gleiche am Arbeitsplatz, bei den Gewerkschaften, in den Kirchen, den Vereinen, den Verbänden, Initiativen und sozialen Bewegungen – Wer nicht spurt, wird diszipliniert!

Aber nicht nur dort. Jeder spürt es längst: Die Ideologen haben mittlerweile die direkte Nachbarschaft als Ort der Disziplinierung erobert. Die deutschen Blogwart-Charaktere bekommen immer öfter Oberwasser, getragen von der eingangs beschriebenen sogenannten Zivilgesellschaft. Der Blockwartdeutsche wird frecher, übergriffiger und denunziert noch schneller und effektiver.

Wer jetzt nicht gelernt hat, die Fresse zu halten, der wird erst zum Außenseiter und dann endgültig aus Gemeinschaft der Willigen verdrängt.

Dazu muss man nicht viel sagen, Corona-Maßnahmen- und Impfkritiker haben diese Metamorphose ihrer Nachbarn vom Bückling zum Blockwart über Jahre live miterlebt. Das war der eigentliche Dammbruch. Kein Ereignis hat den Zusammenhalt der Gemeinschaften gegen die Herrschenden und die Ideologen mehr beschädigt.

Am 23. Februar 2025 sind Bundestagswahlen. Es steht mir als Journalist nicht zu, irgendjemandem eine Wahlempfehlung zu geben. Noch weniger, wenn man selbst immer wieder auf der Suche nach Antworten ist. Ich kann Ihnen nur, wie eben geschehen, von meinen Überlegungen berichten und hoffen, Sie damit nicht allzu sehr gelangweilt zu haben.

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