Wer es bisher noch nicht wahrhaben wollte, muss jetzt doppelt geschockt sein: Der Bundestag hat Ende letzter Woche klammheimlich die Horstmahlerisierung der versammelten parlamentarischen und außerparlamentarischen Opposition beschlossen.
Was ist passiert? Die linke Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht fasst es auf Twitter so zusammen, als hätte sie die ganze Tragweite selbst noch nicht begriffen:
"Will #Ampel Meinungsfreiheit durch politische Strafverfolgung einschränken? Völlig intransparent und im Eiltempo wurde fragwürdige Gesetzverschärfung beschlossen.“
Dazu teilt Wagenknecht einen Artikel der taz. Da fragt man sich, ob Wagenknecht erst aus der taz erfahren hat, was da zu vorgerückter Stunde durch den Bundestag geschleust wurde.
Was schreibt die von Wagenknecht zitierte taz? Schon der erste Absatz ist Sprengstoff und beschreibt einen Frontalangriff auf die Meinungsfreiheit:
„Die Leugnung und Verharmlosung von Kriegsverbrechen und Völkermorden ist jetzt als ‚Volkverhetzung‘ strafbar. Der Bundestag hat in der Nacht zum Freitag ohne jede Ankündigung das Strafrecht verschärft. Dies betrifft zum Beispiel die Leugnung und Verharmlosung von russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine.“
Bemüht unaufgeregt muss man es so formulieren: Von Christian Lindner über Robert Habeck bis zu Olaf Scholz sind die Vertreter dieser Bundesregierung – mit dem 24.10.2022 und damit acht Monate nach Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine – als Feinde der Demokratie erkennbar und entsprechend zu benennen. Warum das auch für die versammelte Union unter Oppositionsführer Friedrich Merz gilt, dazu im Folgenden mehr.
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Die Delegitimierung des Staates geht vom Staat selbst aus. Das ist der schwerst anzunehmende Worstcase. Der Schock sitzt auch deshalb so tief, weil damit klar geworden ist, wie weit diese Bundesregierung nunmehr bereit ist zu gehen.
Die taz schreibt dazu weiter:
„Bisher war in der Bundesrepublik nur die Billigung von Straftaten aller Art (Paragraf 140 Strafgesetzbuch) sowie die Leugnung und Verharmlosung des Holocausts (Paragraf 130 Absatz 3) strafbar. Nun wurde in Paragraf 130 ein neuer Absatz 5 eingefügt. Danach ist auch die öffentliche Leugnung und ,gröbliche' Verharmlosung von anderen Völkermorden sowie von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen strafbar.“
Durchaus als bedrohlich aufzufassen ist die verschlagene, ja hinterhältige Vorgehensweise der Regierung, konkreter des Justizministeriums unter Marco Buschmann – diese Leute müssen Land und Volk wirklich hassen. Oder es ist ihnen mindestens scheißegal.
Von der Regierung Merkel lernen, heißt siegen lernen: Schon Merkel wusste, wie man einschneidende Gesetze in einem Paket von Belanglosigkeiten versteckt.
Dazu wieder die taz:
„Die Verschärfung des Strafrechts beruhte auf einer zunächst nicht öffentlichen ,Formulierungshilfe' des Justizministeriums von Marco Buschmann (FDP). Völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit beschloss der Rechtsausschuss am Mittwoch, den Vorschlag in einem harmlosen Gesetz zum Bundeszentralregister unterzubringen.“
Verstörend – nein, entlarvend – auch, dass die Union diesem Vorhaben klaglos zustimmte, lediglich die AfD und die Linke verteidigten am Abend um 23 Uhr die Meinungsfreiheit. Und das womöglich auch nur aus Reflex, ohne zu wissen, was man da eigentlich abgelehnt hatte: Das Gesetz war verpackt wie ein trojanisches Pferd. Die taz musste AfD und Linke nachgereicht erst erklären, dass sie die Helden von morgen sind. Die DNA von Otto Wels ist hier jedenfalls bei keinem Nein-Sager erkennbar.
Nochmal: Ganz besonders abstoßend ist die hinterhältige und verlogene Vorgehensweise: Justizminister Buschmann betonte eilfertig, das habe doch alles nicht mit dem Ukrainekrieg zu tun.
Nein, diese Leute sind nicht naiv, sie sind verschlagen, sie sind feindlich.
Marco Buschmann schiebt ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission vor. Auch das ein Merkelismus in Reinkultur.
Denn die Bundeskanzlerin verstand es wie keine Zweite, Gesetze, die sie auf nationaler Ebene nie und nimmer durchbekommen hätte, über die EU- bzw. UN-Ebene durchzuschleusen, bzw. wie eine Drohne mit schmutziger Fracht von oben einfliegen zu lassen.
Und Buschmann und Scholz sind hier von Merkels braven Lehrbuben zu Gesellen aufgestiegen im Handwerk der Demontage der Meinungsfreiheit und der Delegitimierung des Staates.
Ausgerechnet der linken taz ist jetzt die erste Einordnung zu verdanken:
„Die beschlossene weitreichende Regelung wäre EU-rechtlich auch nicht zwingend gewesen. Denn der EU-Rahmenbeschluss von 2008 lässt den EU-Staaten durchaus gewisse Spielräume.“
Kommen wir zu einer ersten eigenen Bewertung, soweit das schon möglich ist - oder so lange es noch möglich ist ohne Strafanzeige:
Dieses Gesetz stellt faktisch die Kritik an den Kriegsteilnehmern USA und Ukraine unter Strafe. Und es ist nicht irgendeine Straftat, wer sich hier auf seine Meinungsfreiheit beruft, riskiert, damit ein Verbrechen im Rang der Leugnung des Holocaust.
Mutmaßlich wird es zukünftig sogar strafbar sein zu behaupten, die USA sei in diesen Krieg verwickelt. Denn jedes Kriegsverbrechen, das nicht von Russland begangen wurde, ist ab sofort tabu und jedes Kriegsverbrechen, das Russland nicht begangen hat, ist ab sofort gesetzlich verankert als Kriegsverbrechen.
Und damit jeder Leser jetzt weiß, wer dieses Gesetz beschlossen hat, lesen Sie bitte hier nach, wer dafür verantwortlich zu machen ist.
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Kommentar von Peter Löcke
Ich bin mal ins Kleingedruckte gegangen. Am 2.12.2021 gab es tatsächlich solch eine Aufforderung einer EU-Kommission. Gerichtet an Deutschland, Ungarn und Luxemburg. Schon da stellen sich mir Fragen.
Wer sitzt in diesen EU-Kommissionen mit welcher Kompetenz und welcher demokratischen Legitimation? Möchte man mir erzählen, dass alle anderen EU-Länder bereits schärfere Gesetze hatten, was die angebliche Leugnung oder gröbliche Verharmlosung von Völkermorden angeht? Wer definiert denn, was eine gröbliche Verharmlosung ist? Wenn eine Ulrike Guérot im TV sagt, dass in der Ukraine mehrere Kriege stattfinden (auch ein Informations- und Stellvertreterkrieg), wird sie dann demnächst von Männern in langen Mänteln abgeholt? Spöttisch gesagt: Müssten sich nicht die EU und deutsche Politiker selbst verhaften, weil sie in schöner Regelmäßigkeit, auch jetzt und heute, Nato-Kriege dulden, unterstützen und "gröblich verharmlosen"?
Laut der damaligen wenigen Artikel forderte die EU-Kommission Deutschland auf "binnen 2 Monaten" (!) tätig zu werden. Die Frist war also bis Anfang Februar 2022. Und dann verabschiedet man knapp elf (!) Monate später in einer Nacht- und Nebelaktion ein Gesetz?
Unfun fact. CDU/CSU, Grüne, SPD, FDP ... keine Enthaltung, keine Gegenstimme. Wobei ... ein Großteil der politischen Prominenz hat die Stimme nicht abgegeben. Dazu gehörten Habeck, Lindner, Hofreiter und ironischerweise Buschmann. Nun ja. Vermutlich saßen sie gerade in Talkshows.
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Kommentar von Hildegard Hardt
Die unter dem "hier-Zugang" verfügbare Aufteilung spricht Bände und zeigt den gefährlichen Weg auf, den diese Regierung beschritten hat. Besonders schockierend ist das Abstimmungsergebnis der "christlichen" CDU/CSU ; unter der Führung von Friedrich Merz allerdings nicht verwunderlich, denn BlackRocker kennen bekanntlich keine Hemmungen.
Um der Sache gerecht zu werden, sollten aber auch diejenigen bestraft werden, die die Kriegsverbrechen der Ukraine bagatellisieren oder sogar leugnen! Oder werden diese Taten im Ordner "Notwehr" abgelegt?
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Kommentar von Sven-Uwe Urban
Grundsätzlich wäre das kein großes Problem. Es wird erst deshalb zum Problem weil im Staatsfunk völlig unreflektiert irgendwelche Pseudo-Fakten zur absoluten Wahrheit erhoben werden, und wer das dann kritisiert, der wird bestraft.
Damit stehen wir an der Schwelle, wer diesen Satz in Frage stellt:
"Krieg ist Frieden! Freiheit ist Sklaverei! Unwissenheit ist Stärke!"
kann in Zukunft mit Gefängnis bestraft werden.
Und leider werden (wie vor 60 und vor 90 Jahren) die Gerichte Nachrichten die in der 'Tagesschau" oder entsprechenden Medien kommen, automatisch als absolute 'Wahrheit' anerkennen.
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Kommentar von Arno Nühm
Wann werden Baerbock und die Macher der "Tagesschau" verhaftet, weil sie die ukrainischen Kriegsverbrechen leugnen und damit Volksverhetzung begehen?
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Kommentar von Jörg Krause
Nunja - nach meiner simplen Rechtsauffassung muß es ja ein Sachverhalt erstmal existent sein damit ich ihn leugnen kann.
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Kommentar von hans
… und wer Russen als 'Schweine', 'Verbrecher', 'Tiere' oder 'Unrat' bezeichnet, bekommt den deutschen 'Friedenspreis' … hier gibt es nix zu sehen. Bitte gehen Sie weiter. Gehen Sie weiter.