Mitte Februar 2023 berichten die Medien vom Start des Parteiausschlussverfahrens der CDU gegen Hans-Georg Maaßen. Die Frankfurter Allgemeine zitiert CDU-Generalsekretär Mario Czaja, der erklärt, der Parteivorstand leite nun das Ausschlussverfahren gegen Maaßen in die Wege. „Es könnte sich lange hinziehen“.
So lange dann aber doch nicht. Heute, kein halbes Jahr später, hat die CDU Thüringen – in Thüringen hatte Maaßen zur Bundestagswahl seinen Wahlkreis – den Antrag des Bundesverbands der CDU Deutschland per „Beschluss“ abgelehnt. Hans-Georg Maaßen bleibt gegen den ausdrücklichen Wunsch des CDU-Parteivorsitzenden Friedrich Merz Mitglied der CDU. Zum Beschluss und einer Kommentierung der Anwälte von Hans-Georg Maaßen gleich mehr.
Für die CDU-Parteispitze und hier insbesondere für den Parteivorsitzenden Merz ist das in mehrfacher Hinsicht eine Niederlage. Nicht nur, dass ein vergleichsweise kleiner CDU-Landesverband aus Thüringen dem Konrad-Adenauer-Haus die rote Karte zeigt, Merz muss jetzt auch damit leben, dass sein Unvereinbarkeitsansinnen gegen die WerteUnion faktisch gleich mit vom Tisch gewischt wurde.
Denn wenn Dr. Maaßen hochoffiziell per Kreisparteigericht weiter in der Partei bleibt, dann ist das ein De-facto-Einverständnis auch für die WerteUnion und ein enormer zusätzlicher Imagegewinn. Aber die Demontage des Parteivorsitzenden in der Causa Maaßen ist mit dieser Doublette noch nicht abgeschlossen, es kommt noch dicker: Die Thüringer haben Friedrich Merz für jeden ersichtlich eine Art Feigenblatt angeboten, damit der Geschlagene nicht vollkommen nackt aus dem Ring steigen muss:
Gegen Maaßen wird für das Protokoll ein „Verweis“ ausgesprochen, weil Maaßen in der "Weltwoche" dem linken Flügel der Partei eine Nähe zu einer „Ideologie der sogenannten Anti-Deutschen“ zugeordnet hatte. Gemäß § 10 Abs. 2 des CDU-Statuts stellt dies aber allenfalls eine niedrigschwellige Ordnungsmaßnahme nach der „Verwarnung“ dar.
Und die Niederlage für Merz ist noch aus einem anderen Grund mit einem Nachhall verbunden: Das „Gemeinsame Kreisparteigericht der CDU Thüringen“ hat mit seiner Entscheidung gezeigt, dass man durchaus eine souveräne und unabhängige Entscheidung fällen kann, während Merz dem Wähler Tag um Tag predigt, in welcher Zwickmühle sich die CDU befände, und welche Kompromisse einzugehen sind.
Kurze Distanz, einmal durchgeladen, nicht lange gefackelt, abgedrückt:
„Der Antrag des Antragstellers, den Antragsgegner aus der CDU auszuschließen, wird abgelehnt.“
Und als wäre der Vorhang nicht schon mehrfach gefallen, macht Merz die Posse noch zum großen Drama und schickt seinen Generalsekretär Mario Czaja in die Katakomben, Czajas Nachfolger wird Carsten Linnemann. Der wiederum ist dafür bekannt, dass die merz'sche Brandmauer bei ihm gern mal eine Schleuse hinüber zu den Neuen Medien aufweist. Merz geht also in der Niederlage auch noch indirekt auf Maaßen zu. Das ist mehr als nur waidwund, das ist ängstlich wie orientierungslos.
Und so kommentiert Dr. Maaßens anwaltliche Vertretung die Entscheidung: Trotz des nunmehr ergangenen „Verweises“ wird der Beschluss „als großer Erfolg“ bewertet. Maaßens Anwalt hebt hervor, dass erfreulicherweise eine „Vielzahl unterschiedlicher Vorwürfe" nahezu vollständig abgewehrt werden konnten. Vorwürfe, die „jeweils für sich einen Grund zum Ausschluss" sein sollten und nun allesamt scheiterten.
Besonders relevant ist für den mit dem Verfahren betrauten Rechtsbeistand von Hans-Georg Maaßen dabei auch, „dass der Vorsitz der ,WerteUnion' für das Gericht keinen Grund für die Verhängung einer Parteiordnungsmaßnahme darstellt“. Das sei „eine volle Breitseite gegen Präsidium und Bundesvorstand, die gerade Gegenteiliges beschlossen haben bzw. zu beschließen versuchten“.
Hans-Georg Maaßen twitterte vor einer Stunde gut gelaunt:
"Das von Friedrich Merz und Mario Czaja gg mich betriebene Parteiausschlussverfahren ist vom Kreisparteigericht Thüringen abgelehnt worden.
Die Anordnung, mir meine Mitgliedsrechte zu entziehen, ist aufgehoben worden.
Damit ist auch das Merz'sche Projekt, eine Brandmauer ggü der WerteUnion zu errichten, gescheitert.
Ich erwarte, dass er jetzt personelle und programmatische Konsequenzen zieht."
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Kommentar von Wolfgang Aust
Gut, dass Merz keinen Erfolg hatte. Aber das reicht nicht:
Für mich ist alles, was die CDU mal wählbar gemacht hat, auf die Werteunion und damit auf einen einzigen Punkt zusammen geschnurrt. Merz will genau diesen Punkt aus der CDU verbannen.
Und ich kann bei der Wahl nicht zwischen der Werteunions-CDU und der woken Merz-CDU unterscheiden. Es ist klar, welche Politik ich bekomme, wenn ich die CDU wähle. Die konservativen Stimmen, die Maaßen vielleicht holt, kommen Merz zugute.
Insofern ist Maaßens Sieg in dieser parteiinternen Zwistigkeit sicherlich schön, aber das ist rein akademisch. Ich finde es sehr schade, dass sich ein exzellenter und fähiger Kopf wie Maaßen in den CDU-Zwistigkeiten aufreibt, wo alles, was er leistet, wirkungslos und ohne Nutzen für das Land verpufft.
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Kommentar von Bernhard Kopp von Brackel
Von Merz wird wohl nicht mehr kommen als Linnemann. Auch wenn man die Entscheidung in Thüringen zugunsten Herrn Maassen begrüßt, Maassen ist nicht im gleichen Ring wie Merz. Er war nur Listenkandidat, wurde aber nicht gewählt, weshalb er, anders als Merz, nicht im Bundestag ist, und nie einen " Wahlkreis hatte ". Ob Merz/Linnemann eine Brandmauer gegen die WerteUnion aufrechterhalten, oder nicht, bleibt abzuwarten. Wenn ja, dann könnte Merz, wenn überhaupt, nur mit den Grünen Kanzler werden, und dann Oberkellner sein.
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Kommentar von peter struwwel
"Ich möchte keinem Club angehören, der mich als Mitglied aufnehmen würde [bzw.
es nicht einmal versteht, mich zu pfeffern; p.s.]!“ Groucho Marx.
Was Herrn Maaßen an dem Urteil erfreut, bzw. was ihn erfreuen könnte, wird er selbst
am besten wissen - mir jedenfalls bleibt verborgen, was das sein könnte (von Eitelkeit
einmal abgesehen). Bei anderen Artiklern und auch bei vielen Kommentatoren, drängt
sich mir eher der Eindruck auf [Irrtum natürlich nicht ausgeschlossen], daß die Freude
über diesen Spruch mehr Schadenfreude ist, also in erster Linie, d.h. überwiegend,
wenn nicht ausschließlich, von der Niederlage des Merzens gespeist wird. Aber jeder
zerbreche sich seinen eigenen Kopf. Diese Gesellen, ob mit oder ohne M. [❓ 🤔 ] sind
und bleiben unreformierbar. Es ist, und sie bleiben es wohl für immer (?), schlicht und
einfach ein zu sehr verlorener Haufen. Verlaufen.
Sonst noch was? Vielleicht diese kleine Anekdote: vor wenigen Tagen las ich, daß eine
Familie einen 1000 km langen Umweg fuhr. Grund: auch die hatten sich ausschließlich
auf ein Navy verlassen.
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Kommentar von Bernhard Rossi
Merz hin Maaßen her - da möge sich diese Partei nicht lange aufhalten lassen. 384.204 Parteimitglieder, Mandatsträger, Amtierende müssen sich in der Sommerpause bei den Wahlberechtigten sehen lassen und erst einmal zuhören! Dann ist schon viel gewonnen. Denn das Gehörte macht im Herbst 2023 die Politik besser und die Wahlen werden wieder gewonnen! Partei kann so einfach sein, wenn die Partei fleißig ist, stellen sich die Erfolge auch wieder ein! An die Arbeit!