Stefan Möller ist neben Björn Höcke zweiter Landessprecher der AfD

Alle reden über den bösen AfD-Landrat – Wir sprechen mit dem Co-Chef seines Thüringer Landesverbandes

von Alexander Wallasch (Kommentare: 14)

Laut Bodo Ramelows Landesverfassungsschutz sind das gesichert Rechtsextreme (im Bild Sesselmann und Chrupalla)© Quelle: Youtube ZDF /Screenshot

Selbst Al Jazeera soll mit einem Team in Sonneberg gewesen sein. Aber was bedeutet die Wahl des AfD-Landrates Robert Sesselmann konkret? Wir sprechen darüber mit dem Landeschef der Partei, für die gestern die Korken knallten. Stefan Möller im Gespräch mit alexander-wallasch.de

In welcher Beziehung stehen sie zu Robert Sesselmann, dem neu gewählten Landrat von Sonneberg?

Ich bin einer der beiden AfD-Landessprecher im Landesverband von Robert Sesselmann. Er ist Beisitzer, ich Sprecher. Ich bin außerdem ein Kollege in der Landtagsfraktion. Wenn er das Amt annimmt, und davon gehe ich aus, dann muss er aus dem Landtag ausscheiden, weil diese Ämter nicht kompatibel sind.

Ihr ehemaliger Parteichef Jörg Meuthen hat gestern massiv Wahlkampfhilfe für die andere Seite gemacht, wie ist das bei ihnen angekommen?

Na, eher mit Belustigung aufgegriffen worden, es hat ja auch nicht so richtig gut geklappt.

Aber hätten Sie sonst auf 60, 65 Prozent hoffen können?

Ich vermute mal, dass die Wirkung von Jörg Meuthen auf die Sonneberger Wähler vernachlässigbar gering ist (lacht).

Ich habe heute – leider erfolglos – versucht, ein paar Sonneberger Immobilienmakler zu erreichen, aber die halten sich noch bedeckt. Ich wollte mal wissen, ob die Preise jetzt steigen oder fallen …

(lacht)

Jetzt hat Robert Sesselmann als neuer Landrat neue Aufgaben. Viele Bürger wissen wenig über diese Aufgaben …

Natürlich ermöglicht uns die Position von Robert Sesselmann als Landrat ganz neue politische Optionen. Wir haben erstmals ja auch dann bestimmenden Einfluss in einer Landkreisverwaltung, die Bundesrecht und Landesrecht vollzieht, und wir dringen damit natürlich auch in einen Bereich vor, der bisher der AfD komplett verweigert war.

Was darf ein Landrat selbst entscheiden?

Er ist Chef der Verwaltungsspitze im Landkreis. Und er wird dadurch natürlich einen erheblichen Einfluss haben, wie bestimmte Dinge angegangen werden, und auch beispielsweise entscheiden, wie vorhandene Spielräume genutzt werden.

Aber was für Dinge könnten das ganz konkret sein? Darf er entscheiden, welche neue Brücke über welchen Weiher gebaut wird?

Über so etwas entscheidet im Zweifel auch der Kreistag und nicht Robert Sesselmann als Landrat alleine. Sondern es geht da eher um Fragen des übertragenden Wirkungskreises, wie zum Beispiel die Unterbringung von Migranten …

Was bedeutet hier „übertragender Wirkungskreis“?

Im kommunalen Bereich gibt es den sogenannten eigenen Wirkungskreis. In dem hat der Kreistag natürlich erhebliche Mitspracherechte, und dann gibt es den sogenannten übertragenen Wirkungskreis, das sind also Aufgaben, die staatlicherseits in die Landkreise übertragen werden, entweder vom Bund oder vom Land.
Und da ist dann sozusagen der Landrat der Chef der vollziehenden Gewalt, also der der Verwaltung. Da hat der Kreistag kaum und der Landrat viel Einfluss.

Und gibt es da aktuell Entscheidungen, weil sie jetzt gerade das Thema Zuwanderung, Unterbringung ansprechen? Was würde da konkret in Sonneberg anfallen, was der Robert Sesselmann dann möglicherweise eher im Sinne der AfD-Programmatik entscheiden könnte?

Beispielsweise wird eine Rolle spielen: Wo bringt man Leute unter, die permanent Trouble, also die Ärger machen? Es gibt gerade auch in Thüringen, in den Städten, wo schwerpunktmäßig untergebracht wird, immer wieder Fälle, in denen von – ich würde das mal „Intensivtätern“ nennen – der Bevölkerung das Leben schwer gemacht wird.

Wie würde man jetzt pragmatisch mit sowas umgehen, wenn man AfD-Politik umsetzt?

Naja, man bringt die natürlich menschenwürdig unter, aber eben irgendwo da, wo Fuchs und Hase grußlos aneinander vorbeiziehen, und nicht mitten in der Ortschaft. Man versucht das Ärgerpotenzial einfach auch durch eine gewisse Distanz zum Rest der Bevölkerung zu minimieren.

Was gibt es da für konkrete Pläne? Sind da irgendwelche alten russischen Radarstationen, die jetzt neu besetzt werden, oder wie muss ich mir das vorstellen?

Nein. Aber Sie fragten mich gerade, was es für grundsätzliche Möglichkeiten gibt. Ich bin ja jetzt kein Experte für den Landkreis Sonneberg …

Sesselmanns Wahlkampfthemen waren großteils Bundesthemen. Haben Sie das Gefühl, dass die Sonneberger ganz konkret Hoffnung haben, dass sich Dinge verändern, oder war das mehr ein Hieb Richtung Berlin?

Es ist auf jeden Fall eine Richtungswahl gewesen, wo man auch dem gesamten Parteienspektrum sagt: So nicht weiter, Freunde. Oft wird ja jetzt nach der Wahl behauptet, die Leute wären auf den Robert Sesselmann reingefallen, der mit Bundesthemen Wahlkampf gemacht hat. Aber die Leute sind nicht dumm. Die Sonneberger sind doch schlau genug, zu wissen, dass der Robert Sesselmann das Heizungsgesetz, was in Berlin beschlossen wird, nicht umkippen kann. Aber natürlich haben die Sonneberger gesagt, an dieser Politik der Etablierten ist so grundsätzlich was faul, dass wir jetzt diese Wahlentscheidung auch nutzen, um erstmal auch einen Paradigmenwechsel einzufordern. Und wie macht man das am besten? Man gibt die Stimme demjenigen Kandidaten der Partei, die, so ist es ja leider, als einzige in allen relevanten Krisenfragen konträr zum etablierten Spektrum liegt, und das ist nun mal die AfD.

Der Gründer der Mission-Lifeline-„Seenotrettung“, Axel Steier, hat bereits auf Twitter geschrieben, hätte es genug Zuzug aus dem Ausland gegeben, also nach Sonneberg, und hätte man diesen Menschen sofort das Wahlrecht eingeräumt, wäre Sonneberg heute kein Thema. Er fordert weiter: „Deshalb: Grenzen auf!“ Das ist der Kommentar eines „Seenotretters“, der kofinanziert wird, zum Beispiel von der Bundesregierung, in Afghanistan, wenn es darum geht, die Ortskräfte auszuwählen …

Ich bin ihm dafür außerordentlich dankbar. Wir werden bei der AfD ja oft vom Verfassungsschutz mit dem Vorwurf überzogen, wir wären verfassungsfeindlich, weil wir das Narrativ der „Umvolkung“ nutzen würden. Jetzt kommt jemand, der also der Bundesregierung durchaus nahesteht, der von ihr finanziert wird, ihre Politik auch in einem wesentlichen Teil mitbegleitet und überhaupt ermöglicht. So jemand sagt nun, was der eigentliche Sinn dieser Zuwanderungspolitik ist. Er will tatsächlich die Bevölkerung in ihrer Zusammensetzung so verändern, dass sie zukünftig anders politisch entscheidet.

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Herr Steier hat ja schon widersprochen. Er hat gesagt, ich zitiere, „die AfD-Deppen“ würden ihm Umvolkung vorwerfen. Aber das wolle er ja gar nicht. Er will ja die Bevölkerung so vergrößern, dass die Deutschen danach eine Minderheit sind.

So ein bisschen widerspricht er sich da aber, oder?

Er sagt ja, es ist ja keine Umvolkung, er wolle die AfD nicht rausschmeißen. Und er sagt, dass er die AfD-Leute auch nicht rausschmeißen könne, weil man diese den anderen besiedelten Gebieten nicht aufbürden könne. Also ich finde, wenn es einen Nazi-Sprech gibt, dann kann Steier den besonders gut … Denn was käme als Nächstes?

Also das ist ja auch ein sehr menschenfeindlicher Slang, mit dem er da auftritt. Mal abgesehen davon: Wir reden in der Regel nicht von „Umvolkung“, aber worauf wir natürlich aufmerksam machen, ist dass diese Zuwanderung, wenn die Zuwanderer das Wahlrecht bekommen - und das ist fast eine Gesetzmäßigkeit - langfristig auch den Souverän verändert.

Sie meinen, wenn man schon nach wenigen Jahren den Leuten den deutschen Pass gibt, dann haben sie automatisch ein Wahlrecht …

Genau so. Und wenn ich den Souverän verändere, wenn das sozusagen von oben herab geschieht, dann ist das per se extrem undemokratisch, das ist autoritär und man unterläuft die Volkssouveränität und die Demokratie.

Wenn ich jetzt Ihren Begriff „Volkssouveränität“ schreibe, dann höre ich schon den Aufschrei …

Aber die Volkssouveränität ist ein Begriff aus dem deutschen Verfassungsrecht und findet sich im Grundgesetz auch entsprechend wieder. Man kann da ein Störgefühl entwickeln, aber dann hat man halt ein Störgefühl gegen die derzeitige Verfassung.

Bodo Ramelows Thüringer Verfassungsschutz hat die AfD als gesichert rechtsextrem eingestuft. Also unter Bodo Ramelow, der, wenn ich mich recht erinnere, selbst mal vom Verfassungsschutz beobachtet wurde. Das läuft hier noch ein bisschen anders als auf Bundesebene. Wie geht man damit um als AfD-Landesverband?

Aber das spielt doch keine Rolle. Oder sagen wir so: Es spielt eine Rolle, aber nicht in der Politik. Denn Sie sehen das ja am Beispiel Sonneberg. Dieses Framing das vom Verfassungsschutz kommt, dieses Narrativ …

Sie meinen vom Landesverfassungsschutz …

Ja, genau. Das wird doch überhaupt nicht mehr wahrgenommen, wenn fünfzig Prozent der Bevölkerung einen dann trotzdem wählen. Dann sagt das doch viel darüber aus, wie wenig diese Narrative überhaupt noch wirken, dass sie überhaupt nicht mehr abgekauft werden.

Denn man muss ja auch mal die Frage stellen: Wenn fünfzig Prozent einen hohen Repräsentanten der Partei wählen, die angeblich extremistisch ist, und wahrscheinlich in der Gegend dort 30 bis 40 Prozent auch die Partei selbst wählen, ist das dann noch Extremismus? Wird das nicht auch ein Stück weit die neue Mitte, die sich da gebildet hat? Was ich damit sagen will: Die müssen im Grunde mal endlich ihre Narrative überprüfen, ob die überhaupt noch wirksam sind oder ob sie da ein Pferd reiten, dass längst tot ist, dass sich unter ihrem Hintern auflöst.

Besteht nicht ein Hauptzweck auch darin, dass die Zuordnung als „gesichert rechtextrem“ es dem Verfassungsschutz ermöglicht, den Landesverband der AfD abzuhören und V-Leute einzuschleusen? Wird die Partei so von innen paranoid gemacht?

Natürlich, es gibt immer mal wieder Verdachtsfälle, wo solche Möglichkeiten vorhanden sind. Aber ich glaube nicht, dass es dem Verfassungsschutz gelingt, die AfD-Thüringen in der Weise zu unterwandern. Das liegt einfach auch an der Zusammensetzung der Mitgliedschaft.

Diese ganze Verfolgung diente ursprünglich dem Zweck, die AfD für unwählbar zu erklären. Das funktioniert aber nicht, und deswegen sorgt man  jetzt dafür, dass jemand, der sich sichtbar zur AfD Thüringen bekennt, dafür einen möglichst hohen sozialen Preis zu zahlen hat.

Ich beispielsweise habe jetzt am Wochenende meine Aufforderung bekommen, mein Hobby „Jagd“ endgültig einzustellen und meine Waffen abzugeben. Das ist der Preis, den ich für meine Politik als Oppositioneller bezahlt habe in diesem Land.

Und andere Mitglieder werden eben genau aufgrund dieser Argumentation des Verfassungsschutz aus ihrem Job gedrängt, sie bekommen Jobzusagen verweigert, sie werden aus der Bundeswehr entlassen beispielsweise …

Das sind reale Fälle, von denen Sie gerade erzählen?

Aber natürlich.

Kann die AfD sich am Ende nicht eigentlich nur noch aus sich selbst heraus zerstören? Denn diese Meuthen-Geschichte hat doch schon mal so einen Ausblick gegeben, was da passieren kann. Als nächstes kommt noch Frauke Petry und sonst wer …

Ja, das ist so. Also, wir sind von unserer politischen Positionierung so exklusiv gut und die anderen so exklusiv schlecht präsentiert, dass wir in der Tat nur durch eigene Dummheit, Übermut oder Arroganz noch scheitern könnten.

Man kann ja schon fast sagen, die Politik Merz ist im Moment eine vorsichtige Annäherung an AfD-Themen. Man hat ja schon das Gefühl, es ist wie so ein verfrühte Wahlkampferöffnung. Die peinliche Geschichte mit der „brillanten“ Eisschnellläuferin Pechstein inklusive …

Vor dieser Strategie, die man da jetzt wieder mit Pechstein angewendet hat, hatte ich auch eine ganze Zeit lang große Angst, weil Merz in die Richtung blinkt, in die große Teile der Bevölkerung wollen – Stichwort Ordnung und Sicherheit, Beschränkung der Migration – all das sagt Merz jetzt, wo er in der Opposition ist. Aber jeder weiß, dass er politisch orientiert ist auf eine Zusammenarbeit mit SPD und Grünen. Vor allem mit den Grünen. Und das heißt, während er jetzt rechts blinkt, wird er am Ende links abbiegen.

Ich habe mir durchaus Sorgen gemacht, weil ich befürchtet habe, dass Wähler in nicht unerheblicher Größenordnung darauf reinfallen können. Was wir aber jetzt merken in Thüringen, dass genau das nicht mehr geschieht. Die Leute wissen das.

Der CDU-Gegenkandidat, der Herr Körper, ist bestimmt auch ein ganz vernünftiger Mensch. Aber er hat mittlerweile diese Hypothek „CDU“ am Bein. Es glaubt dieser Truppe jetzt kaum einer ihre Ankündigungen. Und jeder, der sich ein bisschen mit der Thematik beschäftigt hat, weiß letztlich, dass ein Parteipolitiker immer auch gezwungen ist, der Linie der Partei zu folgen. Und wenn diese Linie letztlich immer ins grüne Lager schielt und abbiegt, was soll man da für eine Änderung erwarten? Das haben die Wähler durchschaut.

Das Problem von Merz ist seine mangelnde Glaubwürdigkeit. Die hat er letztlich verloren. Die Leute wissen, der blinkt rechts und biegt links ab. Den Worten folgen keine Taten. Ist die Glaubwürdigkeit wie bei der CDU einmal weg, bekommt man sie so schnell nicht wieder.

Danke für das Gespräch!

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