Wie geht es weiter mit der Werteunion?

„Wir sind nicht der Steigbügelhalter der AfD – Aber wir lehnen Brandmauern ab“

von Hans-Georg Maaßen (Kommentare: 13)

Wir wollen das bürgerlich-kritische Publikum, die bürgerlich-kritischen Wähler, die früher CDU/CSU und FDP gewählt haben© Quelle: privat

Der Chef der Partei Werteunion stellt klar: „Wir reden mit allen, und wir arbeiten mit allen zusammen, die unsere Position teilen und unterstützen, auch mit der AfD.“ Hans-Georg Maaßen im Interview:

Was sind die nächsten Stationen für die Werteunion und welche Aufgaben müssen in den kommenden Wochen erledigt werden?

Wir müssen jetzt zunächst einmal Parteistrukturen aufbauen. Wir brauchen eine Bundesgeschäftsstelle. Wir brauchen Landesstrukturen, und vor allem in den drei Ländern, in denen Wahlkampf stattfindet. In Thüringen, Sachsen und in Brandenburg brauchen wir jetzt auch ein vernünftiges Wahlkampfteam.

Die Werteunion bekommt aktuell Sperrfeuer, nicht nur von links, sondern gefühlt auch aus den eigenen Reihen. Haben Sie mit so viel rechtsorthodoxem Habitus gerechnet? War das für sie erwartbar?

Erwartbar ist zu viel gesagt. Aber natürlich habe ich damit gerechnet, dass wir auch rechts der Werteunion als Konkurrent oder Gegner wahrgenommen werden. Und bei manchen gab es auch eine unberechtigte Enttäuschung über die Werteunion. Die dachten, wenn eine Werteunion als Partei gegründet wird, dann ist es eigentlich eine Art Steigbügelhalter der AfD. Die haben mir einfach nicht zugehört.

Ich hatte wiederholt gesagt, wir sind nicht AfD-Light, sondern wir sind die klassische CDU. Wir sind eine bürgerliche, kritische Partei. Wir reden mit allen, und wir arbeiten mit allen zusammen, die unsere Position teilen und unterstützen, auch mit der AfD. Wir lehnen Brandmauern ab. Aber wir reden nicht über Koalitionspartner, wie sich das manche vorstellen, sondern wir schauen, wenn es Wahlen gibt und wir die notwendige Mehrheit haben, wer uns programmatisch am nächsten steht und das entscheiden wir nicht heute.

Ganz gleich, was Sie oder jemand von der Werteunion öffentlich äußert, sofort warten auch in den sozialen Medien Tausende nur darauf, ein Standgericht abzuhalten: Daumen hoch oder runter. Ist das eine neue Art der Kommunikationskultur?

Da hat sich mit Sicherheit einiges verändert, das jetzt bei der Partei sofort gewertet wird: Ist das akzeptabel oder widerspricht sich die Werteunion hier? Es wurde ja bereits nach zwei Tagen gesagt, die Werteunion hätte sich beerdigt, sie sei tot, weil sie sich aus deren Sicht falsch positioniert habe. Ich glaube, das ist eine neue Entwicklung, aber ich habe das ein Stück weit vorhergesehen.

Ich habe den Unterstützern und Freunden der Werteunion immer gesagt, dass es ein ganz harter Kampf werden wird. Es ist ein Berg-auf-Kampf, den wir führen müssen. Und unsere Gegner sind eigentlich alle politischen Kräfte und natürlich auch die Medien. Die etablierten politischen Kräfte mögen keine Konkurrenz, egal von wo sie kommt. Und vor allem eine Partei, die sich in der Mitte positioniert, die sagt, wir sind eine freiheitliche Partei und wir lehnen jede Radikalität ab. Gerade so eine Partei wird natürlich von den Rändern und von den Extremen oder Radikalen besonders bekämpft. Das musste man letztlich auch erwarten.

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Als Werteunion seine Wähler aus dem Milieu der CDU abzuholen, klingt tatsächlich quantitativ erfolgversprechender, als um die Wähler der AfD zu balgen. Wer Angebote an CDU-Wähler machen will, der muss sich zwangsläufig konturierter gegenüber der AfD aufstellen?

Natürlich. Das haben manche nicht begriffen. Sie konnten nicht verstehen, dass eine neue Partei natürlich eine eigene Kontur, ein eigenes Profil hat und sich programmatisch abgrenzt von anderen gesellschaftlichen Bildern, welche die Parteien zeichnen. Wir grenzen uns mit unserem Programm ab. Wir haben auch Alleinstellungsmerkmale, jedenfalls, was die Freiheitlichkeit angeht, was unsere Position gegenüber dem Staat angeht, wo wir der Auffassung sind, wir wollen, dass der Staat sich aus unserem Leben zurückhält. Wir verteidigen diese Alleinstellungsmerkmale und unsere grundlegenden Positionen, auch wenn wir in manchen Positionen natürlich auch mit anderen Parteien Gemeinsamkeiten haben.

Frau Weidel war jetzt in Paris bei Frauen Le Pen zum Essen. Sie müssten als Chef der Werteunion gar nicht so weit fahren. Wann treffen Sie sich denn mal zum informativen Austausch mit Frau Wagenknecht und Frau Weidel?

Es ist immer gut, mit anderen Menschen zu sprechen, aber für mich haben Parteiaufbau und die Vorbereitung des Wahlkampfes erste Priorität. Die Partei muss auf die Beine kommen. Die Werteunion ist ein Säugling, der gerade einmal zwei Wochen alt ist, um den muss ich mich kümmern.

Jetzt haben sie vom „Säugling“ Werteunion gesprochen. Ich sehe da gerade ein Bild: Sie sitzen in der Säuglingsgruppe, und da sitzt der Säugling von Frau Wagenknecht, und der kann schon sprechen. Schielt man da manchmal ein bisschen neidisch hinüber?

Nein, überhaupt nicht. Ich sehe die Partei von Frau Wagenknecht nicht als eine Partei, die unsere Zielgruppen anspricht. Sie wird ihre linken Zielgruppen haben. Wir wollen das bürgerlich-kritische Publikum, die bürgerlich-kritischen Wähler, die früher CDU/CSU und FDP gewählt haben, mitunter vielleicht sogar eine SPD, die noch geprägt war von Helmut Schmidt. Also insoweit schauen wir nicht neidisch auf die Wagenknecht-Partei.

Sie waren über Jahre, Jahrzehnte Leiter einer Behörde. Ist das eigentlich ein Vorteil, wenn man so eine Partei leitet oder vermissen Sie die klaren Hierarchien? Muss man das neu lernen?

Es bringt schon einiges mit, wenn man Führungserfahrung hat, wenn man Organisationserfahrung hat. Es hilft schon, wenn man auch versucht, die Probleme in Strukturen zu lösen und Strukturen vorher aufzubauen. Was natürlich grundsätzlich anders ist: Man hat es mit Menschen zu tun, die keine Mitarbeiter und Weisungsempfänger sind, sondern es sind alles Ehrenamtliche. Man muss mit jedem einzelnen darum ringen, dass er sich für die Parteiarbeit begeistert. Jeder möchte mitgenommen werden und auch emotional wahrgenommen werden. Das ist sehr anstrengend und verlangt eine ganze andere Führungsqualität, als wenn man Mitarbeitern Weisungen erteilen könnte. Andererseits sind die Parteifreunde, die mitmachen von Herzen dabei und wollen auch in der Sache etwas bewirken. Jeder opfert seine Lebenszeit, und manche stecken auch noch viel Geld rein.

Wie optimistisch bleiben Sie?

Ich bin nicht pessimistisch oder optimistisch, ich bin realistisch. In der Hinsicht bin ich sehr zuversichtlich, dass das, was wir geplant haben, sich auch realisieren wird. Es ist klar, dass wir unglaublich viele Hindernisse aus dem Weg räumen müssen, um ans Ziel zu gelangen. Wir haben schon einige Hindernisse aus dem Weg geräumt, andere sind jetzt neu aufgetaucht, aber wir machen das.

Vielen Dank für das Gespräch!

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