Es kann jederzeit Anschläge von Einzeltätern geben

„Viele Opfer könnten noch leben, wenn wir andere Politiker hätten“

von Hans-Georg Maaßen (Kommentare: 11)

Auf Grund ihres Verhaltens ist anzunehmen, dass Faeser der linksextremistischen verbotswürdigen Terrorgruppe Antifa nahesteht.© Quelle: privat

Hans-Georg Maaßen über das Terrorattentat von Mannheim, die Causa Krah und Bystron, über die Feierlichkeiten 75. Jahre Grundgesetz und über eine Jugend, die mutiger ist als die Alten.

Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie am Freitag von dem islamistischen Anschlag auf Michael Stürzenberger hörten?

Mein Gedanke war, wie so oft, als ich noch Verfassungsschutzpräsident war und von Anschlägen erfuhr: Jetzt ist es passiert. Ich hatte damit gerechnet, dass es passieren würde. Aber unklar war, wann, wo und wer Opfer sein würde.

War es ein Versagen unserer Sicherheitsbehörden, dass dieser Anschlag stattfinden konnte?

Sicherlich war es ein Versagen des Verfassungsschutzes. Es ist Aufgabe des Verfassungsschutzes, solche Attentäter frühzeitig zu identifizieren, zu beobachten und einen solchen Anschlag zu verhindern. Sicherlich ist es nicht einfach, Einzeltäter, sog. „lone wolves“, zu identifizieren.

Während meiner Amtszeit wurden in Deutschland über zwanzig Terroranschläge verhindert, wie zum Beispiel der Rizin-Anschlag in Köln und der Anschlag auf den Flughafen Berlin Tegel. Der Attentäter von Mannheim lebte bereits seit elf Jahren in Deutschland. Niemand kann mir weismachen, dass er nicht irgendwann den Sicherheitsbehörden hätte auffallen müssen.

Erschreckend ist, dass Michael Stürzenberger, der Ziel dieses Anschlages war, vom Verfassungsschutz beobachtet wurde, weil er islamkritisch ist, aber nicht der Attentäter. Dies zeigt den Zustand unseres Landes.

Wieso war der Attentäter den Sicherheitsbehörden nicht aufgefallen?

Nach Auffassung der Bundesinnenministerin Faeser und der ihr unterstellten Chefs der Sicherheitsbehörden geht die größte Gefahr von rechts aus. Auf Grund ihres Verhaltens ist anzunehmen, dass Faeser der linksextremistischen verbotswürdigen Terrorgruppe Antifa nahesteht.

Sie verantwortet, dass die Sicherheitsbehörden unglaubliche Kapazitäten in die Beobachtung und Verfolgung von Kritikern der Bundesregierung steckt. Sie ließ alleine über mich rund 1.700 Aktenseiten und mehrere DVD’s als Beobachtungsmaterial sammeln, um mich zu bekämpfen. Wenn der Verfassungsschutz ausgerichtet wird auf die Bekämpfung politischer Gegner, dann fehlen die Ressourcen für die eigentliche Aufgabe, nämlich den Schutz der Bürger vor terroristischen Anschlägen.

Der nordrhein-westfälische Innenminister Reul forderte nach dem Anschlag eine härtere Gangart gegen „Messerkriminalität“. Ist das die Lösung?

Nein, das ist Blödsinn. Es sind die üblichen Ablenkungsmanöver der für diese Sicherheitslage verantwortlichen Politiker vom Schlage eines Innenministers Reul oder Strobl. Man fordert: der Rechtsstaat muss hart durchgreifen, oder: klare Kante gegen Islamisten, oder: Messerverbotszonen. Warum nicht direkt einen Führerschein für Messerbesitzer? Oder ein nationales Messerregister? Diese Leute lenken mit ihren – mit Verlaub – blödsinnigen Klare-Kante-Forderungen davon ab, dass sie persönlich für diese katastrophale Sicherheitssituation in Deutschland verantwortlich sind und dass die Problemlösung nicht von diesen sinnlosen Forderungen kommt, sondern von einer anderen Migrationspolitik. Eine Migrationspolitik, die sie über viele Jahre mitgetragen haben und für die sie persönlich verantwortlich sind. Viele Opfer könnten noch leben, wenn wir andere Politiker hätten.

Wird es weitere derartige Anschläge in Deutschland geben?

Die islamistische Szene in Deutschland hat sich so radikalisiert, dass es jederzeit Anschläge von Einzeltätern geben kann. Wir sind dagegen nicht gut aufgestellt. Frau Faeser nimmt den islamistischen Terrorismus nicht ernst. Ich hoffe, dass es während der Fußball-EM ruhig bleibt.

Das neue Buch von Frau Merkel heißt „Freiheit“. Was löst das in Ihnen aus?

Das löst in mir das Gefühl aus, dass Frau Merkel auch im Ruhestand eine Zynikerin ist.

Krah und Bystron – ein Supergau für die AfD?

Man muss es natürlich vom Ergebnis her betrachten. Ich weiß nicht, wie die Europaparlamentswahl ausgeht, ob die Personalien und die Skandalisierung um Krah und Bystron der AfD wirklich schaden werden. Das muss man dann einfach sehen. Ich kann nicht beurteilen, ob die Vorwürfe gegen Krah und Bystron zutreffend sind, aber ich habe den Eindruck, dass sie gezielt eingesetzt werden, um der AfD kurz vor Wahlkampfschluss massiv zu schaden.

Ärgern Sie sich ein bisschen? Wäre das AfD-Desaster nicht Chance für die Werteunion gewesen, zur EU anzutreten, zumal es keine 5 Prozenthürde gibt?

Die WerteUnion ist erst im Februar gegründet worden. Als so junge Partei ohne Struktur und Organisation an einer Wahl teilzunehmen, ist ein waghalsiges Abenteuer. Aber ich sehe nicht, dass wir wegen der Skandalisierung von Bystron und Krah eine bessere Ausgangsposition hätten.

Sie haben viele Spitzenpolitiker kennengelernt, woran liegt es, dass diese scheinbar so anfällig sind für solche Kommunikationskatastrophen, wie sie jetzt Krah passiert sind? Woran kann das liegen, oder stimmt es nicht?

Also ich glaube, es liegt oft daran, dass die Politiker nicht einschätzen können, dass bestimmte Worte, die sie wählen, von anderen ganz anders interpretiert werden. Und das liegt daran, dass sie in ihrer eigenen Welt, wie man heute sagt, in ihrer eigenen Blase leben, wo bestimmte Aussagen, Worte völlig normal sind und sie einfach nicht reflektieren können, dass böswillige politische Gegner und linke Journalisten diese Worte ganz anders wägen und dass dies natürlich letztendlich auch die Möglichkeit zu einer Skandalisierung bietet. Ich habe diese Erfahrung ebenfalls machen müssen.

Was nehmen sie mit aus den Feierlichkeiten zu 75 Jahren Grundgesetz?

Diese Feierlichkeiten haben sich sehr weit von der Realität entfernt, die wir hier in Deutschland haben. Man feiert ein Grundgesetz, aber tut so, als ob wir hier keine verfassungspolitischen Probleme haben. Die gelebte Verfassung hat sich weit entfernt von dem, was die Versprechungen des Grundgesetzes sind, gerade in Sachen Freiheit, in Sachen Menschenrechte, Bürgerrechte, Rechtsstaat und Demokratie.

Ich nehme einfach wahr, dass Personen wie Bundespräsident Steinmeier, Bundeskanzler Scholz und Herr Habeck, aber auch Führungspersonen von der CDU, diese wirklichen verfassungspolitischen Probleme, für die sie mit Verantwortung tragen, kleinreden und so tun, als ob das geschriebene Wort auch der praktischen Tat entspricht, und das ist nicht der Fall.

Wir haben ein sehr großes Problem mit der Verfassungswirklichkeit. Wir haben es in Teilen zu tun mit Menschenrechtsverletzungen, wenn Leute ihren Job verlieren, weil sie eine falsche politische Meinung haben. Wenn sich Leute nicht mehr trauen, ihre Meinung zu äußern. Wenn die Antifa nahezu freie Hand hat, Leute einzuschüchtern. Diese Probleme müssten gerade an einem Tag wie dem 23. Mai ausgesprochen werden. Ich hätte erwartet, dass die Politiker für diese Fehlentwicklung in Deutschland auch Verantwortung tragen und übernehmen.

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Wird die Jahresstatistik “politisch motivierte Kriminalität 2023“ wahltaktisch missbraucht? Oder war das eigentlich schon immer so?

Ich nehme gerade unter der jetzigen Bundesinnenministerin wahr, dass die Statistiken der Behörden, die ihr unterstehen, ihrem ideologischen „Kampf gegen rechts“, nämlich gegen politische Gegner, untergeordnet und instrumentalisiert werden.

Die katholische Kirche schließt AfD-Mitglieder aus. Wie politisch darf denn die Kirche sein?

Als kirchlicher Laie erwarte ich von der Kirche, dass sie für alle Menschen da ist. Die katholische Kirche hatte nie Probleme, dass Kommunisten und Faschisten zu ihren Gläubigen gehörten – man denke nur an die kirchennahmen Kinofilme „Don Camillo und Peppone“ der 1960er Jahre. Die Amtskirche hatte während der Nazi-Diktatur durch ihre fehlende Kraft zum Widerstand, große Schuld auf sich geladen. Jetzt verhält sie sich aus meiner Sicht zutiefst unchristlich. Die evangelische Kirche Deutschlands dagegen hatte mit ihrem Reichsbischof Müller offen mit den Nazis paktiert. Dass ausgerechnet diese Kirche sich erdreistet, Menschen mit einer anderen politischen Überzeugung auszugrenzen und sich zum Büttel der Mächtigen zu machen, zeigt ihre religiöse Substanzlosigkeit.

Die christlichen Kirchen haben sich immer als Beschützer der Familien geriert. Eine INSA-Familienstudie hat jüngst im Ergebnis ein klares Bekenntnis zur Familie festgestellt. War das für Sie überraschend oder doch erwartbar?

Das war erwartbar für diejenigen, die den öffentlichen Medien wenig Glauben schenken. Und doch wird ein ganz anderes Gesellschaftsbild propagiert und so getan, als ob dieses propagierte Gesellschaftsbild von der Mehrheit der Bevölkerung gewollt wird. Das, was INSA festgestellt hat, entspricht dem Lebensgefühl der allermeisten Deutschen.

Das BAMF sucht auf seiner Startseite im Internet „vorzugsweise“ und „dringend“ Dolmetscher für Khmer-Kambodschanisch, es gibt aber nur fünf oder sechs solcher Asylbewerber. Symptomatisch?

Ich kann nicht beurteilen, ob das nur eine freie Mitarbeit ist, die man partiell abruft, wenn es diese Fälle gibt. Das heißt, man schließt einfach einen Werkvertrag mit einer Person und diese Person ist dann bereit, auf Abruf als Dolmetscher zur Verfügung zu stehen, oder ob das eine Festanstellung ist. Ich kann mir jedenfalls bei fünf oder sechs Asylantragstellern im Jahr nicht vorstellen, dass das eine Festanstellung sein soll.

Zudem werden ein paar Dutzend afrikanische Dialekte gesucht. Ist das vielleicht eine Zementierung der Idee, Deutschland als Sehnsuchtsort für die ganze Welt zu platzieren?

Ich glaube, die ehemaligen Kollegen im BAMF tun das, was man von ihnen erwartet. Und ich glaube auch, dass sie das gut und richtig tun wollen. Sie bearbeiten Asylanträge, wie die politische Führung des Landes es von ihnen erwartet. Und dann sagen sie, dass sie für ihre Arbeit auch Dolmetscher für bestimmte seltene Sprachen und Idiome benötigen.

Sie denken allerdings nicht politisch. Wenn sie politisch denken würden, kämen sie zum Ergebnis, dass wir diese Dolmetscher nicht brauchen, weil wir auch diese Asylsuchenden nicht aufnehmen müssen. Denn wir sind nicht dafür zuständig, weil andere europäische Staaten nach dem europäischen Recht diese Asylverfahren durchführen müssten und wir uns auf das konzentrieren müssen, was wir wirklich tun sollten. Und das bedeutet, für die wenigen Leute, für die Deutschland zuständig ist, Asylverfahren durchzuführen.

„Welt“ meldet, eine Studie habe ergeben, dass das Thema Klima in der deutschen Jugend an Bedeutung verloren hat, was passiert da?

Viele Jugendliche kommen mehr und mehr in der Realität an und glauben auch nicht mehr der Propaganda der Medien, die Angst machen vor der Klimahölle und die den jungen Leuten vormachen wollen, sie sollten arm werden, damit es dem Weltklima besser geht.

Ich lerne immer mehr junge Leute kennen, die sich auch der WerteUnion oder unserer Jugendorganisation, der Jungen Werteunion, zuwenden. Sie sind der Ansicht, dass sie auch einen Anspruch auf ein gutes Leben haben wie ihre Eltern. Sie wollen auch eine gute Ausbildung, einen guten Job und geordnete Lebensverhältnisse. Sie finden, dass sie auch ein Recht auf Glück in ihrem Leben haben. Sie wollen wie ihre Eltern in den Urlaub fahren und ein Auto haben.

Mehr und mehr jungen Menschen wird bewusst, dass die ideologisch geforderte Verarmung und Deindustrialisierung Deutschlands verrückt ist, dem Weltklima nicht hilft, sondern ihnen persönlich massiv schadet, und dass ihr persönlicher Schaden der Vorteil der Leute ist, die mit der Klimapolitik der Bundesregierung ihre Taschen füllen.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich empfinde es auch als Körperverletzung, vom polit-medialen Komplex hier permanent diffamiert, verfolgt und ausgegrenzt zu werden. Muss man nicht von Verfolgung sprechen, wenn man nicht einmal mehr eine Bank findet, weil Banken politisch agieren. Was kann man den jungen Leuten raten?

Junge Leute sind oft mutiger als ältere, weil sie weniger zu verlieren haben als die Älteren. Sie haben noch nicht viel im Leben erreicht, sondern sie haben alles vor sich, und für sie lohnt es sich, im Leben zu streiten und Risiken einzugehen. Je älter ein Mensch wird, desto größer ist das Risiko, dass all das, was man aufgebaut hat, verloren geht.

Von daher verstehe ich manche Leute, die vor dem Hintergrund der Einschüchterungen und Zersetzungsmaßnahmen des polit-medialen Komplexes Angst haben, sich zu exponieren, dass sie Angst haben, ihren Ruf zu verlieren, den sie über Jahrzehnte aufgebaut haben, Angst haben, ihren Job und ihr Bankkonto zu verlieren.

Bei den jungen Leuten ist es dagegen ein Stück weit anders. Die können sagen, wir haben alles vor uns. Wir können alles erreichen, wenn wir uns zu 100 Prozent einsetzen. Mein Eindruck ist: Immer mehr junge Leute begreifen, was in Deutschland passiert. Sie begreifen auch, dass das ihre Chance ist, im Leben und für ihr Leben zu streiten und auch dafür einzutreten, dass sie kein armes Leben und kein unfreies Leben haben, sondern ein Leben in Freiheit.

Danke für das Gespräch!

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