Kevin Kühnert entsetzt: „Also, Wut ist ein zu kleiner Ausdruck“

ZDF enthüllt: Superreiche bekommen Steuer-Schlupflöcher direkt aus Lindners Finanzministerium

von Alexander Wallasch (Kommentare: 12)

Hat Christian Lindner seinen Laden nicht im Griff oder haben diese Sylt-Champagner-Kungeleien System?© Quelle: ZDF-Mediathek, Screenshot

Der SPD-Generalsekretär staunt über Christian Lindners Arbeit im Finanzministerium, hier speziell über eine Top-Mitarbeiterin, die Steuerspartipps für Superreiche auf privaten Nobelveranstaltungen verteilt

Hier die ganze Geschichte: Moderator Jochen Breyer hat für das ZDF eine Story über Superreiche in Deutschland gemacht, für die er und sein Team ein Jahr lang recherchiert haben wollen. Über Breyer kann man viel erzählen, der ZDF-Mann hat schon einiges an Schweinereien produziert.

Aber lassen wir das beiseite und schauen auf seine aktuelle Arbeit für das ZDF unter dem Titel „Die geheime Welt der Superreichen - Das Milliardenspiel“. In 45 Minuten hat sich Breyer mit einer Reihe von Milliardären unterhalten und sich unter anderem auch bei Beratern der so genannten „Steuervermeidungsindustrie“ investigativ eingeschlichen und dabei eine Beobachtung gemacht, die zu besagter Empörung des SPD-Generalsekretärs über die Gepflogenheiten im FDP-Finanzministerium führte.

Moderator Breyer schaute sich mit versteckter Kamera bei einer Veranstaltung der Großkanzlei für Steuerrecht „Flick Gocke Schaumburg“ im Juni dieses Jahres um. Auf dieser Veranstaltung für Superreiche in Königstein im Taunus im exklusiven „Falkenstein Grand“ werden laut Aussagen Breyers Steuermodelle besonders aktiv angeboten.

Die Veranstaltung trug den Titel „Betreuung privater Vermögen und Familienunternehmen 2023“, die Teilnahmegebühr lag bei 1400 Euro pro Tag. Hier soll laut ZDF ein Top-Mitarbeiter von „Flick Gocke Schaumburg“ erklärt haben, mit welchen Konstruktionen Vermögende Steuern vermeiden können. Das ist für sich genommen noch nicht besonders außergewöhnlich.

Interessant wird es da, wo eine langjährige und hochrangige Mitarbeiterin des Finanzministeriums als Vortragende auf der Steuerschlupfloch-Veranstaltung ins Spiel kommt, welche die Abteilung „Vermögens- und Erbschaftssteuer“ im Lindner-Ministerium leitet, die Rede ist hier von Ministerialrätin Gerda Hofmann.

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Das ZDF wird ihren Auftritt später unter der Schlagzeile „Skandal um Top-Beamtin größer als gedacht“ als die Spitze des Eisbergs identifizieren.

Auf der Tagung von „Flick Gocke Schaumburg“ gibt Frau Hofmann aus Lindners Referat IV D4 im Königsteiner Luxushotel Betuchten Tipps, wie sie Steuern sparen, sie warnt vor sich schließenden Schlupflöchern und dem Wegfall von Vergünstigungen zum Jahresende. Aber sie entwarnt gleichzeitig auch lächelnd, so berichtet das ZDF, es gäbe ja weitere „Werkzeugkästen“. Da sei sie sich – erklärt sie den Anwesenden – hundertprozentig sicher, dass diese „ruhig schlafen können“.

Im Programm zur Veranstaltung steht, Frau Hofmann spreche nicht in dienstlicher Eigenschaft. Aber wie soll das funktionieren angesichts der Inhalte, die Frau Hofmann vorträgt? Das Bundesfinanzministerium verweigert dem ZDF eine Stellungnahme. Ebenfalls keine Antwort kommt von Christian Lindner, der das Schlamassel letztlich zu verantworten hat. Auch der Bundeskanzler verweigert sich gegenüber dem ZDF.

Und jetzt kommt der eingangs erwähnte Kevin Kühnert ins Spiel. ZDF-Mann Jochen Breyer besucht den SPD-Generalsekretär im Willy-Brandt-Haus. Das ZDF zeigt Kühnert die heimlichen Aufnahmen der Ministerialrätin auf der Steuersparveranstaltung für Superreiche. Kühnert zieht schon nach Sekunden die Augenbrauen hoch und schüttelt den Kopf. Erster Kommentar: „Ja, dass ist ein dickes Ding!“ Dann wird er sich der Tragweite bewusst, was da unter FDP-Koalitionsminister Christian Lindner passiert, und er fasst es für das ZDF zusammen:

„Also, Wut ist ein zu kleiner Ausdruck für das, was ich da gerade gehört habe. Ich kenne jetzt nur diesen Ausschnitt, aber ich fand das klar genug. Und wenn das alles so belastbar ist, wie ich es gerade gesehen habe, kann das nicht ohne Konsequenz bleiben. Das, was sie sagt, baut ja ohne Wenn und Aber auf dienstlich erlangtes Wissen auf, das hat sie sich ja nicht im Finanzteil des Handelsblatts angelesen. Es entsteht der Eindruck, dass aus der Tätigkeit für den Staat, für die Regierung, für unser Gemeinwesen, Wissen rausgezogen wird, was für Kapitalinteressen an anderer Stelle eingesetzt wird. Die meisten Leute in Deutschland, die ihren Alltag aus Erwerbseinkommen bestreiten, haben ja quasi kein Steuerumgehungsmodell. Die gucken sich sowas an und fragen sich natürlich, ob sie hier eigentlich im falschen Film sind. Ich frage es mich in dem Fall ehrlich gesagt auch.“

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