Das Frank-Walter Steinmeier seine präsidiale Grußadresse aus Schloss Bellevue allerdings nutzen würde, dem hochbetagten mehrfachen Bestsellerautor von hinten durchs Auge die Leviten zu lesen, reiht sich nahtlos ein in eine ganze Reihe von Übergriffigkeiten eines linkspopulistischen Politikers, der es in Rekordzeit geschafft hat, dass höchste Amt der Bundesrepubklik nachhaltig zu diskreditieren.
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Zum Grabenbauer ist der Sozialdemokrat längst geworden, als er während der Pandemie Bürger gegen Bürger aufhetzte, Regierungstreue gegen die Opposition und Ja-Sager gegen kritische Geister. Steinmeier zog dabei immer die Nazikeule hinter sich her, hinterließ dabei eine Schleifspur der Verwüstung und war sich nicht zu fein, damit auch zuzuschlagen, wer ihm nur den Rücken kehrte oder präzier, wer schon medial aus dem Diskurs ausgegrenzt, also wehrlos war.
Der Südwestrundfunk schreibt zum Ehrentag des Schriftsellers: „Walsers Bücher waren Bestseller, seine Essays und Interviews Aufreger ihrer Zeit. Als Intellektueller war er einer, der immer unabhängig dachte und sich nicht vor umstrittenen Positionen scheute. Allein seine Auseinandersetzungen mit der deutschen NS-Vergangenheit und dem Holocaust haben eine Epoche geprägt (…) bis hin zur Friedenspreisrede 1998.“
Tatsächlich ließen Walsers Worte wenig Spielraum für Missdeutung, als er 1998 in der Frankfurter Paulskirche mit dem Friedenspreis in der Hand Pläne zum Berliner Denkmal für die ermordeten Juden Europas scharf kritisierte:
„Die Betonierung des Zentrums der Hauptstadt mit einem fußballfeldgroßen Alptraum. Die Monumentalisierung der Schande.“
Wahrhaft episch mutet rückblickend auch jene Auseinandersetzung an, die Martin Walser über viele Jahre mit dem damals so populären Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki führen musste. Die Verletzungen gingen so weit, dass sie in Walser sogar die Energie freisetzten, den intensiven Konflikt in „Der Tod eines Kritikers“ zu verarbeiten.
Jetzt gratuliert der Bundespräsident zum 95sten. Und Frank-Walter Steinmeier kann sich nicht verkneifen, den alten Senf noch mal in die Tube zurück und dann wieder herauszudrücken, als würde es über die Glückwünsche hinaus irgendjemanden interessieren, was der intellektuell vergleichsweise bescheiden ausgestattete Sozialdemokrat vom Werk Walser hält.
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Hier gratuliert und ehrt der Bundespräsident einen großen Schriftsteller. Die Person Steinmeier hat hinter dem Amt zurückzutreten. Aber es gelingt ihm einfach nicht, er findet auch in seiner zweiten Amtszeit nicht in seine Rolle. Ja, Steinmeier hat sogar Haltungsjournalisten eingestellt die sich mehr um die Aufwertung der politischen Position und medialen Präsenz des Amtsinhabers kümmern, als darum, dem Amt selbst Glanz zu verleihen.
Beides zusammenzuführen scheitert zuletzt an der Person Steinmeiers selbst.
Kommen wir also zum präsidialen Geburtstagsständchen. Zunächst ist da sogar von „Hochachtung“ die Rede für das Lebenswerk des Autors. Das politische Bewusstsein des Landes hätte Walser nicht nur reflektiert, sondern selbst mitgeprägt. Steinmeier geht so weit, sich selbst als Stellverteter seiner Generation mit dem Lebenswerk des Schriftstellers in einen Kontext zu stellen:
„Die Auseinandersetzung mit dem Frankfurter Auschwitzprozess, die Kritik der kühlen Abwehr historischer Verantwortung, die Sie als Dramatiker und als Essayist geleistet haben, hat meiner Generation Wege in die politische Mündigkeit gewiesen.“
Eigentlich schon das eine Abwertung des schriftstellerischen Werkes, wenn der Autor hier so etwas wie die Hebamme von Steinmeiers politischem Werdegang sein soll, wenn Walser in Regress genommen wird für die hier bereits hinreichend umrissene politische Haltung dieses Bundespräsidenten.
Und weil Steinmeier bzw. seine teuer eingekauften Autoren ihre schmale Lobeshymne nicht mehr ganz geheuer ist, folgt postwendend eine kaum verhüllte schulmeisterliche Strafpredigt.
Es folgt ein Absatz in der Gratulation, der alles zuvor Gesagte wieder abräumt, um bloß keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Steinmeier schreibt hier Kraft seines Amtes für die Nachwelt fest und zementiert, dass Walsers Einlassungen unverzeihlicher Natur gewesen seien und Kritik daran doch zwingend sein müsse, wo sich jemand positiv über die Arbeit des Schriftstellers äußert. Ceterum censeo Carthaginem esse delendam.
Steinmeier schreibt:
„Die Beteiligung an emotional geführten Debatten über den Begriff der Nation und die Erinnerung an die nationalsozialistischen Verbrechen verläuft selten ohne Kontroverse. So sind auch Sie zum Kontrahenten in mehr als einer scharf und polemisch geführten Auseinandersetzung geworden. Umstritten sind Ihre Äußerungen über ein Zuviel an Vergegenwärtigung der Verfolgung und Vernichtung der europäischen Juden. Ihre in drastischen Worten formulierte Ablehnung des Holocaust-Mahnmals in der Mitte Berlins hat Kritik ausgelöst. Ich habe es nie so empfunden, dass die Aufarbeitung des von Deutschen begangenen Unrechts uns zu einer Last geworden ist. Im Gegenteil sehe ich darin den Ausweg aus einer bleiern lastenden Unheilsgeschichte des Antisemitismus und des Völkermords. Aufklärung und Aufarbeitung sind unverzichtbarer Teil unserer Demokratisierung und inneren Befreiung geworden.“
Der Sozialdemokrat Frank-Walter Steinmeier hat einen anderen Blick auf die Aufarbeitung der Geschichte als Martin Walser? Aber wen interessiert, was Steinmeier 1998 gedacht haben mag, als Walser seine Rede in der Paulskirche hielt zu einem Zeitpunkt, als Steinmeier gerade vom frischgebackenen Bundeskanzler Schröder ins Kanzleramt geholt wurde?
Einem großen deutschen Schriftseller wird die Ehre zuteil, vom Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland Glückwünsche zu seinem 95. Geburtstag entgegenzunehmen. Nicht mehr und nicht weniger. Aber anstatt diese Aufgabe angemessen respektvoll auszufüllen, bedenkt der Sozialdemokrat im Amt den Hochbetagten mit einer persönlichen Kritik und faselt etwas von „Demokratisierung und inneren Befreiung.“ Was für eine Entwertung einer präsidialen Glückwunschsadresse im Namen aller Deutschen an einen Verdienten aus ihrer Mitte.
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