Der Moderator gibt die Sendung ab und hinterlässt ein Trümmerfeld

ÖR-Grabenbauer Frank Plasberg verlässt „hart aber fair“ ... leider viel zu spät

von Alexander Wallasch (Kommentare: 5)

Bei Plasbergs Nachfolger ist das ganz anders. Louis Klamroth ist unschuldig. Er ist bereits in Unfreiheit aufgewachsen und wird diese Unfreiheit für eine notwenige Konzession an den kommenden Weltuntergang halten.© Quelle: Screenshot / hart aber fair / Late Night Berlin, Montage Alexander Wallasch

Frank Plasberg, Moderator und Macher von "hart aber fair" geht in den Ruhestand. Ich kann sagen, ich habe so etwas wie eine Beziehung zu dem Mann. Wenn auch eine sehr einseitige.

Es muss mittlerweile eine dreistellige Zahl seiner Sendungen sein, die ich seit 2015 rezensiert habe.

Ich erinnere mich noch gut: Irgendwann bat ich Plasberg mal um ein Interview. Ich hatte vor, ihn einmal persönlich dazu zu befragen, wie solche Sendungen überhaupt zustande kommen, wie diese empörend einseitigen Gästelisten gemacht werden und warum er sich das eine ums andere Mal mit der Regierung gemein machen konnte gegen die Meinung oppositioneller Gäste, so diese überhaupt noch eingeladen wurden.

Frank Plasberg sagte damals höflich ab mit Verweis darauf, dass er nicht über seine Gäste plaudern würde und auch nicht darüber, was hinter den Kulissen so passiert. Aber er sprach mir persönlich eine Viertelstunde lang auf den Anrufbeantworter und lobte tatsächlich meine ausführlichen und scharfen Rezensionen.

Damit war klar, dass Plasberg regelmäßig Tichys Einblick (TE) las, ich veröffentlichte dort von 2015 bis 2021. Ich weiß allerdings nicht, ob er sich selbst damit einen Gefallen getan hat. Denn, um zu bekämpfen, mich etwa geschmeichelt zu fühlen, habe ich von da an Plasbergs Arbeit noch kritischer betrachtet und im Zweifel sicherheitshalber den Vorschlaghammer genommen.

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Bitte nicht falsch verstehen, der Hammer traf immer den Richtigen, so, wie diese Sendung darauf ausgelegt war, politische Gegner der Kanzlerin zu ächten, öffentlich bloßzustellen und zu vernichten.

Dennoch hatte auch Frank Plasberg Anfang 2015 durchaus noch den Willen, bei der Politik anzuecken und politisch unbequem zu sein. Heute ist so etwas unvorstellbar für die Öffentlich-Rechtlichen und für ihre privaten Format-Lieferanten. Plasberg hat bald kapiert, wo es für ihn langgeht, langgehen musste.

Ich glaube heute, der Niedergang jedweder öffentlich-rechtlichen Regierungskritik hängt auch maßgeblich mit den großen Koalitionen zusammen. Denn als Helmut Kohl (CDU) regierte, gab es eine ganze Reihe regierungskritischer Fernsehformate von links. Es gab also eine Opposition.

Aber Angela Merkel – und das war, völlig wertfrei betrachtet, eine große Leistung – Merkel hat diese öffentlich-rechtliche Opposition unschädlich gemacht. Der Trick war denkbar einfach:

Sie hat sich auf die politische Seite dieser linken Meinungsmacher gestellt und ihre Partei dorthin mitgenommen. Und wer hätte in einer großen Koalition dagegen protestieren wollen? Damit fehlte das Regulativ. Und es fehlt bis heute. Es ist schlicht abhanden gekommen.

Ich saß also Abend für Abend bis in die Nacht hinein an der Tastatur und knüppelte synchron Zitate der laufenden Sendungen in die Tastatur, hörte weiter zu, während ich schnell einen bissigen Kommentar formulierte zu einem zuvor gehörten Diskussionsbeitrag eines Gastes oder des Moderators.

Aus dem wohnzimmerlichen Maschinenraum sandte ich die fertigen Texte nachts noch in die TE-Redaktion. Zunächst wurden die Rezensionen von der heißblütigen griechischstämmigen TE-Partnerin glattgebügelt.

Als ihr das zu bunt oder zu spät wurde, machte Roland Tichy es morgens selbst, dabei wohl oft hin und her schwankend zwischen Nachvollziehbarkeit meiner aufgeschriebenen Wut über diese öffentlich-rechtlichen Grabenbauer und dem sorgenvollen Gefühl, dieses Mal hat Wallasch es vielleicht doch übertrieben.

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Ich erzähl das hier, weil zuletzt ein TE-Autor, der auch einmal in den Maschinenraum hinunterkletterte, einen großen Zirkus veranstaltete, weil seine aufgeschriebene Liebeserklärung an Baerbock dem Chef – vollkommen zu Recht übrigens – dann doch zu sehr Fantasie als Rezension einer ÖR-Talkshow war.

Klar, wer hier nicht eine gehörige Portion Masochismus mitbringt, wer hier nicht brennt und bereit ist, den Handschuh immer wieder neu in den Ring zu werfen, der verglüht. Hier muss man schon genau wissen, warum man in den Krieg zieht.

Und klar auch, dass der Hängematten-Kolumnist Fleischhauer hier die Gelegenheit nutzte, sich von den bösen Buben der neuen Medien abzusetzen und dem neuen Baerbock-Freund gegen Tichy zur Seite sprang.

Doch, das würde man sich wünschen, dass dieser Ex-Spiegel- nun Focus-Journalist mal den Geschmack der Luft im Maschinenraum der Vierten Gewalt schmecken – und dann morgens was abliefern muss, das nicht schon jedes nachmittägliche Nickerchen über den Dächern der Großstadt durchlaufen hat, um nach noch einem Latte Macchiato auf den letzten Drücker in der Redaktion zu landen, viermal im Monat oder so.

Ich kann sagen, bei Tichy ging über die Jahre viel mehr Wut durch, als abgefangen wurde. Denn Roland Tichy war selbst oft genug empört und bereit, meine Empörung zu veröffentlichen. Ein Alleinstellungsmerkmal, das den Erfolg des Portals sicher mitbegründete.

Jetzt gibt Plasberg den Studioschlüssel ab. Und es wird Zeit, das ihm mal jemand ein Zeugnis austeilt. Der Moderator gibt die Sendung ab und hinterlässt ein Trümmerfeld. Gemeinsam mit dem Moderatorinnen-Trio haben diese Big-4-Talkshows einen Graben quer durch die Gesellschaft gezogen, der seinesgleichen sucht.

Zunächst gegen Kritiker der merkelschen illegalen Massenzuwanderung, später gegen die Corona-Kritiker und immer gegen die AfD. Vor den Wahlen, als die Partei Oppositionsführer war, und auch danach.

Einer der vielen negativen Höhepunkte beim Grabenbau war, als Frank Plasberg den Oppositionsführer nicht mehr nur nicht mehr einlud, er erteilte Alexander Gauland unter großem medialen Wichtigtuer-Getöse Hausverbot. Journalistisch war das auf besondere Weise übergriffig. Eine Schweinerei.

Aber auch hier gab es im August 2017 ein Vorspiel, als Gauland nicht als Studiogast, sondern als Angeklagter eines Plasberg-Tribunals eingeladen wurde.

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Plasberg ist ein Opportunist – eine denkbar schlechte Eigenschaft für einen Journalisten. Die Kunst besteht ja darin, ein Feuer auf hoher Flamme lodern zu lassen und dennoch professionell zu arbeiten.

Die jeweiligen Intros zu den vielen hart-aber-fair-Sendungen ähnelten sich oft. Exemplarisch vielleicht dieses hier – wahllos herausgegriffen vom 10. März 2020:

„Drei grüne oder grünlackierte Frauen, ein grüner Komiker und das Publikum gegen einen Bild-Redakteur. So etwas nennt der WDR dann Debattenkultur.“

Der Bild-Redakteur war hier interessanterweise Ralf Schuler, der jetzt bei Springer endgültig hingeschmissen hat. So kommt eins zum anderen.

Im Februar 2019 ging das Intro – wieder wahllos gegoogelt – so:

„Wenn es um Heimat geht, dann steht hier tatsächlich ein Verlust von Heimat an erster Stelle, dann nämlich, wenn diese öffentlich-rechtlichen Sender für immer mehr Zuschauer keine Heimat mehr sind.“

„Und die Probleme und Kosten der Massenzuwanderung? Kamen nicht einmal zu Wort. Die gibt es offensichtlich überhaupt nicht. Reiches Deutschland. Armes Deutschland.“

Oder Im April 2018:

„Zum Ende stellt Jan Fleischhauer die Methodiken von Pegida und der Neuen Rechten als Erben der 68er dar. Und Rainer Langhans findet die revolutionäre Energie auch bei Konservativen besser als nur das Bewahrende.“

Ach so: Bleibt zum Schluss noch die Frage, wie es weitergeht mit "hart aber fair". Tatsächlich hat Plasberg nicht einmal final die Eier zu sagen:

Ich habe dem Land und den Menschen mit dieser jahrelangen „hart aber fair“-Hetze so einen Schaden zugefügt. Wenn ich auch keine Verantwortung übernehmen will, nehme ich dieses unsägliche antijournalistische Format doch mit in den Ruhestand und beerdige es still und heimlich an einem dunklen Ort, wo es keiner mehr ausgraben kann. Außerdem richte ich eine Stiftung ein von meinen verdienten Millionen, die das Ziel hat, junge Journalisten auszubilden, die den Anspruch einer Vierten Gewalt noch ernst nehmen.

All das passiert leider nicht. Stattdessen holt Plasberg mit Louis Klamroth einen Spieler von der Berner Ersatzbank und hofft auf ein Wunder.

Dieser Klamroth ist tatsächlich sogar so etwas wie ein entfernter Verwandter von mir. Der Name Klamroth ist beim ÖR nicht unbekannt, die Schwester meines Onkels Jochen Klamroth war Wibke Bruhns, alle Klamroths eint der Bezug zu meinem Großonkel H.-G. Klamroth, der von Hitler im Zusammenhang mit dem Attentat 1944 in Plötzensee wie ein Stück Vieh am Schweinehaken aufgehängt wurde, bis der Tod eintrat.

Ich will es nur dazu gesagt haben … Nichtsdestotrotz erlaube ich mir eine Prognose, die wenig schmeichelhaft für Louis Klamroth ist, ihm aber darüber hinaus herzlich egal sein wird:

Mit dieser nächsten Generation von Moderatoren ist die Ära jener Journalisten zu Ende gegangen, denen man bei ihrer Arbeit immerhin noch ein schlechtes Gewissen unterstellen könnte.

Frank Plasberg wusste wohl ansatzweise noch, was er dem Land mit jeder neuen spalterischen Sendung angetan hat. Und wenn er es in irgendeinem Übermut mal vergessen hatte, dann konnte er es am Folgetag bei mir nachlesen – und gelesen hat er regelmäßig.

Bei seinem Nachfolger ist das ganz anders. Zugespitzt gesagt: Louis Klamroth ist unschuldig. Er ist bereits in Unfreiheit aufgewachsen und wird diese Unfreiheit für eine notwendige Konzession an den kommenden Weltuntergang halten.

Klamroth ist viel mehr Vertreter einer NGO, viel mehr Vertreter dieser ÖR-Dynastie der Klamroths, als dass er Journalist wäre oder überhaupt noch sein wollte. Seine Großtante ist die 94-jährige Schwester meiner Mutter. Zum Stachelbeersahnebaiser ist er selbstverständlich herzlich willkommen.

PS: Frank Plasberg (65) war 22 Jahre dabei. Er verabschiedet sich Ende November 2022 nach 750 Sendungen. Louis Klamroth (32) will „hart aber fair“ erstmals im Januar 2023 präsentieren, so teilte es der WDR jetzt mit.

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