„Das Format ist eine Art outgesourctes Versuchsfeld der CDU“

Kommentar eines Lesers: „Fakt aber ist, dass Nius viele Zuschauer hat“

von Alexander Wallasch (Kommentare: 7)

Es nutzt Formate und Ästhetik des linearen Fernsehens, ohne Fernsehen zu sein. Ihre Seite wiederum ist rein textbasiert.© Quelle: Pixabay/kallh

Gestern hatte ich eine Kritik am neuen Portal „Nius“ geschrieben, weil mir aufgefallen war, dass Friedrich Merz und Söder hier neben den vielen ausgezeichneten Beiträgen auffällig geschont – nein, protegiert werden.

Da ich selbst gern die Beiträge von Julian Reichelt anschaue und die Reichweite eines Ex-Bild-Chefs als Chance für guten Journalismus gesehen hatte, habe ich eine Kritik geschrieben, denn ich hatte den Eindruck, hier driftet etwas in die falsche Richtung ab. Und das passiert zweifellos, wenn ein Portal antritt, heimliches Sprachrohr der Union und eines Friedrich Merz zu werden oder zu sein. Denn Eindruck hatte ich bei „Nius“ zwischenzeitig gewonnen.

Leser Bernd Neumann hat sich meinen Artikel durchgelesen und sich seine eigenen Gedanken dazu gemacht. Dank an Herrn Neumann! Was ist Ihre Meinung dazu?

„Lieber Herr Wallasch, was Reichelt/Nius angeht, haben Sie den Tatbestand richtig beschrieben. Das Format ist eine Art outgesourctes Versuchsfeld der CDU, ob und wie weit sie wieder nach rechts gehen können, ohne die Koalitionsfähigkeit nach links zu verlieren. Trotzdem können und sollten wir Nius unter „Meinungsfreiheit“ abbuchen. Das Format möchte gerne für Deutschland das sein, was Foxnews, zumindest seit 2020, seit sie Trump fallen ließen, in den USA ist. Rechts und krawallig im Auftritt (Gutfeld, Ingraham) aber klar systemkonform und stets nett zum Establishment der GOP. Nun hat aber Murdochs Reichelts Vorbild Tucker Carlson gefeuert, schauen wir, wie Reichelt darauf reagiert. Seinen Tucker-Moment hätte er wohl, wenn er sich wagte, Björn Höcke einzuladen. Dann aber hätte er schnell eine Million Zuschauer allein auf Youtube.

Ich sehe, und das habe ich schon öfter in Leserforen gepostet, ein anderes Problem. Ich meine, Sie sind ja selbst Journalist und Medienschaffender und wissen von der Branche und dem Thema ungleich mehr als ich. Nicht umsonst haben Sie bei Tichy aufgehört und ziehen Ihr eigenes Ding durch. Ihre Positionen will ich dabei nicht kritisieren oder diskutieren, in Sachen Russland und Pazifismus zum Beispiel eher klassisch links, bei Migration oder Corona eher rechts. Das ist vieles, gewiss kein Mainstream.

Fakt aber ist, dass Nius viele Zuschauer hat. Es nutzt Formate und Ästhetik des linearen Fernsehens, ohne Fernsehen zu sein. Ihre Seite wiederum ist rein textbasiert. Das gilt, trotz Versuchen mit Videos, auch für die JF, und die anderen Schlachtrösser der alternativen Medien. Sehr oft läuft es im alternativen Bereich doch so: Irgendetwas passiert. Zum Beispiel äußert Frau Foroutan auf „X“, Deutschland gehöre gar nicht mehr den „Deutschen“ sei eine „Plaza“ statt einer Nation und Eigentum der ganzen Welt. Das Stöckchen ist ausgefahren, die alternative Meute springt darüber.

Hier beginnt das Problem. Dazu gibt es etwas zu sagen, aber nicht unendlich viel. So lese ich nun bei Tichy, Ihnen, Reitschuster, Broder oder der JF den nahezu gleichen Kommentar. Thorsten Hinz formulierte ihn sicher ausziselierter und gerne Kant zitierend als Reitschuster oder Roger Letsch - doch warum brauchen wir das achtmal? Achtmal als Textbeitrag? Und keiner bereitet es so auf, das auch 20 bis 30jährige das ganze lesen würden. Dazu bräuchten die alternativen Formate nämlich einen Auftritt auf TikTok oder Instagram. Wer hat den? Reichelt bespielt seine Generation, die Generation X, vielleicht noch Boomer, also bereits YT statt TV. Die sind durchweg nicht rechts, meist aber auch als Hedonisten eher nicht grünlinks. So ist Nius.

Langer Rede, kurzer Sinn: Erwarten wir nicht, dass Nius mainstreamkritischer, rechter, oder russlandfreundlicher wird, wie auch immer. Starten Sie selbst ein Format wie Carlson, Gutfeld oder all die anderen. Das eben nicht CDU-nah ist. Es ist keins da, und Nachfrage gäbe es genug. Kann ja sein, dass Nius dann so abgehängt zurückbleibt wie die deutsche Nationalmannschaft bei einer WM.“

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