Strafrechtlich haben wir da nichts, da liegt nichts vor!

Anwalt Ralf Höcker empfiehlt: Til Schweiger sollte dazu schweigen

von Alexander Wallasch (Kommentare: 14)

"Das ist ein bekanntes Muster. Wer aneckt, wer anderen nicht passt und wer dafür auch noch mit einer gewissen Fallhöhe daherkommt, der wird gnadenlos kaputtgeschrieben."© Quelle: Youtube / NDR Screenshot

Die Medien zerreißen sich sprichwörtlich das Maul über Regisseur und Schauspieler Til Schweiger, eine Nachricht jagt die nächste, Leser bekommen schnell den Eindruck, dass es um etwas ganz anderes geht. Was passiert da?

Wir möchten es genauer wissen und fragen Erfolgsanwalt und Autor Prof. Dr. Ralf Höcker, Fachmann für Medien- und Markenrecht.

Was ist da los?

„Es ist natürlich schon auffällig, dass die Betroffenen – oder die angeblich Betroffenen – keine Anzeige erstattet haben. Wir haben es ja bisher nur mit Gerüchten zu tun. Es ist nichts sicher. Niemand – soweit ich das überblicke jedenfalls – sagt aus, dass Til Schweiger ihn oder sie am Soundsovielten beim Dreh des Films XY geschlagen oder mit konkreten Worten beleidigt hat.

Das sind alles Gerüchte, die gibt es angeblich schon länger, aber jetzt werden sie halt zufällig ausgepackt. Wenn niemand bisher Anzeige erstattet hat, dann ist das schon mal ein ziemlich starkes Indiz, dass nichts Dramatisches, jedenfalls nichts Strafbares, passiert ist.

Vielleicht wurde ja auch Anzeige erstattet. Aber wenn das der Fall ist, dann wurde das Verfahren ganz offenkundig eingestellt. Denn ein Ermittlungsverfahren gegen Til Schweiger, das mit einer Verurteilung endete, das hätte man mit absoluter Sicherheit mitbekommen.

Das heißt, strafrechtlich haben wir da nichts, da liegt nichts vor. Wir bewegen uns im Bereich bloßer Gerüchte. Ob man darüber überhaupt berichten darf, ist sehr zweifelhaft.

Der Bundesgerichtshof hat ein paar Regeln aufgestellt, wie solche sogenannten Verdachtsberichte gestaltet sein müssen. Und das Wichtigste ist, man braucht erst einmal einen Mindestbestand an objektiven Beweistatsachen, die dafür sprechen, dass der Verdacht richtig ist, und die sehe ich hier nicht.

Ich sehe nicht, was hier an belastbaren Tatsachen dafür vorgetragen wird, dass Til Schweiger irgendwelche fürchterlichen Straftaten begangen hat, Beleidigung, Körperverletzung oder was auch immer.

Ob er betrunken war oder nicht, ist seine Sache. Alkohol ist Privatsphäre. Und selbst, wenn es sich theoretisch um krankhaften Alkoholkonsum handeln würde, wäre das sogar Intimsphäre, weil Krankheit zur Intimsphäre gehört. Die ginge dann überhaupt niemanden etwas an.

Das heißt, all das sind keine Themen, die eigentlich in die Öffentlichkeit gehören. Und man fragt sich jetzt natürlich, warum sind sie in der Öffentlichkeit?

Das kann möglicherweise einen Zusammenhang damit haben, dass Til Schweiger sich durchaus kritisch – jedenfalls aus Sicht derjenigen, die ihn jetzt kritisieren – durchaus kritisierbar geäußert hat in der Vergangenheit zu allen möglichen Themen, zu Klimaklebern und zu Corona und weiß der Himmel was.

Da war er nun wirklich nicht auf der Linie des Spiegels oder anderer Leitmedien. Und der Verdacht liegt jedenfalls nahe, dass er da einigen Leuten auf den Schlips getreten ist und sie sich jetzt dafür revanchieren und versuchen, ihn niederzuschreiben.

Das ist ein bekanntes Muster. Wer aneckt, wer anderen nicht passt und wer dafür auch noch mit einer gewissen Fallhöhe daherkommt, der wird gnadenlos kaputtgeschrieben. Das gibt es nicht erst seit Zeiten der Cancel Culture, Medien haben das schon immer gemacht.

Wie wehrt man sich gegen sowas? Man kann die Berichte prüfen auf Dinge, die unwahr sind, die falsch sind, Behauptungen, die nicht stimmen, kann man angreifen.

Und Behauptungen, die jetzt unter diese sogenannte Verdachtsberichterstattung fallen, kann man auch angreifen, wenn es dafür keine Beweistatsachen gibt. Das heißt, wenn die Journalisten nicht einmal konkret sagen können, wann, wo, wie wer jetzt irgendwas erlitten haben soll, dann ist da im Zweifel auch nichts.

Dann darf man im Zweifel auch nicht darüber berichten. Wenn es doch getan wird, ist das ein Verstoß gegen die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung und damit gegen die journalistische Sorgfaltspflicht.

Und damit wäre das auch rechtswidrig. Wenn solche Verstöße stattfinden, dann würde ich Herrn Schweiger dringend empfehlen, dagegen vorzugehen, gegen solche Presseberichte juristisch vorzugehen. Er ist da sicher sehr gut medienrechtlich beraten, das wird also wahrscheinlich passieren.

Im Übrigen muss man sowas natürlich mit Kommunikation begegnen. Man sollte es aber möglicherweise nicht selber angehen. Vielleicht lässt man Dritte sprechen. Wenn Til Schweiger jetzt selber anfängt, über diese Themen zu reden, dann öffnet er seine Privatsphäre – möglicherweise sogar seine Intimsphäre selber – und ermöglicht es dadurch überhaupt erst, dass andere dann zulässigerweise darüber reden dürfen.

Das muss man also abwägen, ob man ihm das empfehlen kann. Aber ganz sicher ist es zu empfehlen, dass er mal ein paar Kollegen, die ihn gut kennen, fragt: Wollt ihr nicht auch mal etwas sagen? Vielleicht trauen sich ja einige. Häufig ist es so, dass die Leute in ihren Löchern verschwinden, auch die besten – die vermeintlich besten – Freunde, wenn es haarig wird.

Aber es gibt immer einige – oft genau die, mit denen man gar nicht gerechnet hat – die dann doch sich zu Wort melden und sagen, wie es tatsächlich ist und was sie von demjenigen halten, der gerade im Feuer der öffentlichen Berichterstattung steht.

Es wäre meine Empfehlung, genau zu prüfen, ob es rechtswidrig ist, ob das, was veröffentlicht wird, medienrechtlich angreifbar ist. Und zwar ganz gleich, ob es in Artikeln oder in sozialen Medien geschieht, und wenn es rechtswidrig ist, draufhauen. Ansonsten ist nie Ruhe.

Und das andere ist: PR-Arbeit. Ich glaube, ich würde an seiner Stelle eher schweigen und vielleicht andere eher reden lassen. Das hielte ich für eine geschickte Taktik.“

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