Im Interview: Prof. Roland Wiesendanger

Die Laborthese gilt als gesichert – Staatsvirologe Christian Drosten kämpft weiter dagegen an

von Alexander Wallasch (Kommentare: 16)

Der Pandemieursprung steht im Zusammenhang mit einem Laborunfall in Wuhan.© Quelle: Youtube/ Charité

Die frühe Behauptung von Christian Drosten, eine Laborthese sei als Verschwörungstheorie zu verdammen, vergiftete die Debatte nachhaltig und politisierte wissenschaftsfeindlich. Jetzt gab Drosten der regierungsnahen taz ein längeres Interview, das sich Prof. Roland Wiesendanger genauer angeschaut hat.

Christian Drosten war der oberste Zeremonienmeister der Corona-Maßnahmen und Impfkampagne zweier Bundesregierungen. Die „Zeit“ schrieb über ihn: „Er war DER Politikflüsterer der Coronazeit, mit engem Draht zu Angela Merkel.“. Drosten war Mitglied eines Art Corona-Tafelrunde, eines Expertenrates „Gesundheit und Resilienz“ unter Kanzler Scholz.

Zu den düsteren Kapiteln gehört sicher der Kampf des „Staatsvirologen“ gegen die Laborthese. Nach Ende der „Pandemie“ hat Drosten seine Arbeit an der Charité wieder aufgenommen.

Der Virologe war einer der wenigen Auserwählten weltweit, die Anfang 2020 an der vieldiskutierten Telefonkonferenz des amerikanischen Oberimmunologen Anthony Fauci teilnahmen, aus der später eine Veröffentlichung in der renommierten Medizin-Fachzeitschrift „The Lancet“ hervorging: 27 Wissenschaftler verbreiteten am 19. Februar 2020 eine Stellungnahme, in der sie die These, dass das Corona-Virus aus einem Labor in Wuhan entwichen sei, als Verschwörungstheorie brandmarkten.

Wörtlich übersetzt hieß es in dem englischsprachigen Papier, welches neben anderen auch von Christian Drosten unterzeichnet wurde:

„Wir stehen zusammen, um Verschwörungstheorien, die darauf hindeuten, dass COVID-19 keinen natürlichen Ursprung hat, entschieden zu verurteilen.“

Diese Aussage prägte damals in einer frühen Phase der Pandemie die Debatte um den heute allerdings weithin als gesichert geltenden Laborursprung des Virus.

Renommierte Wissenschaftler wie Prof. Roland Wiesendanger, der in einer Arbeit an der Universität Hamburg als einer der Ersten widersprach und die Laborthese als wahrscheinlich annahm, wurden flächendeckend diffamiert und diskreditiert bis hin zur Studentenvertretung im eigenen Haus, die Prof. Wiesendanger öffentlich der Unwissenschaftlichkeit bezichtigte.

Vor wenigen Tagen nun gab Christian Drosten der taz ein Interview zu diesem Thema, das Prof. Wiesendanger aufmerksam gelesen hat.

Herr Prof. Wiesendanger, Christian Drosten hat ein Interview in der taz gegeben, das für einigen Wirbel sorgte, was war da los?

Darüber hat es schon diverse Diskussionen hier in Deutschland, aber auch in den USA gegeben. Die einhellige Meinung hierzu ist, dass es in diesem Interview gleich mehrere Aussagen gibt, die nicht stimmig sind. So stellte die Interviewerin zur Frage des Pandemie-Ursprungs beispielsweise fest: „Schließlich haben Sie von Anfang an vehement argumentiert, dass ein natürlicher Ursprung wahrscheinlicher ist als ein Laborunfall“, worauf Herr Drosten antwortete: „Die Vehemenz wurde mir vielleicht nachgesagt, aber so war das nie.“

Tatsächlich hat Herr Drosten jedoch die Laborhypothese nicht nur in dem bekannten Lancet-Brief vom Februar 2020 als „Verschwörungstheorie“ gebrandmarkt, sondern auch in zahlreichen Interviews und Podcasts – davon allein zwei für den NDR. FOCUS Online titelte im Mai 2020: „.Kompletter Unsinn‘: Drosten widerlegt Labor-Theorie und bügelt Nobelpreisträger nieder“ und fuhr fort: „Ist das Coronavirus auf natürlichem Wege entstanden oder stammt es womöglich doch aus einem Labor, wo es künstlich erzeugt wurde? Top-Virologe Christian Drosten erklärt, warum es nur eine Antwort darauf geben kann“. Auch in einer Stellungnahme gegenüber dem Science Media Center in Köln brandmarkte Herr Drosten die Labortheorie als Verschwörungstheorie.

Der US-amerikanische Virologe Kristian Andersen kommentierte die Haltung von Herrn Drosten anlässlich der berühmten Telekonferenz vom 01. Februar 2020 wie folgt:
„Both Ron [Fouchier] and Christian [Drosten] are much too conflicted to think about this issue straight – to them, the hypothesis of accidental lab escape is so unlikely and not something they want to consider. The main issue is that accidental escape is in fact highly likely – it’s not some fringe theory.”

[DeepL-Übersetzung: „Sowohl Ron [Fouchier] als auch Christian [Drosten] sind viel zu zwiegespalten, um über dieses Thema klar zu denken - für sie ist die Hypothese eines zufälligen Entweichens aus dem Labor so unwahrscheinlich, dass sie es nicht in Betracht ziehen wollen. Das Hauptproblem ist, dass ein versehentliches Entweichen in der Tat sehr wahrscheinlich ist - es ist keine Randtheorie.“]

Wenn jetzt Herr Drosten in dem neuen taz-Interview erklärt: „Die Vehemenz wurde mir vielleicht nachgesagt, aber so war das nie“, so steht dies in eklatantem Widerspruch zu dem, was er im Jahre 2020 gegenüber Wissenschaftskollegen und der Öffentlichkeit erklärt hatte.

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Jetzt gibt es aber schon ein paar Äußerungen von Drosten, wo er laut über die Laborthese nachdenkt.

Richtig, die Interviewerin hat Herrn Drosten beispielsweise darauf aufmerksam gemacht, dass es „in Wuhan allerdings … auch ein Labor gibt, das an SARS-Viren forscht“. Darauf erklärte Herr Drosten: „In Wuhan gibt es eine Arbeitsgruppe, die relativ früh die Verbindung zwischen dem SARS-1-Virus und Fledermäusen gefunden hat, und diese Arbeitsgruppe hat seitdem weiter daran gearbeitet. Ich kannte die leitende Wissenschaftlerin aus dem Forschungsfeld“.

Im November 2021 sagte Herr Drosten in einem ZEIT Online-Interview jedoch noch: „Ich habe keine persönliche Verbindung zu den Leuten in Wuhan und bin noch nie in dem Institut gewesen.“ Auch in diesem Punkt ergibt sich ein Widerspruch zwischen früheren und aktuellen Aussagen von Herrn Drosten.

Im taz-Interview äußert sich Herr Drosten immer noch dahingehend, dass er einen natürlichen Pandemie-Ursprung für „wahrscheinlich“ hält und argumentiert wie folgt: „Die frühen Infektionen hatten eine räumliche Verbindung zum Markt. Dort gab es die Zwischenwirte, Marderhunde, und das Virus wurde genau da auf dem Markt gefunden, wo auch diese Tiere verkauft wurden.“

Dass diese Darstellung schon längst widerlegt wurde (beispielsweise hier: https://www.researchgate.net/publication/384149700_COVID_Origins_Crits-Christoph_et_al_2024_Retraction_Request und hier: https://www.researchgate.net/publication/381429602_COVID_Origins_Worobey_et_al_2022_and_Pekar_et_al_2022_Retraction_Request) wird im taz-Interview nicht angesprochen. Aus wissenschaftlicher Sicht ist dies fatal.

Jetzt hatte Drosten Sie wegen diverser Aussagen verklagt, es kam zur Gerichtsverhandlung. Wie riskant ist es denn heute noch für Sie, ihn zu kritisieren? Droht da gleich die nächste Klagewelle?

Was vor über zwei Jahren juristisch stattgefunden hat, ist ein sogenanntes Eilverfahren. Herr Drosten versuchte damals, neun Aussagen von mir in einem Cicero-Interview vom Februar 2022 untersagen zu lassen, war jedoch zunächst mit lediglich drei Aussagen erfolgreich. Sechs Aussagen durfte ich weiterhin tätigen, u.a. dass Herr Drosten an einer Vertuschungsaktion und Desinformationskampagne im Hinblick auf die Laborthese beteiligt war und dass Herr Drosten Unwahrheiten von sich gegeben hat.

Obwohl das Eilverfahren damals sechs zu drei für mich ausging, stellten die Mainstream-Medien Herrn Drosten als Sieger dar, was nicht der Faktenlage entsprach. Eine zentrale Rolle in diesem Eilverfahren spielte eine eidesstattliche Versicherung, die Herr Drosten Anfang März 2022 abgegeben hat und die auch schon Gegenstand zahlreicher Artikel - hauptsächlich in alternativen Medien - geworden ist. Darin wurde bereits aufgezeigt, dass etliche Aussagen von Herrn Drosten in seiner eidesstattlichen Versicherung im Widerspruch zu Informationen standen, die in den Folgemonaten auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes in USA freigeklagt wurden.

Das Hauptsacheverfahren in dem äußerungsrechtlichen Streit steht jedoch noch aus. Ich habe nicht vor, etwas zu akzeptieren, was mich dauerhaft in meiner Meinungs- und Äußerungsfreiheit einschränken könnte, denn zwischenzeitlich sind so viele neue Dokumente ans Licht gekommen, die alle meine früheren Aussagen stützen bzw. belegen.

Jetzt gibt es noch zwei weitere aktuelle Debatten zur Laborthese: Zum einem eine Untersuchung des US-Geheimdienstes CIA, die einen Laborursprung annehmen. Und dann noch einen Vortrag von Paul Schreyer von Multipolar bei einem BSW-Parteitag, wo Schreyer ein amerikanisches Labor ins Gespräch bringt. CIA und US-Labor – was wissen Sie darüber?

Die CIA war bislang sehr zurückhaltend hinsichtlich der Labortheorie, im Gegensatz etwa zum FBI oder zu dem US-Department of Energy. Es gab Vermutungen, dass Peter Daszak, Präsident der EcoHealth Alliance, der nachweislich Steuergelder aus den USA nach Wuhan für hoch risikoreiche „Gain-of-Function“-Forschung geleitet hat, gleichzeitig ein CIA-Agent gewesen sein könnte. Insofern – ebenfalls eine Vermutung – wäre es nicht verwunderlich, dass die CIA lange Zeit sehr zurückhaltend in dieser Frage war. Nachdem jetzt allerdings der Chefposten bei der CIA wechselte, wurde entsprechend umgeschwenkt und ein Laborunfall als wahrscheinlichste Pandemieursache erklärt.

Und was hat es mit Paul Schreyer und dem Verweis auf US-Labore auf sich?

Das geht zurück auf ein Statement von Robert Redfield, dem ehemaligen Direktor der US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention. Er hat in einem Interview gesagt, dass der eigentliche Ursprung des SARS-CoV-2-Virus in den USA liegt, genauer in North Carolina in einem Labor von Ralph Baric.

Tatsächlich stammt das Know-how, wie man diese Corona-Hybridviren molekularbiologisch erzeugt, von US-amerikanischer Seite. Dies habe ich auch in früheren Interviews immer wieder betont. Baric war ja auch involviert in den Forschungsantrag mit dem Kurztitel „DEFUSE“ zusammen mit Peter Daszak, Shi Zhengli und anderen Wissenschaftlern in Wuhan. Dieser Forschungsantrag aus dem Jahre 2018 beinhaltete quasi eine Bauanleitung für die Erzeugung eines SARS-artigen Coronavirus mit all den Eigenschaften, die sich ein Jahr später bei SARS-CoV-2 zeigten.

Es bleibt daher festzuhalten, dass der Pandemie-Ursprung im Zusammenhang mit dem Know-how-Transfer von USA nach China steht, jedoch ist unbestritten, dass der Laboraustritt und die Verbreitung von SARS-CoV-2 in der Bevölkerung zuerst in Wuhan stattgefunden hat und zwar spätestens im Sommer 2019.

Was erhoffen Sie sich jetzt von Robert Kennedy Jr. als neuem US-Gesundheitsminister, speziell auch, was die Laborthese angeht?

Robert Kennedy Jr. als auch Jay Bhattacharya, der neue Direktor der US National Institutes of Health, sind ebenfalls beide durch ihre Analysen zu dem Schluss gekommen, dass SARS-CoV-2 einen Laborursprung hat und dass Wissenschaftsvertreter insbesondere der hoch umstrittenen „Gain-of-function“-Forschung alles getan haben, dies zu vertuschen. Darüber hinaus hat Robert Kennedy Jr. eine ausführliche Analyse der Person von Anthony Fauci durchgeführt und in seinem Buch „The Real Anthony Fauci“ dargelegt. Dabei steht u.a. auch die Rolle von Anthony Fauci in der Entstehungsgeschichte von SARS-CoV-2 im Vordergrund.

Zusammenfassend kann man sagen, dass jetzt in allen maßgeblichen US-Institutionen Personen an der Spitze stehen, welche die Problematik der „Gain-of-function“-Forschung erkannt haben: sowohl der nominierte zukünftige Gesundheitsminister, der zukünftige Direktor der US National Institutes of Health als auch der neue Direktor der CIA, John Ratcliffe. Dieser war früher bereits Chef der US-Geheimdienste und hatte in dieser Funktion Einblick in alle maßgeblichen Dokumente zum Thema Pandemieursprung.

Alle drei genannten Personen stehen nun in der Verantwortung, auf Basis ihrer Kenntnisse dementsprechend zu agieren und effiziente sowie insbesondere wirksame Regulierungen dieser extrem gefährlichen „Gain-of-Function“-Forschung mit pandemiefähigen Erregern in die Wege zu leiten.

Danke für das Gespräch!

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