Damals handelte sich Gabriel den Vorwurf ein, die Neiddebatte mit solchen Einlassungen erst zu schüren. Aber was bedeutete das im Umkehrschluss? Über die bestehenden Probleme erst gar nicht sprechen, sie totschweigen? Der polit-mediale Komplex sah das offensichtlich so, nichts durfte den Zuwanderungspläne der Kanzlerin im Wege stehen, die Welt titelte: „Ausgerechnet Gabriel treibt Keil in die Gesellschaft“.
Als Antwort auf die Idee von Gabriel, für Einheimische ein „Sozialpaket“ zu schnüren, warf ihm die Zeitung vor:
„Mit solch einer völlig fehlgeleiteten Anreizpolitik schürt Gabriel nur Erwartungen in einer Gesellschaft, die allemal lernen muss, nicht immer auf die gebende Hand des Staates zu setzen.“
Eine solche zynische Bemerkung auf dem Höhepunkt der Gebefreundlichkeit der Deutschen gegenüber Millionen neuen Zuwanderern muss man erst einmal hinbekommen. Die Welt warf Gabriel damals vor, er wäre ein Spalter.
Warum? Weil der Sozialdemokrat darauf aufmerksam machte, dass man die Deutschen nicht vergessen dürfe, wenn man ihnen auf so massive Weise aufbürdet, Millionen Menschen vollzuversorgen, von denen der überwiegende Teil aus wirtschaftlichen Gründen und zudem vielfach illegal eingereist war?
Wie sieht es heute, 2022 und über sechs Jahre später, aus? Immer noch sind viel zu viele der damals Eingereisten Hilfeempfänger. Die im Überschwang abgegebenen positiven Prognosen haben sich bei weitem nicht bewahrheitet. Und viele sind, wie sich jetzt herausstellt, gekommen um zu bleiben, die Rückkehrerquote ist viel zu gering und die Anreize der Ampelregierung sorgen zudem dafür, dass immer mehr Migranten dauerhaft bleiben wollen und immer mehr Zuwanderer neu einreisen.
Ihre Unterstützung zählt
Gibt die aktuelle Situation Einheimischen Anlass für eine Neiddebatte? Aktuell wurden bereits mehr als 600.000 Ukrainer als Flüchtlinge erfasst und versorgt. Zudem ist der monatliche Zuzug von Migranten immer noch so hoch, dass er weit über einer einmal anvisierten Seehofer-Obergrenze von 200.000 im Jahr liegen dürfte.
Die Corona-Maßnahmen haben vielen Deutschen auch wirtschaftlich zu schaffen gemacht und vielfach echte Notlagen produziert, Einkommen sind weggebrochen, die jetzt aufgestockt oder ganz ersetzt werden müssten.
Für eine schnelle Hilfe wurde extra ein erleichterter Zugang zur Sozialhilfe eingerichtet, unbürokratischer soll es zugehen, den Bedürftigen soll schneller geholfen werden.
Praktisch sieht das allerdings leider ganz anders aus, wie hier einmal an einem Beispiel aus der Praxis nacherzählt werden soll:
Eine niedersächsische Familie – die Redaktion konnte die gesamte Korrespondenz einsehen – beantragt Anfang März 2022 Arbeitslosengeld II / Sozialhilfe und bekam eine erste Zahlung erst Mitte Mai überwiesen. In diesen zweieinhalb Monaten wird die Familie mit Post nur so bombardiert. Briefe in allen Formaten, Anträge die doppelt und dreifach zugesandt werden und dazu noch eine Reihe von Telefonaten, die immer ähnlich enden: Bald, ja, bald wäre es soweit, dass sei doch schon die vereinfachte Form der Antragstellung.
Als die Familie einmal fragt, was sie denn nun machen soll, es wäre schon niemand mehr da, wo man sich noch Geld leihen könne, wird auf eine Stelle im Amt verwiesen, wo man sich unbürokratisch Gutscheine (Tafel?) abholen dürfe. Für eine Mietüberbrückung sei aber eine andere Stelle zuständig, da müsse man wieder neue Anträge stellen.
Außerdem wird telefonisch berichtet, dass der Sachbearbeiter krank geworden sei und ein Vertreter leider ebenfalls. Aber nächste Woche … und wieder nächste Woche und wieder …. Und das sei ja die vereinfachte Form.
Wie lange würde es wohl dauern, wenn es stattdessen die Standardanträge wären?
Laut einer Online-Hilfeeinrichtung für Antragsteller liegt die durchschnittliche Wartezeit/Bearbeitungszeit bei mindestens drei bis vier Wochen. Wer also heute bedürftig ist, kann frühestens in einem Monat mit Hilfe rechnen, besagte Familie musste zweieinhalb Monate warten.
Warum es unterschiedliche Wartezeiten gibt zwischen Einheimischen und Flüchtlingen oder Migranten, mag verschiedene Gründe haben. Eine Rolle spielt sicher, dass der Deutsche im bürokratischen System tiefer verankert ist. Hier können und werden eine Vielzahl mehr an Unterlagen eingefordert, die zunächst einmal bei besagten Ämtern eingeholt werden müssen.
Aber als Faustregel gilt eben auch: Vom hohen Aufkommen der zu bearbeitenden Fälle sind alle gleichermaßen betroffen.
Zweieinhalb Monate Wartezeit schon für die vereinfachte Form. Und noch dazu, ohne überhaupt im Jobcenter vorsprechen zu müssen: Wegen Corona finden keine persönlichen Kontakte statt, aber man könne neuerdings die Zoom-Funktion nutzen, das würden schon etwa fünfzig Prozent der Antragsteller machen, aber nein, es wäre keine Bedingung für eine Bewilligung.
Aktuell wurden jetzt zudem alle Sanktionen ausgesetzt. Aber die können sowieso erst greifen, wenn den Bedürftigen auch Leistungen bewilligt wurden.
Wer von eigenen Erfahrungen oder der von Freunden, Nachbarn oder Bekannten berichten kann, bitte in die Kommentare schreiben.
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Kommentar von Kristin Meyer
Es freut mich sehr, wenn Menschen wie z.B. Alfred Neumann wegen nicht ausreichender Vollerwerbsminderungsrente zur Aufstockung der Differenz aus Rentenbezug abzgl. tatsächliche Lebenshaltungskosten entsprechende Unterstützung erfahren. Das ist allerdings aus meiner Sicht nicht vergleichbar mit Menschen, die z.B. wegen Arbeitslosigkeit als Lohnabhängige oder als Selbständiger z.B. wegen der sog. Corona-P(l)andemie unverschuldet in den ALG II- bzw. HARTZ IV-Bezug hineingerutscht sind und nur, weil sie den Vorgaben der jeweiligen Jobcenter i.S. "Einladung" zur Eingliederung in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse aus welchen Gründen auch immer nicht folgen können oder wollen, dann entsprechend sanktioniert werden. Hierbei ist aus meiner Sicht sehr klar zwischen Menschen zu unterscheiden, die z.B. wegen Krankheit keinem Vollerwerb mehr nachgehen können (und deshalb auch keinen weiteren Anforderungen bei den jeweiligen Sozialbehörden unterliegen) und/oder Menschen, die zwar noch gesund sind, aber aus anderen, stets individuell zu betrachtenden Umständen den zu einem Großteil unsinnigen Anforderungen von Sozialbehörden/Jobcentern garnicht entsprechen können.
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Kommentar von Alfred Neumann
Natürlich am 07.04.2022. War ein Tippfehler. Sorry.
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Kommentar von Alfred Neumann
Ich bin im April 2022 in Vollerwerbsminderungsrente gegangen. Da meine Rente leider nicht ausreicht, musste ich noch Grundsicherung beantragen. Diesen Antrag warf ich am 01.04.2022 persönlich ein. Schon am 04.04.2022 hatte ich eine Einladung für den 06.04.2022 im Briefkasten. Da an diesem Tag die Auszahlung leider nicht möglich war. bekam ich dann am 07.06.2022 die Grundsicherung für April in Bar ausgezahlt. Und seit dem geht sie immer pünktlich auf mein Konto ein.
So kann es halt auch gehen. Mein Dank an das Sozialamt Frankfurt.
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Kommentar von Kristin Meyer
Das hier geschilderte Beispiel aus Niedersachsen kann ich nur bestätigen. Ich betreue seit eineinhalb Jahren einen Soloselbständigen, der mit seinem kleinen, erfolgreich tätigen Dienstleistungsunternehmen durch die P(l)andemie bedingt ab Mitte 2020 zusätzliche ALG II-Leistungen beanspruchen musste. Während die beiden ersten Leistungsphasen noch relativ problemlos genehmigt wurden, hatten wir ab Leistungsphase 3 nur noch Probleme mit dem zuständigen Jobcenter zu verzeichnen. Es wurden ständig neue Nachweise verlangt, die wir umfangreich (insgesamt mind. 700 Seiten) vorgelegt haben. Die aber letztlich niemandem beim Jobcenter interessiert haben. Ebenso wenig unsere Eingaben. Der 3. Antrag wurde schließlich abgelehnt, beim zuständigen Sozialgericht waren wir ebenfalls erfolglos. Wir mussten schließlich einen auf Sozialrecht/ALG II spezialisierten Rechtanwalt einsetzen, der die nachträgliche Bewilligung des 3. Antrags im März 2022, rd. 7 Monate später, schließlich durchgesetzt hat. Mittlerweile befinden wir uns ab 01.04.2022 in der Leistungsphase 4. Nunmehr wird der junge Mann, der bemüht ist, sein eigenes Unternehmen in diesen Krisenzeiten neu auszurichten und zu konsolidieren, vom Jobcenter sanktioniert, weil er den sog. "Einladungen" zur "Eingliederung in Arbeitsmaßnahmen" nicht nachgekommen ist, die darauf hinauslaufen, dass er z.B. in irgendeinem Callcenter einen minderwertig bezahlten, stupiden "Job" annehmen soll. Die Sanktionsmaßnahmen haben zur Folge, dass ihm aus der Regelleistung von aktuell 449 EUR monatlich 10% gestrichen werden, sie können sich ggf. aber auch auf 30% künftig noch ausweiten. Für mich ein absolutes Unding, wenn man bedenkt, mit welcher Freudigkeit und Leichtigkeit jetzt z.B. auch ukrainische Flüchtlinge (von denen wohl zahlreiche unser Sozialsystem nur ausnutzen) über die Jobcenter völlig ungeprüft "subventioniert" werden. Interessant in diesem Zusammenhang ist für mich der Hinweis von Frau Hardt in Bezug auf die "Bonusse", die Dienststellenleiter von Jobcentern erhalten, wenn sie soviel wie mögliche Negativbescheide und Sanktionierungen vorweisen können. Was mir bis dato völlig unbekannt war. Sollte dem tatsächlich so sein, wäre dies ein weiteres Indiz für ein völlig absurdes, krankes und menschenverachtendes Sozialsystem zu Lasten nicht nur der von ALG II Betroffenen, sondern dann auch zu Lasten des deutschen Steuerzahlers.
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Kommentar von Hildegard Hardt
Chaos herrscht nicht nur im Bereich Sozialhilfe, es ist leider kennzeichnend für Deutschland und alle EU-Mitgliedsstaaten, die sich dem bürokratischen Irrsinn der Brüsseler Gurkenkrümmer unterordnen müssen.
Die Leistungsträger waren aber schon immer Spitzenreiter in Sachen Bürokratie. Eine sehr gute Bekannte (jetzt 45 Jahre) war vier Jahre im Jobcenter tätig, nahm ihre Arbeit sehr ernst und setzte sich besonders für schwierige Fälle ein. Weil sie deshalb vom Dienststellenleiter immer wieder gerügt wurde und man ihr sogar mit Abmahnungen drohte, kündigte sie und nahm damit sogar die Sperrung von Arbeitslosengeld inkauf. Sie war trotz hoher Belastbarkeit einfach mit den Nerven am Ende und wurde für 3 Monate krank geschrieben. - Erst nach ihrem Ausscheiden erfuhr sie, daß Dienststellenleiter mit Sonderzahlungen belohnt wurden, die möglichst viele Negativbescheide und Sanktionierungen vorweisen konnten. Auf einen Prozeß gegen den Arbeitgeber verzichtete sie schweren Herzens; ihr Anwalt hatte schon mehrere Prozesse gegen die Behörde verloren machte ihr keine Hoffnung auf einen positiven Ausgang des Klageverfahrens.