Ein Blog des Correctiv-Gründers David Schraven twitterte 2018 zum Jahrestag der Bombardierung Dresdens ein Diagramm mit Tageshöchsttemperaturen im Februar 1945. Die dreitägigen Luftangriffe sind dort mit 900 Grad markiert. Offensichtlich fand die Redaktion komisch, witzig und provokativ, was einfach nur zum Kotzen ist.
Die Meldung auf Twitter wurde bis heute nicht gelöscht: https://twitter.com/ruhrbarone/status/963442011167690752
Bei den Bombardierungen Dresdens kamen zehntausende Dresdner und Flüchtlinge aus dem deutschen Osten, in der Mehrzahl Frauen, Kinder und Alte, auf grausamste Weise ums Leben. Verbrannt, zerbombt, in der Hitze pulverisiert.
Laut Wikipedia sind die „Ruhrbarone“ so etwas wie eine Abraumhalde für Texte, die eigentlich anderswo Beschäftigte an ihrem eigentlichen Standort nicht unterbekommen: „Die Redaktion besteht überwiegend aus Journalisten, die hauptberuflich für andere Medien arbeiten.“ Gut, so ein Feierabendjournalismus könnte spannend sein – bis hin zu einem Ort für umstrittene, für wirklich polarisierende Texte.
Meilenweit über die Grenzen solcher Polarisierungen hinaus reicht allerdings, was sich genannte „Ruhrbarone“ 2018 auf ihrem Twitter-Account mit der Veröffentlichung ihres Diagramms erlaubt haben, das sich auf widerlichste Weise über die Opfer der Dresdner Bombennacht lustig macht – in einem unerträglichen Verständnis von „Humor”.
Das ungelöschte immer noch öffentlich lesbare Diagramm heißt „Tageshöchsttemperaturen in Dresden im Februar 1945“. Die x-Achse reicht vom 01.02.1945 bis zum 28.02.1945 und auf der y-Achse finden sich ansteigende Temperaturen von 0 bis 1.000 Grad. Sie ahnen was kommt:
Die Luftangriffe auf Dresden vom 13. bis 15. Februar wurden mit drei roten Säulen kenntlich gemacht, die bis 900 Grad reichen. Kommentiert von den Ruhrbaronen wurde das Diagramm folgendermaßen: „Eine interessante Statistik“.
Mitbegründer und Autor der Ruhrbarone ist David Schraven, Gesellschafter und Geschäftsführer des „Recherchebüros correctiv“. Ausgerechnet dieses Büro hat sich Anfang 2017 erfolgreich bei Facebook angedient, um dort Fake News und Hate Speech zu melden bzw. zu „korrigieren“. Hate Speecher melden also Hate Speech.
Im Verlauf des unsäglichen Hate-Speech-Tweets findet sich eine Diskussion, an der sich die Ruhrbarone munter beteiligen. Auf die Frage, wo denn die Grafik für Nagasaki und Hiroshima sei, antworten die Autoren: „Ja, aber sie schlägt zu hoch nach oben aus. Und Du kennst ja die Regel: Online kein Hochformat!“
Das soll offenbar tatsächlich witzig sein. Ebenso witzig, wie die Ermahnung an einen ebenfalls dort Twitternden: „Ach, heul doch einfach ein wenig und geh uns nicht auf den Sack.“ Ein weiterer Beteiligter wird von den Ruhrbaronen ermuntert, doch bitte eine Anzeige wegen Volksverhetzung zu machen: „Zeig uns an – dann wissen wir es bald :-D“
Dann besinnt man sich wohl und versucht es etwas intelligenter mit einem Adorno-Zitat, quasi als Rechtfertigung für das Diagramm: „Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung. Sie geht so sehr jeglicher anderen voran, dass ich weder glaube, sie begründen zu müssen noch zu sollen.“
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Die Ruhrbarone verlegten also 2018 die Begründung für ihre Verunglimpfung des Andenkens Getöteter direkt nach Auschwitz. Was soll das sein? Zynismus oder nur fürchterlich dumm? Dazu passt dann ein weiterer Tweet, den man damals wenige Stunden später veröffentlichte, wohl um das krititisierte Diagramm noch zu relativieren, weil man aus Eitelkeit offensichtlich nicht zum Löschen bereit war. Und bis heute nicht gelöscht hat!
Dort wird dann ein Überlebender des Ghettos Theresienstadt zitiert: „Wir weinten vor Freude, als wir den roten Schein am Himmel sahen. Dresden brennt, die Alliierten sind nicht mehr weit.“ 2017 twitterte dieses Zitat schon einmal die Linke Abgeordnete Katharina König und nannte es „Das wichtigste zu #Dresden und dem 13. Februar.“
Das Zitat aus dem Ghetto ist nicht belegt, wie der Historiker Professor Moritz Hoffmann von der Universität Heidelberg herausfand. Er verwies auf ein ähnlich meinendes, aber verbürgtes Zitat der Eva Benda, einer Deutsch-Tschechin jüdischen Glaubens, die über den Abend des 13. Februar 1945 aus einem Zwangsarbeitslager schrieb:
„From our windows we watched Dresden burning only a short distance away. For us it was an exhilarating sight. The whole horizon was aflame, and our dormitory was lit as if by daylight, except the light was red. We knew that the Allies had bombed Dresden. We stood at the windows all night, delighting in the spectacle. To us it was proof that the end of the war and liberation could not be far off.“
Für Benda war das brennende Dresden also Hoffnungsschimmer, dass das Ende des Krieges und ihre Befreiung nicht weit weg sein konnte. Nun wurde Dresden schon viel früher bombardiert; die Hoffnung war auch insofern trügerisch, da es noch Monate dauerte, bis die Befreiung tatsächlich kam. Professor Hoffmann kommt hier zu folgender Bewertung des Zitates (und des Kontextes, in dem es auch von den Ruhrbaronen verwendet wird): „Sie (die Quelle) ist weniger ein Zeugnis eines irgendwie gearteten ‚Sinns’ der Bombardierung Dresdens als Einblick in das erinnerte Gefühlsleben einer misshandelten Seele, der über Jahre nahezu unvorstellbare Grausamkeit zugefügt wurde.“
Und was die Ruhrbarone angeht, stellt sich nun die Frage, wie verdreht, wie falsch man im Denken eigentlich gepolt sein muss, sich nicht nur über die Opfer der verheerenden Bombardierungen Dresdens lustig zu machen, sondern zum Zwecke der Belustigung dann auch noch die Verfolgten und Ermordeten des Naziregimes zu missbrauchen. Einfach widerlich – und ausgerechnet solche Leute wollen belehren, was auf facebook Fake News und Hate Speech ist. Größenwahn trifft Umnachtung.
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Kommentar von Matthias P.
Sicher war die Bombardierung ein großes Unglück und/oder (je nach Formulierung) Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung und es ist richtig, dass diesem Ereignis regelmäßig gedacht wird. [Und warum sollte man nicht auch darüber berichten, dass Temperaturen von 1000 °C in der Stadt erreicht wurden (wenn es denn so gewesen sein sollte); es unterstreicht ja nur, dass unter solchen Verhältnissen niemand überleben kann.]
Dresden war aber nicht die einzige Stadt, die (kriegsverbrecherischen) Bombenangriffen zum Opfer fiel. Die meisten Luftangriffe gingen gegen Berlin, aber auch ganz viele weitere Städte wurden ja zerstört; auch hier wären Gedenkveranstaltungen möglich.
Der weitaus schlimmste Einschnitt in die dt. Geschichte war aber der Sieg des Feindes im Osten und die folgende Unterwerfung des halben Reichs unter sowjetische Herrschaft, die kurioserweise (sogar von dt. Seite!) teilweise als "Befreiung" bezeichnet wird, was nichts weiter als eine Verhöhnung der Millionen Opfer sowjetischer Gewaltherrschft ist. Ich vermisse einen Trauertag zB zum Fall Berlins am 2. Mai 1945 oder zum 16. Okt. (1944), an dem die sowj. Offensive gegen Ostpreußen beginnt, die eine völkermordähnliche Ausmerzung des Deutschtums im dt. Osten zur Folge hatte und eine nie zuvor dagewesene Fluchtbewegung mit millionenfachem Leid und Tod auslöste.
Während die dt. Städte mittlerweile wieder bewohnbar sind, ist Nord-Ostpreußen noch immer in russischer Hand, wo der neue Herrscher mittlerweile Atomraketen auch gegen uns, demjenigen, dem das Land eigentlich gehört, aufstellt. Das ist nicht hinnehmbar und eine kluge Politik könnte auf eine Revision hinarbeiten.
Eine Chance, die aber vertan wurde, war der Umbruch 1989/90. Jetzt, wo sich der Westen über die Gefährlichkeit, über die imperialen Bestrebungen Russlands und über die Gefährdung der östlichen NATO-Mitglieder keine Illusionen mehr macht, besteht eine neue Chance, vielleicht die letzte, auf eine Revision hinzuarbeiten. Überraschederweise ist dies öffentlich erstaunlich selten gefordert worden, obwohl es sich vor dem Gebaren Russlands geradezu aufdrängt, aber ich hoffe, dass die dt. Diplomatie zumindest hinter den Kulissen darauf hinarbeitet.
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Kommentar von Lilly
Ich will das gar nicht mehr lesen, ich kann das alles nicht mehr sehen.
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Kommentar von Bernhard Rossi
"Größenwahn trifft Umnachtung."
Sehr guter Schlusssatz!
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Kommentar von Nordlicht
Der Typ ist ein armer Mensch: In Bottrop geboren und NRW-Abi bestanden, in Düsseldorf irgendwas mit Geisteswissenschaften studiert und dann beruflich bis nach Essen gekommen. Nun wohnt er wieder in Bottrop.
Wer in dem Ruhrgebiersklüngel aufgewachsen ist und was in er Presse werden will, muss sich der SPD andienen: zeitungen wie die WAZ sind in SPD-Hand.
Der gösste SPD-Medien-Strippenzieher war Bodo Hombach, amüsant aber ohne Moral, WAZ-Geschäftsführer von Brosts Gnaden; die Milliardärin Frau Brost gründete eine Stiftung, was die eleganteste Methode ist, um Steuern zu sparen. Diese Stiftung (- im Grunde also die SPD-NRW) steckt hinter dem "Denunziationsportal Correctiv", in dem der Typ sein Geld verdient.
Ein gescheiterte Journalist hetzt für LinksLinksGrün und gegen das Volk.
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Kommentar von G. Reppe
Ich erlaube mir daran zu erinnern, daß es 3 Monate vorher bereits ein solches Inferno gab, in dem Kassel abgebrannt ist. Die komplette Innenstadt vernichtet, wohingegen die Rüstungsindustrie am Stadtrand kaum etwas abbekommen hat.
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Kommentar von Martin1
Ich lebte seinerzeit im Ruhrgebiet und habe Ruhrbarone schon am ersten Tag gelesen. 🤯
Epic fail dachte ich, und habe sie dann noch 2 oder 3 Mal aufgerufen.
Was für eine (linksdrehende) Schwachsinns- und Spinner-Site. 🖕
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Kommentar von peter struwwel
Werte Autoren, danke für Ihre Texte. Ihnen, Herr Wallasch, würde ich am liebsten
sagen, daß es weder ekelhaft ist noch widerlich, das wäre mir zu wenig. Ich schlage
vor, eher von einer neuerliche Bombardierung zu sprechen - wäre das nicht eine
immense Verhöhnung der wahren Opfer. Auch Ihr Brief, Herr (Toddn?) Kandziora,
hat mich ein Stück weitergebracht. Nochmals merci.
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Kommentar von Torsten Kandziora
Die gewaltige Zerstörung Dresdens durch die Luftangriffe der Royal Air Force und United States Army Air Force zwischen dem 13. und 15. Februar 1945 auf die deutsche Zivilbevölkerung ist unbeschreiblich. War doch der Krieg für NAZI-Deutschland längst schon verloren und Dresden und seine Umgebung zum Fluchtort für fast eine halbe Million Flüchtlinge aus den Ostgebieten geworden.
In den Geschichtsbüchern letzter Jahre wie auf Wikipedia ist heute von 22.700 bis 25.000 Todesopfern die Rede, bzw. als woke Wahrheit anzunehmen. Wer heute öffentlich äußert, es wären doch sechsstellige Opferzahlen in Dresden verzeichnet worden, derjenige macht sich verdächtig, nationalsozialistische Propaganda zu verbreiten, da doch eine umfassende historisch-empirische Untersuchung eine derartige Lüge widerlegt.
So hat dann auch einer meiner Lieblingsschriftsteller, Kurt Vonnegut, im Sinne rechter Propaganda gelogen. Warum? Kurt V. mußte als blutjunger, amerikanischer Kriegsgefanger am eigenen Leib in Dresden die Bombennächte miterleben. Jahre später schrieb er über das Trauma der erlebten drei Tage in seinem Roman: SCHLACHTHOF 5 oder DER KINDERKREUZZUG.
Zu Recherchezwecken durfte er in der damaligen DDR in Archiven nach Opferzahlen forschen. Laut DDR-Archiv sollen allein in Dresden an die 150.000 Opfer tot aufgefunden worden sein. Die genaue Zahl der in und um Dresden getöteten Menschen aufzuführen ist nicht möglich.
Durch den Abwurf der, umschreiben wir sie mit „neuen Bomben“, sollen unzählige der Schutz suchenden Geflüchteten, vor der Stadt kampierenden Menschen im Inferno eines bisher auf Erden durch Waffen nicht erzeugten Feuersturmes zu Staub zerfallen sein.
Einen ähnlichen Feuersturm erlebte Monate später die Zivilbevölkerung in Okinawa und Hiroshima. Für das dortige Inferno,in einem ebenfalls schon besiegten Japan, brauchte es nur zwei Bomben. Nicht tausende. Wie in Dresden. Damals, vor 78 Jahren.
Ach, eins noch. Zur Erinnerung an die woke Mehrheit, die heute den Ton angibt. Eine ehemalige Piraten-Politikerin (ich schreibe ihren Namen aus Absicht nicht) hatte einst ihren Protest gegen Pegida mit entblößtem Oberkörper ausgedrückt. Auf diesem war zu lesen: "Bomber Harris do it again" (zu deutsch: Mach es noch einmal, Bomber Harris). Ob auch sie es war, die da meinte, es wären noch viel zu wenig Deutsche in Dresden gestorben. Ich weiß es nicht.
Dass es aber wieder zu viele Menschen gibt, die weder wissen, was sie sagen, noch eine Ahnung vom Leid haben, das sie anrichten, das weiß ich leider zu genau.
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Kommentar von Fragender01123
Mir tun diese Autoren einfach nur leid. Jeglicher Emphatie beraubt sollten diese noch Auschwitz fahren und sich erstmalig in ihrem Leben den industriellen Mord an Andersdenkenden anschauen. Vielleicht sind sie ja danach wieder brauchbare Bestandteile unserer Gesellschaft. Es wär ihnen zu wünschen.