Ein Ringen um Deutungshoheit

Woher kommt dieses Rätselraten um den Todeszeitpunkt der Opfer von München?

von Alexander Wallasch (Kommentare: 6)

Anschlag in München forderte zwei Todesopfer© Quelle: Youtube/ Tagesschau, Screenshot

Ein schwieriges Thema. Eine Mutter und ihre Tochter sind getötet worden. Ein Afghane lenkte sein Auto in eine Demonstration und verletzte zudem über 30 Menschen schwer. Gestern und zwei Tage nach dem Attentat wurde bekannt, dass Mutter und Tochter es nicht geschafft haben.

Aber damit beginnt eine Debatte, die mit aller nötigen Vorsicht um das Leid der Angehörigen herum formuliert werden muss. Amel heißt die Mutter, Hafsa die Tochter. Soviel soll hier berichtet werden, denn der Vater hatte die Namen gegenüber der Süddeutschen Zeitung selbst genannt. Das kleine Mädchen wurde zwei, ihre Mutter 37 Jahre alt.

Der Journalist Roland Tichy hatte den Tod schon einen Tag vor der offiziellen Meldung via X bekanntgegeben, Nius hatte die Meldung übernommen mit Verweis auf Tichy, der dann aber seine Meldung zurückgezogen hatte.

Dazu schrieb Tichys Einblick:

„TE hat diese Meldung zurückgerufen, weil eine zweite Quelle ihre ursprüngliche Bestätigung nicht mehr halten wollte und von „massivem Druck“ sprach, der auf ihr laste. TE veröffentlicht Meldungen nur dann, wenn diese von zwei Quellen unmissverständlich bestätigt werden.“

Krankenhaus, Sicherheitskräfte, Gewerkschaft, Familie – das sind die im Wesentlichen verlässlichen Quellen, welche dazu eine Auskunft geben könnten.

Aber warum ist es überhaupt eine Debatte wert, ob die Opfer am Tatort, auf dem Weg ins Krankenhaus oder womöglich nach dem Abschalten lebenserhaltender Instrumente gestorben sind? Unbestritten bleibt, dass der Tod direkt Folge des mörderischen Anschlags war.

Die Relevanz ergibt sich aus der Frage nach der politischen Verantwortung und der fast zeitgleich begonnenen Münchner Sicherheitskonferenz. Es macht womöglich einen Unterschied in der Rezeption, ob Menschen verletzt oder schwer verletzt sind oder getötet wurden. Der Anschlag steht zudem in einem Kontext mit Anschlägen wie in Magdeburg, wo Todesopfer zu beklagen sind.

Gestern abend erreichten Alexander-Wallasch.de Aussagen und Schnipsel von Chat-Protokollen aus Verdi-Kreisen, auch dort hieß es, dass die Mutter bereits kurz nach dem Attentat  an den Verletzungen verstorben gemeldet wurde. Abschließend verifizieren ließ sich auch das nicht.

Der Ehemann und Vater der Getöteten gab der Süddeutschen Zeitung gestern ein Interview mit der Bitte, den „Tod der Verstorbenen nicht zu instrumentalisieren“. Die SZ schreibt dazu:

„Der Familie ist es wichtig, dass der Tod von Mutter und Tochter nicht genutzt werde, ,um Hass zu schüren', er dürfe nicht politisch instrumentalisiert werden. Im Statement heißt es: ,Amel war ein Mensch, der sich für Gerechtigkeit eingesetzt hat. War aktiv für Solidarität, Gleichheit und setzte sich für Arbeitnehmer*innenrechte ein und gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung. Ihr war es sehr wichtig, ihrer Tochter diese Werte mitzugeben.'“

"Instrumentalisieren" impliziert einen Missbrauch. Wir müssen nachfragen: Worin sollte der Missbrauch bestehen? Bei allem furchtbaren Leid, das über die Familie gekommen ist, kann hier niemand eine Deutungshoheit allein für sich beanspruchen. Schon allein deshalb, weil es weitere Verletzte und Schwerverletzte Opfer des Anschlags gibt. Auch hier geht es darum, die Tat nicht zu instrumentalisieren.

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Eine furchtbare Wahrheit ist auch: München muss nicht der Endpunkt einer ganzen Reihe von Anschlägen mit einem Täter mit Zuwanderungshintergrund sein. Es ehrt die Verstorbene und ihre Familie, dass sie sich zu Lebzeiten gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung eingesetzt haben. Aber für die Lesart dieses Anschlags hat es keine Bedeutung.

Die Deutung und Einordnung – sowie die damit verbundenen Maßnahmen und Forderungen nach diesem Anschlag – liegen bei den Lebenden.

Die für diese illegale Masseneinwanderung und ihre Folgen verantwortliche politische Klasse kann von niemandem freigesprochen werden. Nicht einmal von den Angehörigen der Opfer. Denn was jetzt geschieht, was jetzt beschlossen wird, kann morgen weitere Menschen vor dem grausamen Schicksal von Amel und Hafsa bewahren.

Und was die Debatte um den Todeszeitpunkt angeht, wird es bald mehr Details geben, damit diese schreckliche Debatte und das grausame Raunen um den Todeszeitpunkt ein jähes Ende finden.

Auch auf die Gefahr hin, dass sich Alexander-Wallasch.de jetzt an dieser Debatte beteiligt: Es muss hinterfragt und abschließend geklärt werden. Ganz gleich, von wo aus er sich verbreitet hat, der schlimme Verdacht muss geklärt werden, dass hier ein Todeszeitpunkt aus politischen Gründen verschoben wurde.

Ein persönliches Wort: Aus meiner journalistischen Erfahrung heraus kann ich sagen, dass in den allermeisten Fällen die einfache Erklärung die richtige ist. Hier kann es um lebenserhaltende Maßnahmen gegangen sein, die schweren Herzens beendet wurden, aber auch ein schwerwiegendes kommunikatives Problem ist wahrscheinlich. Die sozialen Medien sind im Allgemeinen ein Segen für die Transparenz, wenig bleibt verborgen. Aber sie können auf dem Weg zur Wahrheitsfindung auch ein Fluch sein, wenn es um den schrecklichen Tod von Menschen herum ein lautes Raunen gibt. Das gilt es jetzt abzustellen. Ich hoffe, dieser Artikel kann helfen, es zu beenden.

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