Aber nicht nur die Spatzen: So wie die Union unter Merz erst im letzten Jahr vor der anstehenden Bundestagswahl eine Oppositionssimulation angetäuscht hat, musste die FDP jetzt aus der Falle der Fünfprozenthürde ausbrechen. Als Koalitionspartner von SPD und Grünen war das schlicht nicht möglich. FDP-Chef Lindner konnte sich ausrechnen, dass er mindestens ein Jahr brauchen würde, der FDP über seine Werbeagenturen wieder einen Anschein von Unabhängigkeit ins Gesicht zu schminken.
Die Sache hatte aber einen Denkfehler. Denn mit einem Ausstieg der FDP war vorher klar, dass es mutmaßlich vorgezogene Neuwahlen geben würde. Also nichts mit einem FDP-Wahlkampf in Aufholjagd gegen die Fünfprozenthürde?
Was war da also los? Die FDP-Führung muss zu dem Schluss gekommen sein, dass es für ein paar entscheidende Wählerstimmen mehr ausreichen könnte, wenn man sich als Verlassener und Betrogener inszeniert. Aber wie, wenn man nicht verlassen wird? Dann muss man es provozieren.
Es ist tatsächlich so ärgerlich wie lächerlich: Christian Lindner, der die sich anbahnende Jamaika-Koalition 2017 mit der Erklärung platzen ließ, lieber gar nicht als schlecht regieren, hatte die FDP 2021 an die Ampel verkauft für seinen großen Traum von einem gewichtigen Ministerposten.
Damit wollte er sich in die Minister-Ahnentafel der FDP einschreiben in eine Reihe mit Bangemann, Genscher und Westerwelle. Die drei genannten werden sich im Grabe umgedreht haben angesichts der Durchsichtigkeit der Wechsel-Unternehmungen des Herrn Lindner.
Was dieser Mann für ein Politiker ist, das wurde noch einmal klarer, als die Ampel tatsächlich auseinanderbrach: Christian Lindner stellte sich vor die Mikrofone und gab den Ahnungslosen. Er schauspielerte mit rollender Zunge in der Backe den Getroffenen, war aber der Schütze selbst. Lindner wollte den Eindruck erwecken, Olaf Scholz habe geplant, Christian Lindner vor die Tür zu setzen. Aber mit welchem Vorteil für die Ampel?
Schon kurz nach dem Aus wurde in den Medien vereinzelt berichtet, dass Scholz von bestimmten Ausstiegsplänen der FDP Wind bekommen und Lindner im entscheidenden Moment zuvorkommen wollte. Auch das wird eine Facette der verschlungenen Wahrheit um dieses Gekungel der Etablierten sein.
Auf jeden Fall sind das alles Elemente einer schmutzigen Seifenoper, welche man Kindern vorenthielte, damit sie sich im Erwachsenenleben solche Schmierenkomödien nicht zum Vorbild nehmen.
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Um zu verstehen, was hier passiert ist, sollte man die aktuellen Medienvermutungen, wer hier verantwortlich für das Ende der Ampel ist, sogar vollständig ignorieren.
Denn wer sich auf diese Weise damit beschäftigt, könnte auf die falsche Idee kommen, das auch nur irgendetwas an dieser Ampel vorteilhaft für Deutschland gewesen wäre. Stattdessen hat die Ampel das Zerstörungswerk von Angela Merkel an Deutschland einfach nur fortgesetzt und sogar finalisiert.
Der kommende wahrscheinliche Bundeskanzler Friedrich Merz wird dem Land die Grabrede halten. Ein Requiem auf die Entwertung aller Werte. Dass bedeutet, dass die in Wohlstand aufgewachsenen geburtenstarken Jahrgänge als Rentner miterleben werden, wie eine parteiübergreifende Gruppe von Politikern ihr Deutschland abwickeln und endgültig der Geschichte überantworten wird. Und sie werden im Moment des Zusammenbruchs wissen, dass es Politiker ihrer Generation sind. Und die oft als Boomer beschimpften Rentner werden wissen, dass sie selbst diese Entwicklung wesentlich mitzuverantworten haben.
Und nein, auch wenn es jetzt so klingen mag: Das ist keineswegs eine überzogene dystopische Darstellung, sondern das wahrscheinlichste Szenario der kommenden Jahre.
Die etablierten Partien habe sich allesamt mitschuldig gemacht. Aber sie sind letztlich auch nur der Spiegel eines gesellschaftlichen Zusammenbruchs. Deutschland hat in der Generation der Boomer bzw. der geburtenstarken Jahrgänge seine Resilienz vollständig verloren. Eine Selbstaufgabe ironischerweise parallel zur Abrüstung der Bundeswehr, die man jetzt mit massiven Milliardenspritzen wieder auf Vordermann bringen will, mit den paar Milliarden, die man noch nicht in die Ukraine gepumpt hat.
Das Parlament stellt seine Arbeit ein. Union und FDP verhindern einen Parlamentsbetrieb, damit Abgeordnete ihrer Partien nicht versehentlich einem Antrag der AfD zustimmen. Oder damit den Bürgern nicht auffällt, dass sie dem richtigen Vorhaben aus parteitaktischen Gründen nicht zustimmen. Merz ist Merkel ist der Untergang.
Und Lindner ist der kleine Merz, der jetzt unbedingt vor der Auflösung des Parlaments, vor Neuwahlen und dem Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag noch eine Freigabe für Taurus-Systeme an die Ukraine durchsetzen will. Um was damit zu erreichen? Ist das Plan B? Wird Lindner anschließend hochdotiertes Vorstandsmitglied eines Unternehmens eines ukrainischen Oligarchen? Oder als Angestellter eines US-Konzerns in der Ukraine? Was sind das für Politiker, was sind das für Menschen?
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Kommentar von HP
Also Lindner hat ganz klar mit seinem Wirtschaftspapier, welches er mit Sicherheit selbst durchgestochen hatte, den Bruch der Ampel-Koalition herbei-provozieren wollen.
War das mit der CDU abgesprochen oder war es, was ich eher vermute, vielmehr ein verzweifeltes Anbiedern an die CDU (Merz lobte anschl.Lindner's Wirtschaftspapier: "Zum Teil wörtlich aus Unionsanträgen übernommen"), weil die CDU keine Anstalten Richtung Regierungsübernahme per konstruktives Misstrauensvotum machte?
Fakt ist, dass CDU und FDP gemeinsam nur 286 Stimmen von mindestestens nötigen 367 Stimmen gehabt hätten.
Also hätte man noch die Grünen rüberziehen müssen, die vermutlich mit Blick auf die nun mögliche (allerdings völlig irre, da selbstmörderische) Taurus-Lieferung an die Ukraine und damit dem transatlantisch gewünschten großen Krieg Europa/Russland zur Schwächung Russlands, die Anweisung aus den USA bekommen hätten, mitzumachen.
Dann hätte man, wie 1982, vermutlich einen Regierungswechsel ohne Neuwahlen per oppositionellen, konstruktiven Misstrauensvotums herbeigeführt.
Dummerweise hatte Scholz dem Triggern der CDU in die von der FDP gewünschten Richtung direkt mit der Entlassung Lindners einen Strich durch die Rechnung gemacht und die in der Konsequenz nötigen Neuwahlen, welche er offenbar aus wahltaktischen Gründen per hinausgezögerter Vertrauensfrage dann möglichst weit nach hinten schieben wollte, erzwungen.
Das Ganze Manöver Lindners wäre nicht nötig gewesen, wenn der Deal mit der CDU vorher gestanden hätte, da Lindner und die anderen FDP-Minister einfach, wie 1982, zurückgetreten wären und so einer Entlassung durch den Bundeskanzler zuvorgekommen wären und dann mit mind. 1/4 (92 Stimmen) der Mitglieder des Bundestages (367; CDU: 196; FDP: 90) ein konstruktives Misstrauensvotum binnen 48 Stunden beantragt hätten.
Hatte Scholz vielleicht aus Sorge vor den Konsequenzen einer bevorstehenden Taurus-Lieferung deswegen Putin noch einmal angerufen bevor seine Einflussmöglichkeiten endgültig verloren gehen? Mit dem Wiederholen lediglich seiner alten Forderungen unter Ausblendung der wahren Kriegsgründe & der neuen Realität war der Versuch allerdings zum Scheitern verurteilt und dokumentiert lediglich in welche selbstbetrügerische Scheinwelt die Sozialdemokraten sich hineinbegeben haben.
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Kommentar von Carl Peter
Bildet kleine Gemeinschaften und hortet und bewahrt das, was die große Transformation für überflüssig erklärt.
Menschen und Ideen dafür sind ja da, Papier, mechanische Scheibmaschinen und Druckerpressen wären auch nicht schlecht, eignet euch handwerkliche und medizinische Fähigkeiten an, bewahrt bestimmte Bücher auf und jede Menge Tauschwaren - ansonsten liebt euch, helft euch, macht Kinder, denkt selbst und um Gottes Willen lasst euch nicht "impfen", egal mit was.
Erklärt euch nicht zu Gegnern oder Konkurrenten, egal zu welchem Thema oder mit welchen Befindlichkeiten auch immer - "SIE" hätten keine Chance ihre Ziele zu erreichen.
Schaut sie euch an, diese Selbstherrlichkeit, diese Arroganz und Ignoranz - und fragt euch, was macht sie so anziehend, um vor ihnen zu knien?
Und wenn sie wieder fragen: Wollt ihr den totalen Krieg?
Bleiben dann die Schlachtfelder leer?
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Kommentar von Frau Humberg
@Torsten Kandziora 16.11.2024 um 11:44 Uhr
________
Im Kontext „Ukraine 4IR – Das Testgelände“
https://www.regenauer.press/ukraine-4ir
published 2023/05/27
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Kommentar von Frau Humberg
Im Kontext „Die Nachkriegsgeneration trägt die Verantwortung“
https://schweizermonat.ch/grob-gesagt-20-11-2023/
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Kommentar von .TS.
Das Eindreschen auf eine bestimmte Altersgruppe wertet die Zusammenfassung ab, zumal sie schlicht falsch ist. Denn nicht nur der Rückhalt sondern auch der Gegenwind kommt, nicht nur demographisch bedingt, vor allem aus den Reihen der nun in (Un-)Ruhestand gehenden. Es sind aber die noch älteren die besonders faktenresistend den Uraltparteien verhaftet bleiben, und es ist die Generation in den 30ern die, um die Jahrtausendwende sozialisiert, nach "Generation Praktikum", aber vor dem heutigen großräumigen Präkariat besonders wohlstandsgepampert gäubig den rotzGrünen folgt.
Daß die Volkstreter nun glauben längst überfällige Entscheidungeneinfach aussitzen zu können ist schlichtund ergreifend eines: Teuerbezahlte Arbeitsverweigerung!
In der freien Wirtschaft wäre man für sowas ganz schnell weg vom Fenster.
Für die FDP gäbe es eine einmalige Gelegenheit: Jetzt vorpreschen und die Brandmauer durchbrechen, allein der Schwung dahinter würde die FDP schon ein gutes Stück aus dem selbstverschuldeten Jammertal heben.
Aber darauf kann man bei "digital first, Bedenken second"-Büttel-(B)Lindner lang warten.
Fazit: Passend zum Niedergang der heimischen Automobilindustrie schrumpft die Ampel zur Fußgängerampel, und am Ende sieht man nur noch Schwarz. Auf ein blaues Wunder darf man derweil getrost weiter warten.
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Kommentar von Torsten Kandziora
Laut Umfrage der BERLINER MORGNPOST sind 58 % der hier lebenden (mehr als 10.000 Befragte) für den Einsatz von noch mehr, noch gefährlicheren deutschen Waffen auf Russischen Boden.
Was mir das sagt? Die Mehrheit der Deutschen ist für Tod und Verderben. Sie will diesen Krieg weiterführen. Und ich schätze mal ein, diese Mehrheit will nicht allein den Sieg an der Ostfront. Das reicht ihr nicht. Sie will den Endsieg. Gegen Russland.
Daher hat die kriegslüsternde Mehrheit in Deutschland genau die Politiker die sie verdient.
Schade um uns die diese Politiker nicht wählten. Die den Krieg nicht bejahen.