Ich fahre mit den Söhnen gerne einkaufen. Ich fahre überhaupt gern einkaufen. Aber seltener zu Rewe oder Edeka, denn diese vielfach modern zu Gourmettempeln ausgebauten Center-Discounter haben satte Preise, die sich Durchschnittsfamilien mit Kindern nicht leisten können.
Und weil wir seltener in solche Konsumkirchen fahren können, fallen uns Dinge auf, die ich gelegentlich fotografiere und bei X verteile. So geschehen auch mit Tintenfisch-„Pulpo“-Armen in einer Umverpackung, die viel Luft nach unten lässt:
Die Tintenfischarme wurden in ihrer Verpackung von einer Banderole verdeckt, die aber auch einen großen Leerraum darunter verdeckte, was mir aufgefallen war, als ich die Banderole neugierig ein wenig verschob. Ja, 200 Gramm steht irgendwo drauf, aber die Verpackung suggeriert dem Käufer, es seien deutlich mehr, eine Zahl ist nur eine abstrakte Größe. Die Arme waren also in Wirklichkeit – und vielleicht traurigerweise – von einem Tintenfisch, der möglicherweise seine Pubertät noch gar nicht erreicht hat. Aber diese Frage sollen Biologen unter den Lesern beantworten, möglichweise gibt es auch kleinere Arten, denen ihre Arme erst im hohen Alter abgeschnitten werden.
Das alles nur eine kleine Beobachtung am Rande, die auf X aber sehr viele User zum Nachdenken angeregt hatte. So weit – so traurig, wir haben die kleinen Arme natürlich nicht gekauft. Allerdings taucht diese Geschichte Tage später in bald einem Dutzend Online-Ausgaben von Zeitungen auf, sogar in der regierungsnahen "Frankfurter Rundschau". Der Wallasch-Post, brav verlinkt samt Fotos der Tintenfische, die teilweise auch für die Titelbilder herhalten müssen.
Aber selbst bei so einer harmlosen Geschichte glänzt die linksradikale Frankfurter Rundschau noch gewohnheitsmäßig mit Fakenews. Kein Witz, die Schlagzeile lautet:
"Rewe-Kunde verschiebt Etikett auf Verpackung – und ist irritiert: „Grenzt an Betrug“"
Der Rewe-Kunde bin ich. Aber von Betrug war niemals die Rede. Ich hatte lediglich geschrieben: „Ich habe die Banderole mal verschoben – Rewe“.
Daraufhin habe ich die knapp 300 Kommentare mal durchgeblättert. Tatsächlich hatte die Sache mit dem „Betrug“ der X-User „ViemmeQueen“ unter mein Tintenfisch-Rewe-Foto geschrieben:
„Krass!!!! Zugegeben, die Menge ist 200g, das ist nicht viel, aber wenn Leute nicht auf die Menge achten, grenzt das an Betrug.“
Nun ist das alles wirklich keine große Sache. Allenfalls ein Schmunzler und vielleicht nicht gleich Grund für eine Unterlassungsklage – oder doch? ;) Aber es ist jedenfalls typisch für diese Zeitungen, die es mit der Wahrheit grundsätzlich nicht genau nehmen. Sie haben vielfach einfach verlernt, wie man vernünftig journalistisch arbeitet. Dafür bezichtigen sie seit Jahren Journalisten der Neuen Medien, Fakenews zu verbreiten. Psychologisch ist das vielsagend.
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Bleibt noch die Frage, warum meine eigentlich läppische Tintenfisch-Beobachtung plötzlich in so vielen Zeitungen, einschließlich der politischen "Frankfurter Rundschau", erscheint. Auch das ist schnell recherchiert. Diese Blätter gehören zum Imperium eines Dirk Ippen, das ist offenbar so eine Art kleiner Rupert Murdoch.
Ippen betreibt auch IPPEN.MEDIA. Und die beschäftigen Journalisten, die auf Halde schreiben. Eine Art Verbundsystem, wo sich dann wohl jede der Ippen-Zeitungen bedienen kann. Und die Tintenfische der Ippen-Autorin Carmen Mörwald gefielen offenbar vielen dieser Ippen-Blätter. Mörwald hatte allerdings ziemlich lässig recherchiert und überlesen, dass ihr „Rewe-Kunde“ der böse Wallasch war. Der Wallasch, dem sie dann noch Fakenews in den Mund geschoben hatte.
Was Rewe wohl dazu sagt, auf diese Weise von den Ippens vorgeführt zu werden? Wie viele Anzeigen Rewe wohl regelmäßig bei diesen Zeitungen schaltet? Hoffentlich geht dieser Schuss nicht nach hinten los.
usw.
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Kommentar von Wolfgang Aust
Na, das nenne ich doch eine Win-Win-Situation! Dank Ihnen hat die Ippen-Presse mal ein bisschen Material bekommen, um ihre öden Erzeugnisse ein wenig aufzuwerten, und sie hat Ihnen dafür gleichfalls Stoff für einen interessanten Artikel geliefert.
Übrig bleibt die Frage, worin genau denn eigentlich die vielbeschworene Pluralität der Presselandschaft bestehen soll. Eine gewisse Armseligkeit - passend zum Thema - lässt sich da nicht leugnen.
Nun, da lasse ich mich lieber direkt von demjenigen, der da unbestechlich und in mühseliger, gefahrvoller Recherche Licht ins Dunkel dieser Verpackung gebracht hat, informieren.
Made my day, dankeschön!
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Kommentar von .TS.
Glückwunsch - so schnell wird man zum Hauptstromjournailist!
Fehlt nur noch die passende Klickköderüberschrift dazu, und dann ab auf welt, tonline & co!
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Kommentar von Micha
@ Palmström
Weit ist es nicht weg: Metro hat Meggle-Butter, 100x 20 g für 30 Euro. Also 15 Euro brutto/kg.
Die 10 g-Portionen kosten 17,64 Euro brutto/kg.
Also etwas billiger als Ihre Rechnung.
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Kommentar von Palmström
Früher hieß es: Beim Kauf die Augen auf! Wo viel rein geht, geht auch wenig rein.
Es muss nicht einmal Absicht sein die Leute hinter das Licht zu führen. Der Verpacker kann über seine Maschine von bis Volumen (Gewicht) in der selben Schale Vakuum verpacken. Die 200g stehen auch vorn und nicht hinten in klein drauf. Die könnten sicher auch 400g verpacken aber das ist dann als Mitnahme-Produkt zu teuer.
Aber da alles immer teurer wird, gibt es demnächst alles in klein abgepackt. In der DDR gab es Kaffee 25g zu 1,50M im Tütchen als kleinste günstigste Einheit. Vielleicht gibt es demnächst Butter als 25g Stückchen zu 0,45€. Echt günstig da kann man schon 10 Stück mitnehmen :-)
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Kommentar von Marco B.
Hallo Herr Wallasch! Gönnen Sie denen doch die Freude, kostenlos an Recherchematerial gekommen zu sein. ;-) Zu der Art die Leute langsam bzgl. Wahrheit, Halbwahrheit und Fake kirre zu machen hat Ivo Sasek neuerdings einen guten "Kurs" auf kla.tv. Ein wenig langatmig, aber durchaus interessant mitzuverfolgen. LG Marco Bogic