Das ultimative Kainsmal der AfD

Was ARD und ZDF nicht durften: Das Welt-TV-Duell zwischen Höcke und Voigt

von Alexander Wallasch (Kommentare: 11)

Der Verlierer des Abends: „Welt-TV“© Quelle: Welt-TV, Screenshot

Showdown im Studio von Welt-TV: Björn Höcke als Buhmann der Nation gegen den Thüringer CDU-Kandidaten Mario Voigt, der sich im düsteren Glanz von Höcke sonnen durfte. Hier ein paar Beobachtungen des Duells.

Björn Höcke ist auch für jene, die sagen, in einer Demokratie müsse man mit allen reden, eine dunkelrote Linie. Viele kennen das Satzende: „... aber der Höcke!“ Der Einzige, dem es zuletzt gelungen war, dem Thüringer Landeschef der AfD dieses Alleinstellungsmerkmal zu nehmen, war der EU-Spitzenkandidat der AfD, Maximilian Krah. Aber den kennen zu wenige, also bleibt Höcke eben Höcke. Das ultimative Kainsmal an der AfD.

Wer für sich diese rote Höcke-Linie hat, der hatte gestern bei „Welt-TV“ eine gute Gelegenheit, zu überprüfen, wie gerechtfertigt diese ist. Dort nämlich kam es zu einem viel beachteten Duell zwischen Mario Voigt (CDU) und Björn Höcke (AfD). Es fand bei „Welt“ statt, weil die Öffentlich-Rechtlichen nicht wollten, weil sie der politischen Weisung der Ampelregierung und der CDU folgten, nicht mit der AfD zu reden.

So gesehen war das die Stunde von „Welt-TV“ und Springer, zu beweisen, dass man es besser macht. Aber reicht es, Höcke einfach einzuladen und es dann genauso zu machen wie die Öffentlich-Rechtlichen? Moderiert wurde das auf 45 Minuten angesetzte Duell, das deutlich länger dauern sollte, von Tatjana Ohm und Jan Philipp Burgard.

Burgard ist der Chefredakteur des „Welt“ Fernsehsenders. Und man kann es für beide sagen: Sie wurden ihrer Aufgabe nicht gerecht. Insbesondere im Zwischenteil der Sendung erledigten die beiden, was sie sich bei den öffentlich-rechtlichen Talkshows abgeschaut haben und wollten Björn Höcke mit Zitaten abschießen. Höcke wackelte, wurde nervös, er ließ sich darauf ein und die zunächst gezeigte Souveränität zu Beginn der Sendung bröckelte.

Es ist Julius Böhm und „Nius“ zu verdanken, dass heute, am Morgen nach der Show, geklärt ist, dass die „Welt“-Moderatoren beim Zitieren getrickst haben. Dort lautet eine Zwischenüberschrift: „Falsches Welt-Zitat soll Höcke in Bedrängnis bringen – und tut es auch". Das war es dann wohl, was Höcke letztlich aus dem Konzept gebracht hatte. Ein bewährtes Vorgehen beim ÖR und damit eine schlechte Note für „Welt“.

Hinzukam, dass die beiden Moderatoren von ihrer Redaktion mutmaßlich immer wieder Infos über ihre Bildschirme eingespielt bekommen hatten. Es wäre jetzt spannend, diese internen Chat-Verläufe einmal parallel zur Sendung zu lesen. Aber liebe „Welt“, bitte ungeschwärzt!

Das Portal „Nius“ ist das Stichwort. Denn auch bei den Neuen Medien zeigt sich am Fall „Welt“-Duell mit Höcke, wo diese Medien stehen. Achten Sie heute einmal darauf, wer über den Abend berichtet und wer es lieber auslässt. Und hier kann man über „Nius“ sagen, dass sie es sauber und fair hinbekommen haben.

Erstaunlicherweise kann man das sogar über die ersten Artikel vom „Spiegel“ und dem „MDR“ sagen. Beide haben noch am späten Abend Analysen hingelegt, die vergleichsweise fair ausfielen. Man darf allerdings annehmen, dass diese Fairness im Laufe des heutigen Tages von diversen Kommentaren kassiert wird.

Dass es der MDR, in dessen Sendegebiet Thüringen liegt, nicht peinlich findet, eine „Welt“-Sendung zu besprechen, die sie sich selbst nicht machen durften, ist nur eine der Kuriositäten, die dieser Abend mit sich brachte.

Aber von Fairness zu Mut. Der kommt aus der Schweiz und findet sich beim dortigen „Tagesanzeiger“. Laut Online-Enzyklopädie soll diese Zeitung seit 2017 „eine umfassende Kooperation mit der Süddeutschen Zeitung“ haben. Aber was schreibt der „Tagesanzeiger“ zum TV-Duell?

„AfD-Tribun Höcke zerlegt seinen Gegner von der CDU. Mario Voigt ist sein Mut, es gegen einen gerissenen Demagogen aufzunehmen, schlecht bekommen. Einzig die Moderatoren trieben Björn Höcke manchmal in die Enge.“

Die Schweizer Zeitung hat insofern Recht, als dass es tatsächlich analog zu allen Talksshows bei den deutschen Öffentlich-Rechtlichen solch einer Alle-gegen-Einen-Konstellation brauchte, den politischen Gegner der AfD zu stören. Aber auch der „Tagesanzeiger“ nutzt hier den Begriff „Demagoge“, um sich an Höcke sauber zu halten – die eingangs erwähnte rote Linie.

Einen „Spiegel“-Kommentar gab es dann doch schon am späten Abend. Der kam von Markus Feldenkirchen und war auf ganz besondere Weise entlarvend. Feldenkirchen nämlich schrieb einen denkwürdigen Satz als Einleitung zu seinem Text, der beim „Spiegel“ unter der Schlagzeile: „Das Hinterlistigste, was die radikale Rechte zu bieten hat“ hinter der Bezahlschranke versteckt war:

„Im TV-Duell gegen den AfD-Chef aus Thüringen haben CDU-Mann Mario Voigt und die Moderatoren fast alles gegeben. Trotzdem wird Björn Höcke zufrieden sein.“

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Feldenkirchen bestätigt hier den häufigen „Alle-gegen-Einen“-Anwurf quasi als Pflichtaufgabe. Eine Selbstentlarvung erster Güte. Und noch einmal ein Hinweis an die „Welt“, die Chat-Protokolle des Abends ungeschwärzt herauszurücken – Zwinkersmiley.

Eines allerdings hat Markus Feldenkirchen mit Björn Höcke gemeinsam, das Zuschauern – wenn auch vielleicht unterbewusst – aufgefallen sein mag: Die Männer sind vereint im Gesichtsglänzen. Hautexperten könnten wohl sagen, um was es hier geht. Jedenfalls kann man annehmen, das gute Visagisten dieses Problem eigentlich abpudern könnten.

Warum diese sehr persönliche Beobachtung durchaus wichtig ist? Weil glänzende schwitzende Gesichtshaut im TV schnell den Eindruck vermitteln kann, da stände jemand unter besonderem Druck. Aber das ist ungerecht. Denn was am Hauttyp unter Scheinwerferlicht liegen kann, gerät so schnell mal zu einem Nachteil des Diskutanten. Man sollte den optischen Eindruck eines Menschen samt Gestus auf die Zuschauer nicht unterschätzen.

Damit sind wir beim Eindruck, den man von Björn Höcke haben konnte. Wer ihn in Thüringen täglich erlebt, der mag das übersehen. Aber der AfD-Politiker ist nicht unbedingt das perfekteste Fernsehgesicht. Höcke verkauft sich vor Kameras einfach nicht besonders gut. Er grinst in sich hinein, er hat seine Hände nicht im Griff, so entsteht schnell ein überheblicher Eindruck und er vermittelt dadurch das Gefühl, er habe deutlich mehr Druck auf dem Kessel als andere.

Das allerdings wäre bei dem Druck, den er real seit Jahren bekommt, auch kein Wunder. Hier gilt dann wiederum die Beobachtung, dass Björn Höcke trotz dieses enormen Drucks als Buhmann der Nation letztlich eine gute Figur bei „Welt-TV“ gemacht hat.

Aber fast vergessen: Da war ja nicht nur Höcke. Ihm gegenüber stand der CDU-Kandidat Voigt, der sich schon als nächsten Ministerpräsidenten von Thüringen sieht. Für den war – was viele vergessen – diese Sendung ebenfalls ein Segen, denn Voigt kannte vorher auf Bundesebene wirklich niemand.

Hat Voigt seine Chance auch genutzt? Hängen geblieben sind vom CDU-Mann vor allem seine Beleidigungen gegen Höcke, die von der Moderation an keiner Stelle abgemahnt wurden, und die darauffolgende surreale Aufforderung von Voigt an Höcke, wenn der sich über die Beleidungen empörte, doch bitte sachlich zu bleiben.

Alexander-Wallasch.de hatte am Abend eine Umfrage via X gemacht, wer nach Meinung der Zuschauer der Verlierer des Abends war: Der Zwischenstand nach 1718 Teilnehmern an dieser nicht repräsentativen Umfrage: Voigt (CDU) ist für 44 Prozent der große Verlierer, gefolgt von „Welt-TV“, die 34 Prozent als Verlierer sehen und den Zuschauern (17 Prozent) und Björn Höcke mit nur 5 Prozent.

Ein X-User „Aebtissin Platt“ kommentierte die Abstimmung so:

„Die Moderation hat mitunter fasst wie ein Urteil sprechendes Gericht geklungen, schrecklich das anzuhören. Welt TV klarer Verlierer für mich.“

Was diesen Eindruck noch verstärkt haben könnte, waren die Sicherheitsreißleinen der Springer-Redaktion, die sich im direkten Anschluss an die Sendung noch eine Art hauseigenes Sweat-Team zur „Einordnung“ rund um den Merkel-Chronisten Robin Alexander zusammengebastelt hatten, das, falls die Sendung aus dem Ruder gelaufen sein sollte in Richtung Pro-Höcke, diesen Eindruck dann wieder einfangen sollte. Das war dann auch Robin Alexander sichtbar peinlich. Aber der macht bei sämtlichen TV-Auftritten auch ohne glänzende Haut den Eindruck, er sei von vielen Dingen irgendwie unangenehm berührt.

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