Parteigründung auf der Bundespressekonferenz – Schlaf, Deutschland, schlaf ...

Wagenknechts neue Partei: Gähnende Langeweile bis hinüber ins Wachkoma

von Alexander Wallasch (Kommentare: 10)

So geht Kaffeekränzchen mit Linksmüden! Das könnte ebenso von Friedrich Merz kommen, dafür braucht es keine neue Partei.© Quelle: Youtube/ Jung&Naiv Screenshot

Das war sie also nun, die angekündigte Pressekonferenz zur Parteigründung von Sahra Wagenknecht. Ja geht es eigentlich noch enttäuschender? Wer hier erwartet hatte, dass Sahra Wagenknecht und ihre Mitstreiter auch inhaltlich die Katze aus dem Sack lassen, wird schwer enttäuscht gewesen sein.

Um das einmal zu belegen, lesen Sie bitte im Anhang die knapp zehnminütige Ansprache von Frau Wagenknecht auf der Bundespressekonferenz. Mal unmissverständlich ausgedrückt: Die meisten Deutschen sind sich darüber einig, dass dieses Land sehr schnell eine Politikveränderung braucht. Merkel und die Ampel haben die Weichen direkt ins Chaos gelegt und sie gehen dabei über verbrannte Erde. So, wie die abgeschalteten Atomkraftwerke nicht nur vom Netz genommen, sondern gleich ganz zerstört wurden, damit ein Wiedereinschalten unmöglich ist, sieht es in bald allen Bereichen aus.

Aber das ist noch gar nicht das Hauptproblem der Deutschen. Die allermeisten Bundesbürger sehen ihren Lebensstil bedroht von einer unkontrollierten, vollkommen aus dem Ruder gelaufenen Massenzuwanderung. Und dieser Zustrom wird sich – und macht es schon – auf alle gesellschaftlichen Bereiche auswirken.

In der Rede von Sahra Wagenknecht war von dieser Dringlichkeit kaum etwas zu spüren. Man kann sogar von einer Lähmung der Angriffslust sprechen unter dem Druck einer neuen Verantwortung. Die neue Partei trägt den Namen von Sahra Wagenknecht. Eine zu große Bürde? Tatsächlich hatten die allermeisten Reden von Frau Wagenknecht im Bundestag mehr Dampf. Übrigens ebenso wie Wagenknechts regelmäßige Auftritte in den großen öffentlich-rechtlichen Talkshows.

Wenn das die Auftaktrede der neuen Partei war, was soll danach kommen? Zu hören war eine Ansprache wie zusammengeschustert von einer woken Werbeagentur mit nur einem strategischen Ziel: Jetzt bloß nicht ins Fettnäpfchen treten. Da haben die drei blassen Herren neben Sahra Wagenknecht und Amira Mohamed Ali ihr Anliegen bald couragierter vorgetragen als die Chefin selbst.

Jedenfalls ohne Filter, als einer der Herren klar machte, dass es in der Hauptsache darum ginge, die AfD kleiner zu machen. Von einer in Teilen rechtsextremen AfD war ebenfalls die Rede. Insgesamt aber ein großes Bemühen, noch jeden Stolperstein abzuschleifen, um bloß vor der neuen Courage nicht auf die Knie zu fallen. Keine Kampfansage von niemandem.

Wer aber antritt, die Republik zu verändern – und so hoch sollten die Ansprüche schon sein angesichts einer vielfach skizzierten, sich anbahnenden Katastrophe –, der muss auf den Tisch hauen, dass es nur so kracht. Der muss den versammelten Journalisten deutlich machen, dass es ab jetzt für die Verursacher der Katastrophe satt was auf die Schnauze gibt – selbstverständlich im übertragenden Sinne.

Aber was macht Sahra Wagenknecht, das sich von früheren Positionen der Linken unterscheidet? Nichts. Von einem zu niedrigen Mindestlohn ist die Rede, von einer schlechten Regierung im falschen Moment. Sahra Wagenknecht formuliert „unser erstes wichtiges Ziel“ so:

„Eine Wirtschaftspolitik der Vernunft und für den Erhalt unserer wirtschaftlichen Stärken.“

Wer will da widersprechen? Aber das ist ein maximal beliebiger Käsekuchen. Das ist Kaffeekränzchen mit Linksmüden! Das könnte ebenso von Friedrich Merz oder Cem Özdemir kommen, dafür braucht es keine neue Partei. Jedenfalls so lange nicht, wie keine konkreten Hammerschläge kommen, auf welche Weise das Gewollte auch erreicht werden kann.

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Stattdessen schafft es Sahra Wagenknecht in nicht einmal zehn Minuten, eine Atmosphäre zu schaffen, die man anschließend so beschreiben kann: Ja, Wagenknecht hat geredet. Aber es war so unscharf, dass man die Minuten getrost nutzen konnte, mal für den Moment wegzunicken. Hauptsache nachher lecker Schnittchen. Wenn es Ihnen ebenso gegangen ist, dann können Sie die Ansprache zur Parteigründung von Sahra Wagenknecht auf der heutigen Bundespressekonferenz hier noch einmal konkret nachlesen:

„Sehr geehrte Damen und Herren, die Nachrichten jeden Tages zeigen es uns: Wir leben in einer Zeit weltpolitischer Krisen. Es gibt immer mehr Konflikte, immer mehr Kriege mit gefährlichem Eskalationspotenzial, und ausgerechnet in dieser Zeit hat die Bundesrepublik die wohl schlechteste Regierung ihrer Geschichte. Eine Regierung, die planlos, kurzsichtig und in Teilen schlicht inkompetent auftritt und handelt.

Und das verunsichert natürlich viele Menschen. Viele wissen nicht mehr, was sie wählen sollen, oder wählen aus Wut und Verzweiflung rechts. Wir haben uns zur Gründung einer neuen Partei entschieden, weil wir überzeugt sind, so, wie es derzeit läuft, darf es nicht weitergehen, denn sonst werden wir unser Land in zehn Jahren wahrscheinlich nicht wiedererkennen.

Wir brauchen eine Rückkehr der Vernunft in die Politik, und das gilt vor allem auch für die Wirtschaftspolitik. Deutschland ist ein rohstoffarmes, exportstarkes Land, und ein großer Teil unseres Wohlstands hängt daran, dass wir eine sehr hohe industrielle Wertschöpfung haben. Aber wir haben uns mit den Wirtschaftssanktionen von preiswerter Energie abgeschnitten, ohne dass es tragfähige Alternativen gibt, und bisher hat die Ampel auf diese Frage keine Antwort gegeben.

Zusätzlich gefährdet die neue geopolitische Blockbildung wichtige Absatzmärkte. Und eine Außenpolitik des erhobenen Zeigefingers, so wie Deutschland sie zur Zeit praktiziert, isoliert uns in vielen Teilen der Welt. Hinzukommen die Probleme, die die Ampel von den Vorgängerregierungen geerbt hat. Wir haben einen akuten Fachkräftemangel, aber nicht primär, weil es nicht genug junge Menschen gibt, sondern weil unser Bildungssystem immer mehr junge Menschen ohne elementare Kenntnisse und ohne Ausbildung ins Leben entlässt, und die ungeregelte Zuwanderung verschärft die Probleme an den Schulen, vor allem in den ärmeren Wohngebieten.

Das Einzige, was der Ampel aktuell dazu einfällt, ist, jetzt auch noch die Mittel radikal zu kürzen, die für die Qualifizierung von Arbeitslosen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus hat Deutschland – und auch das ist ein längerfristiges Problem – eine für ein führendes Industrieland wirklich blamabel schlechte Infrastruktur, weil seit vielen Jahren die öffentliche Hand nicht ausreichend investiert.

Das Ergebnis sind marode Brücken, eine Bahn, die fast nie pünktlich ihren Zielbahnhof erreicht, und schwache digitale Netze und vieles mehr.

Aber statt dafür Geld einzusetzen, wurden und werden Milliarden und Abermilliarden dafür zum Fenster hinausgeworfen, die Ergebnisse der eigenen politischen Fehlentscheidungen mehr schlecht als recht zu kompensieren und auszugleichen. Das war so bei den Lockdowns in der Corona-Zeit, auch da haben andere Länder deutlich klüger agiert.

Und es ist jetzt so bei den Folgen der Energie-Sanktionen. Und auch hier sehen wir, es gibt kaum eine Regierung in Europa oder überhaupt in der Welt, die so selbstschädigend diese Sanktionen umsetzt, wie Deutschland das tut. Aus all diesen Gründen droht uns die Abwanderung wichtiger Industrien und ein massiver Wohlstandsverlust. Und wir sind überzeugt, diese Politik darf nicht fortgesetzt werden.

Wir müssen auch wegkommen von einem blinden, planlosen Öko-Aktivismus, der das Leben der Menschen zusätzlich verteuert aber tatsächlich dem Klima überhaupt nicht nützt. Denn der wichtigste Beitrag, den ein Land wie Deutschland zur Bekämpfung des Klimawandels leisten könnte, das wäre die Entwicklung von Zukunftstechnologien für eine klimaneutrale und naturverträgliche Wirtschaft.

Aber genau Zukunftstechnologien Made in Germany gibt es immer weniger. Vieles, was früher mal in Deutschland begonnen wurde, wird jetzt in China und anderen Ländern weiterentwickelt. Aber wenn man möchte, dass sich das ändert, wenn es wieder mehr Zukunftstechnologie aus unserem Land geben soll, dann braucht es gute Rahmenbedingungen für einen innovativen Mittelstand und nicht eine Politik, die gerade kleinen und mittleren Unternehmen das Leben immer schwerer macht und sie vielfach auch in ihrer Existenz bedroht.

Also eine neue Wirtschaftspolitik, eine Wirtschaftspolitik der Vernunft und für den Erhalt unserer wirtschaftlichen Stärken. Das ist unser erstes wichtiges Ziel.

Zweitens braucht unser Land soziale Gerechtigkeit. Selbst als die Wirtschaft in Deutschland noch brummte, sind viele Menschen mit ihrem Einkommen kaum über den Monat gekommen. Die Politik hat seit Jahren von den Fleißigen zu den oberen 10.000 umverteilt, und deswegen ist die Ungleichheit eben immer mehr gewachsen.

Der Mindestlohn, den wir heute haben, von dem kann man nicht leben, und trotzdem soll er nur um 41 Cent im nächsten Jahr ansteigen. Und dann wundert sich die Politik oder wundert sich die Gesellschaft, dass das Modell Bürgergeld plus Schwarzarbeit immer populärer wird. Es ist auch ein großes Problem, dass immer weniger Arbeitsverhältnisse tarifgebunden sind.

Und auch dafür hat die Politik Weichen gestellt. Falsche Weichen, wie wir finden. Viele Menschen in Deutschland haben Angst vor dem Alter, auch deshalb, weil das Rentenniveau in Deutschland zu den schlechtesten in Westeuropa gehört. Da brauchen wir auch nur in andere Länder zu gucken, um zu sehen, wie man es besser machen kann. Österreich: Da hat ein langjährig versicherter Rentner etwa 800 Euro im Monat mehr zur Verfügung.

Also mehr sozialer Ausgleich, mehr soziale Gerechtigkeit. Diese Themen gehören endlich wieder ganz oben auf die politische Agenda.

Drittens ist es ein großer Fehler, dass die Regierung sich von der wichtigen Tradition der Entspannungspolitik – der Deutschland immerhin seine Wiedervereinigung verdankt – dass sie sich von dieser Tradition nahezu komplett verabschiedet hat, dass sie nicht mehr primär auf Vermittlung, auf Interessenausgleich, auf Diplomatie setzt, sondern bei immer mehr Konflikten dieser Welt auf die militärische Karte.

Aber die Konflikte lassen sich militärisch nicht lösen. Das gilt für die Ukraine, und das gilt für den Nahen Osten, und es gilt für viele andere Teile dieser Welt. Und wir sind überzeugt, es braucht eine starke politische Kraft, die konsequent für Frieden, Diplomatie und Verhandlungslösungen wirkt. Und die die Vorstellung, Kriege ließen sich durch noch mehr Waffen beenden, eindeutig und deutlich ablehnt.

Außerdem ist es unser großes Anliegen – und das ist das vierte große Thema, das wir uns setzen werden – , es ist unser großes Anliegen, dass der Meinungskorridor in unserem Land wieder breiter wird. Die Art und Weise, wie bei uns Debatten geführt werden, wo jeder, der von der dominanten Meinungsblase abweicht, ganz schnell diffamiert und stigmatisiert wird, das ist einer Demokratie unwürdig!

Nach Umfragen traut sich mittlerweile fast die Hälfte der Bevölkerung nicht mehr, außerhalb eines geschützten Raums offen ihre Meinung zu sagen. Ich finde, über solche Umfrageergebnisse sollte endlich ernsthaft nachgedacht werden, und es ist ja auch kein Wunder, dass das so ist. Dieser Konformitätsdruck war in der Coronazeit extrem. Auch das ist bis heute nicht aufgearbeitet worden. Aber es gibt ihn eben auch in vielen anderen Debatten, die wir heute haben, ob zum Ukrainekrieg oder zu anderen Themen.

Ich habe das ja selbst erlebt: Weil ich wie viele Länder des Südens oder wie beispielsweise auch die amerikanische RAND Corporation für eine Verhandlungslösung in der Ukraine werbe, wurde ich auch von vielen Kolleginnen und Kollegen, die heute hier anwesend sind, immer wieder als „Putina“ oder pro-russisch beschrieben.

Und in diesem Zusammenhang möchte ich auch wirklich einen Appell an Sie richten. Es ist Ihr legitimes Recht, uns nicht zu mögen und andere Parteien vorzuziehen oder unsere Positionen nicht zu teilen.

Aber setzen Sie sich bitte sachlich mit dem auseinander, was wir vertreten, und gehen Sie nicht den billigen Weg, uns Dinge zu unterstellen, die wir gar nicht vertreten, oder uns in die Nähe von zwielichtigen Personen zu setzen oder zu bringen, mit denen wir nichts zu tun haben. Ich sage das aus aktuellem Anlass. Also neben der angeblichen Putin-Nähe, die uns immer wieder unterstellt wird, war letzte Woche in einer reichweitenstarken Zeitung zu lesen, ich würde eine Staatswirtschaft a la DDR anstreben.

Und da kann ich nur sagen, lesen bildet also. Ich habe nun wirklich in meinen Büchern relativ ausführlich meine Vorstellungen darüber dargestellt, wie mein Ziel einer fairen Leistungsgesellschaft mit mehr Wettbewerb und einem starken Mittelstand aussieht. Und unsere gemeinsamen wirtschaftspolitischen Ideen finden sie in dem vorliegenden Gründungsmanifest, was hier auch ausgeteilt wurde. Also setzen sie sich bitte mit unseren Positionen, so wie wir sie vertreten, auseinander, und unterdrücken sie die Versuchung zur Falschdarstellung und auch zur Kampagne.

Das sage ich nicht, weil ich Angst davor habe. Also, ich glaube, die jüngere Zeit hat genügend Beispiele, hält genügend Beispiele bereit, dass Kampagnen den Adressaten eher gestärkt als geschwächt haben. Aber ich sage das, weil ich finde, wir sollten im Interesse eines vernünftigen Meinungsklimas und im Interesse der Demokratie fair miteinander umgehen.

Vielen Dank.”

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