Reitschuster zeigt in Ausschnitten seines stundenlangen Live-Streams auch schonungslos ein teils renitentes Verhalten der Demonstranten gegen die Polizei, aber rein gar nichts rechtfertigt, was seine Aufnahmen an Übergriffen des Staates gegen seine Bürger zeigt. Bilder, die weitere Demonstrationen in Zukunft abschrecken sollen?
YouTube attestiert der Berliner Polizei, so gewalttätig zu sein, dass ein Video von Boris Reitschuster, welches brutale Szenen von Polizeigewalt zeigt auf dem hauseigenen Index landet. Wer sich diesen Clip mit dem Titel „Brutale Szenen: Wie Berliner Polizei zugriff“ anschauen möchte, der muss sich nämlich als volljährig verifizieren, der muss sogar gewissermaßen Mitglied bei YouTube werden, als hätte man sich diskret in den 1980er Jahren in einem Hotel für einen Pornofilm bestellt.
Es ist doch geradezu grotesk, dass YouTube von der Arbeit des Journalisten profitieren möchte, indem es einen Film von den Anti-Corona-Maßnahmen-Demonstrationen in Berlin am 1. August auf den Index setzt, was es, will man dennoch schauen, verpflichtend macht, Mitglied bei YouTube zu werden.
Wer Boris Reitschusters Film aufruft, der bekommt ein geschwärztes Bild präsentiert mit der Nachricht: „Melde dich an, um dein Alter zu bestätigen. Dieses Video ist eventuell für einige Nutzer unangemessen.“
Was der Film zeigt, ist tatsächlich vollkommen unangemessen. Jedenfalls was die Arbeit der Polizei angeht. Und mutmaßlich war es auch nicht YouTube initiativ, die so um die Leser von Reitschuster werben wollten (Anmeldungen), sondern erneut ein Trupp meldesüchtiger Merkel- bzw. Geisel-Adepten (Geisel ist Ex-SED-Mitglied und heute SPD-Innensenator von Berlin) Menschen, die um die Macht der realen Bilder wissen und Reitschusters so erfolgreiche Dokumentation von Polizeigewalt daher verhindern wollten.
Weil diese Reaktion aber zu erwarten war, hat Reitschuster sein Video parallel zensurfrei auf der Plattform „Rumble“ veröffentlicht und den dazugehörigen Link im Begleittext zum YouTube-Video veröffentlicht. Aber auch hier dasselbe Spiel: Wer nicht gleich direkt bei Rumble einsteigt, wer kein YouTube-Mitglied ist oder werden will, der kann den Link bei YouTube auch nicht anklicken, weil der Begleittext eben nur dann sichtbar wird, wenn man Mitglied ist.
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Zum Film: Entstanden sind hier ikonografische Aufnahmen. Bilder, wie man sie viel früher bisweilen noch in den ehemaligen Leitmedien erwarten konnte. Herausragende Aufnahmen, die insbesondere Henri Nannens Stern vor vielen Jahrzehnten groß gemacht haben, als Journalisten und Fotografen das Elend der Welt unter Inkaufnahme oft großer persönlichen Gefahren öffentlich machten.
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All das ist heute bei den Altmedien längst vorbei. Wer bisher dachte, dass wenigstens die Welt, dass das Haus Springer mit den Chefredakteuren Ulf Poschardt und Julian Reichelt manchmal noch berichten, was ist, weil man eben diesen Anspruch partiell noch pflegt, wird wieder enttäuscht: Welt-Ressortleiter Martin Heller, selbst als Filmer vor Ort in Berlin, titelte zunächst zur der Polizeiarbeit: „Bodycheck, Faust und Pfefferspray. Konsequentes Vorgehen der Polizei gegen #Querdenken in Berlin.“ Konsequent? Später wurde ihm wohl doch mulmig („Ich war ja gerade dabei es rauszusuchen und hier anzuhängen, da isses.“) und er postete pflichtschuldig und nach teils vehementer Aufforderung anderer Twitter-Teilnehmer in Ausschnitten, was er ja selbst gefilmt hatte, so auch einen Faustschlag eines Polizisten gegen einen am Boden sitzenden sehr jungen Demoteilnehmer.
Viele Bürger laufen mit. Heller twittert: „Polizei vs. Querdenker“, als ging es hier lediglich um ein Fußballspiel zwischen gleichwertigen Mannschaften. Während also anderswo in Europa Hunderttausende (Frankreich) auf die Straßen gehen, hat es die deutsche Regierung geschafft, ihre Kritiker zu diffamieren, zu diskreditieren und letztlich erfolgreich auch zu reduzieren: Die Bilder von 2020, als Hunderttausend in Berlin auf der Straße waren, war ein großes Initial für Europa – heute ist Berlin Schauplatz für gewalttätige Übergriffe der Polizei, wie sie der filmende Journalist Reitschuster im Live-Stream immer wieder mit Szenen vergleicht, die er in Moskau erlebt hat, als er dort Korrespondent für das Magazin Fokus war.
Interessant ist, dass die Staatsmacht letztlich aber auf solche engagierten Filmer zu hoffen scheint, denn es gibt viele, die sich von solchen Szenen, wie sie Reitschuster und weitere Live-Streamer gemacht haben, wirklich abschrecken lassen, die zu Recht Angst bekommen und dann mehr auf die Straße gehen, um ihr Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit in Anspruch zu nehmen.
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Wir müssen hier kaum mehr erwähnen, dass noch wenige Tage zuvor in Berlin ein Christopher-Street-Day (CSD) genehmigt wurde mit zehntausenden Teilnehmern, aber eine regierungskritische Demonstration jetzt verboten wurde. Wobei man dem CSD seine politische Nuance gar nicht absprechen will, aber es ist die politische Dimension einer Konfetti-Kanone im Bundestag.
Kommen wir zu diesen ikonografischen Bildern im Reitschuster-Video. Hier prägt sich ein Bild besonders ein: Ein etwa zehn, elf vielleicht zwölf Jahre alter Junge mit längeren blonden Locken im roten T-Shirt, kurzer blauer Hose, und stabilen Lederschuhen hinter Polizisten in Kampfmontur, herlaufend, die gerade den Vater des Jungen unter Einsatz mehrerer Beamten wegschleppen ohne dass hier auch nur ansatzweise die Idee entstehen könnte, der Mann wäre gerade renitent gegen die Festnahme. Um den hinterherlaufenden Jungen kümmert sich niemand, Boris Reitschuster gelingt es den Kleinen anzusprechen, der bestätigt, was man sowieso sieht, sein Vater wird gerade abgeführt.
Weitere Szenen sind ebenso unerträglich. Der Polizeisprecher wird besagtem Filmer von der Welt später erzählen, dass es hier um die Durchsetzung der Hygiene-Regeln gegangen wäre, dass 5000 - möglicherweise mehr -Menschen an verschiedenen Orten „trotz der Verbotsverfügung“ zusammengekommen seien und mehr als 600 Personen zum Zeitpunkt des Interviews mit der Welt vorübergehend festgenommen worden sind.
Der Polizeisprecher spricht von „Hotspots“ in Berlin, an denen sich immer wieder Demonstranten zusammengefunden hätten. Die Sprache der Pandemie verselbstständigt sich also schon. Der Sprecher sagt weiter, die Festnahmen wäre erfolgt „aufgrund der Angriffe auf Einsatzkräfte und der fortwährenden Verstöße gegen das Versammlungsverbot und auch wegen der Verstöße gegen die Infektionsschutzmaßnahmen.“ Der Sprecher der Polizei spricht es ohne Mundschutz in die Kamera während beispielsweise die fragenden Journalisten auf der Bundespressekonferenz die mundschutzlosen Politiker auf dem Podium weiter mit Mundschutz befragen müssen.
Es gibt brutale Szenen – fast Jagdszenen der Polizei gegen Demonstranten. Der Einsatz bestimmter – nennen wir es mal verharmlosend: - robust vorgehender Beamter scheint hier wahrscheinlich, denn wie schon auf Demonstrationen im selben Kontext zuvor sind Unterschiede in der Vorgehensweise bemerkbar – es scheint fast so, als richte sich die Qualität der Übergriffe nach dem Bundesland, aus dem die Beamten kommen.
Was von den Protesten bleiben wird, sind mächtige Bilder aus dem europäischen Ausland vorwiegend aus Frankreich, wo nach Angaben des französischen Innenministeriums am Samstag bei 180 Protestaktionen über 200.000 Menschen ihrem Unmut gegen die Corona-Maßnahmen und die sich anbahnenden Impfzwänge bekundeten - auch hier übrigens gegen teils massive Gewaltanwendung der Staatsmacht.
In Deutschland ist es von 2020 auf 2021 offenbar gelungen, den Protest der Massen niederzuringen, die letzten Fünftausend werden jetzt noch härter behandelt, damit auch damit bald Schluss ist. Und dieser Zustand eines Verlustes eines gewichtigen Teils der Bürgerrechte ist auch maßgeblich in der Verantwortung der Medienmacher und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dieses Landes.
Der Spiegel berichtet immerhin noch davon, dass ein Demonstrant nach Behandlung durch die Polizei später im Krankenhaus an einem Herzinfarkt verstorben sei: „Als die Polizei seine Identität feststellen wollte, klagte der Mann über ein Kribbeln in Arm und Brust: Bei den »Querdenker«-Demonstrationen in Berlin ist ein Mann zusammengebrochen und anschließend in einem Krankenhaus gestorben. Ein Sprecher der Polizei bestätigte der Nachrichtenagentur dpa am frühen Montagmorgen, der 49-Jährige sei Teilnehmer der Proteste gewesen.“ Noch ist nicht genau bekannt, was da vorgefallen ist, aber es gibt etliche Aufnahmen von Boris Reitschuster in einem mittlerweile von YouTube auf den Index gesetzten Video, dass genau dokumentiert, wie solche Szenen tatsächlich aussehen, die der Spiegel so nüchtern beschreibt, wie eine Fahrkartenkontrolle in der Straßenbahn: „Als die Polizei seine Identität feststellen wollte“.
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