Als VW von der Elektromobilität überrollt wurde

Volkswagen und die grünen Khmer – Teil 1

von Alexander Wallasch (Kommentare: 8)

Russisch Roulette mit vollem Magazin.© Quelle: Pixabay

Es kommt einem Wunder gleich, dass sich das Missmanagement und die Ideologisierung eines bedeutenden Teils der DNA der Bundesrepublik Deutschland erst so spät auch auf die Arbeitsplätze und Standorte von Volkswagen niederschlägt.

  1. Die Nachrichten zum Niedergang von Volkswagen überschlagen sich. Und sie sind eng verbunden mit einer grünen Politikwende und der großen Transformation. Wann wandte sich Volkswagen den grünen Ideen zu und vom Verbrenner ab?

    Volkswagen war Anfang der 2010er Jahre auf dem Sprung, noch vor Toyota weltweit führender Automobilhersteller zu werden. Heute kämpft das Unternehmen um sein Fortbestehen. Müssen neue Auszubildende schon dankbar sein, wenn sie ohne Blessuren die kommenden drei Ausbildungsjahre noch überstehen?

    Volkswagen (VW) hat sich schrittweise den Ideen der Grünen und einer als nachhaltig und umweltfreundlich verstandenen Ausrichtung zugewandt. Russisch Roulette mit vollem Magazin.

    In den 2000er Jahren zierte man sich noch, grün zu flaggen, die Werbeagenturen entschieden sich bei Umweltthemen zunächst für die Volkswagen'-Hausfarbe „Blau“. So wurde „Think Blue“ aus der Taufe gehoben für energiesparende Fertigungen (Think Blue. Factory) und Fahrzeugmodelle. Aber in der Wolfsburger Autostadt wurde schon an einer grünen Welt gebastelt.

    Autos von Volkswagen mit optimiertem Kraftstoffverbrauch wurden ab Mitte der 2000er Jahre mit der Bezeichnung „BlueMotion“ gelabelt. So wurden sie Teil der neuen „BlueMotionTechnologies“.

    Autofreunde werden sich noch daran erinnern, wie der ehemalige VW-Vorstands- und Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch 2002 mit einer Ein-Liter-Studie zur Aufsichtsratsversammlung fuhr und damit scheinbar die Frage beantwortet war: Können wir ein Auto bauen, das mit einem Liter Diesel auf 100 Kilometern auskommt?

    Über die Hybrid-Technologie zur Frage der Reduzierung des Treibstoffverbrauchs hin zum politischen Projekt eines Verbots des Verbrenner-Motors: Volkswagen opferte seine Verbrenner-Kernkompetenz etwa ab den 2010er Jahren. Dieser Prozess war geprägt von einer Kombination aus gesellschaftlichem Druck, politischen Vorgaben und einem politisch erzwungenen Wandel der unternehmensinternen Entwicklungen.

    Zum Wendepunkt wurde zweifellos der so genannte Abgas-Skandal (2015) und seine Folgen. Damals wurde bekannt, dass Volkswagen Millionen von Dieselfahrzeugen mit einer Software ausgestattet hatte, die die Emissionswerte manipulierte. Der Skandal hatte in finanzieller und unternehmerischer Hinsicht enorme Konsequenzen und zwang Volkswagen letztlich dazu, seine Strategie zu ändern und sich stärker auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu fokussieren.

    Der hart umkämpfte Automarkt und hier insbesondere das Engagement von Volkswagen in den USA mit dem Bemühen, mit neuen Werken wie in Chattanooga den amerikanischen Markt zu erobern, sind bis heute noch nicht hinreichend hinsichtlich der weitreichenden Software-Tricksereien beleuchtet worden. In Chattanooga gab es zunächst eine enge Zusammenarbeit zwischen Volkswagen und den US-Prüfstellen. Theorien, welche die Rolle der USA hier genauer beleuchten, fehlen bisher.

    Mit „Dieselgate“ erfolgte besagter Strategiewechsel hin zur Elektromobilität bei Volkswagen. Exemplarisch festzustellen an der Aufgabe eines Prestige-Projektes von Firmenlenker Ferdinand Piëch, dem Phaeton aus der Volkswagen-Luxusklasse. Dieser Spagat zwischen Ein-Liter-Auto und Hochamt des Verbrennungsmotors ist hier kennzeichnend für den Wandel.

    Für den Phaeton wurde in Dresden – übrigens parallel zum Wiederaufbau der Frauenkirche – eigens ein Glaspalast für knapp 400 Millionen Euro gebaut.

    Die Fertigung des Fahrzeuges der neuen Volkswagen Luxusklasse wurde aufwendig inszeniert. Die Arbeiter trugen weiße Handschuhe, im Gang der Fertigung auf den Edelholzböden spielten zeitweilig Weltstars der Klassik die Hintergrundmusik. In der Lobby war ein Sternerestaurant einquartiert und die New Yorker Philharmoniker kamen zum Vortrag nach Dresden in die Gläserne Manufaktur.

    Dieses barocke gläserne Volkswagen in Sachsen ist heute die Heimstätte der Volkswagen-Elektromobilität. Man könnte auch sagen, die Volkswagen-Kirche, der Dom des Unternehmens ist heute ein begehbarer Kosmos-Elektro-Baukasten geworden.

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Elementar für das Verständnis dieses Niedergangs: Der deutsche Automobilbau mit seinen Wurzeln im Erfindergeist deutscher Ingenieure und Tüftler steht und fällt mit dem Verbrennungsmotor. Karosserie und Elektromotor kann im Prinzip jeder, da bleibt sogar noch Zeit, nebenher Twitter zu kaufen.

Der angeschlagene Volkswagen Konzern kapitulierte einfach. 2016 wurde mit der „TOGETHER – Strategy 2025“ der Plan festgelegt, dass Elektromobilität und Nachhaltigkeit die zentralen Säulen der zukünftigen Unternehmensstrategie sein sollen. Diese Strategie wurde 2019 mit dem „TOGETHER 2025+“-Plan weiter konkretisiert, der verstärkt auf CO2-Neutralität und die Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks abzielte.

Ambitioniertes Ziel war es damals, bis 2025 führend in der Elektromobilität zu werden. Wie weit man heute davon entfernt ist, zeigen die Statistiken. Die katastrophale Entwicklung und das damit verbundene Scheitern liegen offen da.

Auch in Sachen Kooperationen und Förderung erneuerbarer Energien wollte Volkswagen ganz vorn mitspielen. Um 2020 hat der Konzern dann folgerichtig seine Bemühungen verstärkt, klimaneutral zu werden, um sich damit das Wohlwollen der regierungsnahen NGOs und der Regierung selbst zu sichern.

Volkswagen hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 vollständig CO2-neutral zu sein, und unterstützt damit explizit Ziele, die mit den Ideen der Grünen und der Energiewende übereinstimmen.

Und weil man, was man glaubt, tun zu müssen, wenigstens noch gut verkaufen will, positioniert sich Volkswagen auch öffentlich zur Umwelt- und Klimapolitik.

Der Sündenfall: Ein Unternehmen, das angetreten ist, ein vernünftiges Produkt zu fertigen, es preiswert zu machen und die Angestellten vernünftig zu bezahlen, steigt in die Ideologiepolitik ein.

So hat sich Volkswagen öffentlich und zunehmend für strengere Klimaschutzmaßnahmen ausgesprochen. 2021 unterstützte der Konzern beispielsweise die Forderung nach einem höheren CO2-Preis und positionierte sich als Befürworter der EU-Klimapolitik, die im Einklang mit den Zielen der Grünen steht.

Mit dieser und weiteren Positionen und Maßnahmen verfolgt Volkswagen eine ideologisch gefärbte Unternehmensstrategie. Das Initial dafür war eine Mischung aus externem Druck, innerem Wandel und einer strategischen Neuausrichtung nach dem Diesel-Skandal.

Anfang 2024 ist der Absatz von E-Autos bei Volkswagen eingebrochen. Die tatsächlichen Einnahmen wurden weiterhin von der Verbrennersparte generiert. Und in Sachen Elektromobilität setzte sich Konzernchef Oliver Blume mit dem Bettelhut an den Straßenrand und verlangt von der Regierung eine Förderung im niedrigen Preissegment, um den Anreiz für Elektromobilität zu erhöhen.

Es kommt fast einem Wunder gleich, dass sich das Missmanagement und die Ideologisierung dieses bedeutenden Teils der DNA der Bundesrepublik Deutschland erst so spät auch auf die Arbeitsplätze und Standorte niederschlägt.

Im zweiten Teil dieser Chronologie des Versagens berichten wir beispielhaft über eine besonders schillernde Figur, welche sich die Schwäche des Konzerns zunutze zu machen wusste und eine der Verantwortlichen für die grünideologisch Infektion des Konzerns geworden ist, welche Volkswagen jetzt in die Knie gezwungen hat. Wolfsburg fiebert.

Alexander Wallasch war über eineinhalb Jahrzehnte lang Texter für eine Reihe von Volkswagenprodukten. Zuletzt als Textchef Magazin für die Premiumklasse von Volkswagen.

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