Was stützt die V-Mann-These und was nicht?

Viele Luft um Nichts? Eine Kita, ein Nazi und 99 blaue Luftballons

von Alexander Wallasch (Kommentare: 10)

Was für die V-Mann-These spricht, sind unbestätigte Angaben über die Person Daniel W., die ihn dem rechtsextremen Umfeld zuordnen© Quelle: Twitter / Screenshot

Sehr viele Menschen diskutieren in den sozialen Medien über den gefilmten Auftritt eines Mannes, der als Rechtsextremist kostümiert bei Sonneberg blaue Luftballons über einen Zaun hinweg an Kita-Kinder verteilte.

Das wäre zunächst keine Meldung wert, wenn nicht einen Tag vorher ein AfD-Kandidat zum ersten Landrat der AfD gewählt worden wäre und über die Luftballons theoretisch Verbindungen herstellbar sind.

Bis hin zum unvermeidlichen Georg Restle von Monitor-TV gibt sich das Who is Who der Öffentlich-Rechtlichen zunächst in den sozialen Medien ein Stelldichein, die Sendungen werden derweil noch geschnitten. Böhmermann hat seine Schneidetisch-Sturmtruppen sicher auch schon in Stellung gebracht.

Auf der Restle gegenüberliegenden Seite wurde allerdings schon recht früh kommentiert, der Typ muss ein V-Mann sein, die Sache sei wirklich einfach zu blöd.

Zweifellos schadet dieser Auftritt der AfD schon deshalb, weil sie gezwungen ist, bzw. genötigt wird, sich zu erklären. Weil sich in die Freude über den Wahlsieg hinweg jetzt Unmut breitmacht und recherchiert werden muss, ob besagter Luftballonverteiler irgendwann einmal vielleicht Plakate mitgeklebt oder an einem AfD-Stand seine Hilfe angeboten hatte, die womöglich angenommen wurde.

Und was es mit den Selfies mit AfD-Prominenz auf sich hat, ist ebenfalls noch ungeklärt. Solche Selfies allerdings dürfte jeder zweite Thüringer in seinem Poesiealbum eingeklebt haben, sonst passiert hier nicht so viel. Die AfD ist hier volksnah aufgestellt und gewalttätige Übergriffe aus den Reihen der Linksextremisten sind hier seltener anzutreffen, das Risiko für die Gefährder größer als vielleicht anderswo.

Von Alexander-wallasch.de befragte und damit befasste AfD-Vertreter betonen, dass Daniel W., so heißt der Mann, mindestens einmal von so einem Stand weggeschickt wurde, mit der Aufforderung, sich bitte umzuziehen, seine Klamotten wären unpassend. Auch sei er an seinem Wohnort durchaus als auffällig bekannt, aber man könne sich seine Nachbarn nun mal nicht aussuchen, heißt es weiter.

Was stützt jetzt die V-Mann-These und was nicht?

Nicht für die V-Mann-These spricht zunächst die Unschuldsvermutung. Mal ganz davon abgesehen, dass ein V-Mann zu sein vom Gesetz geschützt ist und sogar noch darüber hinausgeht, wenn bestimmte Straftaten in dieser Rolle nicht geahndet werden dürfen.

Nicht für die V-Mann-These spricht, dass insbesondere die einzelnen Teile der Kleidung des Daniel W. in bestimmten ländlichen Regionen der neuen Bundesländer unter bestimmten Gruppen Verkaufsschlager sind.

Nicht für die V-Mann-These spricht auch, dass ein Kind von Daniel W. selbst mutmaßlich in dieser Kita untergebracht sein soll. Da mag diese familiäre Nähe eine weitere Hürde sein.

Nicht für die V-Mann-These spricht, dass die Aktion – selbst wenn sie vom Verfassungsschutz angeschoben worden sein soll – keinen echten nachhaltigen Effekt hat, die AfD kann dadurch kaum geschädigt werden, der Mann ist nicht einmal Mitglied der Partei.

Was im Moment noch für die V-Mann-These spricht, ist die Art der Aufnahme, deren Ursprung bis heute nicht geklärt ist.

Was für die V-Mann-These spricht, sind unbestätigte Angaben über die Person Daniel W., die ihn dem rechtsnationalen bis rechtsextremen Umfeld zuordnen, von dem man spätestens seit der NPD-Verbotsverfahren weiß, dass dieses massiv mit V-Leuten durchsetzt sein soll.

Daniel W. soll ebenfalls unbestätigten Angaben zufolge in der Vergangenheit in verschiedenen rechtsnationalistischen Kameradschaften aktiv gewesen sein. Unter anderem ist hier die Rede von einer engen Bekanntschaft zu einem Rechtsextremisten und NPD-Mitglied, der selbst jahrelang für den Thüringer Verfassungsschutz Spitzel angeworben haben soll.

Was wiederum gegen die V-Mann-Tätigkeit spricht, ist, dass diese Anwürfe alle in einen teilweise 20 Jahre zurückliegende Zeitraum reichen, Daniel W. ist nach Fotoanalyse aber mutmaßlich maximal 35-45 Jahre alt oder jünger.

Hier kommt dann noch eine weitere ernstzunehmende Überlegung ins Spiel: Wenn jemand mit 20 einmal solche Tendenzen hatte, selbst wenn er ein richtiger Nazi war, ab wann muss man ihm zubilligen, dass er einen Fehler gemacht hat, und wie soll er diesen Fehler einräumen, wie ggf. Abbitte leisten?

Diese Frage müssen sich im Übrigen alle Parteien stellen. Wie wird eine Gesinnungsprüfung glaubhaft? Und wie soll man eine solche durchführen? Soll man überhaupt? Oder reicht der Wille, in eine Partei einzutreten, nicht bereits aus, damit anzuzeigen, dass man sich der verfassungskonformen Haltung einer Partei zuordnet?

Ihre Unterstützung zählt

Mit PayPal

Einen Kommentar schreiben

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen. Aufgrund von zunehmendem SPAM ist eine Anmeldung erforderlich. Wir bitten dies zu entschuldigen.

Kommentare