Das allerdings macht es für den beratenden Virologen der Bundesregierung zu einer krachenden Niederlage. Der war nämlich schon ab Klageeinreichung dazu verdammt, in allen Punkten zu gewinnen. Denn wer Kritik an seiner Arbeit mit einer Unterlassungsklage belegen will, der muss genau zielen. Und wer abdrückt, muss sicher gehen, dass jeder Schuss sitzt.
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Konkret ging es um ein auch aus juristischen Gründen zwischenzeitlich aus dem Netz genommenes Interview des Magazins Cicero mit Roland Wiesendanger als Vertreter der so genannten Laborthese. Also der Behauptung, dass Corona-Virus sei, künstlich in einem Labor erzeugt worden und dann entwichen. Das sah Drosten zu einem bestimmten Zeitpunkt anders. Und was Wiesendanger jetzt in diesem Kontext über Drosten gesagt hat, hält der Virologe für „ehrabschneidend“.
Aber wie fühlt sich das an, wenn die angeblich abgeschnittene Ehre anschließend vom Gericht nur in Teilstücken wieder zusammengeflickt wurde? Wie soll jetzt verschorfen, was nicht mehr zusammenwachsen kann? Wer mit dem Fall vertraut ist, dem war von Anfang an klar: Ein Patt oder Teilzugeständnisse an Roland Wiesendanger wäre zwangsläufig eine Niederlage für Drosten.
Das Gericht hatte neben weniger schwerwiegenden Aussagen die Behauptung einer „gezielten Täuschung“ untersagt. Schon diese Behauptung im Cicero-Interview können man auch anders lesen, meint Dr. Lucas Brost, der Medienanwalt des Physikers aus Hamburg im Gespräch. Er kündigt an, dass man unter anderem auch deshalb dagegen vorgehen würde. Für ihn ist die Entscheidung jedenfalls alles andere als ein Teilerfolg für Drosten.
Drosten schrieb dann allerdings fast kleinlaut und auch ein bisschen patzig weiter auf Twitter gegen Wiesendanger an: „Den restlichen Unfug kann er ruhig weiterverbreiten. Ist halt seine Meinung.“ Drostens Anwälte konnten lange nicht alles wegbügeln, was Drosten gerne geplättet gesehen hätte.
Drosten hatte sieben Aussagen angegriffen. Die zentralen Aussagen aber standen im Antrag Nummer eins, dort wurde drei von vier Aussagen nicht entsprochen. Unter anderem darf Wiesendanger weiter behaupten, es gab eine „Desinformationskampagne“ und es wurden von Drosten „Unwahrheiten“ verbreitet.
Interessant auch, warum Wiesendanger vorerst nicht mehr sagen darf, dass Drosten die Öffentlichkeit gezielt getäuscht hätte: Die Tatsachengrundlage für diese Behauptung sei nicht dagewesen, denn Drosten hätte in einem späteren Interview gesagt, er sei für beide Thesen offen, also sowohl für die Laborthese als auch für die Zoonose- bzw. Feldermausthese. Man könne, so das Landgericht Hamburg, nicht von einer gezielten Täuschung ausgehen.
Das Gericht scheint jedoch zu verkennen, dass sich die Aussage Wiesendangers auf den seinerzeitigen Artikel in der renommierten medizinischen Fachzeitschrift The Lancet – den auch Drosten zeichnete – bezog. In diesem wurde die Laborthese als Verschwörungstheorie („conspiracy theorie(s)“) bezeichnet, obwohl die Teilnehmer einer Telefonkonferenz, die nur wenige Tage vor Publikation des Artikels stattfand, die Laborthese für möglich hielten. Die führenden Virologen hatten ihre Meinung innerhalb weniger Tage revidiert. Darin sah Wiesendanger eine gezielte Täuschung.
Mit Beschluss vom 15.03. 2022, der uns vorliegt, weißt das Amtsgericht Hamburg den Antrag von Prof. Christian Drosten auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück (2 II). Die Verfahrenskosten werden geteilt.
Anwalt Dr. Brost hat jetzt für seinen Mandanten Roland Wiesendanger Widerspruch eingelegt. Hatte das Gericht zum Erstaunen von Brost ohne mündliche Verhandlung entschieden, wird das jetzt nicht mehr möglich sein. Der Widerspruch mache eine mündliche Verhandlung zwingend.
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