Rassismus in Zeiten des Krieges

Sperma von Zombie-Helden: Der Spiegel macht Propaganda für posthumen ukrainischen Lebensborn

von Alexander Wallasch (Kommentare: 9)

„Wir kämpfen darum, unsere Nation zu erhalten, unseren genetischen Code weiterzugeben“.© Quelle: Pixabay/ Michael_Fotofreund

Während in Deutschland die Debatte um völkisches Gedankengut weiter die Gazetten füllt, macht sich ein neo-identitäres Magazin aus Hamburg Gedanken darüber, wie das Sperma gefallener Ukrainer zur Erhaltung eines genetischen ukrainischen Volkes genutzt wird.  

Bereits die Überschrift im „Spiegel“ hätte in einem anderem Kontext der etablierten Politik und den ihnen anreichenden Medien und NGOs ausgereicht, den Untergang des Abendlandes und ein nahendes Viertes Reich auszurufen – jedenfalls dann, wenn diese Aussage aus der konservativen Ecke gekommen wäre:

„Wir kämpfen darum, unsere Nation zu erhalten, unseren genetischen Code weiterzugeben“.

Aber diese Forderung kommt nicht von „Rechts“. Sie ist die Schlagzeile einer Überschrift im Spiegel und dort ein Zitat einer Ärztin einer Kiewer Reproduktionsklinik, in der ukrainische Soldaten ihr Heldensperma einfrieren lassen können, damit, falls sie fallen, der genetisch reine Ukrainer nicht ausstirbt.

Wäre es nicht nachlesbar die Schlagzeile des Spiegels, man würde es nicht glauben wollen und denken, man hätte nicht den Spiegel, sondern die NS-Fachzeitschrift der Lebensborn-Bewegung vor sich liegen.

Der Spiegel hinterfragt diese Gen-Bank des reinen Ukrainers in einem ausführlichen Artikel mit keiner einzigen Silbe. Stattdessen macht er sich Sorgen um die Frauen: „Will man ausgerechnet im Krieg Kinder bekommen?“

Der Spiegel-Artikel erzählt von einem Besuch in einer Kiewer Reproduktionsklinik und einem Video-Gespräch mit einem ukrainischen Paar, das mit verstörenden Sätzen wie diesem hier eingeleitet wird:

„„Alles in ihr wollte Mutter werden. Doch er war Soldat, und dann kam der Krieg.“

Also was tun, wenn der Mann in diesem grausem Krieg einer von hunderttausenden Ukrainern ist, die womöglich in den Schützengräben elend verrecken müssen, wie schon geschätzt zweihunderttausend Soldaten vor ihm?

Die Idee, die in der Spiegel-Reportage beschrieben wird, geht so:

„Soldaten können ihr Sperma einfrieren, um Nachkommen zu zeugen – selbst dann, wenn sie an der Front sterben.“

Makaber? Eine unethische Geschäftsidee einer Reproduktionsklinik? Womöglich. Aus der persönlichen Perspektive eines verzweifelten kinderlosen Paares, dessen Mann an die Front muss, aber ein Stück weit noch emotional nachvollziehbar.

Jenen Satz, welchen der Spiegel zur Schlagzeile macht, sagt Reproduktionsärztin Alina Gorbenko:

„In der Klinik kämpfen wir darum, unsere Nation zu erhalten, unseren genetischen Code weiterzugeben.“

Damit ist allerdings der individuell nachvollziehbare Wunsch der Eltern auf einen Schlag zu einem genetischen Arterhalt durch die Spermabank skaliert worden: Alles zur Rettung des ukrainischen Volkes.

Der Spiegel-Leser erfährt von Frau Gorbenko, dass die Klinik einen kostenlosen Dienst für Frontsoldaten anbietet: „Sie können ihr ,Biomaterial', also ihr Sperma, gratis einfrieren.“ Und weiter in der Reportage:

„.Krieg ist ein Feind der menschlichen Reproduktion', sagt Gorbenko. Soldaten könnten an ihren Geschlechtsteilen verletzt und impotent werden. Und selbst mit unversehrtem Körper seien viele traumatisiert, hätten Erektionsstörungen.“

Die Reproduktionsärztin hat noch eine Idee: Wenn der Fronturlaub nicht den gewünschten Erfolg gehabt habe, könne der Soldat sein Sperma auch in der Klinik lassen und man probiert die Zeugung ohne ihn aus. Schuld seien übrigens auch – das wird hier unausgesprochen angedeutet – die wehrfähigen Ukrainer in Deutschland, wegen ihnen bekämen die Soldaten an der Front nur selten Fronturlaub, es fehle an Nachschub.

Die Ehefrau des vorgestellten Paares macht sich Gedanken, ob man im Krieg überhaupt Kinder kriegen sollte. In der Spiegel-Reportage klingt das dann so:

„Dann habe sie an Israel gedacht, erzählt sie, wo Menschen seit Jahrzehnten unter Raketenangriffen lebten und trotzdem Familien gründeten. ,Natürlich könnte ich mit allen Entscheidungen warten, bis zum Ende des Krieges. Aber das Leben lässt sich nicht verschieben.'"

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Damit hat der Spiegel die Propaganda-Achse vom Ukrainekrieg hinüber zum Krieg im Gaza ebenfalls erfolgreich bewältigt. Das alles macht sprachlos. Nun soll es bisher trotz einer wachsenden Spermabank noch keinen Fall gegeben haben, wo das Sperma eines Toten für eine Befruchtung genutzt wurde.

Bekannt wurde allerdings, dass der Wunsch geäußert wurde. Im Dezember 2022 postete laut Spiegel eine Ukrainerin auf Facebook, dass ihr gefallener Mann sein Sperma habe einfrieren lassen und dass sie jetzt gedenkt, darauf zurückzugreifen:

„Dieser Weg ist vielleicht die einzige Möglichkeit, die Kinder meines Geliebten aufzuziehen – Kinder, die er wollte.“

Das alles ist keineswegs Science-Fiction: Präsident Wolodymyr Selenskyj soll ein Gesetz unterschrieben haben, das Soldaten das Recht auf Vaterschaft garantiert. Und zwar bis zu drei Jahre nach ihrem Tod. Ein „Recht auf Vaterschaft“? Wer soll dieses Recht wahrnehmen? Die Ehefrau auf Wunsch oder gar die Eltern mittels Leihmutter?

Die Ukraine ist seit langem bekannt dafür, in Sachen Leihmutterschaft besonders großzügig zu verfahren. Besagte Reproduktionsklinik hatte in den vergangenen 25 Jahren bereits über 20.000 Geburten auch für ausländische Kunden vorbereitend möglich gemacht.

Und wo der ausländische Kunde 3000 Euro für die künstliche Befruchtung bezahlt – ein Schnäppchen – bekommen Frauen von Frontsoldaten noch einen Rabatt von rund 33 Prozent. Weil das aber für die meisten Frontsoldaten immer noch zu viel ist, habe die Klinik ein „Gewinnspiel“ für eine künstliche Befruchtung veranstaltet. Der Spiegel schreibt dazu, ohne mit der Wimper zu zucken, Sätze wie aus einem Drehbuch zu Frankenstein 2.0:

„In einem Laborzimmer der ICSI-Reproduktionsklinik hebt Jewhenija Beschewetz ihre Augen vom Mikroskop. Die 29-jährige Embryologin in der blauen Laboruniform spricht leise. Ein Bildschirm neben ihr zeigt die kräuselnden Bewegungen eines Spermiums.“

Aber es geht immer noch irrer beim „Spiegel“. Eine Zwischenüberschrift lautet: „Nachkommen als patriotischer Akt des Widerstands“. Dort wird von einer Mutter von Zwillingen berichtet, die erklärt: „Ich war stolz, bald das Kind eines Kriegers zur Welt zu bringen.“ Zwei Jungs sind es geworden. Futter für todbringende Drohnen der nächsten Generation? Die Mutter erzählt weiter: „Jetzt haben wir zwei kleine Chefs, für die wir wie wilde Eichhörnchen durch die Wohnung laufen.“

Der Schlussabsatz des Spiegels macht aus diesem ehemals links-intellektuellen deutschen Magazin dann endgültig ein neo-identitäres Propagandablatt für die genetische Arterhaltung des ukrainischen Menschen:

„Ihre Nachkommen sind für Olena und Oleksii auch ein Akt des Widerstands gegen Russland. Sie sind der Versuch, dafür zu sorgen, dass die ukrainische Bevölkerung wegen des Krieges nicht irgendwann so klein wird, dass sie für immer verschwindet.“

Noch etwas ist interessant: Die Geburtenrate der Ukrainerinnen war schon vor dem Krieg besonders niedrig, sie lag 2021 bei 1,16. Im Vergleich dazu liegt sie in Deutschland 2021 bei 1,58 Geburten, sie lag allerdings 2010 bei nur 1,39 Geburten. Die Frage, welche Faktoren die Geburtenrate in den letzten zehn Jahren angehoben haben, wäre wiederum ein Extra-Artikel. An den vielen hunderttausend geflüchteten Ukrainerinnen kann es jedenfalls nicht gelegen haben.

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