Bereits heute beginnen Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD. Bisher haben sich beide potentiellen Partner so verhalten, wie sie es immer wieder als Begründung für den anhaltenden Ukrainekrieg erklärt hatten: Massiv angreifen, um sich in eine bessere Position zu bringen, wenn es später ans Verhandeln geht. Also Koalitionsgespräche im Kriegsmodus.
Apropos Krieg: Die Fortführung und Eskalation deutscher Waffen- und Milliardenlieferungen in die Ukraine scheint das Bindeglied dieser angestrebten Zusammenarbeit zwischen Merz und der SPD zu sein. Ansonsten nur Theater. Wäre nicht der unbedingte Wille der CDU, diesen Krieg mit allem, was die deutsche Schatztruhe noch hergibt, fortzuführen, die Gesprächsbereitschaft fiele sofort wie ein Kartenhaus in sich zusammen.
Christian Lindner hatte 2017 die Jamaica-Sondierungsgespräche mit der Merkel-Union und den Grünen platzen lassen mit dem Satz: „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren". Die Voraussetzungen für eine Koalition zwischen SPD und Union sind sicherlich nicht einfacher.
Aber die SPD hat einen entscheidenden Trumpf in der Hand: Sie hatte Merz im Vorfeld dazu gebracht, sich ohne Wenn und Aber von der AfD abzugrenzen, der Kanzler in spe hatte sich eins ums andere Mal dazu nötigen lassen, eine schwarz-blaue Koalition auszuschließen. So bleibt nur die SPD. Und wer Beischlaf will, muss freundlich bleiben.
Wie sehr Friedrich Merz das gewurmt haben muss, zeigt eine Reaktion, mit der die SPD offenbar im Vorfeld der Verhandlungen nicht gerechnet und entsprechend dünnhäutig reagiert hat. Es geht um die 551 Fragen der CDU zu den von der Bundesregierung über Jahre hinweg mit mittlerweile 600 Millionen Euro geförderten Nichtregierungsorganisationen (NGO) über das Programm „Demokratie leben!“.
Dazu gehört noch das Demokratiefördergesetz, welche diese Förderungen überwiegend linker, linksradikaler bis hin zu linksextremen Organisationen in dauerhaften Zahlungen umwandeln soll, aber bis heute nicht verabschiedet wurde.
Warum hat Merz zu diesem neuralgischen Zeitpunkt einen medial so viel beachteten Angriff gestartet, der vom SPD-Co-Parteivorsitzenden sofort mit Kanonen beantwortet wurde? Lars Klingbeil verlangte vor den Verhandlungen kategorisch einen Rückzieher der CDU, sie sollen die Kleine Anfrage zurücknehmen. Das passierte natürlich nicht, jetzt geht es vor den ersten Gesprächen schon darum, nicht das Gesicht zu verlieren. Denn wer all-in geht, der muss am Ende auch abdrücken können.
Also warum die Attacke der Union? Weil Merz und Co darum wissen, dass diese überwiegend linken NGOs ihnen als außerparlamentarische Opposition auf Geheiß der linken Parteien sofort die Hölle heiß machen, wenn sie sich der AfD zuwenden – entsprechend folgsam wie abgrenzend die Reaktion von Merz gegenüber der Partei von Weidel und Chrupalla.
Die 551 Fragen zur Finanzierung dieses mächtigen Druckmittels spiegeln die Empörung der Union über diese Erpressung wieder. Und der Chef der Linkspartei hatte es Friedrich Merz in der Elefantenrunde schon vor laufenden Kameras direkt ins Gesicht geschleudert: Wenn ihr es wagt, dem Wählervotum zu folgen und Schwarz-Blau anzustreben, dann machen wir euch auf der Straße die Hölle heiß, dann machen wir euch platt, ihr bekommt keinen Fuß mehr vor den anderen.
Dass das keine leeren Drohungen waren, weiß Merz nur zu gut. Denn als er einen Antrag zur Begrenzung der illegalen Massenmigration in den Bundestag einbrachte, der geeignet war, inhaltlich von der AfD mitgetragen zu werden, ließen die linken Kräfte im Land ihre über das Programm „Demokratie leben!“ co-finanzierten Pittbulls von der Leine gegen die CDU. Parteigebäude wurden beschmutzt, Demos organisiert und Politiker verfolgt und beschimpft.
Friedrich Merz fürchtet diesen Sturm. Aber er weiß gleichsam auch, dass diese Finanzierungsprogramme „Demokratie leben!“ ausgerechnet von der CDU unter Angela Merkel zum Leben erweckt wurden. Der fetteste linke Antidemokrat sitzt im Konrad-Adenauer-Haus. Die Zwickmühle könnte kaum größer sein.
Man mag sich vorstellen, wie diese Koalitionsgespräche aussehen zwischen einem, der gar nicht will und sich erpresst und bedroht fühlt, und einem der exakt weiß, dass er inhaltlich eigentlich nur die zweite Wahl ist.
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Was macht man also? Man erinnert sich an das Verbindende. Möglicherweise sind diese kleinen Schießereien sogar die Tarnkappen, um den Blick auf das Wesentliche dieser Verbindung zu verstellen: Eine als unverbrüchlich verstandene Schicksalsgemeinschaft zur Ukraine.
Denn auch wenn der Scheinwerfer aktuell auf den einen oder anderen Dissens gerichtet sein mag, sollte man nicht übersehen, dass sich die beiden Koalitionspartner aktuell auch damit befassen, noch vor der Bildung einer neuen Regierung ein Zweihundert Milliarden Euro teures Aufrüstungspaket zu schnüren, das einer Grundgesetzänderung bedarf, die mit den neuen Verteilungen im Bundestag an einem Veto der AfD und der Linken scheitern könnte.
Übrigens auch eine spannende Frage, ob die Linke überhaupt mit der AfD dagegen stimmen kann. Denn dann wiederholte sie im Prinzip, was sie der Union in der Migrationsfrage gerade als Sündenfall ins Arbeitsbuch geschrieben hatte.
Die Baustellen, die gegen eine Koalition der Union und der SPD sprechen, sind vielfältig. So berichteten die Medien in den vergangenen Tagen über eine neue Meldestelle für „Verschwörungstheorien“ in Zusammenarbeit des Bundesinnenministeriums und der Amadeu Antonio Stiftung, einem der Hauptprofiteure des Programms „Demokratie leben!“.
Die von einer Stasi-Mitarbeiterin gegründete Stiftung beschwert sich aktuell auf ihrer Webseite über die 551 Fragen der Union zu „Demokratie leben!“, das sei eine „Misstrauenskampagne gegen die Zivilgesellschaft“. Das man mit Blick auf die Meldestelle von einer Misstrauenskampagne gegen die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit sprechen kann, kommt der Stiftung dabei nicht in den Sinn.
Wenn die Union ab heute mit der SPD in Sondierungsgespräche geht, dann sitzt auch die Amadeu Antonio Stiftung unsichtbar mit am Tisch. Und mit ihr tausende weitere Organisationen, welche die Waffen drohend gegen die Gesprächspartner der Union gerichtet halten.
Das führt dann zurück zu der dringendsten Frage dieser Tage: Warum macht Friedrich Merz dieses Theater überhaupt mit? Drei Gründe:
Er will mindestens so sehr Kanzler werden, wie Christian Lindner 2021 Bundesminister werden wollte. Der hatte dafür das irreparable Zerschreddern der FDP in Kauf genommen.
Zweitens weiß Merz, dass er sich bereits der Macht der Straße gebeugt hat. Er hat den Schlagring der Antifa geküsst und sich auf maximale Weise von einer Zusammenarbeit mit der AfD distanziert. Er brächte also nicht nur die SPD und die Straße gegen sich auf, sondern er verlöre auch gegenüber den eigenen Wählern das Gesicht.
Und zuletzt der dritte und wichtigste Punkt: Friedrich Merz hat panische Angst davor, dass Donald Trump einen Frieden in der Ukraine erreicht, bevor dieser Krieg noch einmal mit dem großen Milliardenpaket aus Deutschland eskaliert werden kann. Dafür war Merz sogar zum Judaskuss bereit und drohte damit, die transatlantische Freundschaft – seit Gründung der Bundesrepublik Staatsräson – mit Blick auf Trump quasi aufzukündigen.
Wenn Deutschland also ab heute auf diese Sondierungsgespräche schaut, dann soll sie auf den kleinen Mann im olivgrünen Pullover achten, der ebenfalls grinsend mit am Tisch sitzt und dabei offenbar die gewichtigste Rolle in der Runde spielt.
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Kommentar von Hans Buschmann
Es stellt sich die Frage, ob nicht Blackrock-Merz gemeinsam mit dem "deep state" gegen Trump agiert.