Die Behörden haben nicht immer Recht

Rechtsanwalt Ulbrich: Vom Versagen der deutschen Judikative

von Alexander Wallasch (Kommentare: 3)

Dem Grundgesetz ist der Gedanke gänzlich fremd, dass sich Einzelne schwer verletzen und töten lassen dürfen, weil ein Dritter davon einen vermeintlichen Nutzen haben soll.© Quelle: Pixabay / mirkostoedter

Rechtsanwalt Tobias Ulbrich bezweifelt, dass die bisherige Praxis der deutschen Gerichte, Impfschäden als entschädigungslose Kollateralschäden grundsätzlich abzuweisen, der verfassungsgemäßen Ordnung entspricht.

RA Tobias Ulbrich

Thema heute: "Verfassungsrechtliche Beurteilung der Frage des positiven Nutzen-Risiko-Verhältnisses unter der derzeitigen landgerichtlichten Prämisse: ,Die Behörde hat immer Recht.'"

Auf der Grundlage einer Vielzahl von derzeit ergangenen Urteilen ist erkennbar, dass die Landgerichte, die derzeit ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis der Impfung angenommen haben, auch davon ausgingen, dass es nach der verfassungsmäßigen Ordnung zulässig sei, Impfschäden als entschädigungslose Kollateralschäden grundsätzlich abzuweisen.

In Bezug auf diese Handhabungspraxis bestehen erhebliche Bedenken, dass diese Praxis der verfassungsmäßigen Ordnung entspricht.

Rechtlich ist das in § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG verankert, wonach der pharmazeutische Unternehmer privilegiert sein soll, wenn ein Medikament grundsätzlich einen hohen Nutzen hat und deshalb geringfügige Schäden zu tolerieren seien.

Der Gesetzgeber hatte dabei primär Arzneimittel im Blick zur Behandlung von bereits bestehenden Erkrankungen und nicht die präventive Behandlung über eine Impfung zur Vorbeugung erst entstehender Krankheiten.

In Bezug auf die Ausdehnung des Anwendungsbereiches auf eine präventive Behandlung stößt die Privilegierung des Impfherstellers auf verfassungsrechtliche Bedenken.

Denn hier geht es nicht darum, bei schlimmen Erkrankungen abzuwägen, ob ein Medikament zur Linderung eingesetzt wird und deshalb Nebenwirkungen bewusst in Kauf genommen werden müssen, sondern darum, dass gesunden Menschen ohne einschlägige Vorerkrankungen vor der Infektion mit diesem Erreger geschützt werden sollen.

Die Inkaufnahme von Kollateralschäden bei gesunden Menschen wie Tod und schweren Verletzungen ist einer gänzlich anderen Bewertungsklasse zuzuführen, als die Fragestellung, ob schwer Erkrankte zu Linderung oder Heilung mit einem Medikament behandelt werden. Genau an der Differenzierung fehlt es hier.

Dem Grundgesetz ist der Gedanke gänzlich fremd, dass sich Einzelne schwer verletzen und töten lassen dürfen, weil ein Dritter davon einen vermeintlichen Nutzen haben soll.

Allein der Gedanke, diese Art von Kollateralschäden so hinzunehmen, verstößt grundlegend gegen Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 GG. Die Menschenwürde verbietet grundsätzlich das Herabwürdigen eines Menschen zum Objekt eines vermeintlichen Nutzens Dritter.

Die Erklärungen u.a. der Landgerichte Mainz, Düsseldorf und Frankfurt zeichnen insoweit unseres Erachtens ein menschenverachtendes Bild und verstoßen damit gegen die verfassungsmäßige Ordnung, der ein (entschädigungsloser) Aufopferungsgedanke gänzlich fremd ist (vgl. BVerfGE 27, 1 ; 30, 1 ;109, 133 , 131, 268 , ständige Rspr.). Zuletzt sehr prominent entschieden zur Abschussentscheidung 1 BvR 357/05 vom 15.02.2006.

Danach ist es stets mit dem Recht auf Leben und körperlicher Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) sowie in Verbindung mit der Menschenwürdegarantie (Art. 1 Abs. 1 GG) unvereinbar, die Aufopferung von Impfgeschädigten durch schwere gesundheitliche Schäden bis hin zum Tod hinzunehmen, damit andere möglicherweise einen derzeit nicht erkennbaren Nutzen haben. Genau deshalb ist auch der Bereich verfassungskonform und gesetzeskonform sehr eng auszulegen.

Derzeit sind fast alle klageabweisenden Gerichte davon überzeugt, dass der Schutz des Herstellers zur Absicherung seiner Milliardengewinne substantiell Vorrang einzuräumen sei vor der Schutzbedürftigkeit von Geschädigten der Impfung.

Die Absicherung der EUR 20,5 Milliarden als Gewinn wird daher der Vorrang vor der Regulierung der Schäden der Impfgeschädigten eingeräumt. Das bewerten wir so, dass in diesem Staat derzeit dem Täterschutz Vorrang vor dem Opferschutz eingeräumt wird und alle staatlichen Stellen mitzuwirken haben, die Pfründe der Impfstoffhersteller abzusichern.

Nachdem nun erstmals das Verwaltungsgericht Osnabrück selber die Verfassungswidrigkeit von Maßnahmen erkannte und deshalb dem Bundesverfassungsgericht erneut Fragestellungen zu Beurteilung vorlegte, hätten wir als Kanzlei auch Fragen an das Bundesverfassungsgericht, die auch einem Vorlagebeschluss würdig erscheinen.

1. Verstößt § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG in Bezug auf präventive Behandlungen durch eine Impfung bei Auftreten gesundheitlicher Schäden und Toter gegen Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art 2 Abs. 2 GG?

Hilfsweise:

2. Ist § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG verfassungskonform dahin auszulegen, dass der Gesetzgeber ausschließlich eine Prüfung der bedingten oder unbedingten Zulassung vorsah durch Erkenntnisse, die sich aus der medizinischen Wissenschaft ergeben? Gehören zur medizinischen Wissenschaft auch behördliche Vorfragen und rechtliche Einschätzungen oder sind diese allein durch die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft durch das Gericht neu zu bewerten?

3. Entspricht es Art. 19 Abs. 4 GG (dem Gedanken des effektiven Rechtsschutzes), dass Geschädigte infolge der Verabreichung einer Impfung nicht unmittelbar die bedingte oder unbedingte Zulassung vor dem EuG überprüfen lassen dürfen (vgl. EuG-Entscheidungen)?

Ist es vor diesem Hintergrund für ein Landgericht gem. Art 19 Abs. 4 GG verpflichtend, den Zulassungsinhalt einer Genehmigung und deren Vorfragen zu klären? Falls verneinend: Wie ist der effektive Rechtsschutz aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts zu gewährleisten?

4. Ist § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG deshalb verfassungswidrig, weil den Geschädigten die Darlegungs- und Beweislast zu Tatsachen auferlegt wird, die sie als medizinische Laien unter keinen Umständen erfüllen können? Verstößt auch dieser Aspekt gegen Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 3 GG und damit die Grundsätze eines von Anfang an unfairen Verfahrens? Auch die Zivilverfahren haben eine verfassungsrechtliche Diminsion, die sich vor allem dann erschließt, wenn die bisherigen Urteiles systematisch ausgewertet werden. Bedauerlicherweise führt es derzeit nicht zu einem Ruhmesblatt deutscher Justiz. Wir werden sehen, wie es weitergeht.

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Mehrfach wurde ich auf diese klageabweisenden Urteile angesprochen, die darauf beruhen, eine positives Nutzen-Risiko-Verhältnis auf der Basis zu attestieren „Die Behörde hat immer Recht" und „Wer sind wir als Gericht, die Göttlichkeit der Exekutive in Frage zu stellen?" (Die Judikative, deren Aufgabe die Überwachung der Exekutive ist. Die Kernaufgabe wird geleugnet).

Genau das ist auch das weitere Problem, da diese Gerichte direkt die Geschädigten darauf verweisen, Selbstjustiz zu üben. Genau das ist das Letzte, was ein Jurist und eine zivilisierte Gesellschaft sehen will und als Antwort auf den angeforderten Rechtschutz erwartet.

Den Status einer Gesellschaft kann man stets daran ablesen, wie diese mit schwer geschädigten Minderheiten umgeht. Wird der berechtigte Schutz verweigert und Geschädigte noch tiefer in den Dreck getreten, ist die gesamte Zivilgesellschaft gescheitert und sie schafft sich selbst ab.

Es ist der Grundstock für Generationen an Feindseligkeit. Wer seine Liebsten (Mama, Papa, Kind, Schwester, Bruder) verloren hat und parallel dazu in die Mittellosigkeit verfiel, der muss nicht erwarten, dass dieser Teil der Gesellschaft gegenüber dem Staat noch irgendeinen Respekt entgegen bringen wird oder die Justiz noch irgendein Ansehen genießt.

Rechnen wir einmal: Wenn es 5 Millionen potentiell Geschädigte gibt, von denen 500.000 schwer geschädigt wurden und keine Hilfe erfuhren, dann betrifft das mindestens die 3- bis 4-fache Zahl an Familienangehörigen, die sich um die Geschädigten über Monate und Jahre kümmern mussten. Keiner von denen vergisst das. Das ist eine Zahl in der Gesellschaft, die klein erscheint, aber aufgrund der traumatischen Erfahrungen wird diese Gruppe nicht einzufangen sein, ohne die Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes.

Wenn CDU, SPD, FDP, Grüne in dieser Frage komplett versagen, dann deshalb, weil sie sich dem Schutz der Impfhersteller verschrieben haben, die nicht angetastet werden dürfen. Die vier Parteien sind es aber auch, die im Kern die Richterbesetzung überall im Land bestimmten und deshalb genau das säen, was sie ernten – den Schutz der Impfhersteller.

Wer auch nur einen Funken an Anstand besitzt, meidet diese Schutzallianz der Impfstoffhersteller.

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