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ntv und der Klopapierrechner: Der neue Nachrichtenkanal der deutschen Prepperszene

von Alexander Wallasch (Kommentare: 3)

Um zu berechnen, ab wann man die Zeitung von gestern klein schneiden muss, soll man zunächst die noch vorhandenen Rollen angeben „Rolls you have“ und dann die „Toilet visits per day“.© Quelle: Pixabay / 11165576 , Youtube / MISS-VERSTEHEN SIE MICH RICHTIG I Montage Alexander Wallasch

Die Apokalyptiker von ntv sind die neuen Könige der Prepper-Szene. Nachdem Politikchef Nikolaus Blome (Jakob Augsteins Stichwortgeber) den Laden endgültig zum regierungsnahen Sender umgebaut hat, erstaunt ein Abbieger ins skurrile Fach der Prepper-Szene, wie man es sonst nur im Warenkatalog beim Kopp-Verlag geboten bekommt.

Oder nein, die Regierung selbst hatte ja bereits während der Hochphase der Lockdowns auf vielfältige Weise versucht, den Panikmodus hochzufahren mit dem Ziel, die zuckenden Schultern der Skeptiker am staatlich verordneten Weltuntergang auf Spur zu bringen.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz verbreitet als Bundesbehörde des Innenministeriums Listen, was der Bürger so im Hause haben sollte, angefangen von Nudeln, Reis und Brot bis hin zu 400 Gramm Pilzen in Dosen.

Hier fehlt wirklich nur noch ein geschäftstüchtiger Koch à la Tim Meltzer, der ein Buch mit dem Titel „Kochen mit Nancy Faeser auf der Flucht“ zum Bestseller macht, angerichtet wird direkt aus dem hier eingangs verlinkten „Fluchtrucksack“ für 1.499 Euro mit Regenponcho.

Aber jetzt ntv – und mal ehrlich, befremdlicher geht’s ja kaum – mit einem Klopapierrechner! Ganz trocken geht es los mit einer Schlagzeile wie aus Bild der Frau: „Diesen Notvorrat sollte man zu Hause haben“.

Übrigens: Schon bei der Broschüre „Richtiges Handeln in Notsituation“, welche im Titelbild abgebildet ist, muss man direkt schmunzeln. Denn richtiges Handeln bestände ja möglicherweise darin, diese polit-mediale Szene einfach zum Teufel zu jagen.

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„Deutschland stehen wohl wieder ein paar schwierige Monate bevor“, unkt der Sender noch ganz vorsichtig auf dem Weg zum Klopapierrechner.

Im Gespräch mit dem Energieexperten Christoph Maurer hält dieser zwar keinen Blackout für möglich, aber doch das Kuba-System. Nein, er nennt es nicht so, aber die Kubaner kennen das zeitlich befristete Stromabstellen längst. Und sie schimpfen dabei am lautesten, wenn sie ihre geliebten Doku-Soap nicht weiter schauen dürfen.

Der Deutsche hingegen macht sich mehr Sorgen um sein Klopapier. ntv nimmt das sehr ernst, es geht dem Sender nicht am Besagten vorbei, ein Klopapierrechner beruhigt die Nerven. Aber der kommt immer noch nicht an die Reihe. Zuvor gibt’s beim Prepper-ntv noch eine Liste, was man so im Haus haben sollte laut Bundesbehörde.

Eine Firma kann dabei ihr Glück kaum fassen: Der Öko-Nahrung-Anbieter „Taste Market GmbH“ hat doch tatsächlich sein sprühgetrocknetes Volleipulver samt Produktfoto als Amazon-Werbung direkt in die vorgestellte Notliste hineingedrückt bekommen. Man kann nur ahnen, wie viele ntv-geprepperte Leser hier den Amazon-Bestellknopf gedrückt haben.

Und dann ist der geneigte Leser tatsächlich bei den zu bevorratenden „Drogerie-Artikel“ der ntv-Prepperliste angekommen!

Empfohlen werden „Desinfektionsmittel, Seife/Waschmittel in doppelter Ausführung, Zahnbürste und Zahnpasta in doppelter Ausführung“ und doppellagiges …
Nein, die Qualität des Toilettenpapiers wird nicht genannt, es heißt nur lapidar: „ausreichend Toilettenpapier“ und dann weiter: „Wie viel tatsächlich benötigt wird, lässt sich hier errechnen.
Hinterlegt ist dort „The simple calculator for how much toilet paper you need“.

Um zu berechnen, ab wann man die Zeitung von gestern klein schneiden muss, soll man zunächst die noch vorhandenen Rollen angeben „Rolls you have“ und dann die „Toilet visits per day“.

Der Schieberegler für letzteres reicht bis 40 Sitzungen. Aber was muss im Inneren eines Menschen los sein, der vierzig Mal um die Ecke gehen muss? Liegt’s dann etwa an der 400 Gramm Pilzdose der Notvorratsliste?

Weitere Angaben werden verlangt: „Average number of wipes per trip“, „Sheets per wipe“, „Sheets on roll“, „People in household“ und „Days of quarantine“.

Die Seitenmacher sprechen von über fünf Millionen Besuchern, die Sache drückt also viele. Zuletzt bekommt der Nutzer noch eine Art Auswertung mit auf den Weg:

„We receive many emails from users all round the world. It has become clear from these emails, and other public reactions in the media, that there is a huge variety of ways toilet paper is used around the world. The site creators are based in the UK, where an average sheets per wipe of 2 is considered very normal and acceptable, due to the thicker toilet paper and higher ply. This results in an average roll of around 160 sheets. However our users in the USA were quick to inform us that their situation is very different. Toilet paper in the USA is far thinner, and often not always double ply. Their rolls are also therefore much larger - with some rolls going up to 1250 sheets.“

Was uns an der Geschichte besonders gefallen hat, war übrigens nicht das Ei-Pulver, sondern das ebenfalls vorgestellte Notfallradio mit Kurbel, Lampe und Handy-Ladestation. So kann man bei Licht die Nachrichten auf Kontrafunk hören. Vorausgesetzt, man hat noch genug Schmackes im Arm. Und da kommt dann wieder das Ei-Pulver ins Spiel. Und so macht dann doch alles wieder Sinn.

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