Der CDU-Politiker bewegt sich auf sehr dünnem Eis

Nord Stream: Ukraine-Lobbyist Kiesewetter ist Selenskyjs fleißigster Tatortreiniger

von Alexander Wallasch (Kommentare: 14)

Kiesewetter richtet den Suchscheinwerfer unfreiwillig weiter auf die Ukraine aus.© Quelle: Welt.de, Screenshot

Der Supergau für die Ukraine-Lobby in Deutschland: Kiesewetter, Strack-Zimmermann und Co stehen vor einem Scherbenhaufen und vor einer ihrer größten Herausforderungen: Es gilt einen Angriff der Ukraine auf Deutschland zu rechtfertigen. Aber wie soll das gehen?

Am 26. September 2022 wurde ein Anschlag auf die Nord Stream verübt. Die insgesamt 1224 Kilometer lange Gas-Pipeline ist ein Gemeinschaftsprojekt zwischen Deutschland und Russland und verbindet die russischen Gasfelder Juschno-Russkoje und Stockmann in der Barentssee mit Deutschland.

Knapp zwei Jahre nach den Anschlägen, die einen Schaden von geschätzten 20 bis 30 Milliarden Euro verursacht haben, hat der Generalbundesanwalt jetzt einen ersten Haftbefehl gegen einen Ukrainer erwirkt.

Diese neue Entwicklung überrascht insofern, als das man über die knapp zwei Jahre hinweg den Eindruck gewinnen konnte, dass diese Ermittlungen bewusst verzögert und ins Leere laufen sollten.

Zur Sache meldete sich Ex-BND-Chef Hanning, der überzeugt ist, dass die Ukraine und Polen Nord Stream gesprengt haben. Zu einer möglichen Beteiligung der USA, des CIA oder MI5 äußerte sich Hanning bisher aber nicht.

Der Lautsprecher der CDU für die Ukraine, für die Fortsetzung des Krieges mit allen Mitteln und für die Rüstungsindustrie ist der Abgeordnete Roderich Kiesewetter. Er ist so etwas wie der verlängerte Arm der Ampelpolitikerin und Rüstungslobbyistin Strack-Zimmermann.

Herr Kiesewetter meldete sich jetzt gegenüber „Welt“ in einem bizarr anmutenden Video-Gespräch zu Wort. Bizarr deshalb, weil der Auftritt des CDU-Bundestagsabgeordneten hier fast verzweifelt wirkt. Kiesewetters schwer manipulativer Charakter liegt dabei ebenso offen da, wie die Schwäche seiner Argumente gegen eine ukrainische Beteiligung an dem Nord-Stream-Anschlag frappierend sind.

Was hat Kiesewetter erzählt? Zunächst fällt auf, dass der CDU-Politiker besagten Investigativ-Artikel des Wallstreet-Journal an mehreren Stellen lobt, nur um diesen gleich im folgenden Satz als Schlechtleistung hinzustellen:

„Die Art und Weise dieser Recherche ist toll geschrieben, aber inhaltlich in Teilen falsch.“

Kiesewetter weiß von der Brisanz und Genauigkeit und kann den Artikel nicht direkt angreifen. Eine flache und durchsichtige Strategie der Diskreditierung.

Aber zum Wesentlichen in den Aussagen von Roderich Kiesewetter. An einer Stelle fragt die „Welt“ schon irritiert nach:

„Herr Kiesewetter, Sie klingen jetzt sehr, ich formuliere vorsichtig: Verteidigungsmodus Pro-Ukraine. Warum?“

„Nein“, er verteidige nicht die Ukraine, erwidert Kiesewetter genervt, nur um direkt im Anschluss daran folgenden Satz zu einer ukrainischen Täterschaft zu sagen:

„Wenn sie es war, ist es auch spannend, weil kein deutsches Eigentum beschädigt wurde. Es war in internationalen Gewässern, also es gäbe keinen Rechtsfall gegen Deutschland.“

Die Ostsee allerdings ist in ihrer Gesamtheit kein internationales Gewässer, das ist eine Falschaussage. Die Ostsee ist größtenteils in Küstengewässer und ausschließliche Wirtschaftszonen der Anrainerstaaten unterteilt. Die jeweiligen Staaten haben entsprechende Hoheitsrechte und Zuständigkeiten.

Die Nord-Stream-Pipelines verlaufen durch die ausschließlichen Wirtschaftszonen verschiedener Länder. Nur wenige sehr kleine Gebiete könnten hier überhaupt als internationale Gewässer betrachtet werden.

Nord Stream selbst schreibt dazu:

„Das Nord Stream-Projekt verläuft durch die Hoheitsgewässer und/oder die ausschließlichen Wirtschaftszonen von Russland, Finnland, Schweden, Dänemark und Deutschland.“

Und weiter:

„Genehmigungen dieser Länder waren erforderlich, bevor Nord Stream mit dem Bau der Pipeline beginnen konnte. Um sicherzustellen, dass die Pipeline den jeweiligen nationalen Gesetzgebungen entspricht, führte Nord Stream umfangreiche Gespräche mit jedem dieser Staaten. Zusätzlich zu diesen fünf Ländern wurden Polen, Litauen, Lettland und Estland ebenfalls in die internationalen Beratungen einbezogen.“

Aber ganz unabhängig davon ist die Frage völkerrechtlich schon lange im Zusammenhang mit der Zerstörung von Untersee-Telegrafenkabeln geklärt (Zerstörung eines Telegrafenkabels zwischen Hongkong und Manila durch die USA 1898 im Spanisch-Amerikanischen Krieg). Es stellt sich lediglich die berechtigte Frage, ob Deutschland nach Artikel 51 UN-Charta ein Recht auf Selbstverteidigung gegen Polen hätte.

Aber Kiesewetter geht noch einen Schritt weiter und erklärt gegenüber den Journalisten:

„Außerdem ist die Ukraine die Angegriffene. Die Sicherheit der Ukraine, egal, ob sie das zerstört haben sollten oder nicht, ist in unserem Interesse.“

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Kiesewetter erklärt also zunächst, es wäre kein Angriff gegen Deutschland, weil der Anschlag angeblich in internationalem Gewässer geschehen sei. Und dann fügt er – übersetzt – hinzu: Aber selbst wenn es die Ukraine war, selbst wenn es ein Angriff gegen Deutschland war, dann war es in jedem Fall in unserem Interesse.

Die spannende Frage, die sich hier sofort stellt: Wer sind diese ominösen „unsere“ bei Kiesewetter? Welche Interessen vertritt der Ukraine-Lobbyist? Die deutschen jedenfalls nicht. Wie justiziabel ist so eine Haltung? ist sie nur gegenüber Deutschland desaströs oder zudem verfassungsfeindlich?

In dem Zusammenhang eine interessante brandaktuelle Meldung auf dem Nachrichtenportal von GMX:

„Deutschland zählt zu den größten Unterstützern der Ukraine. Bislang zumindest. Denn bis auf Weiteres will die Regierung keine weiteren Hilfen genehmigen. Der Grund: Im Haushalt gibt es keinen Spielraum mehr.“

Das passt gut zusammen. So erspart es sich Deutschland, direkt zu sagen, um was es hier eigentlich geht. Einmal davon abgesehen, dass auch diese Meldung eine Mogelpackung ist, denn die Ukraine erhält das deutsche Geld längst auch über anderen Kanälen aus der EU oder woher auch immer. Zudem wurde das Füllhorn im Vorfeld hinreichend ausgeschüttet, die Waffenfabriken glühen, die Kriegstreiber mit ihnen. Es knallt aus allen Rohren.

Kiesewetter warnt ganz aufgeregt davor, sich jetzt schon festzulegen. Dabei hofft er offenbar darauf, dass niemand zurückblättert, wie schnell sich Kiesewetter kurz nach dem Anschlag selbst festgelegt und – natürlich – nach Russland als Verantwortlichen gezeigt hatte.

Aber nicht nur das: Der Ukraine-Lobbyist schloss gegenüber „radioeins“ im September 2023 eine Täterschaft der Ukraine gleich ganz aus.

Schon kurz nach den Anschlägen 2022 meldeten sich Kiesewetter und Strack-Zimmermann zum Anschlag zu Wort. Für beide war sofort klar, dass ein russischer Sabotageakt hinter den Nord-Stream-Lecks stecken musste.

Soviel dazu, dass man abwarten und nicht unbelegt etwas behaupten sollte, wie Kiesewetter jetzt so vollmundig gegenüber der „Welt“ erklärte.

Die Vorsicht, die Kiesewetter heute gegenüber den neuesten Recherchen hinsichtlich einer ukrainisch-polnischen oder gar einer Beteiligung der USA einfordert, war ihm selbst noch 2022 herzlich egal, als es dem deutschen Bundestagsabgeordneten nur darum ging, die Ukraine zu verteidigen:

„Nach allem, was wir wissen, kann es sich bei den Lecks in den Pipelines Nord Stream 1 und 2 fast nur um einen gezielten staatlich veranlassten Sabotageakt handeln. An Zufälle glaube ich kaum in der fragilen und angespannten Lage“, sagte Kiesewetter dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

„Deshalb würde ein solcher Sabotageakt auch zu der von Staatsterrorismus geprägten und hybriden Vorgehensweise Russlands passen“, so Kiesewetter vor knapp zwei Jahren und bald so, als wolle er damit jeden Verdacht gegen die Ukraine, gegen die USA und Polen zur Seite schieben, so, als sei er persönlich der Tatortreiniger.

Wenige Wochen nach dem Anschlag äußerte sich Herr Kiesewetter zudem per Abgeordneten-Watch wie folgt:

„Die USA haben sich zwar von Anfang an insbesondere gegen Nord Stream 2 positioniert, aber die Sprengung der Pipelines durch die Vereinigten Staaten würde die gesamte westliche Allianz zerstören. Dieses Risiko gehen die Verantwortlichen in Washington sicherlich nicht ein. Es stellt sich also die Frage, cui bono? Da kommt nur Putins Regime infrage ...“

Kieswetter war seinerzeit einer der Schnellsten in der Festlegung, dass es nur Russland gewesen sein kann. Davon will er heute nichts mehr wissen. Insbesondere deshalb nicht, weil es gegen die Ukraine geht. Der Ukraine-Lobbyist gestern gegenüber der „Welt“ und als hätte es seine eindeutigen Anschuldigungen gegen Russland nie gegeben:

„Hier wird reißerisch etwas geleistet, was natürlich auch Hanning angesprochen hat. Ich habe den Beitrag gehört, aber es geht mir zu einseitig, zu schnell in eine Richtung. Deswegen ist die Bundesregierung auch still, weil weiterhin in alle Richtungen ermittelt wird.“

Unterstellt, dass er es gewollt hätte, hat Kiesewetter Selenskyj hier allerdings keinen Gefallen getan. Im Gegenteil: Der CDU-Abgeordnete hat den Scheinwerfer unfreiwillig noch konkreter auf die Ukraine, auf Polen und die USA gerichtet.

Das ZDF erinnerte gestern noch einmal an die Veröffentlichungen des Investigativreporters Seymour Hersh, die nahelegten, dass die USA hinter dem Anschlag stecken.

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