Doppelblamage: Ermittlungsbehörden und MDR

MDR will erfahren haben: Kaiser Heinrich XIII. Prinz Reuß wollte mit Moskau gegen Berlin marschieren

von Alexander Wallasch (Kommentare: 3)

Recherchen? Was sind das für Recherchechen, wenn mutmaßlich ein staatlich bestellter Whistleblower was Eingestaubtes rüberwachsen lässt?© Quelle: Youtube/ BBC News Screenshot

Die Verzweiflung der Ermittlungsbehörden in Sachen „Rentnerputsch“ muss schon riesengroß sein, wenn jetzt Kontakte nach Russland das Kaisertheater doch noch zum Historiendrama putschen sollen, wie der MDR mit furchtbar dick aufgeblasenen Backen berichtet.

Nochmal zur Erinnerung: Am 7. Dezember des vergangenen Jahres traten 3.200 Polizisten und eine unbekannte Anzahl dazubestellter Pressevertreter bei versponnenen kaisertreuen Rentnern die Türen ein bzw. wurden einfach nach Betätigung der Klingel eingelassen. Für die Ermittlungsbehörden wurde dieser größte Polizeieinsatz nach 1949 zur größten Blamage der Nachkriegszeit.

Abgeführt wurden knapp zwei Dutzend Männer und Frauen, von denen einige ihre Blutdrucktabletten auch Monate später noch hinter Gitter einnehmen müssen. Einer der als „Reichsbürgerputschisten“ bezeichneten Rentner verzichtete sogar aus Gesundheitsgründen auf das Streuselgebäck vom Kaffeewagen.

Aber auch dieser „Hungerstreik“ war wenig geeignet, der reichsulkigen Truppe mehr mediale Aufmerksamkeit zu verschaffen. Rentnerputschisten sind eben keine RAF, die mit echten Knarren zur echten Gefahr wurden, die echte Menschen töteten und die im Knast erst ihre ganze Vernichtungskraft entwickelten, als sie von dort aus zu den Ikonen der linksextremistischen Szene wurden.

Das ist die Vorgeschichte. Mittlerweile müssen die Putschbrüder und -schwestern schon so arg eingestaubt sein hinter den schwedischen Gardinen, dass man schon Mitleid bekommen kann mit Oma und Opa hinter Gittern. Der Staat braucht wohl händeringend Ermittlungsergebnisse, so dünn scheint die Beweislage bisher zu sein.

Und da kommt der MDR ins Spiel mit einer wie auf Bestellung angelieferten ganz besonders dünnen Pseudorecherche. Die Rentnertruppe soll Kontakte nach Russland gehabt haben! Schnell schlucken der Focus und andere die Ente und berichten in Anlehnung an den MDR von einer „alarmierenden Verstrickung Russlands an Putsch-Plänen in Deutschland“.

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Von Enthüllungen ist da die Rede, als wären die MDR-Agenten des Nachts mit Lupe und Tarnkappe durch Moskau gepirscht und fündig geworden. Aber die Redakteure haben nichts anderes gemacht, als sich in ihren Funkhäusern in Leipzig und Erfurt um den ersten Platz in der Schlange am Kaffeeautomaten zu balgen, als eine E-Mail reinschneite und mutmaßlich jemand aus dem Ermittlungsteam ein Papierchen in den Anhang fallen ließ und so den erwünschten pawlowschen Zufass-Reflex auslöste. Beim MDR klingt das dann so:

„Bei der Razzia machen die Fahnder bei Frank R. einen brisanten Fund. Sie stoßen auf vier Seiten eines ausgedruckten Mailverkehrs zwischen den drei Beschuldigten und dem russischen Generalkonsulat in Leipzig. Nach Recherchen des MDR soll dieser am 28. November 2022 beginnen.“

Recherchen? Was sind das für Recherchechen, wenn mutmaßlich ein staatlich bestellter Whistleblower was Eingestaubtes rüberwachsen lässt? Was konkret haben wir da, was jetzt als Grund dafür herhalten muss, die Kukident-Rationen noch ein paar Monate länger in die Rentnerabteilung der U-Haftanstalt zu versenden? Die Fantasie-Spielgruppe rund um Gottkönig Reuß soll eine E-Mail an das russische Konsulat versendet haben und die wurde sogar höflich interessiert beantwortet!

Oder anders: Der Kaiser aus Deutschland suchte seine Zarentochter und setzte dafür alle Hebel in Bewegung. Wer hier nicht schon in schallendes Lachen ausbricht, der darf sich zusätzlich über den MDR den Bauch halten, wenn es nicht so belämmert doof wäre. Das Verbrechen des russischen Konsulats soll nun laut MDR darin bestanden haben, „den Wunsch nach einem Treffen der drei Olbernhauer nicht als sinnlose Spinnerei abzutun“.

Die Recherche des MDR ist so viel Recherche, wie der Putsch ein Putsch war. Schlimmer: Das alles wurde schon kurz nach den Razzien mit Medienblaskapelle berichtet, hier ist nichts Neues hinzugekommen. Beispielsweise die „Berliner Zeitung“ titelte schon wenige Tage nach den Festnahmen im Dezember 2022: „,Reichsbürger-Prinz' feierte im russischen Konsulat – Der vergangenen Mittwoch festgenommene Heinrich XIII. Prinz Reuß soll gute Verbindungen nach Russland haben“.

Und schon damals wurde vermutet, wer da mit dem russischen Konsulat rumgedreht hatte und was das mit dem Zaren zu tun hat: Kaiser Reuß hielt sich nämlich vor der Festnahme eine kaiserliche Mätresse mit russischen Wurzeln namens Vitalia B.

Die Arme wurde ebenfalls festgenommen und soll aufgewühlt von den Ereignissen ihre wahre Identität preisgegeben haben, als sie gegenüber den Beamten mitteilte, sie sei eine Romanow. Ob sie sich allerdings in alter Tradition der Zarenschwindlerei ebenfalss als eine verschollene Überlebende der Mordnacht von Jekaterinburg ausgab, darf bezweifelt werden. Sie hätte dann nämlich auch behaupten müssen, 125 Jahre alt zu sein. Damit wäre sie dann die Stubenälteste im Knast der Rentnerputschisten gewesen, wenn auch denkbar knapp.

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