Die Tagesschau fragte gestern, was Martin Sellner mit der AfD verbindet. Das ist deshalb bemerkenswert, weil die Frage so spät kommt. Alexander-wallasch.de befasst sich mit der interessanten Verbindung Schnellroda und AfD schon seit Jahren, denn dort ist der Gründer der Identitären Bewegung zu verorten.
Sellner ist mit Götz Kubitschek befreundet, der in Schnellroda den Antaios-Verlag und das „Institut für Staatspolitik“ betreibt, das wiederum auf Dieter Stein und die „Junge Freiheit“ zurückgeht. Kubitschek gilt als besonders enger Vertrauter des Wiener Aktivisten, der wiederum veröffentlicht regelmäßig bei Antaios und in Kubitscheks Online- und Print-Magazin „Sezession“.
In jeder linksradikalen Szene wäre Sellner mit seinen zweifellos kreativen Aktionen wahrscheinlich der Star, aber Sellner ist kein Linker. Er steht unter Verfassungsschutzbeobachtung.
Die Tagesschau schreibt: „In einem professionell produzierten Video erklärt Sellner, worum es ihm geht.“ Der Hinweis „professionell“ ist hier als eine Art Warnhinweis gedacht, wie schwergewichtig Sellner schon in der rechten Szene ist.
Die Tagesschau fragt: „Was verbindet Martin Sellner und die AfD?“ Eine interessante Frage, aber noch viel interessanter – jedenfalls unter dem Blickwinkel der Correctiv-Affäre, wo es um Abschiebungen (Remigration) geht – dürfte eine Frage sein, die noch keiner gestellt hat: „Was verbindet Martin Sellner und Angela Merkel?“ Ist das vollkommen abwegig, weil Merkel doch die Mutter der illegalen Masseneinwanderung ist?
Sicherlich. Rückblickend ist allerdings erstaunlich, mit welcher Raffinesse – negativ formuliert: Verschlagenheit – die Kanzlerin ihre bis heute anhaltende Massenzuwanderung inszeniert hat: Merkel hat von 2015 bis 2021 nicht selten auch den verbalen Sellner gegeben.
Merkel tat jahrelang so, als hätte sie ein Interesse daran, die von ihr losgetretene illegale Massenzuwanderung zu beenden, jammerte dabei kontinuierlich, dass ihr allerdings die Hände gebunden seien gegenüber bestimmten „Refugees-Welcome“-Entscheidungen der EU und UN.
Dass sie selbst an diesen Entscheidungen politisch mitgewirkt hatte, war dann die eine Drehung zu viel für das Bauchgefühl vieler Deutscher. Viele sahen weiter eine fleißige alte Dame, die nur vier Stunden schläft, den Rest des Tages allein für Deutschland da ist und über ihre vielen Aufgaben und Sorgen schon Zitteranfälle bekommen hatte – der Papst-Johannes-Paul-Effekt gewissermaßen.
Hier nur ein paar wenige Beispiele aus der Sellnerei von Angela Merkel. Das Material ist so umfangreich, dass es hier nur ein paar Auszüge sein können.
Der Focus titelt am 31. Januar 2016: „Flüchtlingskrise – Merkel an Flüchtlinge: ,Erwarten, dass sie wieder in ihre Heimat zurückkehren'". Dort heißt es:
„Die Bundeskanzlerin erwartet, dass viele Flüchtlinge nur auf Zeit bleiben. (...) Bei allem, was an Integration zu leisten sei, müsse den Betroffenen auch klar gemacht werden, dass es sich um einen temporären Aufenthaltsstatus handele.“
Und weiter:
„Wir erwarten, dass, wenn wieder Frieden in Syrien ist und wenn der IS im Irak besiegt ist, dass Ihr auch wieder, mit dem Wissen, was Ihr jetzt bei uns bekommen habt, in Eure Heimat zurückgeht.“
Merkel betonte in dem Zusammenhang ebenfalls Anfang 2016: „Nahezu keiner der zu uns Kommenden bekommt einen Asylanspruch.“
Zwischenbemerkung:
Einer der großen Widersprüche, den Angela Merkel während ihrer Amtszeit bewusst genährt hat, war der Dissens zwischen Asylrecht und der Idee, mit Asylanten ein angebliches deutsches demografisches Problem zu lösen. Eine Idee, die vom polit-medial-industriellen Komplex, etwa von Mercedes-Chef Zetsche bis Katrin Göring-Eckardt und Julian Reichelt („Bild“-Kampagne „Refugees-Welcome“) gefeiert wurde.
Demgegenüber wühlte die Welt in älteren Rechtsunterlagen und zitierte zwei Staatsrechtler:
„,Ein Grundrecht der Zuwanderer auf die Bereitstellung spezifischer Integrationsleistungen besteht in jedem Fall nicht', heißt es unmissverständlich im maßgeblichen ,Handbuch des Staatsrechts' der renommierten Staatsrechtler Josef Isensee und Paul Kirchhof (3.Auflage, 2007).“
Zurück zu diesem Martin Sellner in Angela Merkel, die im November 2018 vor dem Deutschen Bundestag sprach.
Damals hatte sich Merkel beispielweise explizit dafür eingesetzt, Orte in Afrika zu fördern, wo Migranten hingeführt und von dort aus wieder in ihre Heimatländer geschickt werden:
„Ich war da. Ich war in Niger. Ich habe mir das angeguckt: Die Menschen, die aus Libyen zurückkehren, weil sie unmenschlich behandelt wurden, finden bei der IOM einen Aufenthalt und werden von dort dann wieder zurück in ihre Heimatländer geleitet. Das genau ist es, wie man menschlich mit illegaler Migration umgeht, und genau das ist ein Ansatzpunkt in diesem Pakt, in dem sich Menschen verpflichten, überall mit Menschen vernünftig umzugehen.“
Zum später von Merkel in Marrakesch zugestimmten UN-Flucht- und Migrationspakt versprach die Kanzlerin in der gleichen Rede:
„Es wird übrigens nichts unterzeichnet, nichts unterschrieben; es ist nicht rechtlich bindend, um das alles auch noch mal gesagt zu haben.“
Weiterlesen nach der Werbung >>>
Ihre Unterstützung zählt
2018? War das ein später Erkenntnisgewinn bei Angela Merkel? Nein, denn schon Ende 2015 versprach Merkel ebenfalls in einer Rede vor dem Deutschen Bundestag, dass sie sich für „Hotspots“ und einen EU-Außengrenzenschutz einsetzen werde:
„Ich glaube, wir brauchen die Hotspots; ich bin überzeugt, wir brauchen sie. Sie sind inbegriffen in den Schutz der Außengrenzen.“
Und dann das klare Versprechen der Kanzlerin an die Bürger, dass jeder einzelne abgelehnte Asylbewerber wieder heimkehren muss:
„Aber die Bürgerinnen und Bürger sagen mit Recht auch: Wenn wir ein Rechtsstaat sind, wenn wir ein großzügiges Asylrecht haben, wenn wir die Genfer Flüchtlingskonvention einhalten wollen, wenn wir subsidiären Schutz geben, wenn wir auch noch viele Duldungen ermöglichen, dann erwarten wir aber auch, dass diejenigen, die in einem ebenso rechtsstaatlichen Verfahren als Bewerber auf einen Schutzstatus abgelehnt wurden, das Land wieder verlassen müssen, damit die, die Schutz brauchen, diesen Schutz von uns bekommen.“
Und als einen Erfolg ihrer Politik sagte Merkel Ende 2015:
„Wir haben materielle Anreize verringert, die dazu beitragen könnten, dass Flüchtlinge hierbleiben und versuchen, immer wieder Gründe dafür zu finden, dass sie nicht ausreisen müssen. (...) Es muss geklärt werden: Wer braucht den Schutz, und wer muss unser Land wieder verlassen?“
Aber auch jene, die Asyl bekommen, sollen wieder heimkehren, so Merkel:
„Wenn in Syrien einmal Frieden wäre, dann würden viele derer, die heute einen Aufenthaltsstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention haben, auch wieder zurück in ihre Heimat gehen. Ich plädiere auch dafür, dass wir ihnen nicht einreden, dass sie das nicht tun sollten; denn die Idee, dass man auf der Welt nur in Deutschland gut leben kann, wird von den sieben Milliarden Weltenbürgern nicht geteilt.“
Die Liste der Remigrationsargumente von Angela Merkel als Bundeskanzlerin könnte hier noch lang weitergeführt werden. So abwegig, wie es klingt, so wenig ist tatsächlich von der Hand zu weisen: Die Abschiebevorstellungen aus der Correctiv-Affäre um ein behauptetes „Geheimtreffen“ könnten auch eine Plagiatsammlung aus Statements der Bundeskanzlerin nach 2015 sein.
Statements, deren Motivation allerdings rückblickend eher als lupenreine Täuschung der Bürger dienten, als dass sie tatsächlich in Angriff genommen werden sollten.
In ein ähnliches Horn blasen übrigens viele Kritiker des Vorgehens von Correctiv, die in den sozialen Netzwerken vielfach ein Titelbild des Spiegels verbreiteten, der unter ein Porträt des Bundeskanzlers das Scholz-Zitat geschrieben hatte: „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“.
Zu Recht der Tenor auch hier: Scholz sellnert, wie Merkel in der rückblickend Bewertung gesellnert hat. Das ist auch dem ehemaligen Autor von Tichys Einblick, Hugo Müller-Vogg, aufgefallen. Der allerdings hat sich nach seinem Scheitern bei den Neuen Medien offenbar als pseudokonservativer Wasserträger der Ampelregierung angedient.
Und was Müller-Vogg im Focus geschrieben hat, ist auf besondere Art und Weise perfide. Die Vergleiche mit Scholz – ergo auch mit Merkel – seien, so die Schlagzeile: „Das bösartige Migrations-Argument der rechten Menschenfeinde“. Als geradezu verstörend in seiner Abwegigkeit kann man benennen, welche Bewertung der Autor für dieses so genannte „Geheimtreffen“ vornimmt:
„Die Absicht der rechtsextremen Aktivisten und Politiker von heute ist ebenso eindeutig wie infam: Der deutsche Volkskörper soll, um es im Nazi-Jargon zu formulieren, von minderwertigen Elementen gesäubert werden.“
Und das Fazit eines von allen guten Geistern verlassenen Hugo Müller-Vogg:
„Mit Remigration wird verharmlost, was die Rechtsextremisten mit und ohne AfD-Parteibuch anstreben: die große Säuberung von allem ,Undeutschen'. Die alten Nazis haben, sofern sie noch leben, an ihren Nachfolgern ihre helle Freude.“
Aber warum echauffiert sich Müller-Voog so über alle Maßen? Der Grund ist nahelegend und erinnert an eine Vertuschung: Denn Müller-Vogg hat bei „Tichys Einblick“ lange Zeit satt und ordentlich den Sellner gegeben – und am Ende kann man gerade am Beispiel von Müller-Vogg sagen: Sind wir nicht alle ein bisschen Sellner?
Abschließend hier noch ein paar gesellnerte Zitate von Nazijäger Müller-Vogg bei Tichys Einblick:
„Wer in seiner Heimat weder verfolgt wird noch kriegerischen Auseinandersetzungen samt ihren Folgen ausgesetzt ist, ist kein Flüchtling. (...) Vor diesem Hintergrund ist der bayerische Vorstoß, Asylbewerber ohne Aussicht auf ein Bleiberecht künftig separat unterzubringen, schnell zu überprüfen und gegebenenfalls schnell wieder abzuschieben, kein Ausdruck von Fremdenfeindlichkeit, wie uns die „Lasst-alle-zu-uns-kommen“-Fraktion weismachen will.“
„Wer klare Worte scheut, scheut auch klare Entscheidungen. Oder er will sein eigentliches Ziel vernebeln: die Öffnung der Bundesrepublik für alle und jeden, die sich – aus welchen Gründen auch immer – hier ein besseres Leben versprechen.“
Und am 7. Juni 2017 titelte Hugo-Müller-Vogg ebenfalls bei Tichys Einblick:
„Ein illegaler Migrant droht bei Abschiebung mit Mord – na und?“
Einen Kommentar schreiben
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen. Aufgrund von zunehmendem SPAM ist eine Anmeldung erforderlich. Wir bitten dies zu entschuldigen.
Zur Anmeldung
Kommentare
melden
Kommentar von .TS.
@Hans-Joachim Gille: Konform aufzutreten ist das eine, aber das was die JF heutzutage treibt erinnert doch sehr an die Welt die nach 2015 versuchte eine Gratwanderung für eine Lücke zwischen Merkel-CDU und Meuthen-AfD zu bedienen die es - damals war die WerteUnion praktisch nur Mitgliedern nennenswert ein Begriff - schlicht und ergreifend so nicht gab.
Die Umtriebe und Umfeld der JF gäben sicher gutes Material für einen Bericht hier ab, denn allein an Konformität (wem gegenüber?) kann es nicht liegen, denn den deutlich radikaleren Krautzone-Machern räumt man regelmäßig einen Ehrenplatz in der Zeitung ein, und andere Portale und Zeitschriften haben ohne diese Distanzierung eher höheren Zuspruch.
melden
Kommentar von hans
… nun ja, im Ranking des Bösen dürfte die Verschlagenheit der Ex-FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda, als Kampfreserve der SED-Genossen, einen Spitzenplatz einnehmen.
melden
Kommentar von .TS.
"„Institut für Staatspolitik“ [...], das wiederum auf Dieter Stein und die „Junge Freiheit“ zurückgeht"
Davon scheint man dort partout nichts mehr wissen zu wollen - in den Berliner Redaktionsstuben scheint die Brandmauer ebenso fest zu stehen wie in Merzzweckparteien und Quantitätsjournaillen.
Die Werbegebühren der Anzeigen kassiert man gern ab, aber sonst redet man auch nur über statt mit "denen" während man fragwürdigeren Gestalten wie Palmer, Sarrazin und letztlich reichlich linken Überzeugungstätern bereitwillig ganze Seiten schenkt.
melden
Kommentar von Hans-Joachim Gille
Der Unterschied zwischen Martin Sellner & Angela Merkel ist, daß Martin Sellner auch meint, was Er sagt.
melden
Kommentar von Hans-Joachim Gille
@Karsten Maltinger ... wäre schön, wenn Sie Ihre Prognosen mit Zahlenmaterial unterlegen könnten. Der Schlag von Campact/Corrctic inklusive der Relotius-Kampange gegen Martin Sellner wurde wohl eher gegen die Ampel geführt. Auch schon die lächerliche Reichsbürger-Nummer mit 3.000 Polizisten gegen 25 Rollator-Terroristen mit Steinschleudern war der absoluten Lächerlichkeit preisgegeben, was dem Wahlkämpfer Faeser in Hessen den Absturz brachte. Noch gestern lag die AfD bei Civey für Deutschland bei über 21% & für die EU-Wahl bei über 22%. In jedem AgitProp-Despotismus laufen sich über die Jahrzehnte die immer gleichen Propaganda-Sprüche tot. Das war in der DDR so & ist jetzt auch in der informellen DDR 2.0 so.
melden
Kommentar von pan tau
Ich finde es sehr gut, dass Sie auf Müller-Vogg den Schwerpunkt legen. Analoges erkenne ich z.B. bei Dieter Nuhr. Ich sehe da einen Rassismus der Extraklasse: wenn ich was migrationskritisches sage, ist das von Menschenliebe bzw Seriosität getragen, tut das aber jemand, der das schon länger macht und auch mit mehr Hebelwirkung, dann ist dieselbe Aussage von Menschenhass getragen. Kurz: ich darf kritisieren, aber niemand sonst. Ich vermute das treibende Element ist dabei die Eitelkeit. Denn diejenigen, die authentischer migrationskritisch sind, haben schon ihr entsprechendes Maß Dreck abbekommen. Und von diesem rufschädigenden Dreck möchte man frei bleiben und gleichzeitig die kritische Pose einnehmen wollen. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.
melden
Kommentar von Karsten Maltinger
Von diesem nun bundesweit geführten Schlag wird sich die AfD nicht mehr erholen und mittelfristig im Bund zwischen 16 und 18%p herumdümpeln.
Dies auch, weil in Gestalt des BSW eine Pseudo- und in Gestalt der WU-Partei wohl in wenigen Wochen de facto eine tatsächliche Alternative zur Verfügung steht.
Auch im Saale-Orla-Kreis wird der Blaue Landrats-Kandidat spätestens Ende Januar keine Chance haben.
Es ist allemal unberechtigt und infam, aber "Potsdam" hat die Dinge gewaltig verändert. Anschläge, ja Mordversuche bei AfD-Mitgliedern werden zur neuen Normalität werden.
Ich irre mich nur allzu gerne!
melden
Kommentar von Franz Zotter
"„Wir erwarten, dass, wenn wieder Frieden in Syrien ist und wenn der IS im Irak besiegt ist, dass Ihr auch wieder, mit dem Wissen, was Ihr jetzt bei uns bekommen habt, in Eure Heimat zurückgeht.“"
Dazu gibt es einen äußerst interessanten Artikel auf Info-Direkt:
"Langzeitbetrachtung zeigt: Syrien braucht Remigration!" - "Diese Langzeitbetrachtung von Sebastian Zeilinger zeigt Syrien vor, während und nach dem längst beendeten Krieg."
https://www.info-direkt.eu/2024/01/13/langzeitbetrachtung-zeigt-syrien-braucht-remigration/
Dieser wirklich lesenswerte Artikel überführt das andauernde Framing der Links/Grün/Rot/Schwarz/Woken. Die Aussage von Merkel war damals genauso richtig wie sie es heute noch ist. Die Forderung nach Remigration ist aus vielerlei Blickwinkel nicht nur legitim, sondern auch notwendig. Hier wie in vielen Heimatländern der Migranten auch.