Nach dem Ausscheiden aus der Werteunion

Markus Kralls vergiftetes Abschiedsgeschenk: Ein böser letzter Brief an die Ex

von Alexander Wallasch (Kommentare: 29)

„Ich konzentriere mich auf meine libertäre Programmarbeit in der Atlas-Initiative.“© Quelle: WerteUnion

Markus Krall hat heute Vormittag via X um 8:15 Uhr eine längere Begründung abgeliefert, warum er die Werteunion verlässt bzw. nicht in die Partei eintreten wird.

Ein langes interessantes Telefonat, welches Alexander-Wallasch.de am späten Dienstagabend mit Krall führte, war von ihm letztlich nicht freigegeben worden für die Öffentlichkeit, stattdessen sein Statement heute.

Das ist das gute Recht von Markus Krall. So gehen allerdings die kritischen Fragen ein Stück weit verloren. Beispielsweise jene, warum er nicht gleich verstanden hat, dass er sich mit seiner libertären Wirtschaftspolitik nicht in der Werteunion durchsetzen könnte und warum am Ende ein Anderer dieses Programm geschrieben hat.

Markus Krall hat seine Erklärung in 7 Punkte unterteilt. Seine Enttäuschung ist unüberhörbar. Böswillig könnte man auch ein Nachtreten attestieren; der Werteunion als Scheidender alles Gute wünschen, sieht definitiv anders aus.

In Punkt 1 spricht Krall von einem „drastischen Schritt“. Aber was daran soll drastisch sein, wenn ein Markus Krall nicht mehr mit am Tisch sitzen will? Krall wollte sein Wirtschaftsprogramm durchsetzen, das wurde nicht zugelassen. Einen Kompromiss lehnte Krall offenbar ab, ansonsten wollte er sich nach Selbstbekunden bis zur Bundestagswahl um sein Unternehmen und nicht um die Werteunion kümmern.

Markus Krall geht es jetzt um verbrannte Erde. Denn wer seinen politischen Weggefährten nach der Trennung „Größenwahn“ vorwirft, der ist emotional angeschlagen, der zeigt Vernichtungswillen. Und er zeigt es ganz besonders da, wo er ehemalige Mitstreiter auf eine Weise beleidigt, die man nicht mehr zu seinen Gunsten interpretieren kann, wenn er von „abgehalfterte(n) Unionsgranden“ schreibt, „die sich bisher im Schützengraben nur weggeduckt haben“.

Des Weiteren spricht Krall von „Methodengepäck der Intrige und der Seilschaften“. Das ist der Sound des Verlierers. Dass er selbst gerne sein Süppchen kocht – die Phalanx „Krall - Otte“ muss noch genauer betrachtet werden – lässt er hier gnädig unter den Tisch fallen.

Und Krall schreibt ja selbst, woran es liegt, warum er sich beschwert: „Die zweite Hälfte der Wahrheit ist: Ich war nicht eingeladen.“ Krall war nicht eingeladen. Punkt.

Mutmaßend gilt hier Folgendes: Krall und andere auch haben den Charakter eines Hans-Georg Maaßen falsch gelesen. Das ist ihr Versäumnis. Wenn Krall eine Forderung stellte oder einen Vorschlag machte – vielfach über X – und Maaßen sich dazu nicht geäußert hat, dann war es grundfalsch, dieses Schweigen als Zugeständnis oder als passive Zustimmung zu werten. Diesen Fehler hat Dr. Krall offenbar mehrfach gemacht. Und gestern hat er die Konsequenzen aus seiner Fehleinschätzung gezogen. So einfach ist es dann manchmal.

Unangenehm wird es da, wo der Gehende sich einer größeren Gefolgschaft auf X nicht als begossener Pudel darstellen möchte. So muss man die Erklärung von Krall lesen.

Markus Krall wollte offenbar freie Hand in allen Wirtschaftsfragen. Er schreibt weiter: „Grund Nr. 4: Ich habe keine Lust, gemachte Zusagen immer wieder mit Konflikten auch durchsetzen zu müssen.“ Diese Prokura wurde ihm nicht erteilt.

Ansonsten ist bei Krall leider viel Polemik zu lesen, viel Enttäuschung und letztlich das Eingeständnis einer fundamentalen Fehleinschätzung. Man muss so sagen: So eloquent und interessant sich die 7 Punkte von Krall auch für den einen oder anderen lesen mögen, sie zeugen vor allem nicht von innerer Größe und sind nicht getragen von einer Liebe zu Deutschland, von dem Willen, Teamplayer zu sein, um die Verhältnisse zum Besseren hin zu verändern.

Ist Krall ein Verlust für die Werteunion? Manch einer mag das bis hierher noch gedacht haben. Krall spricht von „Grund Nr. 6: Sex mit der Ex.“

Das ist nur noch für Psychologen interessant. Denn wer 10 Jahre mit einer Frau verheiratet war und nachher jedem erzählt, was sie für eine miese Person ist, der übersieht dabei das Wichtigste, nämlich dass er zehn Jahre mit ihr zusammen war. Und worauf sich „nämlich“ reimt, weiß jeder. Und so jemand will dann nur noch eines: Seiner ehemaligen großen Liebe maximalen Schaden zufügen.

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Hier der Originaltext von Markus Krall von heute früh 8:15 Uhr, ein Dokument des Scheiterns, leider gespickt mit Elementen von Boshaftigkeit.

Warum ich aus der WerteUnion ausgetreten bin.

Mit meiner Austrittserklärung aus der WerteUnion habe ich mich eigentlich sehr kurz gehalten, weil ich nicht vorhatte, große Erklärungen über das warum abzugeben. Dem aufmerksamen Beobachter erschließen sich die Gründe ja eigentlich ohnehin. Aber da andere Stellung genommen haben, mache ich es auch, damit keine Missverständnisse aufkommen.

Was also hat mich zu diesem drastischen Schritt bewogen?

Grund Nr. 1: Der Vorstand der WerteUnion möchte in seiner Mehrheit eine „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“ Partei. Man möchte diejenigen einsammeln, die mit Entsetzen auf die aktuelle Politik blicken, also vor allem auch die Libertären, die Marktwirtschaftler und diejenigen, die noch an ein christliches Menschenbild glauben, aber man möchte dabei programmatisch möglichst unverbindlich bleiben, weil man sich in einem Anfall von Größenwahn schon als neue Volkspartei sieht.

Jedem Wohl und keinem wehe, bloß keinen abschrecken mit Klarheit und Authentizität. Das kann man machen, es ist aber nicht mein Ding und es ist auch keine Politikwende.

Grund Nr. 2: Verschwitzte Socken alter CDU- und FDP-Granden eignen sich nicht als Teebeutel. Die Basis der WerteUnion hat in Erfurt den Vorstand beauftragt eine Partei zu gründen mit dem Ziel einer Politikwende in Deutschland. Selbstverständlich bestand dabei nicht die Erwartung eines Reverse Takeover durch abgehalfterte Unionsgranden, die sich bisher im Schützengraben nur weggeduckt haben.

Genau das ist aber, ohne jede Abstimmung mit der Basis oder auch nur mit den bisherigen regionalen und inhaltlichen engagierten Mitgliedern passiert. Die Parteigründung erfolgte durch einen Personenkreis, der handverlesen war, aber nicht aus dem Kreis der Mitglieder, sondern aus einer Mischung von genehmen Mitgliedern und Funktionären aus den Altparteien, die ihr Methodengepäck der Intrige und der Seilschaften anscheinend gleich mitgebracht haben.

Grund Nr. 3: Ich lasse mich nicht gerne vorführen. Bereits das Interview des Vorsitzenden Ende 2023, in dem er sich von mir distanzierte war kommunikativ nicht einfach zu reparieren. Mit Mühe und weil mir die Sache zu wichtig war, habe ich die Kröte geschluckt und gute Miene zum bösen Spiel gemacht. Dann kam die Parteigründung mit handverlesenen Teilnehmern. Meine Abwesenheit haben wir diplomatisch mit meinem Gesundheitszustand erklärt, wobei die neuen alten CDU-Granden noch nicht mal den Anstand hatten, dieses Narrativ durchzuhalten und stattdessen der NZZ ihre „Erleichterung“ über meine Abwesenheit durchstachen.

Die zweite Hälfte der Wahrheit ist: Ich war nicht eingeladen, offenbar ebenfalls auf Betreiben der neu dazugekommenen ehemaligen CDU- und FDP-Funktionäre im Vorstand. Ich dränge mich nicht auf, wenn ich nicht erwünscht bin, aber ich muss auch nicht so tun, als wäre das in Ordnung. Zur Stilfrage äußere ich mich lieber nicht. Und um eines klarzustellen: Der Grund war ausdrücklich nicht, dass ich kein Amt bekommen habe, denn ich habe keines angestrebt.“

Grund Nr. 4: Ich habe keine Lust, gemachte Zusagen immer wieder mit Konflikten auch durchsetzen zu müssen. Bestes Beispiel ist die Frage des Rechts der Mitglieder des WerteUnion Vereins auf Beitritt in die WerteUnion Partei, wenn sie das wollen. Diese Zusage wurde den kritisch nachfragenden Mitgliedern auf der Hauptversammlung in Erfurt verbindlich gemacht. Dann schreibt man eine Gründungssatzung, die das Gegenteil besagt und eine 15-monatige Wartefrist für alle Eintritte festlegt, ohne klarzustellen, dass das für die bisherigen Mitglieder des Vereins nicht gilt. Auf meinen Protest wurde dies mir gegenüber zwar per E-Mail klargestellt, gegenüber der Masse der Mitglieder aber bis heute nicht.

Grund Nr. 5: Lippenbekenntnisse ersetzen keine freiheitliche Programmatik. Das Gründungs-Programm trägt zwar den Titel „wir wählen die Freiheit“, was schon mal gut klingt, aber das Wirtschaftsprogramm, das eigentlich von mir geschrieben werden sollte, ist eine Sammlung von Copy-paste Texten aus den Programmen der anti-marktwirtschaftlichen Altparteien, nur notdürftig korrigiert an den Stellen, wo ich lautstark genug protestiert habe. Die WerteUnion will die Libertären als Kernklientel an Bord haben, aber ihre Führung ist nicht bereit, einem wirklich marktwirtschaftlichen Programm im Sinne Ludwig Erhards ihre Zustimmung zu geben, ganz im Gegensatz zur Basis der WerteUnion, die mehrheitlich libertär denkt.

Grund Nr. 6: Sex mit der Ex. Das Interview zum Thema „Premiumpartner“ CDU hätte man eigentlich als eine weitere von etlichen kommunikativen Fehlleistungen abtun und ad acta legen können und auf meine Nachfrage wurde es mir dann auch so erklärt, dass wieder einmal rauskam, dass nicht das gemeint war, was alle Zuschauer verstanden haben.

Letztlich soll es das Ziel gewesen zu sein, sich nicht als Anhängsel der AfD zu präsentieren und klarzumachen, dass die WU mit dem rechten „Flügel“ der AfD nichts gemein hat und eine Koalition mit der WU nicht zum Nulltarif zu haben ist und die Partei im Übrigen mit allen spricht. Auch sei mit „Premiumpartner“ natürlich nicht DIESE CDU, nicht die Merkel-Merz-Partei gemeint gewesen, sondern eine reformierte, gewendete, wieder echte CDU.

Alles gekauft, aber wenn das gemeint war, warum sagt man es nicht einfach so? Stattdessen ist das Ergebnis eine neue Brandmauer in den Köpfen, ein Infragestellen der echten Politikwende in Deutschland. Da fragt man sich, wozu sich die WU hätte abspalten sollen, wenn noch die Aussicht besteht, dass die CDU zu ihren Wurzeln zurückkehrt.

Und dass soll ich, der nicht einmal ein Amt in der WU angestrebt hat, dann den Leuten erklären, die bei mir Sturm laufen? Houston, wir haben ein Problem, das ich nicht lösen kann.

Grund Nr. 7: Menschlicher Anstand. Die neu hereingeholten CDU- und FDP-Granden merken das vielleicht selbst gar nicht mehr, weil sie jahrzehntelang in einem Ökosystem der Intrige, der Seilschaften, des Machtstrebens und der Arroganz operieren mussten. Die Evolutionstheorie sagt ja: In einem Ökosystem überleben nicht die stärksten, sondern die am besten angepassten. So wird dann auch agiert und ich bin zu alt und zu stur für solche Spielchen.

Fazit: Man kann natürlich der Meinung sein, dass das alles Petitessen sind, die meine Entscheidung nicht rechtfertigen. Man kann mir vorwerfen, dass ich irgendwann eine Frist gesetzt habe, um die schlimmsten Auswüchse zu korrigieren („Ultimatum“) und dass man so was nicht tut. Alles geschenkt. Ich denke, jeder, der nun meine Gründe kennt, kann für sich entscheiden, ob er es auch so gemacht hätte oder nicht. Sine Ira et Studio.

Wie geht es weiter? Ich konzentriere mich auf meine libertäre Programmarbeit, in der Atlas-Initiative und in meiner publizistischen Tätigkeit. Der Tag kommt, an dem dieses Land reif ist für echte Reformen. Dann werden wir inhaltlich vorbereitet sein.

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