Kunstpreis für Mordversuch?

Jetzt spricht der Jurist: Es gibt keine Unschuldsvermutung für Blutkünstler

von Alexander Wallasch (Kommentare: 3)

© Quelle: Youtube/BR, Screenshot

Der 27. Bundespreis für Kunststudierende geht an eine des Mordversuchs angeklagte linksextremistische Schwerkriminelle. Die Nürnberger Kunstakademie selbst hatte Hanna S. vorgeschlagen. Ein Solidaritätsakt für Mordversuche. Die Akademie beruft sich auf die Unschuldsvermutung. Anwalt Dirk Schmitz im Interview mit Alexander Wallasch.

Hanna Schiller wurde vom Generalbundesanwalt wegen brutaler Mordversuche und der Gründung einer kriminellen Vereinigung angeklagt. Zeitgleich wird die Antifa-Kriminelle als „Künstlerin“ gefeiert und mit 30.000 Euro Preisgeld plus 18.000 Euro für eine Ausstellung belohnt. Ist das die neue Moral der Eliten? Der Staat stellt sich hier selbst an den Pranger.

Rechtsanwalt Dirk Schmitz ist dazu im Gespräch mit Alexander Wallasch:

Als Autoren des Artikels über die Preisverleihung an die wegen Mordversuchs angeklagte Hanna Elisabeth Schiller haben wir Post bekommen von der Nürnberger Kunstakademie, die schreibt, sie sei als staatliche Institution der politischen Neutralität verpflichtet. Im Fall von „Hanna S.“ gelte die Unschuldsvermutung.

Das ist Hausfrauenlogik. Die Unschuldsvermutung ist ein klarer juristischer terminus technicus. Diese ist in Artikel 6 Absatz 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und indirekt in Artikel 20 des Grundgesetzes geregelt. Das ist eine rein strafrechtliche Verfahrensvorschrift. Das heißt, wenn jemand angeklagt ist, gilt er bis zum Zeitpunkt seiner rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.

Warum das natürlich Unfug ist im normalen Leben: Wenn es wirklich ausnahmslos gelten würde, dürfte niemand in Untersuchungshaft kommen, denn der gilt ja auch als unschuldig bis zu seiner strafrechtlichen Verurteilung. Auch dürfte die Staatsanwaltschaft nie beschlagnahmen. Ein Schirm mit vielen Löchern – wenn es passt. Der Staat schränkt die Unschuldsvermutung zum Schutz höherwertiger Rechtsgüter regelmäßig ein. Also z.B. bei Gefahr für Leben und Gesundheit oder Fluchtgefahr.

Wenn eine staatliche Hochschule meint, sie kann Preise an „Blutkünstlerinnen“ verleihen, dann hat sie die strafprozessuale Unschuldsvermutung schlicht nicht verstanden. Hier ist diese schon negativ teilobjektiviert, denn ein Gericht hat einen Haftbefehl ausgestellt.

Für einen Staat der Totschläger und Mörder mit „dringendem Tatverdacht“ ehrt, gilt der Satz des Heiligen Augustinus: „Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande?” Die Unschuldsvermutung als rein strafprozessuale Verfahrensvorschrift ist kein allgemeiner Grundsatz staatlichen Handelns.

Aber wenn Sie von „Blutkünstlerin“ sprechen, ist das doch auch eine Vorverurteilung?

Das ist mein persönliches Werturteil. Und ich kann das äußerungsrechtlich untermauern. Sie hat mit einer Gruppe unbewaffnete Menschen mit einem Hammer angegriffen, Leute auf den Kopf geschlagen und dabei deren Tod billigend in Kauf genommen. Sie hatte den Wunsch zu töten. Wir haben einen dringenden Tatverdacht, also mehr als einen hinreichenden Tatverdacht, der für eine Anklage reicht. Ein dringender Tatverdacht ist nicht irgendwas, der ist gerichtlich vorgeprüft.

Welche Rechte sind denn Menschen entzogen, wenn man eine Straftat begangen hat und verurteilt wird? Wie sieht es mit dem Wahlrecht aus?

Das kommt darauf an, in welchem Umfang. Nach § 45 Absatz 1 des Strafgesetzbuches (StGB) verliert eine Person automatisch das passive Wahlrecht für fünf Jahre, wenn sie wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurde. Ein Verbrechen ist eine Straftat, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr bedroht ist. Zusätzlich kann das Gericht gemäß § 45 Absatz 2 StGB bei bestimmten Straftaten das passive Wahlrecht für zwei bis fünf Jahre aberkennen, wenn dies gesetzlich vorgesehen ist.

Was ist in Haft erlaubt, was ist ausgeschlossen?

Ich darf in der Untersuchungshaft heiraten und ich darf nach deutschem Recht in der Untersuchungshaft sogar im richtigen Gefängnis Sex haben. Das kann sogar im Einzelfall verfassungsrechtlich geboten sein. In den USA ist die Rechtslage komplett anders. Da kann ich selbst aus dem Gefängnis heraus für das Amt des amerikanischen Präsidenten kandidieren und gewählt werden. Und im Wahlfalle muss ich entlassen werden.

Aus welchem Grunde ist das so?

Die Verfassung der Vereinigten Staaten sieht drei Möglichkeiten vor, die jemand einhalten muss, um als Präsident zu kandidieren: Er muss älter als 35 sein, 14 Jahre in den USA leben und „natural born“, also auf US-amerikanischem Boden geboren sein. Die amerikanische Verfassung fragt nicht, ob jemand rechtskräftig verurteilt worden ist. 1920 hat ein Kandidat aus dem Knast heraus als US-Präsident kandidiert. Die Ehrenrechte können in den USA – auch das passive Wahlrechte – nicht aberkannt werden, weil der höchste Souverän das Volk ist und kein Organ des Volkes an seiner Stelle sagen darf, wer kandidieren darf. Echte Demokratie. Der Volkssouverän ist dort immer höher zu bewerten als irgendein Gericht.

Jetzt noch mal zurück nach Bayern, nach Nürnberg, in die Akademie der Künste, die ja keine private Akademie ist. Welchen Zusammenhang gibt es da mit der Landesregierung?

Die Akademie in Bayern ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und unterliegt direkt der Rechtsaufsicht der Landesregierung Bayerns. Und damit unterliegt sie direkt der Verfassung. Und die Verfassung schützt das Leben und die Freiheit der Menschen als Teil der objektiven Rechtsordnung. Eine Staatsherrschaft, die Straftäter ehrt, hat sich der Grundordnung selbst entzogen, indem sie Mord und Mordversuch gesellschaftsfähig macht. Diese objektive verfassungsrechtliche Werteordnung schützt jedes Menschenleben vor rechtswidrigen Angriffen. Und ein Staat, der Menschen ehrt, die wegen Mordversuchs einsitzen, hat sich selbst von dieser Werteordnung verabschiedet. Dieser Staat wird nur noch durch seine Normen und seine Bajonette geschützt, nicht mehr von einer Ethik oder Moral.

Das zielt direkt auf Ministerpräsident Söder. Hätte er da eingreifen können?

Ich halte Herrn Söder für einen jämmerlichen Politiker, denn er stellt sich nicht hin und sagt: Wir selbst wünschen nicht, dass solche Preise verliehen werden an Menschen, die wegen Mordversuchs einsitzen. Aber nachdem Söder sich verkauft hat an die Grünen und an die SPD ist offensichtlich, was hier passiert ist.

Jetzt könnte Herr Söder morgen sagen, er habe von alledem nichts gewusst?

Er kann immer noch handeln. Er hat bis heute noch nicht einmal eine Erklärung abgegeben.

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Gibt es irgendeine moralisch-ethische Komponente in dieser Geschichte?

Noch einmal: Der Staat muss der Beschützer der objektiven, grundrechtlichen Werteordnung sein, die das menschliche Leben schützt. Das ist die Grundvoraussetzung. Wenn ich das Leben der Menschen nicht schütze, ist die Fragestellung, wie die Meinungsfreiheit zu bewerten ist oder das Persönlichkeitsrecht nur noch akademischer Natur. Ein Staat, der sich nicht klar vor das Leben stellt gegen Mordversuch und den Täter noch durch eine Ehrung moralisch unterstützt, indem er sagt, aber künstlerisch ist es gut, hat aus meiner Sicht jede Legitimation verloren.

Wir drehen uns ein bisschen im Kreis, weil die Universität an der Stelle ja sagt, hier gilt die Unschuldsvermutung?

Nein. Noch einmal: Die Unschuldsvermutung ist eine strafprozessuale Verfahrensvorschrift. Es gibt keine Unschuldsvermutung für Staatsorgane, die Ehrungen an Mordtäter vollzieht. Tat und Täter sind bei Vorsatzdelikten nicht zu trennen. Denn sonst könnte ich ja morgen den Reichstag anzünden. Das hat es ja schon mal gegeben, und ich sage, das hätte mich irgendwie künstlerisch massiv motiviert zu einem schönen Feuerbild. Und solange ich strafrechtlich nicht verurteilt bin, ehrt mich der Staat für dieses Feuerbild mit dem Bundeskunstpreis. Nur künstlerisch. Ja, ich habe da ein kleines Störgefühl.

Es ist ja nicht nur so, dass die Frau hier einen Preis verliehen bekommt, der mit 30.000 Euro dotiert ist. Dazu kommen 18.000 Euro für die Ausrichtung einer Ausstellung. Diese Ausstellung findet im Bonner Kunsthaus statt, im November dieses Jahres. Hier ist ja auch die Frage: Ist das in Anwesenheit der Künstlerin? Wird sie dafür freigestellt, vielleicht von ganz oben?

Es ist generell strafvollzugsrechtlich denkbar, wenn sie einsitzt, Hafturlaub zu bekommen oder beispielsweise eine begleitete Freistellung, um dahin zu gehen. Das müsste dann ein Gericht oder ein Staatsanwalt entscheiden.

Das heißt, da wird im November jemand für eine künstlerische Arbeit gefeiert, der parallel vom Generalbundesanwalt wegen mehrfachen Mordversuchs angeklagt ist und wegen Gründung einer terroristischen Vereinigung?

Genau. Also für die RAF-Terroristen und Hitlers „Mein Kampf“ bitte den Literaturnobelpreis.

Es gab mal einen RAF-Terroristen, der einen Polizisten niedergeschossen hat, der war in seiner Parallelwelt Autor und Künstler und hat im Knast Preise verliehen bekommen. Passiert hier eine Art RAF-Reload 2.0?

Es passiert etwas viel Schlimmeres. Der Staat unterscheidet zwischen moralisch erlaubten Angriffen auf Rechte, also auch mit Blut und Tod, und auf der anderen Seite verbietet er minimalste Grenzverletzungen nach rechts. Deshalb ist dieser Staat langsam zur zitierten Räuberbande verkommen. Das Prinzip der Rechtsanwendungsgleichheit ist schon heute faktisch entfallen.

Diese Frau ist ja bekennende Antifa. Und diese Antifa hat ja beispielsweise während des gesamten Corona-Regimes auf jeder Demonstration auf der Seite des Staates geschlagen und mit Gewalt gedroht.

Die Antifa ist heute in vielen Funktionen praktisch nichts anderes als der verlängerte Arm des Staates, wie die SA nach 1933. Hier wird die Antifa von der Regierung dreckige Aufgaben, die der Staat selbst noch nicht durchführen kann. Das ist das, was immer öfter sichtbar ist.

Jetzt sind die Mordversuche nicht in Deutschland begangen worden, sondern in Budapest, Ungarn.

Mordversuch ist sowohl in Ungarn als auch in Deutschland strafbar. Also insoweit unterscheidet sich die Fragestellung erst mal nicht. Die Ungarn haben von Deutschland die Auslieferung der Dame gefordert, weil der Tatort Ungarn war. Und die Deutschen haben in einem Fall ausgeliefert („Maja“) und in einem Fall nicht. Das ist das, was passiert ist.

Das ändert aber erst mal nichts an der Rechtsproblematik. Wenn die Deutschen jetzt jemanden, der in Ungarn versucht, jemanden zu ermorden, freisprechen aus politischen Gründen, dann würde die europäische Fragestellung entstehen: Kann man der deutschen Justiz überhaupt noch ausliefern? Oder versucht sie einfach nur, alle linken Mörder und Versucher wieder freizulassen?

Wie ist das nach europäischem Recht? Wenn Deutschland freispricht, kann Ungarn dann noch verurteilen?

Wenn sie die erwischen, ja. Nehmen wir den Extremfall, die Dame würde nach Freispruch noch mal nach Ungarn einreisen, dann könnten sie die Frau dort verhaften und das deutsche Urteil für „unanwendbar“ erklären. Das wäre juristisch nicht uninteressant.

Das heißt, wenn sie nach Budapest zu einer Ausstellung eingeladen wird, sollte sie dem Wunsch lieber nicht entsprechen?

Ich würde das empfehlen als Anwalt. Also die Kernfrage wäre in dem Fall: Es gibt den Grundsatz, dass man wegen der gleichen Tat nicht zweimal angeklagt und verurteilt werden kann. Aber das richtet sich normalerweise nur an das Rechtssystem, das konkret verurteilt hat. Die Ungarn haben aber noch gar nicht verurteilt.

Jetzt wäre die spannende Rechtsfrage: Müssen sich die Ungarn daran halten, dass die Deutschen schon mal Unrecht im Sinne von Freispruch begangen haben?

Aus meiner Sicht ist das höchstrichterlich nicht geklärt. Also europarechtlich. Und selbst wenn – ob sich dann die Ungarn an das Europarecht halten würden, da bin ich mir auch nicht sicher. Das wäre auch nicht in Ordnung.

Was geben Sie der Akademie als Jurist mit auf den Weg für die Zukunft?

Die Akademie soll einfach aufgelöst werden, weil es eine zutiefst kranke Einrichtung ist. Ein staatliches Organ – die Akademie – das aus künstlerischer Sicht Mordverdächtige für geeignete Preisträger hält, diese vorschlägt, hat sich aus dem Kreis anständiger Menschen verabschiedet – die Delegitimation des Staates durch den Staat.

Danke für das Gespräch

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