Die Strafanzeige als politisches Instrument

Hinter Gitter soll er: Kiesewetter schreibt Anzeige gegen Wagenknecht und Lafontaine

von Alexander Wallasch (Kommentare: 3)

„Die müssen eigentlich hinter Schloss und Riegel, weil unser Grundgesetz den Aufruf zum Krieg unter Strafe stellt"© Quelle: Youtube/ NDR Screenshot

Medien berichten, Roderich Kiesewetter habe Strafanzeigen gegen Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine gestellt. Beide wollen den CDU-Politiker am liebsten hinter Gittern sehen. Zu Recht?

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Aktualisierung: Nach neuesten Meldungen des ZDF soll Roderich Kiesewetter erklärt haben, keine Anzeige erstattet zu haben, die verschiedenen Medienberichte seien allesamt falsch. Die Büros  der mutmaßlich beteiligten Abgeordneten waren am Vormittag allesamt telefonisch nicht erreichbar!

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Konkret soll es um Äußerungen auf einer Wahlkampfveranstaltung am 27. Mai in Saarbrücken gehen. Kiesewetter sei es dabei, so berichtete beispielsweise das Portal Bloomberg.com, um eine Anzeige wegen Volksverhetzung gegangen.

Was war für Kiesewetter der Anlass für diese Anzeigen? Wagenknecht wird mit folgenden Worten in Richtung Ukraine-Politik des CDU-Politikers zitiert: „Das ist doch ein Wahnsinn. Solche Menschen muss man stoppen. Die darf man doch nicht weitermachen lassen.” Kiesewetter trage „den Krieg nach Deutschland“, soll die BSW-Chefin auf besagter Wahlkampfveranstaltung gesagt haben.

Begründet habe Wagenknecht es mit Kiesewetters Forderung eines Einsatzes deutscher Waffen gegen Ziele auf russischem Territorium.

Der ehemalige Vorsitzende von SPD und Linkspartei, Oskar Lafontaine, soll in Saarbrücken gleich nach Wagenknecht gesprochen haben. Er kassierte für seine dort getätigten Aussagen gegen Kiesewetter ebenfalls eine Strafanzeige des CDU-Politikers.

Lafontaine habe gesagt, Kieswetter spiele mit dem Feuer, wenn er fordere, Deutschland solle „Raketen nach Moskau schicken und dort Ministerien zerstören“. Dabei erinnerte Lafontaine daran, dass man laut Grundgesetz nicht zum Krieg aufrufen darf, das stehe unter Strafe:

„Die müssen eigentlich hinter Schloss und Riegel, weil unser Grundgesetz den Aufruf zum Krieg unter Strafe stellt.”

Kiesewetter sei verrückt, so Lafontaine, der CDU-Politiker wolle den offenen Konflikt mit der Atommacht Russland und riskiere damit den Dritten Weltkrieg.

Eine SW-Sprecherin beantwortete eine Anfrage von Bloomberg dahingehend, dass Wagenknecht und Lafontaine lediglich bei ihren Anhängern dafür geworben haben, „bestimmte Positionen mit ihrer Wahlentscheidung zu stärken bzw. zu stoppen.” Die Unterstellungen von Kiesewetter seien, so die Sprecherin, „perfide und eine Unverschämtheit”.

Roderich Kiesewetter war zuletzt in die Schlagzeilen geraten, als er bei einer Wahlkampfveranstaltung in Aalen einen Mann mit dem filmenden Handy verfolgt haben soll, weil der ihn „Kriegstreiber“ genannt habe. Ein von Kiesewetter behaupteter Angriff des Mannes gegen ihn wurde von diesem als Stolperer erklärt, weil Kiesewetter vor ihm zurückgewichen und deshalb in eine Hecke oder ein Beet gefallen sei.

Kiesewetter hatte kurz nach dem von ihm behaupteten Überfall via X mitgeteilt:

„Vielen Dank Euch allen für Eure Anteilnahme. Es war heftig, aber mir geht es soweit gut. Ich halte weiter Kurs ganz besonders für die Unterstützung der Ukraine. Euer Zuspruch gibt Kraft, weiter gemeinsam für Demokratie & Freiheit einzustehen!“

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Schnell waren Medien mit der Information zur Stelle, die im Gegenüber von Kiesewetter jemanden aus der „Querdenker-Szene“ identifiziert haben wollen.

Jetzt müssen also Gerichte klären, ob die Aussagen von Wagenknecht und Lafontaine strafbar waren. Das erinnert an das Vorgehen der FDP-Politikerin Strack-Zimmermann, die in Sachen Ukrainekrieg ähnliche Positionen vertritt wie Kiesewetter. Strack-Zimmermann schreibt Anzeigen im Akkord, widmet sich dabei aber in der Regel Kommentaren von X-Nutzern gegen sie und nicht prominenten Politikern wie Wagenknecht und Lafontaine.

Kiesewetter bestätigte die Anzeige indirekt, als er auf Anfrage eine Stellungnahme ablehnte und dabei auf laufende Ermittlungen verwies.

Überraschend an dem Fall ist weniger die Anzeige als die Erwähnung der Anzahl der Zuhörer in Saarbrücken, die gerade einmal bei 300 Personen gelegen haben soll. Hier wird noch einmal deutlich, wie werbewirksam jeder Fernsehauftritt der Parteigründerin für das BSW eigentlich ist.

Aber kurz zurück zu den Strafanzeigen. Die sind mittlerweile inflationär geworden. Dabei sind die vielen neuen Meldestelle gar nicht mitgezählt, die ebenfalls vielfach in Strafanzeigen münden.

Die Frage, die sich hier stellt: Sind es mehr Meldungen oder mehr tatsächliche Vorkommnisse? Gemessen am Wachstum der so genannten sozialen Medien ist eines sicher: Immer mehr Nutzer kommentieren immer mehr. Rein rechnerisch muss es demnach zwangsläufig zu mehr Aussagen und mehr Anzeigen kommen von Leuten, die sich beleidigt fühlen bzw. beleidigt wurden.

Was allerdings an den Aussagen von Wagenknecht und Lafontaine justiziabel sein soll, erschließt sich dem Laien nicht und macht viel mehr den Eindruck, von der Meinungsfreiheit gedeckt zu sein.

Zur Wahrheit gehört allerdings ebenfalls dazu, dass es auch aus regierungskritischen Kreisen eine neue Anzeigenflut gibt. Wer etwa in Telegram mit einer Reihe dort populärer Anwälte ehemalig aus der Corona-Maßnahmenkritik verbunden ist, der erlebt nicht einen Tag, an denen nicht einer der Herren dort eine Anzeige schreibt und darüber anschließend breit berichtet. Selbstredend ist das für einen Anwalt einfacher.

Aber erfolgreich waren auch hier die wenigsten Anzeigen, fast alle wurden anschließend abgewiesen, aber da interessierte es schon keinen mehr, was daraus eigentlich geworden ist. Die Strafanzeige als politisches Instrument.

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