Deutschland im Courage-Notstand

Gewaltbereite Zuwanderer in Klinik – Chefarzt redet lieber von „Deeskalation in uns selbst“

von Alexander Wallasch (Kommentare: 9)

Dass unser Team so gut arbeitet, verdanken wir Mitarbeitenden mit Migrationshintergrund!© Quelle: Pixabay / Hamiltonpaviana

Anfang Juli interviewt der Focus den Chefarzt einer Klinik in Gelsenkirchen. Reißerisch titelt das Blatt: „Chefarzt packt über aggressive Patienten aus“. Macht er das wirklich?

Wer zuletzt mal wieder beim Arzt war, in die Notfallaufnahme oder ins Krankenhaus musste, der ahnt, was jetzt kommt. Der weiß – insbesondere aus den Notaufnahmen – welche aggressiven und übergriffigen Problemstellungen sich dort mittlerweile mit überwiegend arabisch-stämmigen Patienten und ihren Angehörigen aufgetürmt haben.

Und wer nicht zum Arzt muss, der erfährt aus den Medien, dass mittlerweile sogar Selbstverteidigungskurse für Krankenhauspersonal veranstaltet werden und Wachschutzunternehmen aufpassen müssen, dass Patienten behandelt werden können, ohne dass die männliche Verwandtschaft randaliert und Pfleger und Ärzte terrorisiert.

Der Titel des Focus verspricht hier Aufklärung. Und es gibt einen mutmaßlich kompetenten Gesprächspartner. Was man da allerdings geboten bekommt, schlägt sprichwörtlich dem Fass den Boden aus.

Der Focus beginnt wie folgt:

„Immer öfter kommt es in der Klinik für Akut- und Notfallmedizin im Evangelischen Klinikum Gelsenkirchen (EVK) zu aggressiven und gewaltigen Übergriffen durch Patienten und Angehörige. Chefarzt Norman Hecker vertritt hier eine „Null-Toleranz-Strategie“ – und hat sich die Vorfälle genauer angesehen.“

Das Magazin fragt Norman Hecker, er ist Chefarzt der Klinik für Akut- und Notfallmedizin im Evangelischen Klinikum Gelsenkirchen (EVK), was ihn antreibe. Heckers Antwort:

„Mein Team. Ich habe gewissermaßen einen Auftrag bekommen und reagiert. Salopp: Schultern breit, nach vorne treten.“

Das Problem nur: Hecker schildert die Übergriffe, ist aber an keiner Stelle des Interviews bereit, tatsächlich Ross und Reiter zu nennen. Ein Interview wie eine verlängerte Polizeimeldung mit der Auflage, bloß nichts über die Tätergruppe auszusagen. Salopp meint Hecker: „Wir müssen das Gespenst unterm Bett suchen, sage ich immer.“

Der Focus hakt nach: „Warum unterm Bett?“ Hecker: „Wir müssen das Problem aus dem Schatten ins Licht holen, vielleicht trifft es das besser.“

Und so eiert dieses unsägliche Maulheld-Interview herum und herum und will einfach nicht bei der mutmaßlichen Tätergruppe landen. Keiner der Gesprächspartner traut sich wirklich. Versachlichen möchte Norman Hecker. Eine Worthülse frisst hier die nächste. Und der Focus will auf keinen Fall als erster mit der mutmaßlichen Tätergruppe anfangen. Der große Elefant wird größer und größer.

Aber ein paar Zahlen liegen auch in Gelsenkirchen auf dem Tisch: Von Februar 2023 bis Dezember 2023 gab es mehr als 300 gemeldete Übergriffe auf die Mitarbeiter der Klinik für Akut- und Notfallmedizin. Die Dunkelziffer dürfte um einiges höher liegen, viele Fälle werden gar nicht mehr zur Anzeige gebracht oder intern vermeldet. Ja, ein spezielles Übergabebüchlein gibt es mittlerweile, wo Mitarbeiter beim Schichtwechsel ihre Erlebnisse dokumentieren können. Wäre dieses Büchlein dem Focus vorgelegt worden ... Wurde es aber nicht. Und das Blatt fragt nicht danach.

Die wenig hilfreiche und unsägliche Stuhlkreis-Dialektik ist beim Chefarzt besonders stark ausgeprägt:

„Und dann gibt es den oft hochemotionalen Handlungsstrang auf Patienten- und Angehörigenseite, der ist geprägt durch Sorgen, Ängste und Frust. Natürlich kommen dann noch Drogen, Alkohol, psychiatrische Grunderkrankungen oder Demenz dazu. Aber die wesentliche Ursache für Eskalationen liegt eben meist im psychologisch-emotionalen Bereich.“

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Seit Juli 2022 laufen in besagter Klinik „Maßnahmen wie Antiaggressions- und Deeskalationstrainings“.

Nochmal: Wer ist die Tätergruppe? Diese zu identifizieren ist wichtigstes Instrument, die Angriffe einzustellen. Aber nichts passiert in diesem Interview. Ein Notknopf am Diensthandy der Mitarbeitenden wurde installiert.

Norman Hecker spricht weiter davon, dass es ja auch Polizei und Rettungskräfte betreffe. Aber in dem er sich weiter verweigert, im Interview die Tätergruppe klar zu benennen, wie sie ihm von seinen Mitarbeitern immer wieder mitgeteilt wird, nimmt er pauschal alle Deutschen mit in Haftung für etwas, das mutmaßlich mit der Massenzuwanderung ab 2015 eskaliert ist.

Der Focus bleibt zunächst weiter im Eierlauf: „Wo genau liegt für Sie das eigentliche, tiefere Problem?“ Hecker: „Die Gesellschaft ist an einigen zentralen Fragen fast schon heillos zerstritten.“

Dann endlich traut sich der Focus ganz zaghaft – da ist das Gespräch fast schon vorbei – und fragt nach Problemen mit Migranten.

Aber was antwortet der Chefarzt der Klinik? Spricht er Tacheles, wie er es die ganze Zeit immer wieder angekündigt hat? Hier die Antwort von Norman Hecker:

„Dieses Thema beschäftigt uns natürlich. Ein populäres Argument ist: Die Zunahme der Gewalt liegt an der Zuwanderung – aber das ist leicht gesagt. Man darf den Blick nicht verengen, Migration ist schließlich vielfach auch Teil der Lösung. Schauen Sie: Wenn wir alle Menschen mit Migrationshintergrund nach Hause schicken würden, könnten wir unseren Klinikbetrieb hier morgen dicht machen. Dass unser Team auch unter den erschwerten Bedingungen so gut arbeitet, verdanken wir nicht zuletzt den vielen hervorragenden Mitarbeitenden mit Migrationshintergrund!“

Angst um den Ruf seiner Klinik kommt noch hinzu:

„Als die ersten Mitarbeitenden sich in den Medien geäußert haben, haben sie prompt teils sehr unschöne Kommentare kassiert. ,Selbst Schuld, wenn du in einem solchen Sch… Krankenhaus arbeitest'."

Er kommt nicht aus der Deckung. Weiß er nicht um die Gefahr der unterlassenen Hilfeleistung, wenn er die Täter nicht deutlich benennt? „Ich bin mir der erneuten Gefahr der Stimmungsmache durch ein Interview wie dieses bewusst. Aber es hilft nichts: Wir müssen raus aus der Deckung. Sonst bewegt sich nichts“, meint Chefarzt Hecker.

Aus der Deckung kommen meint in diesem Fall, darauf zu verweisen, dass man viele Mitarbeiter mit Migrationshintergrund habe. Also dürfe man die randalierenden und kriminellen Zuwanderer nicht offen thematisieren. Aber was ist das für eine Diffamierung der eigenen Mitarbeiter mit Migrationshintergrund? Sie werden hier von ihrem eigenen Chefarzt mit Kriminellen und Psychopaten in einen Topf geworfen als irgendwie Wesensverwandte.

Wie endet Chefarzt Norman Hecker im Focus-Interview? Er streift sich und allen seinen Klinikmitarbeitern das Büßerhemd über:

„Auch wir haben erkannt, dass wir mehr als früher dazu neigen, emotional zu reagieren. Manchmal auch: über zu reagieren. Das ist ungut. Wir müssen daher ans uns und unseren Fähigkeiten in diesem Bereich arbeiten, jeden Tag – an der Deeskalation des Gegenübers, aber auch an einer gewissen Deeskalation in uns selbst.“

Muss man sich hier neben der schlechten Bezahlung noch wundern, dass immer weniger Menschen bereit sind, in Pflegeberufen zu arbeiten? Wir haben einen Pflegenotstand. Aber wir haben vor allem einen Courage-Notstand.

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