Überraschungsbesuch der Kripo

Frisch aus Klinik: Gewaltopfer Lena wird 3 Stunden als Täterin verhört

von Alexander Wallasch (Kommentare: 16)

"Soll Deine Mama dabei sein oder möchtest Du Dir das zutrauen?"© Quelle: Pixabay/Fleimax, Bildzeitung, Screenshot, Montage: Wallasch

Die Mutter exklusiv im Interview mit Alexander-Wallasch.de über einen unangekündigten Besuch: "Die Fragen waren für die Mädchen manchmal sehr schwierig zu beantworten. Die fanden allgemein die Situation sehr unangenehm, weil das ja auch direkt aufgezeichnet wurde alles."

Sie haben gestern unangemeldet Besuch von der Kriminalpolizei bekommen. Worum ging es da?

Ich habe mein Kind gestern aus dem Krankenhaus abgeholt. Dann hatten wir natürlich alle Hunger, waren noch kurz was essen und kamen nach Hause. Und dort stand dann die Kripo.

Lena ist entlassen worden gestern?

Genau. Da waren wir erstmal froh. Lena war natürlich voller Vorfreude auf zu Hause: Endlich nicht mehr auf dem Zimmer liegen. Und dann kamen wir nach Hause und wurden schon erwartet.

Gibt es Auflagen vom Krankenhaus, was jetzt zu Hause noch zu beachten ist?

Ja, eine ganze Menge. Also Lena darf nur ganz minimal eingeschränkten Medienkonsum haben, damit sie ihren Kopf nicht überanstrengt. Sie darf kein E-Scooter fahren, sich nur zu Fuß und mit zwei Personen draußen bewegen und sanft spazierengehen.

Gibt es denn auch noch Medikamente, die sie einnehmen muss?

Lena muss drei verschiedene Schmerzmittel nehmen. Viermal täglich und noch einen Magenschutz, damit die Medikamente den Magen nicht kaputtmachen und einen Hustenreizstiller.

Jetzt kommen Sie nach Hause und werden schon von zwei Kripobeamten erwartet?

Wir hatten ja erst noch etwas gegessen und dann klingelte mein Handy. Und dann sagten die Beamten: Hier Kripo so und so, wir würden gerne mit Ihnen sprechen. Wir stehen schon vor der Haustür.

Das heißt, die wussten schon, das Lena entlassen wird?

Es scheint mir so, weil woher sollten sie es sonst wissen? Und dann standen die Beamten da und wir standen da. Da war ich erstmal perplex, dass es die Kripo war, weil ich ja damit gerechnet hatte, dass wir noch zur Polizei vorgeladen werden.

Wo ist der Unterschied?

Die Kripo ist wohl in sich verstrickter und kann bestimmte Fallkommissionen bilden, die dann übergeordnet agieren ...

Sie wussten ja bereits, dass es eine Gegenanzeige gab. Fühlten Sie sich in dem Moment, als Sie die Beamten sahen, noch mental mit der Tochter in der Opferrolle?

Ja, natürlich.

Dann haben Sie die Beamten eingelassen?

Die haben mir ihre Dienstausweise gezeigt. Ich habe sie daraufhin hereingebeten. Denn ich wollte das ungern vor der Haustür klären. Dann packten die Herren auch schon den Laptop und Akten aus und saßen bei mir am Küchentisch. Dann ging es schon los. Die beiden haben uns alle drei belehrt. Und dann hieß es, wir fangen mit Ihnen an, danach Sie und danach Sie.

Sie sind als Mutter auch verhört worden?

Ich bin auch verhört worden.

Und die Töchter einzeln?

Ja, genau.

Was wollten die Beamten wissen?

Sachen zum Tathergang. Es wurde erstmal gesagt: Ihr wisst ja, dass Ihr auch angezeigt wurdet. Eine Frage habe ich noch in Erinnerung, das hatte mir meine große Tochter erzählt: Sie wurde gefragt, ob sie noch weiß, mit wie viel Schlägen sie getroffen wurde.

Waren Sie denn bei jedem Gespräch mit den Töchtern zugegen? Die sind ja beide noch minderjährig.

Genau. Aber das haben meine Kinder für sich entschieden. Lena wollte das alleine erzählen.

Also sie mussten aus dem Raum, sind dann rausgegangen?

Ja, genau. Ich stand aber relativ gut in Hörweite.

Hat die Polizei Ihnen gegenüber deutlich gemacht, dass Sie als Mutter das Recht haben, dabeizusein?

Ja, das haben sie gesagt. Sie haben Lena in meinem Beisein gefragt: Soll Deine Mama dabei sein oder möchtest Du Dir das zutrauen, das alleine zu machen? Das wurde gemacht. Drei Stunden knapp waren diese Menschen bei mir im Haus.

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Das heißt, die haben erst die eine Tochter und dann die andere vernommen?

Ja, genau. Ich musste zuerst aussagen, dann die eine Tochter, dann die andere.

Was wollten die Beamten von Ihnen als Mutter wissen?

Sie wollten spezielle Sachen wissen, was ich zum Tathergang sagen kann. Wann ich angerufen wurde von meiner Tochter. Wie lange ich gebraucht habe, bis ich in Sande war. Und wie es dann dazu kommen konnte, dass weder ich noch meine Tochter einen Rettungswagen gerufen haben, sondern dass das angeblich der eine Vater gewesen wäre. Und da habe ich gesagt, dass meine Tochter völlig unter Schock stand. Ein Kind traut sich meistens nicht, den Notruf zu rufen, weil die davor Angst haben. Das ist ja einschüchternd.

Und ich bin in der Annahme gewesen bei meiner Ankunft, dass dies längst von der Schule erledigt wurde, was sich aber im Nachgang rausstellte, dass das nicht getan worden war.

Haben Sie Informationen von der Polizei gekriegt, die Ihnen vorher nicht klar waren?

Gar nichts. Die Männer hatten mir gesagt, sie wurden erst morgens mit dem Fall betraut und das war's.

Haben Sie den Herren einen Kaffee angeboten oder ging das ohne in den drei Stunden?

Ich habe denen Wasser und einen Kaffee angeboten. Verschiedenes. Und meine Kinder natürlich auch, wenn ich nicht im Raum war.

Wie fühlen Sie sich im Nachhinein? Wie sehen Sie diesen Besuch einen Tag später?

Ich hätte jetzt im Nachgang einfach gern eine Absprache gehabt, wann diese Menschen kommen, damit sich meine Kinder wenigstens mental darauf entstellen können. Da stundenlang zu sitzen und über das Geschehene nochmal zu berichten, das ist für beide nicht so einfach aus dem Ärmel geschüttelt, da muss man ja schon innerlich dazu bereit sein, alles noch einmal zu durchleben.

Ist denn von den Beamten gefragt worden, wie es Lena geht, ob eine Befragung überhaupt möglich sei?

Nein, Lena ist nicht gefragt worden, ob sie sich dazu gesundheitlich in der Lage fühlt. Aber die beiden haben den Entlassungsbrief des Krankenhauses fotografiert für ihre Akten.

Hat Ihnen denn Ihr Anwalt Hinweise gegeben, wie Sie damit umgehen?

Da sich die Ereignisse hier komplett überschlagen haben, bin ich da noch gar nicht aktiv geworden. Das wäre mein nächster Schritt gewesen.

Wenn ich gewusst hätte, wann ein Termin stattfindet und wenn ich gewusst hätte, dass ich das bis dahin erledigt haben muss … Aber ich musste Medikamente beschaffen, natürlich mein Kind betreuen und ich musste auch Nahrungsmittel einkaufen, es muss ja normal weitergehen!

Ich war seit dem Vorfall nicht mehr einkaufen, ich habe zuletzt bis abends im Krankenhaus gesessen. Ja, ich hätte mich gerne darauf vorbereitet und einen Anwalt mit dem Fall betraut, der mich beraten hätte, aber die Möglichkeit blieb mir gar nicht.

Man sagt ja, die Wahrheit sei immer das schärfste Schwert. Haben denn die Kinder nachher das Gefühl gehabt, dass sie den Beamten gut vermitteln konnten, was ihnen passiert ist?

Die Mädchen fühlten sich stets und ständig als Täter bei der Befragung. Die hatten immer das Gefühl so, ich bin schuld. Und die Fragen waren für die Kinder manchmal sehr schwierig zu beantworten. Die fanden allgemein die Situation sehr unangenehm, weil das ja auch direkt aufgezeichnet wurde alles.

Die Beamten haben ein Tonbandprotokoll gemacht?

Ja, genau. Das fanden meine Töchter sehr unangenehm. Sie haben beide gesagt: Ich habe das erzählt, was ich weiß. Ich habe die Wahrheit gesagt.

Ich fand die Fragen schon merkwürdig. Ich wurde auch auf die Spendenaktion angesprochen. Ich weiß nicht, ob es noch dazu gehörte oder nicht. Der Nachgang war für mich ein bisschen merkwürdig.

Die Polizei wollte wissen, wer die Spendenaktion macht?

Erstmal habe ich denen gesagt, dass mein Telefon sehr häufig am Tag klingelt, weil jetzt viele Journalisten anfragen. Aber davon wussten die angeblich gar nichts. Was ich sehr merkwürdig fand, es stand ja in allen Zeitungen.

Haben die Beamten auch nach Journalisten gefragt, nach der Presse?

Da haben sie dann nachgefragt, als ich gesagt hatte, dass ich ja ein bisschen viel zu tun habe in letzter Zeit mit Journalisten und Medien. „Ach, wieso das denn?“, fragten die. Also die taten quasi so, als wenn sie von nichts wüssten.

Der eine Beamte wollte mir im Nachgang dann – „menschlich, aber nicht dienstlich“, hatte er vorweg extra gesagt – quasi so ein bisschen was untersagen … Also, er hat sehr infrage gestellt und mir ins Gewissen reden wollen, ob ich denn möchte, dass mein Kind in zwanzig Jahren im Internet sein Foto im Krankenbett sieht und ob ich davon nicht Abstand nehmen möchte. Denn man müsse ja, so die wörtliche Aussage, alles, was man anfängt, das müsse man ja auch nicht immer beenden …

Wie kann das gemeint gewesen sein?

Ich denke mal, dass er meinte, wenn die Zeitung jetzt noch mal anfragen sollte, dann soll ich dazu besser keine Angaben mehr machen.

Danke das Sie noch mit uns sprechen.

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