Reine Provokation oder echtes Gesprächsangebot?

„Free Gaza from Hamas“-Demonstration durch Neukölln findet nicht statt – Innere Unruhen befürchtet

von Alexander Wallasch (Kommentare: 4)

Die Polizei hätte einige Hundertschaften freimachen müssen.© Quelle: Marcel Luthe

Der Gewerkschaftsgründer und ehemalige Abgeordnete Marcel Luthe wollte tagsüber nach Berlin-Neukölln fahren und dort gegen die Hamas protestieren, wo nach dem Dunkelwerden die Barrikaden brennen und wo Menschen ihren Hass gegen Israel gegen Juden zelebrieren.

Reine Provokation oder echtes Gesprächsangebot? An so einer Frage scheitern allerdings viele Demonstrationen in Deutschland – noch mehr, wenn auf der gegenüberliegenden Seite Fanatiker der Antifa, fanatische Befürworter eines Hamas-Terrors oder gleich beides in Personalunion unterwegs ist.

Aber Marcel Luthe muss sich diese Frage gar nicht mehr stellen, denn seine angemeldete Demonstration hat er jetzt selbst abgesagt. Geplant war ein Aufzug mit Fahrzeugen mit mobilen elektronischen Videoleinwänden, auf denen beginnend am Rathaus Neukölln über die Sonnenallee bis zur Al-Nur-Moschee die hier verlinkte Präsentation gezeigt werden sollte.

Zusätzlich wollte Marcel Luthe Luftballons aufsteigen lassen mit der Aufschrift „Free Gaza from Hamas“. Die Präsentation, welche den Neuköllnern von den Fahrzeugen herunter gezeigt werden sollte, beinhaltet Aussagen wie folgende:

„Wussten Sie, dass rund 691 Millionen Euro der EU jährlich in die Palästinensergebiete fließen?“
 
„Wussten Sie, dass es nie eine ,Besetzung des Palästinensischen Staates' gegeben hat?“
 
„Wussten Sie, dass Israel vor einem Angriff warnt, damit sich Zivilisten in Sicherheit bringen können?“
 
„Wussten Sie, dass Israel erst seit den neuesten Angriffen die Versorgung der Zivilbevölkerung in palästinensischen Gebieten eingestellt hat?“
 
„Wussten Sie, dass der Berliner Senat seit Jahren wissentlich die Hamas-Finanzstrukturen mitfinanziert?“
 
„Wussten Sie, dass in den Gebieten der palästinensischen Autonomiebehörde Homosexuelle gelyncht werden?“

Über solche und weitere Statements wollte Marcel Luthe mit den Neuköllnern ins Gespäch kommen, wie er es nennt. Da Luthe sowohl die Fahrzeuge als auch die Technik auf diesen Fahrzeugen anmieten wollte, fragte der Vermieter vorsichtshalber bei seiner LVM-Versicherung nach, was eigentlich passiert, wenn die Neuköllner diese Fahrzeuge beschädigen, wovon der Anbieter offenbar ausgegangen ist.

Die Versicherung antwortete dem Fragenden, dass in dem Fall kein Versicherungsschutz bestehe. Begründet wurde es von der LVM-Versicherung wie folgt:

„Nach Absprache mit der Gruppenleitung im Hause LVM müssen wir Ihnen mitteilen, dass Sie während der Demonstration und einer evtl. Beschädigung während des Einsatzes keinen Versicherungsschutz haben. Sobald sich mehrere Personen vereinigen und gegeneinander geraten (z.B. Polizei-Demonstranten oder 2 politisch verfeindete Gruppen) sprechen wir von Inneren Unruhen, was einen generellen Ausschluss darstellt. Sollte es also eskalieren und Ihr Fahrzeug durch Vandalismus beschädigt werden, ist das nicht versichert.“
 
Ob das rechtlich standhalten kann, ist die eine Frage. Aber erstaunlich ist es schon, dass hier von „Inneren Unruhen“ die Rede ist, offenbar selbst dann, wenn es zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Gegendemonstranten kommen sollte.

Der Tagesspiegel erklärt nebulös, über Luthe könne man vieles sagen, „aber Mut hat er offenbar“. Das Blatt bescheinigt also indirekt, dass es in Berlin No-Go-Areas gibt, in denen man eine freie Meinungsäußerung – darauf beruft sich Luthe ja – nicht mehr ausüben kann.

Das Motto der Veranstaltung sollte ursprünglich lauten: „Kein Platz für die Hamas – Berlin gegen Antisemitismus“. Damit ist Luthe ganz nah bei den Grünen, die gerade gemeinsam mit der FDP darauf gedrängt hatten, ein Hamas-Verbot jetzt zügig auszusprechen, während beispielsweise die Neue Zürcher Zeitung weiter nicht von Terroristen schreibt, sondern von „Hamas-Kämpfern“.

Marcel Luthe führte „intensive Kooperationsgespräche“ mit der Berliner Polizei, die besondere Bedenken geäußert haben soll bis dahin, dass von dieser Aktion eine besondere Gefährdungslage ausgehe.

Angriffe von Einzelpersonen gegen die angemeldeten Fahrzeuge seien „in allen Phasen der Versammlung“ wahrscheinlich, berichtet Luthe aus diesen Gesprächen mit der Polizei. Konkret seien die Befürchtungen „mit nichts vergleichbar, was man bisher erlebt habe“ an Ausschreitungen.

Die Polizei hätte, so steht es in einem offenen Brief, den Marcel Luthe an den Berliner Bürgermeister Kai Wegner schickte, einige Hundertschaften freimachen müssen.

Marcel Luthe hat seine Anmeldung zurückgezogen, Berlin-Neukölln muss jetzt auf Luthes Lichtbild-Präsentation verzichten.  

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