Wer hat Angst vor Bürgern ohne linke Ambitionen? Eine Analyse

Experte warnt vor Rechtsradikalisierung der Mitte der Gesellschaft

von Alexander Wallasch (Kommentare: 10)

Die Ampel hat ein Problem: Sie ist nicht mehrheitsfähig. Jetzt wird eben die Mitte der Gesellschaft verdächtigt, rechtsradikal zu sein.© Quelle: Pixabay / Calker-free-Vector-Image

Regelmäßig warnen Extremismus-Experten vor einer Radikalisierung der Gesellschaft. Meistens geht es dabei um eine „Gefahr von Rechts“, aber die Mitte der Gesellschaft ist längst ebenfalls in den Fokus besagter Experten geraten.

Erstveröffentlicht bei Epochtimes.de

Der Politikwissenschaftler Wolfgang Kraushaar warnt sogar gleich vor Rechten und der Mitte der Gesellschaft im Paket – und diverse Medien nehmen diese Warnung gerne auf.

Aber wer sind diese Experten, die hier so viel Aufmerksamkeit bekommen? Eine kurze biografische Vorrede kann hilfreich sein, zu verstehen, wen sich Politik und Medien da regelmäßig als Kronzeugen holen:

Der 74-jährige Wolfgang Kraushaar hat das gemacht, was man eine typische linksakademische Ausbildung nennen könnte. Als Student war er Teil der Frankfurter Studentenbewegung. Aus der Zeit mag auch das Interesse an der Politisierung des ebenfalls in Frankfurt agierenden späteren grünen Außenministers Joschka Fischer stammen. Ein Weggefährte.

Kraushaar schrieb ein Buch über diese Zeit mit dem Titel „Fischer in Frankfurt“. Darin geht es laut Klappentext um „die antiautoritäre Revolte, die Sponti-Szene mit Daniel Cohn-Bendit, den Frankfurter Häuserkampf und den Konflikt um die Durchsetzung des realpolitischen Flügels“.

Über zwei Jahre Ende der 1970er-Jahre war Kraushaar Lektor beim linksradikalen Verlag „Neue Kritik“ – gegründet in enger Bindung zum „Sozialistischen Deutschen Studentenbund“, einer Keimzelle der RAF. Und ab 1987 verdiente Kraushaar sein Geld beim „Hamburger Institut für Sozialforschung“, einem Projekt des politisch linksstehenden Hamburger Tabakerbens und Hafenstraßen-Mäzens Jan Philipp Reemtsma.

Der studierte Politikwissenschaftler Kraushaar wird heute von den Medien als Extremismus-Experte vorgestellt – sein Steckenpferd ist dabei der linke Extremismus rund um die 68er-Bewegung und die RAF-Terrorszene seiner Generation.

Die Enzyklopädie Wikipedia versteigt sich zu der Aussage, Kraushaar gelte als Chronist der 68er-Bewegung. Da wird es allerdings eine Reihe von Weggefährten geben, die diesen Titel ebenfalls beanspruchen, so wie beispielsweise der Journalist Stefan Aust, der selbst nicht nur Chronist und Zeitzeuge, sondern auf seine Weise auch Beteiligter war, beispielsweise, als er die Zwillingstöchter von Ulrike Meinhof in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zurück zu ihrem Vater brachte.

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2022 ist Wolfgang Kraushaar Experte für den Spiegel. Und „BR24“ stellt ihn als einen der „renommiertesten Forscher zum Linksextremismus und als RAF-Experte“ vor. Seine These gegenüber dem „Spiegel“, die Gefahr ginge von Rechts aus, ist demnach nicht Resultat der Beobachtung einer rechten Szene. Der Linksextremismus-Experte agiert hier nach dem Ausschlussprinzip: Was links nicht ist, muss rechts sein.

Was war der Anlass für das Hamburger Magazin, mit Kraushaar zu sprechen? Der Politikwissenschaftler wurde um Stellungnahme zur Aussage beispielsweise der Journalistin Bettina Röhl gebeten, die als Expertin der 68er-Bewegung und der RAF-Rezeption mit einiger Sorge auf die Entwicklung der „Letzten Generation“ schaute und befand, die Klimabewegung sei jetzt „auf der Ziellinie der RAF“.

Dem „Bayerischen Rundfunk“ gegenüber nahm Alexander Dobrindt, Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, die Aussagen der Expertin Röhl als Belege dafür, dass dringender Handlungsbedarf bestehe.

„T-Online“ war das Kraushaar-Interview im „Spiegel“ ein eigener Artikel wert. Hier lautete die Schlagzeile „Experte warnt vor ‚radikaler Mitte'“. Das Nachrichtenportal schreibt dazu:

„Die größte Gefahr für die Demokratie kommt dem Politikwissenschaftler Wolfgang Kraushaar zufolge von rechts. Auch die Mitte radikalisiere sich.“

Die These einer sich radikalisierenden Mitte ist allerdings keine Erfindung von Kraushaar. Schon seit Jahren wird aus dem linken akademischen Milieu und mit den Fördermitteln linker Stiftungen Stimmung gegen die Mitte der Gesellschaft gemacht.

Verantwortlich für eine turnusmäßig erscheinende „Mitte-Studie“ sind die den Grünen nahestehende Heinrich-Böll-Stiftung, die Rosa-Luxemburg-Stiftung der Linkspartei und die Otto Brenner Stiftung der Gewerkschaften, die – jede für sich – schon grundsätzlich kein Interesse daran haben, in den eigenen Reihen Feinde der Demokratie zu identifizieren. Kaum eine regierungskritische Demonstration, die nicht mit einer Gegendemonstration aus diesem linken Spektrum rechnen darf.

Besagte Mitte-Studie trägt Titel wie „Die enthemmte Mitte“ (2016) oder „Verlorene Mitte – Feindselige Zustände“ (2018/19). Soviel zum Hintergrund dieser Publikumsbeschimpfung. Eine Beschimpfung des Publikums insofern, als linke und grüne Politik keine Randerscheinungen sind. In Koalition mit der FDP stellt sie seit 2021 die Regierung in Deutschland. Die Vorgänger-Regierung unter Angela Merkel bestellte den Acker und vollzog bereits, was der „Spiegel“ 2017 mit der Schlagzeile „Der Linksruck“ überschrieb.

Jetzt im November 2022 warnt der als Extremismus-Experte vorgestellte Wolfgang Kraushaar vor einer zunehmenden Radikalisierung der gesellschaftlichen Mitte:

„Ich bin fest davon überzeugt, dass wir es mit einem neuen und stärkeren Radikalisierungsklima zu tun haben. Deshalb spreche ich auch nicht von Extremismus, sondern lieber von Radikalismus, weil der Begriff die gesellschaftlichen Dynamiken viel besser abbildet.“

Der Journalist und ehemalige Feuilleton-Chef Matthias Matussek kennt beide Seiten. Er war beim linken „Spiegel“ und schreibt heute große Essays und Reportagen für die konservative „Schweizer Weltwoche“. Matussek hat im Gespräch mit Epoch Times eine klare Antwort zu Protesten aus der Mitte:

„Das liegt an der Dynamik der Macht. Und wenn die Linke an der Macht ist, ist natürlich jeder Protest ein Anti-Linker Protest.“

Wolfgang Kraushaar springt im „Spiegel“-Interview zwischen der Behauptung, einer Gefahr von Rechts und einer, die aus der Mitte der Gesellschaft kommt, hin und her.

Wenn aber die Mitte der Gesellschaft traditionell die Mehrheit der Bevölkerung repräsentiert – ergo auch die Regierung stellt –, dann ist hier etwas in Schieflage, dann stellen nämlich linke Kräfte eine Minderheitenregierung und müssen einen Machtverlust von einer bürgerlichen Mitte her fürchten, die sie nicht oder nur noch in Teilen vertreten.

Wolfgang Kraushaar liefert dazu den passenden Alarmismus:

„Wir brauchen ein verändertes Sicherheitskonzept für die enormen Herausforderungen von rechts. Und wir dürfen nicht nur auf die Ränder blicken, sondern müssen die gesellschaftliche Mitte miteinbeziehen – als potenzielles Terrain für Radikalisierung.“

Und weiter sagt er, die Gesellschaft dürfe die Bekämpfung des Rechtsradikalismus nicht nur den Behörden überlassen. Rechte Strukturen seien in Deutschland jahrzehntelang systematisch unterschätzt und verharmlost worden. „Wir müssen uns zur Wehr setzen.“

Aber das passt alles vorne und hinten nicht. Hier wird nicht einmal deutlich, welche Gesellschaftsschicht das „Wir“ umfassen soll. Die Mitte der Gesellschaft kann es ja nicht sein. Also muss eine linke Klientel gemeint sein.

Richtiggehend bedrohlich auffassen könnte man die Forderung Kraushaars nach einem veränderten Sicherheitskonzept. Bei ihm ist davon die Rede, beim Blick nach rechts die gesellschaftliche Mitte gleich mit einzubeziehen – jeder ist jetzt verdächtig, jeder ist potenziell Gegner der Regierung.

Aber wie kann das demokratiefeindlich sein? Eine regierungskritische Haltung ist sogar bedeutsames Wesensmerkmal von Demokratien. Daran kann man sie erkennen. Nicht etwa daran, dass Kritik an der Regierung automatisch seit Frühjahr 2021 unter Verdacht gerät, eine „Delegitimierung des Staates“ zu sein.

Auf der Internet-Seite des Verfassungsschutzes, dort, wo diese Delegitimierung erklärt wird, soll die Abbildung einer besprühten Mauer illustrieren, was mit diesem neuen Straftatbestand gemeint ist. Auf der Mauer steht „Coronalügen“.

Aber was sind „Coronalügen“? Fallen darunter auch Aussagen des amtierenden Bundesgesundheitsministers, der davon sprach, dass für seine Corona-Kampagne nur „echte Menschen und keine Schauspieler“ agieren?

Epoch Times hatte einen dieser echten Menschen in Berlin-Neukölln interviewt und so herausgefunden, dass hier sehr wohl ein Schauspieler via Agentur gebucht wurde, der in die gescriptete, vorgefertigte Rolle passte. Sind die Aussagen Lauterbachs solche beim Verfassungsschutz-Online an die Mauer gesprühten Coronalügen?

Wenn ein Experte von einer radikalisierten Mitte spricht, dann lässt das Raum für Interpretationen. Was wäre denn, wenn sich die Mitte der Gesellschaft tatsächlich gegen die amtierende Bundesregierung radikalisiert, aber vor allem deshalb, weil sie um ihre Grundrechte und die Demokratie fürchtet? Dieser Aspekt kommt bei Wolfgang Kraushaar im Interview mit dem „Spiegel“ gar nicht vor. Er denkt ihn nicht einmal, so macht es den Eindruck.

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