„Eine vollkommene Übergriffigkeit seitens der Polizei, der Schulbehörden“

Ex-Polizeischef Ulf Küch ist entsetzt über das polizeiliche Vorgehen gegen eine 16-jährige Schülerin

von Alexander Wallasch (Kommentare: 15)

"Was glaubt denn der Herr Direktor, was hier sein pädagogischer Auftrag ist? Denunziation?"© Quelle: Epoch Times TV / Screenshot

Woran erinnert das, was passiert da, wenn eine Schülerin ihr Recht auf Meinungsfreiheit wahrnimmt und anschließend die Polizei in der Schule anrückt? Wir sprechen darüber mit dem Ex-Polizeichef Ulf Küch.

Haben Sie von der 16-Jährigen gehört, die in der Schule Besuch von der Polizei und eine Gefährderansprache gekriegt hat?

Ja, ich habe das in den Online-Medien verfolgt. Mir erschließt sich die Angelegenheit nicht. Ich frage mich natürlich, wie man die Polizei in die Schule bestellen kann, um eine Schülerin da rauszuholen, die irgendwelchen Unsinn auf Tiktok gepostet hat.

Vielleicht war es ja gar kein Unsinn, vielleicht hat sie ja nur etwas AfD-nahes gepostet. Das hat offensichtlich schon ausgereicht in dem Fall ...

Wir leben jetzt in einer Zeit, wo solche Verdächtigungen mittlerweile zu den absurdesten Maßnahmen führen. Auch dieses Demokratieförderungsgesetz – was man sich da ausgedacht hat, das ist vollkommener Unsinn. Hier wird doch die Meinungsfreiheit in übelster Form mit Füßen getreten. Das Grundgesetz wird ausgehebelt von irgendwelchen scheinheiligen Demokraten, die meinen, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben.

Es soll ein SPD-naher Schulleiter sein. Der Schulleiter selbst soll die Polizei informiert und in seine Schule gerufen haben. Und daraufhin sei diese Schülerin aus dem Klassenzimmer geholt worden und hätte so etwas wie eine Gefährderansprache bekommen ...

Wofür hat sie die Gefährderansprachen wirklich bekommen? Das wäre für mich jetzt mal interessant. Für einen Post, der möglicherweise die Meinung eines SPD-Rektors nicht widerspiegelt? Der hat sich da rauszuhalten, das geht gar nicht. Sind denn die Eltern überhaupt ins Boot geholt worden? Soweit ich das gelesen habe, ist das Mädchen 16 Jahre alt, das hätte überhaupt nicht passieren dürfen. Aber noch wichtiger: Was glaubt denn der Herr Direktor, was hier sein pädagogischer Auftrag ist? Denunziation?

Jetzt wäre die Frage an Sie als jahrzehntelangen Polizisten und Polizeichef: Warum spielt die Polizei hier mit, kommt sofort in die Schule und führt diese Ansprache noch dazu in Abwesenheit der Eltern durch? Da war ja weder Gefahr im Verzug, noch war in irgendeiner Form Eile geboten. Die Frage ist, warum machen die Beamten das mit vor Ort? Die haben ja möglicherweise selbst Kinder. Das ist, was die Leute nicht verstehen, die darüber lesen.

Ich kann mir das überhaupt nicht vorstellen. Zu meiner Dienstzeit hätte es so etwas überhaupt nicht gegeben. Und ich hatte auch Kontakt zu den Rektoren in Braunschweig gehabt. Wenn da Vorfälle waren, dann war es kriminelles Verhalten. Da ging es dann um Drogenhandel oder um Körperverletzungen oder Abzocken oder sowas. Da haben wir mit der Schulleitung sehr wohl im Vorfeld mal miteinander gesprochen.

Aber was hier passiert ist, das scheint mir doch im Sinne des vorauseilenden Gehorsams geradezu unterwürfig, nach dem Motto: Hier, liebe Leute, ich bin einer von euch, ich biete euch jetzt mal was an. Ich habe hier in der Schule jemanden entdeckt, der schlimme Dinge postet. Wenn denn das Ding überhaupt schlimm ist. Und die nächste Frage, die sich mir natürlich jetzt auch stellt: Was macht denn ein Direktor auf den Tiktok-Seiten seiner Schülerin?

Noch so eine Frage wäre: Haben denn diese Schulleiter heutzutage so wenige Probleme mit ihren Schülern? Man liest ständig von Messerstechereien, von Drogenhandel. Oder ist das eine Schule hinter den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen, oder wie muss man sich das vorstellen?

(Lacht) Ja, das kann nur so eine Schule sein. Also normalerweise – und wenn man mit Lehrern spricht oder das auch verfolgt in der Presse – haben die ganz andere Probleme im Augenblick, mit der Integration beispielsweise. Aber wenn das Mädchen da jetzt einen nicht genehmen Post rausgegeben hat, der jedenfalls dem SPD-Rektor nicht gefällt, politisch, dann ist er hier weit über das Ziel hinausgeschossen, was seine pädagogische Aufgabe angeht. Ich bin entsetzt. Wo gehen wir hier eigentlich gerade hin?

Hat eine 16-Jährige schon ein Recht auf eine eigene Meinung? Offenbar scheint das hier zur Diskussion zu stehen ...

Aber selbstverständlich! Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung. Das Grundgesetz sagt ja nicht aus, dass erst ab 21 Jahren jeder das Recht hat, seine Meinung in Schrift und Wort zu verkünden. Das gilt für alle, das gilt für kleine Kinder, das gilt für große Kinder, das gilt für alte Kinder, das gilt für Deutsche, das gilt für Nichtdeutsche. Das ist ein Menschenrecht. Das ist noch nicht mal ein Bürgerrecht, das ist ein Menschenrecht und steht so in unserer Verfassung! Was die da jetzt gemacht haben, ist schlichtweg eine Katastrophe und tritt unsere Verfassung mit Füßen.

Der konkrete Auslöser soll ein Tiktok-Video gewesen sein, in welchem die Popularität der AfD mit den Schlümpfen verglichen wird. Die Schlümpfe seien Blau, Deutschland sei es auch, heißt es wohl darin. Dann wird eine Deutschlandkarte mit den Wahlergebnissen der AfD eingeblendet, unterlegt mit einem Beat ...

Was soll ich dazu sagen? Wenn das Mädchen geschrieben hätte, die Schlümpfe sind jetzt alle rot, wäre dann alles in Ordnung gewesen? Ganz ehrlich, das ist bedauerlicher Schwachsinn, der da passiert ist, und eine vollkommene Übergriffigkeit seitens der Polizei, der Schulbehörden. Ich kann der Opposition oder wer auch immer das da in Mecklenburg-Vorpommern ist, nur raten, den Sachverhalt mal parlamentarisch aufzuarbeiten.

Die Polizeidirektion Stralsund hat mitgeteilt, sie hätten einen Hinweis von der Schulleitung erhalten, wonach eine Schülerin mutmaßlich Staatsschutz relevante Inhalte in Sozialen Netzwerken verbreitet haben könnte. Die Polizei sei dann aber zu dem Schluss gekommen als sie vor Ort war, dass kein Anfangsverdacht einer Straftat besteht. Ist das beruhigend?

Das ist ja noch schlimmer. Und dann schleifen sie das Mädchen quer durch die Schule, und sie kriegt dann eine Gefährderansprache? Für was denn? Wenn man das wirklich korrekt gemacht hätte, dann hätte man sich die Daten von der Schulleitung geben lassen. Und dann wäre man, wenn man es für nötig erachtet hätte, außerhalb der Schulzeit an die Eltern herangetreten und dann erst an das Mädchen. Das ist der richtige Weg, und dann hätte man auch in Ruhe mal erfragen können, um was es sich da handelt.

Die Polizei hat jetzt darauf bestanden, es sei keine Gefährderansprache, sondern ein Aufklärungsgespräch mit präventivem Charakter gewesen ...

Und dafür so eine Aktion? Das ist erbärmlich und übergriffig.

Und auch hätte die Polizei nicht direkt die Schülerin aus dem Klassenraum abgeführt, sondern der Schuldirektor. Die Beamten hätten sich dabei „nur in der Nähe“ aufgehalten ...

Aber die Kinder und Jugendlichen drumherum haben das alles mitbekommen?

Was würden Sie an der Stelle der Mutter empfehlen? Was sollte sie ihrer Tochter sagen?

Dass die Tochter eine Meinung haben darf. Ob das der Mutter, dem Schulleiter oder wem auch immer jetzt gefällt oder nicht. Wenn das meine Tochter wäre, und die würde jetzt so eine AfD-Affinität zeigen, da würde ich schon mit ihr mal drüber reden. Aber erstens darf sie das denken. Und zweitens ist die AfD ja auch nicht verboten in diesem Land. Ich würde mir anstelle der Mutter jetzt einen Rechtsanwalt nehmen und die Sache aufarbeiten.

Wenn Ihre eigene Tochter eine Affinität zu den Grünen hätte, würden Sie auch mit ihr reden wollen?

(lacht) Na eben, das meine ich ja! Die ganze Aktion ist vollkommen schwachsinnig. Wer entscheidet denn, wann eine Gefährderansprache gegeben wird und wann nicht? Das ist doch vollkommen irre. Eine Gefährderansprache wurde nur gemacht, wenn eine unmittelbare Gefahr von einer Person ausgeht für Leib und Leben und Sachgegenstände. Dann macht man eine Gefährderansprache. Aber doch nicht nur, weil das Mädchen irgendeine politische Meinung kundgetan hat. Und dann auch noch in der Schule in Gegenwart des Rektors und der Polizei – und in Gegenwart der anderen Schüler.

Wir sind wirklich in einem Tollhaus hier mittlerweile in Deutschland.

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