Kann Impfpflicht bei der Bundeswehr in Leipzig noch gekippt werden?

Dritter Prozesstag mit Anwältin Bahner: Zwei Offiziere klagen gegen Impfzwang

von Alexander Wallasch (Kommentare: 5)

Zeugen abgelehnt, mehr Sachverständige, weitere Prozesstage: Der dritte Verhandlungstag um die Corona-Impfpflicht bei der Bundeswehr endet frühzeitig und mit überraschender Vertagung.© Quelle: #TeamWallasch

Vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ging es heute erneut um die Corona-Impfpflicht bei der Bundeswehr. Zwei Offiziere der Luftwaffe haben dagegen geklagt, dass diese Impfung in den Katalog der Pflichtimpfungen aufgenommen wurde.

Der dritte Prozesstag, an dem weiterhin das Recht auf körperliche Unversehrtheit verhandelt wurde, fiel kürzer aus als geplant und endete mit einer Überraschung. Eine Reporterin von #TeamWallasch war im Gerichtssaal. Hier ihre Eindrücke:

Der Verhandlungstag begann mit einem Statement der Rechtsanwältin Beate Bahner, die zusammen mit drei weiteren Anwälten und einem Jura-Professor die beiden Offiziere in dem Verfahren vertritt:

“600 Millionen ambulante ärztliche Behandlungen gibt es jedes Jahr in Deutschland. Und diese Behandlungen und mögliche Impfnebenwirkungen, die dabei abgerechnet wurden, sind in den Sicherheitsberichten des Paul-Ehrlich-Institutes (PEI) bisher nicht berücksichtigt.“

Seit anderthalb Jahren wird in Deutschland gegen Corona geimpft und den Kassenärztlichen Vereinigungen ist es laut dem am Dienstag gehörten PEI-Experten Dirk Mentzer bisher nicht möglich, die Impfnebenwirkungen anonymisiert an das PEI zu übermitteln. Angeblich habe sich das PEI darum bemüht.

Nach dem Dafürhalten der Anwältin für Medizinrecht ist verwunderlich. Denn für viele andere Zwecke würden die Daten der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) ständig anonymisiert, ein Standardprozess.

Bahner stellt fest: Die Kassenärztlichen Vereinigungen könnten die Daten mit wenig Aufwand anonymisiert verschicken.

Das Anwaltsteam um Bahner hat dem Gericht ein Dokument vorgelegt, das belegt, dass es bisher keinerlei Kontakte zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und dem PEI in Sachen Impfnebenwirkungsdaten gab.

Diese Auskunft hatte die Bundesregierung auf eine Anfrage gegeben. Von „Bemühungen“ seitens des PEI um die Daten kann also keine Rede sein. Somit habe das PEI wesentliche Daten nicht erfasst, obwohl es dazu verpflichtet ist. Die Kassenärztliche Vereinigung hat Daten nicht an das PEI übermittelt.

Nach Aussage von PEI-Experte Mentzer am gestrigen Dienstag, dem zweiten Verhandlungstag, kämen 90 Prozent der Nebenwirkungsmeldungen bei der Covid-Impfung in Deutschland bisher von betroffenen Personen oder deren Angehörigen, nur zehn Prozent von Ärzten.

Diese Aussage hatte viele im Saal verblüfft. Dazu Anwältin Bahner heute: „Wenn die Ärzte endlich melden würden, könnte dies auch das Bild im Sicherheitsbericht des PEI entscheidend verändern.“ (In den Sicherheitsberichten listet das Paul-Ehrlich-Institut die gemeldeten Nebenwirkungen der Covid-Impfung auf.)


Das Anwaltsteam der Offiziere: Wilfried Schmitz, Beate Bahner, Prof. Martin Schwab und Göran Thoms

Dann trat Datenexperte Tom Lausen auf. Er erklärte, er habe viele Ungereimtheiten in den Sicherheitsberichten des PEI gefunden. Nur ein Beispiel davon seien die immer längeren Abstände, in denen die Berichte erschienen. Zwischenzeitlich soll es beim PEI ein Datenleck gegeben haben, deshalb habe man dort nicht weiter am Sicherheitsbericht arbeiten können.

Lausen habe sich aber auch andere Daten angeschaut, zum Beispiel Krankenhausabrechnungsdaten. Dabei hat er zwischen 2019, 2020 und 2021 eine auffällig starke Erhöhung der abgerechneten Impfnebenwirkungen festgestellt. Für jede Krankheit gibt es einen speziellen Code, den der Arzt seiner Abrechnung hinzufügt.

So hat Lausen nach eigenen Angaben in den Abrechnungen der Krankenhäuser 36.000 Fälle von abgerechneten Impfnebenwirkungen gefunden. Wenn ein Patient damit ins Krankenhaus musste, dann sind dies schwere Nebenwirkungen, sagt er. Das Paul-Ehrlich-Institut habe aber für denselben Sachverhalt nur 30-tausend Fälle angegeben. Es fehlen also 6.000 Fälle, so Lausen.

Auch bei ambulant behandelten Patienten gebe es explodierende Zahlen von Impfnebenwirkungen, die in dieser Menge beim PEI nicht gemeldet worden seien.

Tom Lausen erzählt die Geschichte des Vorstandes der BKK ProVita, Andreas Schöfbeck, der, nachdem er öffentlich gemacht hatte, wie viele Impfnebenwirkungen sich in den Abrechnungsdaten seiner Kassenmitglieder finden, seinen Hut nehmen musste.

Und Lausen verweist darauf, dass es Prof. Harald Matthes von der Charité, der eine Studie über Impfnebenwirkungen erstellt und ein alarmierendes Zwischenergebnis veröffentlicht hat, nun wohl ganz ähnlich ergeht.




Die Beschwerdeführer mit ihrem Anwalt

Lausens Fazit: Es scheint, man darf in diesem Land nicht über Impfnebenwirkungen sprechen, und sie dürfen auf keinen Fall in der Menge auftreten, dass die Impfung vielleicht gestoppt werden müsste. Dazu passe auch, dass viele Ärzte offenbar keine Impfnebenwirkungen attestieren möchten.

Als weitere Quellen seiner Arbeit gibt Lausen an: Kodierfachkräfte in Krankenhäusern, also diejenigen, die die Abrechnung im Krankenhaus machen und sich auskennen mit Abrechnungs-Kennziffern und den Codes der einzelnen Krankheitsbilder. Diese kontaktieren den Datenexperten Lausen, wenn sie Auffälligkeiten bemerken.

Demnach wurden von Jahresbeginn 2022 bis Mitte Februar 2022 so viele Impfnebenwirkungen in den Krankenhäusern kodiert wie 2021 im ganzen Jahr. Dann aber – nach der Affäre um die BKK ProVita und den Rauswurf Schöfbecks – seien plötzlich überall viel weniger Impfnebenwirkungen abgerechnet worden, so Lausen.

Die Impfnebenwirkungs-Kodierungen seien regelrecht explodiert seit 2021, dafür hat Lausen nach eigenen Angaben viele Hinweise und Belege. Die Kassenärztlichen Vereinigungen gäben die Daten dazu nicht heraus, aber das PEI müsste daran interessiert sein, wundert sich Lausen.

Leider herrsche in diesem Land ein Klima, in dem sogenannte „Faktenfüchse“ jeden diffamierten, der über Impfnebenwirkungen auch nur sprechen wolle, so Lausen, der hier auf das Infektionsschutzgesetz verweist: Dort stehe in Paragraf 13, Absatz 5, dass die KV verpflichtet sind, die abgerechneten Impfnebenwirkungen an das PEI zu übermitteln.

Nach der Gesetzesbegründung sind diese Daten für das PEI von Bedeutung, weil es sonst die möglichen Auswirkungen oder Schäden durch die Impfung nicht vollständig beurteilen kann. Auch die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO), auf die sich ja die Bundeswehr bei ihrem Impfkatalog stützt, seien ohne ausreichende Kenntnis der Daten von den KV entstanden.

Rechtsanwältin Bahner fragt nach: „Wäre denn die Anonymisierung der KV-Daten ohne weiteres möglich?“Lausen bestätigt, das sei in der Vergangenheit schon gemacht worden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen hätten ein extra Portal für anonymisierte Daten eingerichtet. Dieses wurde aber offenbar nur genutzt, um den Fortschritt der Impfkampagne zu dokumentieren.

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Einer der Richter wendet ein, wie könne ein Arzt eine Impfnebenwirkung mit dem Code abrechnen, aber nicht ans PEI melden? Das wäre ja Rechtswidrigkeit und eine ganz schöne Unterstellung an den Ärztestand.

Lausen antwortet, er habe auch Anrufe aus der Bundeswehr bekommen, weil Truppenärzte Impfnebenwirkungen ignoriert und natürlich auch nicht gemeldet hätten. „Wenn 90 Prozent der Impfnebenwirkungen von Angehörigen gemeldet werden, warum werden diese Fälle dann nicht von den Ärzten gemeldet?“, fragt Lausen. Die Daten der KV könnten das aufklären.

Einer der Anwälte der Beschwerdeführer erklärt: Die Abrechnung der Impfnebenwirkung mit dem entsprechenden Code ist Routine in den Praxen, die Meldung ans PEI ist Zusatzarbeit.

Beate Bahner ergänzt: Impfung bringt Geld für Ärzte, die Meldung an ans PEI wird nicht bezahlt.

Würden die Ärzte und Krankenhäuser für jede Meldung 50 Euro bekommen, würden die Meldungen explodieren. Ärzte können nur abrechnen, was sie kodiert haben, deshalb machen sie die Kodierung. Eine unterlassene Meldung könnte laut Gesetz mit 25.000 Euro Strafe sanktioniert werden, sie kenne aber keinen Arzt, der so bestraft worden sei.

Der Vorsitzende Richter erklärte dann, ganz offensichtlich sei die Weitergabe der KV-Daten über Impfnebenwirkungen an das PEI nicht erfolgt. Das steht fest. Weitere Zeugenbefragungen dazu seien nicht mehr nötig.

Die Partei der Bundeswehr/des Verteidigungsministeriums versuchte dann in einer Erwiderung, die von Lausen vorgetragenen Aspekte zu entkräften.

Der Arzt Prof. Wölfel gab zu bedenken, dass es sein könne, dass Ärzte die Erkrankung oder den Tod eines Patienten nach der Impfung nicht als Nebenwirkung einordnen, weil sie aufgrund von Vorerkrankungen des Patienten, den sie lange kennen, nicht dieser Meinung sind. Die Angehörigen aber suchen nach einer Erklärung und machen Meldung beim Paul-Ehrlich-Institut, was ihr gutes Recht sei.

Der Datenexperte Lausen sagt abschließend:

„Bei einer so schnellen Zulassung einer Impfung will das Gesetz, dass genau hingeguckt wird bei den Impfnebenwirkungen. Es gibt aber bisher mehr Spekulationen darüber als wirkliche Datengrundlagen. Ich habe den Verdacht, dass diese Impfkampagne erfolgreich sein muss, deshalb wird bei den Nebenwirkungen nicht so genau hingeschaut. Im Winter wird es weitergehen mit der Impfkampagne, wir müssen den Sommer nutzen, um die Nebenwirkungen zu untersuchen.“

Das Anwaltsteam der klagenden Offiziere hat weitere Beweisanträge eingereicht und will weitere Sachverständige vorladen. Beispielsweise Prof. Harald Matthes von der Charité zu einer von ihm erhobenen Nebenwirkungen-Studie, den Psychologen Christoph Kuhbandner zu statistischen Auffälligkeiten und den Pharmazeuten Krämer zu Unregelmäßigkeiten bei der Pfizer-Zulassungsstudie.

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Nach knapp einer Stunde Beratungspause verkündet der Vorsitzende Richter, dass das Gericht die Anhörung all dieser Experten ablehnt, aus verschiedenen Gründen. Ein Experte ist nach Ansicht der Richter nicht wirklich zum Thema aussagefähig, bei dem anderen wurde der Beweisantrag nicht richtig verfasst. Bei Prof. Matthes heißt es, die Studie sei noch nicht fertig und nicht peer-reviewed. Damit endete dieser dritte Verhandlungstag überraschend bereits am frühen Nachmittag. Und trotzdem gibt es auch eine gute Nachricht für die Seite der Beschwerdeführer:

Das Gericht setzt zwei weitere Verhandlungstage an, am 6. und 7. Juli 2022. Und dann sollen zwei Sachverständige vom Paul-Ehrlich-Institut gehört werden, einmal zu Fragen der Unterschiedlichkeit der Impfstoff-Chargen und dann zur Frage des sogenannten „Erwartungswertes“.

Davon hatte der PEI-Experte Mentzer gesprochen: Die Impfnebenwirkungen seien in dieser Menge so erwartet worden. Das Anwaltsteam der beiden Offiziere will wissen, auf welcher Basis denn das PEI diesen “Erwartungswert“ berechnet.

Dann löst sich die Versammlung auf. Beate Bahner, die Anwältin der Offiziere, freut sich und sagt, sie sei zufrieden über zwei weitere Verhandlungstage und zwei weitere Sachverständige. Das sei ein gutes Zwischenergebnis.

“Jeder Tag, den der Prozess länger geht und in den Medien ist, ist eine Gelegenheit für Menschen, aufzuwachen und sich mit dem Thema Impfnebenwirkungen zu befassen.“

Hier, hier und hier hatte alexander-wallasch.de bereits über die Verhandlung berichtet.

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