Woher kommt der geübte Umgang mit dem Messer?

DPolG-Boss Heiko Teggatz fordert Messerverbot und anlassunabhängige Kontrollen

von Alexander Wallasch (Kommentare: 24)

„Jede Landesregierung muss auch dafür sorgen, ausreichend Personal und Technik zur Verfügung zu stellen.“© Quelle: Heiko Teggatz

Die Meldung bestätigt auf düstere wie eindrucksvolle Weise die Zunahme der Messerangriffe: Die Charité Berlin versorgte 2024 schon so viele Messerstiche wie im gesamten Vorjahr. Alexander-Wallasch.de sprach dazu mit Polizeigewerkschaftsboss Heiko Teggatz.

Angesichts zunehmender Auseinandersetzungen mit Messern als Waffe: Warum gibt es da nicht häufiger Personenkontrollen?

Wir sind ja, was den Erwerb von Messern angeht, in Deutschland sehr liberal. Sie bekommen ja nicht nur in zugelassenen Waffengeschäften Messer zu kaufen, sondern mittlerweile in fast jedem Supermarkt. Der Erwerb von Messern auch mit einer Klingenlänge über zwölf Zentimeter ist in Deutschland nicht verboten. Das Mitführen sehr wohl.

Jetzt kommen wir zum zweiten Punkt: Warum muss man überhaupt in Deutschland ein Messer mitführen? Ich sage ganz klar: Wir leben hier in Mitteleuropa und nicht im Urwald. Und ein Messer braucht man höchstens mal für berufliche Zwecke. Nämlich dann, wenn der Maler, der Zimmermann oder der Trockenbauer zur Arbeit fährt. Der hat dann in der Regel sein Cuttermesser dabei, was er für seinen Job braucht. Alle anderen brauchen eigentlich kein Messer mitführen in Deutschland.

Deshalb finde ich den Vorschlag des CDU-Fraktionsvorsitzenden Manuel Hagel in Baden-Württemberg auch ganz toll, der nämlich gestern medial verkündet hat, dass er sich sehr für ein generelles Messerverbot in Deutschland ausspricht. Das wiederum lässt sich natürlich nur umsetzen mit ausreichend Personal bei den Ordnungsbehörden und bei der Polizei. Außerdem braucht die Polizei die Befugnis, auch anlassunabhängig Kontrollen durchzuführen nach Messern, um diese dann auch sicherstellen und beschlagnahmen zu können. Und spätestens, wenn Sie das dritte Messer für umgerechnet einhundert Euro los sind, überlegen Sie sich, ob sie nochmal eines mitführen.

Anders, glaube ich, werden wir dieser Situation nicht mehr Herr. Denn die Zahlen, die die Charité jetzt veröffentlicht hat – 55 Verletzte in einem halben Jahr – die sind jetzt doppelt so hoch wie noch im vergangenen Jahr. Da hatte die Charité Berlin im gesamten Jahr 55 Fälle von Messerverletzungen, die dort behandelt worden sind.

Und auch das ist nur exemplarisch. Ich bin mir sehr sicher, wenn sie in Bremen, in Hamburg, in Düsseldorf, in Dortmund oder sonst wo mal nachfragen, dann werden die Zahlen ähnlich sein. Das bestätigt übrigens das, was in der polizeilichen Kriminalstatistik bereits erfasst ist.

Jetzt war es früher so, dass Kontrollen etwa nach Drogen auch auf Verdacht gemacht wurden. Wenn Sie in bestimmten Stadtteilen zu bestimmten Uhrzeiten unterwegs waren, dann wurde auch mal prophylaktisch kontrolliert. Warum geht das nicht auch gezielt in Richtung Messer so?

Weil das Führen von Messern mit einer Klingenlänge unter zwölf Zentimeter nicht verboten ist. Anders als bei Drogen. Drogen sind generell verboten. Es sei denn, es handelt sich hier um geringe Mengen von Cannabis. Damals. Heute ist das alles egal. Das interessiert keinen mehr. Aber damals war es so. Und da fehlt der Polizei und den Ordnungsbehörden im Moment schlicht die Befugnis. Nicht in allen Bundesländern darf Polizei anlassunabhängig Kontrollen durchführen. Es gibt Bundesländer, wo es so ist, in Bayern beispielsweise. Es gibt aber auch andere Bundesländer, wo ein konkreter Verdacht vorhanden sein muss, um solche Kontrollen durchzuführen.

Oder aber die Bundesländer haben per Generalverfügung Messerverbotszone eingerichtet. Nur dann darf die Polizei handeln, und das gehört reformiert. Allerdings – jetzt kommt wieder das große „Aber“ meinerseits – ist das natürlich immer Ländersache. Und da kann die Bundesregierung auch keine Gesetze machen, die den Ländern vorschreibt, wie sie ihre Polizeiarbeit machen sollen. Das ist in einem Föderalismus so.

Aber – und deshalb finde ich die Forderung von Manuel Hagel so sympathisch – hier sollte parteiübergreifend und länderübergreifend mal darüber nachgedacht werden, die Polizeien in Deutschland, im Bund und in den Ländern mit einer entsprechenden Befugnis auszustatten, anlassunabhängig kontrollieren zu dürfen.

Die Messer, die man dann bei solchen Angriffen sieht, scheinen aber in der Regel Muttis längere Küchenmesser aus ihrem Holzblock zu sein ...

Wie gesagt: Das Mitführen solcher Küchenmesser mit einer Klingenlänge über zwölf Zentimeter ist nach dem Waffengesetz bereits verboten. Es muss nur umgesetzt werden. Nur für die Umsetzung brauchen die Länder ganz erheblich mehr Personal bei den Sicherheitsbehörden.

Und jetzt kommen wir wieder zum eigentlichen Punkt: Jede Landesregierung oder die Bundesregierung, die von den Sicherheitsbehörden erwartet, Sicherheit durchzusetzen, die von der Politik garantiert werden soll, muss auch dafür sorgen, ausreichend Personal und Technik zur Verfügung zu stellen.

Und da beißt sich die Katze in den Schwanz, schauen Sie in die Haushalte rein in Bund und Ländern. Das ist eine reine Katastrophe, was dort für die innere Sicherheit eingeplant wird.

Es gibt doch regelmäßige Konferenzen der Ministerpräsidenten. Sollen sie es halt beschließen ...

Die haben sogar bei einer Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen, dass jetzt ganz, ganz schnell und umfangreich abgeschoben wird. Auf die Umsetzung warten wir ja immer noch. Also, soviel zur Wertigkeit solcher Konferenzen.

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Mein Vater hat früher immer gesagt, ein richtiger Mann braucht einen Gürtel, ein Taschentuch und ein Taschenmesser. Sein kleines Taschenmesser hatte er oft auf Wanderungen ausgepackt und den Apfel damit über seinem ausgebreiteten Taschentuch geschält. Also warum beschränkt man es nicht einfach auf das kleine klappbare Taschenmesser? Da muss man natürlich den Herstellern auf die Finger schauen, dass die aus dem Taschenmesser über Feststellfunktionen etc. keine gefährlichen Stichwaffen machen ...

Mit dem Waffengesetz sollte sich die Bundesregierung einmal vertiefend befassen. Das Waffengesetz, welches hier in Deutschland gültig ist, bietet eben viele Gelegenheiten für solche Ausnahmen, um sich dann in so einer sogenannten Grauzone zu bewegen. Ich erwarte von der Innenministerin und vom Justizminister eine Reform des Waffengesetzes, und zwar vor dem Hintergrund, dass Messer nur dann, und zwar unabhängig der Länge der Klinge, mitgeführt werden dürfen, wenn es unbedingt von Nöten ist.

Und das lässt sich ganz klar regeln. Die Zeiten, wo man das Schweizer Offiziersmesser in der Tasche hatte, um seinen Apfel zu schälen, die sind ganz offensichtlich leider vorbei. Zumindest kann man die Erlaubnis für solche Taschenmesser nur schwer umsetzen, wenn man nicht möchte, dass irgendwo im öffentlichen Raum Messer mitgeführt werden. Das ist leider so. Das haben wir dann denjenigen zu verdanken, die wie jetzt gerade diese ganze Geschichte schamlos ausnutzen und Messer, egal mit welcher Klingenlänge, hier als Waffe mitführen und in der Auseinandersetzung einsetzen.

Ich sehe schon die Kommentare: Warum Messer verbieten? Das Problem liegt doch entlang der Tätergruppe auf der Ebene der Zuwanderung. Haben Sie eine Idee, warum die Täter oft so professionell mit Messern umgehen können? Die Gefährlichkeit steigert sich ja noch mit der Professionalität in der Handhabung. Was weiß man drüber? Wir reden hier über junge Zuwanderer, hauptsächlich aus den nordafrikanischen Staaten, möglicherweise aus Afrika und aus den arabischen Staaten. In diese Richtung geht das ja. Woher kommt der geübte Umgang mit dem Messer?

Das kann ich Ihnen so konkret auch nicht sagen. Aber in der Tat: Man kann natürlich ein Messer haben, um einen Apfel zu schneiden. Oder ein Messer haben, um es gezielt als Waffe einzusetzen. Und wenn man ein Messer gezielt als Waffe einsetzen will, dann muss man da schon geübt sein im Umgang mit den Messern, und das kann man nur trainieren. Aber da bin ich ehrlich gesagt überfragt, ob es interne Kreise gibt bei den in Frage kommenden Personengruppen, die gezielt den Umgang mit Messern als Waffe üben.

Was ist denn mit dem Argument Selbstverteidigung? Gibt es Statistiken, die sagen, dass diese Zuwanderer öfter angegriffen werden und größere Sorge haben müssen und sich deshalb bewaffnen? Gibt es Übergriffe gegen Zuwanderer, die in irgendeiner Form rechtfertigen könnten, dass diese sich bewaffnen?

Von solchen Statistiken weiß ich nichts. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass Schutzsuchende in Deutschland häufiger angegriffen werden als der Rest der Gesellschaft. Das glaube ich ehrlich gesagt nicht. Und wenn ich meine, mich mit einem Messer verteidigen zu müssen, dann rechne ich schon damit, mit einem Messer angegriffen zu werden.

Wo kommen wir da hin? Also, wir leben ja nun nicht in USA mit einem liberalen Waffengesetz, wo jeder eine Pistole mit sich trägt, weil er damit rechnen muss, mit einer Pistole angegriffen zu werden. Deshalb sage ich ja, muss Politik genau da ansetzen und die Ursachen bekämpfen.

Angenommen, ich wäre ein schmächtiger Nordafrikaner von 1,60 Meter Körpergröße, dann wäre ein Messer womöglich im Ernstfall hilfreich. Jedenfalls dann, wenn mich ein 1,90 Meter großer Europäer angreift. Da weiß ich, dass ich das kräftemäßig nicht schaffe, da rüste ich doch sicherheitshalber etwas auf ...

Aber das löst dann diese Gewaltspirale aus: Denn der 1,90 Meter große Mitteleuropäer sagt sich ja auch: Jetzt kommt der schmächtige Marokkaner, 1,60 Meter groß, fünfzig Kilo Körpergewicht. Aber ich muss damit rechnen, dass der mit einem Messer bewaffnet ist. Da haben wir genau die Ursache. Und da gehört politisch ganz, ganz konsequent jetzt eingeschritten. Und das geht am besten mit strengen Gesetzen und mit viel Sicherheitspersonal, das diese Gesetze dann auch überwacht und durchsetzt und Vergehen und Verstöße gegen die Gesetze sanktioniert.

Warum hatten unsere Mütter keine Angst, als wir mit zwölf Jahren diese wunderbaren Fahrtenmesser mit Hirschhorngriff in Lederscheide am Gürtel hängen hatten und damit wie selbstverständlich auf der Straße gespielt haben? Da waren wir elf oder zwölf Jahre alt und da ist auch nie etwas passiert ...

Gegenfrage: Warum tragen traditionell die Bayern zu ihrer Lederhosentracht immer noch den Hirschfänger in der Seitentasche, ohne dass mir bekannt ist, dass es dort unter den traditionellen Bayern mit Lederhosen Messerstechereien gibt? Ich kann es Ihnen nicht sagen. Das ist eine Entwicklung der letzten Jahre, der letzten Jahrzehnte, die nicht schön ist und die jetzt auch politisch angegangen werden muss.

Danke für das Gespräch!

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