Anhörung vor einem italienischen Corona-Ausschuss

Die Särge von Bergamo und ein redseliger italienischer Polizeigewerkschafter

von Alexander Wallasch (Kommentare: 10)

Es gab schlimmere Grippejahre© Quelle: DALL.E

Geht es um den bewussten Versuch, die Corona-Maßnahmen und Impfkritik zu diskreditieren? Jedenfalls scheinen eine Reihe auch deutscher Zeitungen und Portale offenbar einer Ente aufgesessen zu sein, die im Rahmen einer Anhörung vor der italienischen Corona-Untersuchungskommission Mitte November 2024 entstand.

Konkret geht es um die vieldiskutierten Aufnahmen von Bergamo zu Beginn der „Pandemie“, als nächtens eine Kolonne von Militärfahrzeugen angebliche Corona-Tote abtransportiert haben soll.

Das ursprünglich auf TikTok geteilte Foto wurde am Abend des 18. März 2020 in Bergamo vom Ryanair-Steward Emanuele di Terlizzi aufgenommen und wurde in kurzer Zeit zum Symbol, wie die Covid-19-Pandemie die Stadt Bergamo und ganz Italien getroffen hatte. Das Handyfoto zeigt einen Konvoi von Militärlastern. Insgesamt neun Fahrzeuge fahren auf dem Foto hintereinander eine Straße entlang, die durch ein Wohngebiet führt.

Der Bayerische Rundfunk hat einmal versucht zu erklären, warum gerade dieses Foto so berühmt berüchtigt wurde:

„Eher zufällig, aber nicht ohne Gespür für Bildausschnitte, hat di Terlizzi ein nahezu perfektes Katastrophenbild geschaffen: Das vorderste und das letzte Fahrzeug sind angeschnitten, automatisch ergänzt man die Reihe im Kopf: aus den abgebildeten neun LKW wird so schnell eine vermeintlich unendliche Reihe – in Wahrheit waren es nur wenig mehr, nämlich dreizehn Fahrzeuge. Die Straße und mit ihr die Reihe der LKW bildet eine stark fallende Diagonale, die von oben rechts nach unten links quer durchs Bild verläuft. Das widerspricht der Leserichtung und der in Europa üblichen Bildkomposition und erzeugt unterbewusst ein Gefühl der Fremdartigkeit und Störung.“

Antonio Porto, Funktionär der OSA Polizia, einer italienischen Polizeigewerkschaft, hatte jetzt, über vier Jahre später, vor der italienischen Corona-Untersuchungskommission ausgesagt, es sei nur jeweils ein Sarg auf jedem LKW gewesen, obwohl vier oder sechs hineingepasst hätten.

Mal davon abgesehen, dass dieses Detail auch zu den verrückten Corona-Maßnahmen gehören und man sich gedacht haben könnte, dass so die Ansteckung, die möglicherweise noch von den Leichen ausging, gemindert werden kann, bleibt so eine Aussage zunächst ein starkes Argument für eine bewusste Inszenierung und Dramatisierung der Lage.

Das Problem nur: Antonio Porto selbst hat seine Geschichte später relativiert. Er gab an, seine Behauptung gar nicht belegen zu können. Etwa im Gespräch mit „Bariseranews“ erklärte der Polizeigewerkschafter, dass er keinerlei Belege dafür habe jenseits von Hörensagen.

Die Zeitung fragt (übersetzt):

„Während Ihres Gesprächs mit Senator Borghi bei der Sitzung der Covid-Kommission haben Sie behauptet, dass es ,nur einen Sarg pro LKW' gab. Damals war die Rede von etwa einem Dutzend Militärfahrzeugen im Zentrum von Bergamo, die die Leichen der ersten Covid-Toten transportierten. Ist dies eine Hypothese oder ist es sicher, dass es nur einen Sarg pro Lastwagen gab?“

Antwort des Gewerkschafters:

„Leider kann nicht bewiesen werden, dass es nur einen Leichnam pro Fahrzeug gab. Aber das war damals schon bekannt. Allerdings war es nicht dokumentierbar. Auch nicht die genaue Anzahl der Särge. Jeder erinnert sich daran, wie viel Angst und Unsicherheit damals herrschte. Man wusste sehr wenig über die Fakten und Situationen, die sich uns Ordnungshütern boten. Das lag auch daran, dass es keine Masken, Schutzausrüstung und Sicherheitsausrüstung gab. Wir waren im Einsatz und die widersprüchlichen Vorschriften halfen uns nicht. Um genau zu rekonstruieren, was in Bergamo passiert ist, und um wirklich zu wissen, wie viele Fahrzeuge und Särge transportiert wurden, müsste man Zugang zu den Akten haben, den wir wahrscheinlich nie bekommen werden.“

Hinzukommt, dass die Aktion 2020 in Bergamo gar keine polizeiliche, sondern eine militärisch organisierte gewesen sein soll. Nun wird es in Italien sein wie in Deutschland etwa mit Correctiv: Die angebliche Faktenchecker sind oft politische Instrumente, welche die Corona-Erzählung der Politik weiterverbreiten und untermauern sollen.

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Nichtsdestotrotz zitiert etwa „Facta“, eine Art Pendant zu Correctiv, Personen, die damals direkt involviert waren (übersetzt):

„Giacomo Angeloni, Stadtrat für Innovation und zuständig für den Friedhofsdienst in Bergamo, der damals den Transport der Särge mit der Armee organisierte, erklärte gegenüber Facta, dass an diesem Abend ,acht Militärlastwagen mit 73 Personen abfuhren'. Es handelte sich also mit Sicherheit um mehrere Särge pro Lkw. Die Fahrzeuge, so Angeloni, ,waren in drei Karawanen aufgeteilt, eine Richtung Bologna mit 34 Toten. Einer in Richtung Modena mit 31 Toten. Nach Varese weitere acht'. Außerdem bestätigte der Stadtrat, dass die Leitung des Transports der italienischen Armee und den Carabinieri anvertraut worden war. Die Polizei war also nicht an der Operation beteiligt.

Der Soldat Tommaso Chessa, der in jener Nacht eines der Militärfahrzeuge fuhr, hatte Il Riformista im Jahr 2020 anvertraut: ,Machen Sie sich klar, dass nicht zwei von uns in diesem Lastwagen sitzen, sondern sieben ... fünf von ihnen stehen vor ihrer letzten Reise'. Zusätzlich zu den direkten Zeugenaussagen von Angeloni und Chessa bezeugen auch Videos und Fotos aus dieser Zeit die Anwesenheit von zwei oder mehr Särgen in jedem Militärfahrzeug.“

Selbstverständlich müssen diese Aussagen im Kontext eines „Faktenfinders“ kritisch betrachtet werden. Aber darüber hinaus gibt es eine Lesart, die über jeder Debatte um die Anzahl der Särge steht:

Selbst wenn es mehrere Särge waren, muss man auch eine zweistellige Anzahl angeblicher Corona-Leichen erst einmal in einen bewertbaren Kontext stellen. So gab es etwa Grippe-Jahre, die wesentlich mehr Tote produzierten, als das Corona-Jahr 2020.

Die Fotografie der nächtlichen Bergamo-LKWs im fahlen Licht der gelblichen Laternen wurde ebenso zum Symbol der Corona-Hysterie wie die dystopischen Szenen aus Wuhan von auf der Straße an Atemnot umfallenden Menschen und Helfern in Schutzkleidung, wie nach einem Atomkrieg.

Inszeniert oder nicht inszeniert? Der Polizeigewerkschafter vor dem italienischen Untersuchungsausschuss konnte zur Klärung dieser Frage jedenfalls wenig beitragen. Er hat womöglich noch dafür gesorgt, dass die Aufarbeitung wieder ein Stück weit behindert wurde.

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